Triathlon in Shangrila

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Mit dem Rad zu den heißen Quellen und einige Treppen unterwegs

Zugegeben, der Blogtitel ist geklaut. Von Harald, der den Vorschlag wiederum von Klaus übernommen hat.

Gefrühstückt haben wir in einem Besen, wie man in der Umgebung Stuttgart wohl sagen würde. Im Wohnzimmer einer tibetischen Familie gibt es für Reisende auch Frühstück. Während die Omi des Hauses Nudelsuppe zubereitet, hat Klaus die Rolle der Ayi, also der Kinderfrau, übernommen.

Die Suppe ist süß (sehr ungewöhnlich), und als wir Chilli dazu nehmen, guckt unsere Köchin sehr skeptisch. Also, wenn sie eine süße Suppe essen würde, käme da keine Schärfe dazu. Sehr ungewöhnlich. Sie ist in ihrer Küchenehre verletzt und holt uns noch eingelegten Rettich, schneidet eine Möhre dazu und bietet uns Yakjoghurt in einem kleinen Tässchen an. Schmeckt ungewöhnlich, aber lecker.

„Irgendwas eiert an meinem Fahrrad“ meint Harald. Die Pedale hatte sich herausgedreht und verklemmt, aber mein Schraubenschlüssel war heute im Hotelzimmer geblieben. In der Umgebung gibt es nur Gehöfte, die aber allesamt verlassen scheinen. In einem Straßenkiosk sitzt eine alte Dame, davor steht ein Motoorrad. Wo ein Motorrad steht, gibt es auch Werkzeuug, denke ich mir und frage danach. Nachdem die Dame kramt in einem alten Säckchen herum, aber die passende Größe ist nicht dabei. „Ich wohne drüben, zu Hause haben wir Werkzeug.“ war der Kommentar, „Aber einer von euch muss auf mein Kiosk aufpassen“. Ok, kein Problem. Claudia und Klaus übernehmen mal eben den Laden. Ich gehe mit Ulrike und Harald zur Hausbesichigung. Das Haus der alten Dame ist stattlich, mit hohen breiten Holzpfeilern, davor ein Wintergarten, der als Gewächshaus genutzt wird. Ich darf selbst in einem alten Werkzeugkasten nach dem richtigen Schraubenschlüssel suchen, und schon ist die Pedale wieder drin. Die alte Dame ist ganz glüklich über die 10 Yuan Leihgebühr für das Werkzeug, und hat sicher noch lange etwas zu erzählen. Wie wir auch.

Danach stand ein Besuch im Dabao Tempel an. Der liegt in einem Seitental versteckt im Wald und wird eher von Pilgern als von Touristen frequentiert. Eine schöne ruhige Stimmung, in der wir unsere mitgebrachten Gebetsfahnen aufhängen.

Das Baden in den heißen Quellen ist ein Genuss. Die Anlage ist etwas basic, wie ich auf Neudeutsch sagen würde. Die Kulisse, der Blick auf eine Natursteinbrücke, die sich ein Fluss im Laufe vieler Jahrtausende durch die Felswände gegraben hat, ist aber unschlagbar. Im Schwimmbad möchte ich eigentlich nicht fotografiert werden, also habe ich auch selbst auf Bilder verzichtet.

Gesehen haben wir unterwegs viele weidende Schafe, Yak (oder die hiesige Kreuzung aus Yak und Rind), Pferde, Schweine, dazu jede Menge Edelweiss und ein paar andere hübsche Pflanzen. Und viele Treppen zum Tempel und zu den heißen Quellen mussten wir auch gehen. Dabei merkt man dann doch noch die Höhe. Mehr Zeilen bleiben nicht für den Blog, weil es geich Abendessen gibt und das Internet abends abgeschaltet wird.


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Der verlorene Horizont

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Flug nach Shangrila und Besichtigung des Songzanlin Klosters

Heute sind wir im Hochland angekommen, auf knapp 3.300 m Höhe. Die Wolken hängen tief, mal fühlt es sich an wie feiner Landregen, dann ein kurzer Schauer. Shangrila heißt eigentlich Zhongdian und wurde aus Marketinggründen in den mystischen Ort aus dem Roman Lost Horizon von James Hilton benannt. Lost Horizon passt irgendwie, bei der Ankunft suchen wir vergeblich hinter den Wolken- und Nebelfetzen nach dem Horizont

Nach einem Mondkuchen-Frühstück um 5 Uhr früh in der Hotellobby und reibungslosem Flug nach Shangrila warten die Räder auf uns. Das heißt zusammenbauen, schrauben und Probe fahren. Unser Ziel ist der Songzanlin Tempel, einer der großen tibetisch buddhistischen Tempel in Yunnan. Außer uns steigen noch einige chinesische Reisegruppen die vielen steilen Treppen zur Haupthalle hinauf, gar nicht so einfach in der Höhe. Die Sauerstoffsättigung im Blut hatten wir schon gemessen, zwischen 87 und 97 war alles dabei (in der Ebene sind Werte von 98 oder 99 Prozent üblich). Wir brauchen also noch etwas Zeit, uns an die Höhe zu gewöhnen.

Ich streife gern durch die Hallen, im Obergeschoss üben die Mönche Rezitieren und die Aussicht in die Umgebung ist selbst bei Regen schön. Ein Besucher aus den Philippinen erkennt uns als Radfahrer, verwickelt Harald ins Gespräch und ist völlig begeistert von unserer Tour. Er selbst sei lange Jahre gern und viel Rad gefahren, jetzt aber aus Genussgründe aufs E-Bike umgestiegen. Solche kurzen Begegnungen machen Laune. Wir verbringen viel Zeit in Songzanlin, bevor es zum Abendessen und Spaziergang durch die Altstadt von Shangrila geht.

Die Altstadt erstrahlt in neuem Glanz. Anfang 2014 war sie vollkommen abgebrannt, jetzt reiht sich ein Holzhaus mit kunstvoll geschnitzten Fensterläden und Türen neben dem anderen, alles im alten Stil. Mit Kreistanz auf dem Hauptplatz und Live Musik in den kleinen Bars. Für heute begnügen wir uns jedoch mit dem Rundgang, der Tag war lang und es gibt einiges an Schafdefizit nachzuholen.


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Akklimatisieren für Mythos Mekong

Die Oberen Schluchten des Mekong, 12.09. bis 02.10.2019

Anderthalb Tage in Kunming

Endlich, nach einer langen Anreise, mehrmaligem Umsteigen, vielen Gepäckkontrollen und schließlich Abnahme der Fingerabrücke bei der Einreise, sind wir zu fünft in Kunming angekommen. Etwas gerädert finden wir uns in einem Café wieder, und während Claudia, Ulrike, Harald, Klaus und ich noch auf Emmerich warten, überlegen wir, ob die drei fehlenden Koffer wirklich heute Abend wie versprochen ins Hotel geliefert werden. Das Hotel liegt genau zwischen der West- und der Ostpagode in einer kleinen Fußgängerzone im Süden der Stadt. Bei der Naherkundung sind wir auch schon mitten drin: kleine Garküchen, unzählige Gerichte, viele kleine Läden und überall Elektroroller.

Mit Emmerich waren wir dann einige Stunden später vollständig, zu sechst geht es los. In Kunming, der Provinzhauptstadt Yunnans, sind wir vor allem, um uns zu akklimatisieren. Denn der Anfangsort der langen Reise Mythos Mekong liegt auf etwa 3.300 m Höhe, danach folgen noch einige 4.000er Pässe. Die Stadt des ewigen Frühlings ist ideal zum langsamen Akklimatisieren. Sie liegt auf knapp 2.000 m, ist für eine chinesische Großstadt eher klein und beschaulich, und lädt mit einigen Tempeln, Parks und Fußgängerzonen zum Flanieren ein.

Und zum Essen. Das Abendessen genießen wir im Lao Fangzi, einem der schönen traditionellen Holzhäuser mit gemütlichem Innenhof. Am nächsten Morgen wählen wir die erste Nudelsuppe, viele weitere werden noch folgen. So gestärkt fahren wir mit dem Taxi zum Yuantongtempel. Heute ist Mondfest, schon gestern gab es zu diesem Anlass Tanz- und Gesangaufführungen auf der großen Bühne im Stadtzentrum. Heute strömt die halbe Stadt zum Tempel, um Räucherstäbchen anzuzünden. So voll habe ich den Tempel noch nicht erlebt. Wir kommen gerade rechtzeitig zur buddhistischen Messe, viele Gläubige beten und singen mit, nicht alle haben in der großen Haupthalle Platz gefunden und draußen auf Gebetshockern Platz genommen. Am Ende wirft ein Mönch noch eingepackte Kekse in die Menge. Mich erinnert das an Karneval, und auch wir bekommen genügend Päckchen ab. „Staubtrocken“, meint Claudia, die sich als Erste an die Kekse wagt. Also brauchen wir Flüssigkeit, am besten Tee. Den finden wir nach einem Rundgang durch den Cuihu-Park in einem ruhigen schattigen Innenhof. Der Cuihu hat sich in ein Lotusmeer verwandelt, und nach und nach finden sich immer mehr Gruppen ein zum Tanzen, Musizieren oder um chinesische Kampfkunst zu üben. Eine gute Stunde plaudern wir bei vielen kleinen Tässchen Puer-Tee über Gott und die Welt, bevor wir uns auf den Rückweg zum Hotel machen.

„Ihr habt Glück,“ meint Yang Hongyan, die Chefin vom Radladen, der unsere Räder wartet und dem wir einen spontanen Besuch abstatten. „Seid gestern hat es aufgehört zu regnen. Vorher war es total nass und es hat sehr heftige Regengüsse gegeben.“ Jetzt ist es warm, in der Sonne richtig heiß. Hoffentlich bleibt uns der Wettergott, der Klimawandel oder wer auch immer gnädig, so könnte es gut weitergehen. Nach einer guten Portion Jiaozi finden wir uns wieder im Hotel ein. Kurze Pause vor dem Abendessen. Morgen geht es in aller Frühe weiter mit dem Flieger nach Shangrila, und endlich auf die Räder. Die Koffer sind gestern abend übrigens wie versprochen und rechtzeitig bevor uns nach dem langen Tag die Augen zugefallen sind, wohlbehalten angekommen.

Kathmandu und Abschied von Nepal

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Besichtigung in Kathmandu am Beginn der Feiertage: Pashupatinath, Bodnath, Dubar Square

Die Hände nicht mehr ständig am Lenker, haben wir Zeit zum Fotografieren. Nach einem ausgiebigen Frühstück, und für Annika und Dirk nach der Yogastunde, beginnen wir unsere Besichtigungstour per Auto am Pashupatinath, Nepals heiligstem Pilgerort und Stätte der Feuerbestattung für die Verstorbenen aus Kathmandu. Für mich ist es auch zum dritten Mal sehr gewöhnungsbedürftig, nur ein paar Meter entfernt zu sein, wenn Angehörige sich von ihren Lieben verabschieden, das Feuer anzünden und warten, bis schließlich die Asche in den Fluss gekehrt wird. Man wird das Gefühl nicht los, bei einer wichtigen Zeremonie zu stören, deswegen gibt es auch keine Bilder davon hier im Blog.

Heute ist der erste Tag des hinduistischen Dasain-Festes, das sich über zwei Wochen erstreckt. Viele Menschen haben sich herausgeputzt und besuchen die Tempel, es ist etwas voller als sonst. „Zu diesem Feiertag bekommen die Kinder neue Kleider und werden von den Eltern verwöhnt“ erzählt Baskhar, unser Guide. Wir schauen uns das bunte Treiben an, gehen an Hochzeiten vorbei und erleben Zeremonien, von denen noch nicht einmal Baskhar so genau weiß, welchen Inhalt sie haben, es gibt einfach zu viele Volksstämme mit eigenen Traditionen hier in Nepal.

An der großen Stupa Bodnath wird es wieder tibetisch, gerade wird das imposante Bauwerk neu gekälkt, einige Pilger drehen die Gebetsmühlen, die Luft ist voller Rauch und dem Geruch der Butterkerzen. Nach einer Pause in einem der Rooftop Restaurants geht das Programm weiter. Während der Fahrt zu einem Radladen wird uns klar, was Feiertagsbeginn in Kathmandu bedeutet. Die Straßen werden voll und voller, selbst zu Fuß kommt man nicht mehr wirklich weiter. Die halbe Stadt scheint auf den Beinen, um bei den zahlreichen Straßenhändlern einzukaufen.

Kurz vor vier Uhr erreichen wir den Dubar Square, und erhaschen einen Blik auf die Kumari, lebende Gottheit aber vor allem vierjähriges Kind, das sich einmal am Tag auf dem Balkon den Menschen zeigt. Die Kleine schaut kurz hinunter und beobachtet dann die Tauben auf dem Dach, bei uns schleicht sich ein ungutes Gefühl ein, was diese Tradition betrifft, einem kleinem Mädchen bis zu einem Alter von etwa zwölf Jahren ein solch isoliertes Leben anzutun.

Am Dubar Square sind die Auswirkungen des Erbebens von 2015 allzu gut zu erkennen. Viele der Tempel sind noch in sich zusammengefallen, einige befinden sich schon im Wiederaufbau. Auch auf dem Rückweg durch die Gassen des Stadtviertels Thamel wird die Zerstörung immer wieder sichtbar, wenn man sich die Lücken anschaut, die zwischen den stehen gebliebenen Häusern klaffen. Baskhar erzählt, wie er unterwegs das Erdbeben erlebt hat, wie die Kommunikation zusammenbrach und über die bangen Stunden, in denen er nichts über den Verbleib seiner Familie wusste, und ich bin froh, so etwas nicht erlebt zu haben.

Am Abend besuchen wir das Restaurant Bhojan Griha, geführt vom Besitzer des Kantipur Temple Houses, in dem wir in Kathmandu untergekommen sind. Angeschlossen ist auch ein Bioladen, vielleicht der einzige der Stadt, die Speisen stammen aus nachhaltigem Anbau. Kathmandu ist zwar insgesamt etwas schicker geworden, aber immernoch ein ziemliches Chaos aus Stromkabelgewirr, kleinsten Läden und viel Staub, und hier einen Bioladen aufzumachen finde ich einfach gut.

Nach diesem vollen Tag geht auch eine lange Reise zu Ende. Morgen werden Franz, Ramon und ich wieder nach Hause fliegen, Annika und Dirk hängen noch ein paar Tage an. Ich sitze im Innenhof des Hotels und genieße die letzten Stunden hier in Nepal. Schön wars.

Ein klein wenig Statistik:

Wir sind „Auf dem Dach der Welt“ 1.124 km geradelt und haben dabei 9.447 Höhenmeter (reiner Aufstieg) überwunden.

Drei Fünftausender-Pässe lagen auf dem Weg: der Karo La Gletscher (5.050 m), der Gyatso La (5.248 m) und der Kongtang Lamu (5.236 m).

Gefühlt haben wir sämtliche Klimazonen durchquert und geschwitzt und gefroren: von frostigen Temperaturen knapp über null in Tibet bis hin zu sommerlich-heißen dreißig Grad in Kathmandu war alles dabei.

Der Wettergott war auf unserer Seite. Alle Achttausender auf dem Weg haben sich uns wolkenfrei gezeigt. Der Besuch am Everest Basecamp war sicherlich eines der Highlights.

Von den sechs wichtigsten Klöstern des tibetischen Gelug-Ordens haben wir vier besichtigt. Nebenbei haben wir ganz gut gegessen und die lokalen Biere durchprobiert. Unsere Favoriten sind eindeutig die nepalesischen Kaltgetränke.

Die gefährliche Zone unterhalb der Baumgrenze haben wir nahezu unfallfrei passiert. Alles gut gegangen. Nochmal ein Stoßgebet nach oben.

Und… auf der ganzen Strecke hatten wir nur einen Platten, und das auf dem ersten Kilometer in Lhasa.


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Auge an Hirn, Hirn an Hände – Schalten!

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Trisuli nach Kathmandu, 53 km, 1.493 m Aufstieg, teils sehr steil

Die Hände die meiste Zeit am Lenker, blieb nicht viel Zeit für Fotos. Das Frühstück auf der Terrasse hatten wir für halb sieben angesetzt, was uns angesichts der mit 53 km recht kurzen Etappe sehr früh vorkam. Aber um sechs Uhr wird es hell und 53 nepalesische Kilometer können es schon in sich haben.

Die ersten 18 km folgen wir einem Flusslauf, auf abwechselnd sandiger schlammiger und steiniger Piste, mal im Dschungel, mal an Reisfeldern vorbei, immer mal wieder ein Dorf und der Verkehr hält sich in Grenzen. Trotzdem wird man arg durchgeschüttelt. Nach unserer Erfahrung sind die ebenen Strecken in schlechtem Zustand, sobald es in die Hügel geht, wird es besser. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch dort Abschnitte mit groben Steinen, Schlamm oder Sand zu überwinden gäbe, aber tendenziell bessert sich der Belag.

Wir haben die kurze Route nach Kathmandu gewählt, weil Baskhar uns dringend von der ursprünglichen abrät, der Zustand sei sehr schlecht. Also klettern wir nicht auf 30, sondern auf 20 km Länge den Anstieg von knapp 1.500m hoch. Klettern trifft es ganz gut, denn hier sind alle Fahrkünste gefragt, und Ramons Anzeige steht nicht selten auf 18 Prozent Steigung. Das eine oder andere Mal war es steiler, aber da blieb keine Zeit zum Gucken. Da heißt es nur: so schnell wie möglich runterschalten, ganz nach vorn lehnen und treten, treten, treten. Nach dem Höhentraining in Tibet ist es nicht mehr wirklich anstrengend, aber anspruchsvoll, mir macht es Spaß. Oben auf 1.863m angekommen, treffen wir auf den Schrauber, der unsere Fahrräder in Kathmandu wartet. Ich hätte ihn nicht erkannt, aber er kennt unsere Kogas – und so kommen wir ins Gespräch – eine lustige Begegnung. Die Landschaft ist übrigens grandios, die steilen Hügel scheinen bis in den Himmel zu reichen.

Nach einer kurzen Abfahrt sind wir auch schon im Kathmandu Valley angekommen. Die Straße führt zunächst kurvenreich durch Reisfelder, bevor wir uns schließlich der 3-Millionen-Stadt nähern. Motorräder, Kleinbusse und Taxen drängen sich durch die engen Gassen, zu hunderten, es ist wie in einem Fischbecken, finde ich. Wir sind einfach langsam unterwegs und die Stadteinfahrt gestaltet sich nicht so schlimm wie befürchtet. Es ist nur ein sehr kurzes Stück an der Ringstraße zu fahren, wo der Verkehr schneller fließt, das macht es uns einfacher (ich erinnere mich an die vielen scheußlichen Kilometer Stadteinfahrt auf der Schnellstraße vor sechs Jahren und bin froh über die neue Route).

Am Zielort angekommen ist es wieder Zeit für ein Schmutzbier, und schmutzig, verschwitzt und staubig sind wir heute wirklich!


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Willkommen in Nepal

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Dhunche nach Trisuli, 52 km, 1.900 m Abstieg

Nepal ist bunt, die Häuser, die Kleidung, die Busse, einfach alles. Wieder einmal bemerke ich, dass ich keine Menschen abgelichtet habe, ich werde versuchen, das zu ändern. Die Vegetation ist üppig, ein krasser Gegensatz zum kargen Tibet. Heute sind wir beispielsweise an Bananen, Papaya, Pomelo, Reis und Hirse vorbeigefahren. An das pralle Leben, die Dichte und wärmeren Temperaturen muss man sich erst wieder gewöhnen.

Allerdings auch an den Staub, die schlechte Piste und den Verkehr. Wie schlecht Straßen sein können, davon macht man sich zu Hause in Deutschland kein Bild, wir haben auf den ersten 15 Kilometern einen ganz guten Eindruck bekommen – und teilweise die Bedeutung von „Radwandern“ verstanden. Vielleicht hat das eine oder andere nepalesische Bier von gestern Abend und die Feier, nicht wieder frieren zu müssen, auch ein klein wenig zur Trübung der Stimmung beigetragen.

Spätestens am Abend, als wir im gepflegten Garten des Water Tower Hotels sitzen, wird uns der Wechsel von Tibet nach Nepal so richtig bewusst. Ein Unterschied ist besonders auffällig: die Infrastruktur ist hier zwar schlechter, dafür sind aber selbst die kleinsten Restaurants sauber und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Und natürlich müssen wir in den nächsten Tagen die Gelegenheit nutzen, uns durch die nepalesische Küche und die vielen gar nicht so schlechten Biere zu probieren.


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Abwärts, abwärts, abwärts

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Jilong nach Dhunche, ca. 2.500 m Abfahrt, Grenzübertritt nach Nepal

Was ich an Tibet so mag, ist die schier unendlich Weite. Die Berge sind hoch, die Abfahrten lang, die Landschaft scheint einfach nicht aufzuhören. Man kann an einem Tag von über 4.000 m auf unter 2.000 m abwärts rollen. Und dabei einige Klimazonen durchfahren.

Am Morgen war es zugegebenermaßen etwas kalt. So kalt, dass sich das Gefühl in Händen und Füßen etwas erst später wieder einstellte. Unsere Straße nach Nepal ist neu, nach dem Erdbeben von 2015 gebaut. Sie folgt dem Flusslauf, mal auf Wasserlevel, mal hoch darüber. Die Schluchten sind spektakulär, hinter jeder Kurve tun sich neue Blicke auf. Immer weiter geht es abwärts, durch das riesige Gebirge hindurch. Gestern hatten wir schon beobachtet, dass ab 4.600 m Höhe wieder Büsche wachsen und die ersten Yak- und Ziegenherden auftauchen, lässt man die vereinzelten Tiere weg, die auch oberhalb auf steilen Steinhängen klettern. Im Laufe des Tages wird es dann tatsächlich grün. Nadelwälder, Wasserfälle, wäre da nicht der Bambus, könnte man sich fast in den Alpen wägen.

Dann geht es alles recht schnell. Wir verabschieden uns von unserer tibetischen Crew und wünschen Tashi, Lobsang und Dawa eine gute und sichere Heimfahrt nach Lhasa, bestaunen die riesige chinesische Grenzstation und sind schon auf der nepalesischen Seite angekommen, die nur ein kleines Zelt zur Einreise aufgestellt hat. Für die Grenzformalitäten werden wir in ein Hotel gebeten, es gibt Tee und Kaffee. Hier ticken nicht nur die Uhren anders, sehr angenehm.

Die ersten Kilometer nach Dhunche legen wir mit dem Rad zurück und bekommen einen kleinen Vorgeschmack auf die hiesigen Straßenverhältnisse. Um nicht in die Dunkelheit zu geraten, steigen wir in den Bus um. Aber zu Busfahren in Nepal morgen mehr. Wir sind so angetan von den warmen Temperaturen und dem guten Everest-Bier, dass es spontan später wird als gedacht.


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Eigentliche Königsetappe

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Menbu nach Jilong, 140 km, 1.177 HM

Es war die eigentliche Königsetappe, deswegen sollen ein paar mehr Bilder erlaubt sein. Nach einem Candellight-Breakfast, weil der Strom im Ort einmal wieder ausgeschaltet ist, machen wir uns auf den Weg, bloß weg von hier. Nach dem Erdbeben von 2015 ist der Grenzübergang bei Zhangmu wegen eines Hangrutsches nicht mehr passierbar gewesen, und bis heute für Touristen gesperrt. Also werden wir uns bei Jilong durch das Himalaya-Gebirge nach Nepal quetschen. Dieser Weg ist noch nicht lange für Westler geöffnet, wir betreten Neuland. Kurz bevor wir den Friendship-Highway nach Westen verlassen, erhaschen wir noch einen kurzen Blick auf den Xixiapangma, einen weiteren beeindruckenden Achttausender. Dann beginnt der lange Weg nach Jilong Xian. Denn es gibt zwei Jilongs, einer davon ist zwanzig, einer neunzig Kilometer von der nepalesischen Grenze entfernt.

Die Landschaft zu beschreiben würde den Blog sprengen. Schaut Euch die Bilder an. Die eigentliche Herausforderung heute war der dritte Fünftausender-Pass, der nach einer Anfahrt von etwa 100 km bevor stand. Denn der Weg, den wir eigentlich nehmen wollten, entpuppte sich als Steinpiste und war außerdem gesperrt, die Straße sehr gut befahrbar, aber gut zwanzig km länger. Das Dach der Tour lag dann bei 5.236 m. Und nach einer kalten, harten Abfahrt war es ein großes Glück, dass unsere Unterkunft in Jilong eine heiße Dusche hatte. Was für ein Tag, lasst es Euch zu Hause selbst erzählen.


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Außen hui, innen pfui

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Old Tingri nach Menbu, 61 km nahezu flach

Ich hinke etwas hinterher mit dem Blog. Draußen zirpen die Grillen, der Fluss rauscht, es ist selbst nachts noch angenehm warm. In Nepal angekommen kann ich mir kaum vorstellen, wie kalt es noch vor zwei Tagen in Tibet war. Deswegen nur die Kurzfassung.

Wir starten früh am Morgen mit unserer Winterausrüstung. Den Choomolangma und den Cho Oyu links neben uns, fahren wir eine flache Etappe, am Fluss entlang, durch Dörfer, in denen Pferde gezüchtet werden, dann ein strahlend blauer See, und wieder schier unendliche Weite. Es ist malerisch. Die Mittagspause verbringen wir in einer tibetischen Kneipe, die an einen Wintergarten erinnert. Heute können wir uns Zeit lassen, die Etappe ist mit gut 60 km sehr kurz. So beeindruckend die Landschaft, so erschreckend ist unser Zielort. Es wird in Mengbu zwar gebaut, aber wenn man die Details betrachtet, ist der kleine Ort noch herunter gekommener als vor sechs Jahren. Der Herbergshof gleicht einer Müllhalde, an den Gestank scheinen sich die Bewohner gewöhnt zu haben und die Frage, ob man sich irgendwo die Hände waschen kann, löst Erstaunen aus. Wir spazieren durch den Bauernteil des Ortes, halten uns so lange wie möglich in einem kleinen Sichuan Restaurant auf, um möglichst lange von der Party fernzubleiben, die die lokale Polizei im Aufenthaltsraum unserer Herberge feiert. Fast sind wir neidisch auf die Gruppe Westler, die ein paar Kilometer von Menbu entfernt ihre Zelte aufgeschlagen hat. Aber auch nur fast, denn die Temperaturen liegen nachts sicherlich unter dem Gefrierpunkt, was man gut an den Eisschichten auf dem nassen Grasland erkennen kann.


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Wild wild West

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Baipa nach Old Tingri, 50 km, flach und windig

Je weiter wir nach Westen fahren, desto wilder wird es. Die tibetischen Männer tragen lange Haare und Cowboyhüte (ich merke, dass ich leider wieder keine Bilder von ihnen geschossen habe) und sehen fast aus wie Indios aus Südamerika. Franz übrigens auch, allerdings ohne die langen Haare, nur seine Gesichtsfarbe hat sich der der Bewohner hier angeglichen. Wir rollen über schnurgerade Straßen, durch kleinste Dörfer, immer im Flusstal, das sich hier und da weitet und Platz lässt für große Herden von Pferden, Schafe oder Yak. Wow. Seit Mittag sind wir endlich wieder auf dem Rad und lassen uns den Wind um die Nase wehen.

Allerdings heißt wilder Westen auch, dass der Strom manchmal ausfällt. So wie kurz nach unserer Ankunft in Old Tingri. Schmutzbier hatten wir schon, gerade sollten Dusche und Blog folgen, was sich erst einmal auf unbestimmte Zeit verschiebt. Von der Baustelle unseres Motels aus können wir aber immerhin den unverbauten Blick auf den Mt. Everest und den Cho Oyu genießen. Doch dann frischt der Wind noch einmal sehr kräftig auf, wir hatten schon beim Radeln Gegenwind, und verdeckt unsere geliebten Achttausender. Was hatten wir für ein Glück, die hohen Berge vorher gut zwei Tage lang unverhüllt zu sehen.

Auf der Fahrt sind wir auch durch tibetische Feuchtgebiete gekommen, auch wenn es manchmal eher den Anschein einer Wüste machte. Pfeiffhasen, Kraniche und „Strandläufer“ waren nur einige der Tiere, die wir zu Gesicht bekamen. Ein Dank an Ramon für die letzten drei Bilder. Annika und Dirk sind noch hoch zum neuen Pavillon geradelt, wir anderen saßen lieber vor dem Haus in der Sonne. Ab dem Nachmittag kühlt es allerdings rasch ab, der Wind ist sowieso kalt, und spätestens nach Sonnenuntergang sind Mütze und dicke Jacken angesagt. Wir hatten Glück, nach dem kurzen Spaziergang in den Ort (Old Tingri ist so etwas wie ein erweiterter Truckstop), kam der Strom wieder und wir konnten im Hellen essen und auch Blog schreiben ist wieder möglich.

Morgen geht es noch weiter gen Westen und wir sind gespannt, was uns auf der teils unbekannten Strecke noch erwartet.

PS. Das erste Bild ist noch ein Abschiedsfotos von unserer netten tibetischen Gastfamilie, die leider um ein Familienmitglied geschrumpft ist, denn der Herbergsvater, den wir schon vor Jahren wegen seines Aussehens auch „Häuptling Gurkennase“ getauft hatten, ist leider vor acht Monaten verstorben. Jetzt ist die Omi für Haus, Feuerstelle und Beaufsichtigung des Kleinkindes zuständig, einer ihrer Söhne und seine Frau beherbergen die Gäste und die älteste Tochter schaut ab und zu nach dem Rechten. Ich kenne sie noch von vor sechs Jahren, und selbst der Sohn, nach eigenen Angaben damals noch in der Grundschule, erkennt mich von einem Foto, das irgendwo in der Schublade eines bunt verzierten Schrankes liegt. Die übrigen Kinder sind aus dem Haus, wahrscheinlich im Internat, weil es hier in Passum ab der Grundschule nicht mehr weiter geht.


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