Osttibet gezähmt?

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Von Xining zum Kloster Kumbum, 31 km, Radweg und Technologiepark

Unsere Tour heißt ja „Durch das wilde Osttibet“. Hochland, Yakherden, unendliche Weiten, schmale Canyons, kleine Dörfer. Aber heute frage ich mich mehr als einmal, ob die Gegend nicht ein bischen gezähmt wurde. Die ersten 13 Kilometer radeln wir auf einem fast vorbildlichen Radweg (der nur ab und zu endet, wie an einem Bauernmarkt oder an Brückenbaustellen). Er verläuft immer am Flüsschen Nanchuan, das bald auch nicht mehr eingebettet ist, rechts und links wurden Bäume gepflanzt und Parks angelegt, die Bewohner der Umgebung flanieren mit ihren Handys, Hunden und Vögeln durch das frische Grün – Idylle pur. Uns erspart es jede Menge Huperei auf der Stadtausfahrtstraße.

Die nächsten sieben Kilometer geht es durch den Nanchuan Technologiepark, der gerade entsteht. Schnurgerade Straßen, kaum Verkehr, wer weiß, welche Firmen sich hier in ein paar Jahren alles angesiedelt haben. Ideal wäre es, Xining liegt nahe, so teuer wie Shanghai oder Peking ist es definitiv nicht und Platz und Kameras für die Sicherheit gibt es reichlich.

In Huangzhong angekommen gibt es nur ein einziges Gästehaus, das die Lizenz für Langnasen hat. Etwas verschämt werden wir zweimal abgelehnt, auch die hübsche Herberge der letzten Tour muss sich zu meinem Bedauern entschuldigen. Die Dinge ändern sich eben.

Im Kloster Kumbum erleben wir eine Touristenschwemme. Es sind so viele chinesische Reisegruppen mit ihren Reiseleitern unterwegs, dass wir fast durch die Hallen geschoben werden und nur einen kurzen Blick auf die Geburtsstätte des Begründers des „Gelbkappen“- Ordens werfen können. Und ob es notwendig ist, mit Geländewagen auf den Klosterhof zu fahren, sei mal offen gelassen. Die Autokennzeichen lassen auf Besucher aus sämtlichen Provinzen Chinas schließen. Dann fängt es noch an zu regnen, und das Schirmemeer erinnert mich eher an den Steinwald in Kunming oder den Kaiserpalast in Peking zur Hochsaison als an eines der sechs wichtigsten Klöster einer religiösen Gemeinschaft. Meine Kamera hatte leider einen Aussetzer, daher hier nur das erste Bild vom noch leeren Eingangsbereich.

Wenn es sich auf 2.600 Meter Höhe einregnet, ist es kalt. Also bleiben wir am Abend im Restaurant an der Herberge und hoffen, dass wir morgen trocken weiterkommen.


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Essen und Bauen

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Ruhe- und Besichtigungstag in Xining

Ich zitiere immer wieder gern einen Bekannten, der sagt, Essen und Bauen seien gerade die wichtigsten Dinge in China. Dem Essen haben wir unseren Tag in Xining gewidmet. 

Mit dem Bus geht es zur Großen Moschee von Xining, in der wir den Innenhof und eine kleine Ausstellung ansehen und einen Blick in die Gebetshalle werfen dürfen. Im angrenzenden Viertel ist der Einfuss der muslimischen Hui Volksgruppe unverkennbar. Die Männer tragen weiße Kappen und lange Bärte, die Frauen Kopftücher. Nach der Besichtung ist es auch schon Zeit für eine kleine Stärkung, diesmal sollten es handgemachte Jiaozi sein. Im Restaurant staunen wir über den riesigen Topf Hähnchenschenkel, gut, dass wir schon satt sind.

Auf den vier Kilometern Fußweg zurück gibt es noch in Bananenblätter eingewickelten süßen Klebereis, Fladenbrote aus der Feuertonne, Puffreis, Gebäck mit roten Bohnen, Waffelröllchen und Süßkartoffelchips als Nachspeise. Die Dichte der Bäcker, Fleischer und jeglicher Art Snackverkäufer auf dem Weg von der Großen Moschee über den Shuijing Markt zurück zum Hotel ist einfach unglaublich. Außerdem werden Hochlandprodukte angeboten wie beispielsweise Joghurt aus Yakmilch, Rosenwurz gegen die Höhenkrankheit, Tee aus Bergblumen und Raupenpilze, die hier bei guter Qualität stolze 428 Yuan pro Gramm kosten.

Unser Abendessen nehmen wir in einem „A-Restaurant“ mit fünf chinesischen Sternen ein. Gesalzenes Lammfleisch und Rinderrippchen sind nur einige der Xining-Spezialitäten, Innereien wollte heute niemand mehr probieren. Gut, dass wir morgen aufs Rad steigen, ein Tag mehr in dieser Stadt und ich platze.


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Großstadtflair

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Von Ledu nach Xining, 71 km, nahezu eben

Nach der gestrigen langen Bergetappe starten wir spät, erst nach zehn. Die Stadteinfahrt nach Xining – der Provinzhauptstadt von Qinghai – steht an, die mir staubig, laut und verkehrsreich in Erinnerung ist. Nach 23 Kilometern mündet die kleine Straße dann aber in eine „Prachtstraße“, also für je zwei von und eine Spur, und es rollt gut, fast von allein.

Vorbei geht es an den Städtchen Pingan und Haidong, die wie nagelneue Geisterstädte wirken, mit viel zu beiten Straßen, viel zu vielen Ampeln und fast keinen Autos, geschweige denn Fußgängern. Hier und da sitzen Grüppchen alter Männer im Schatten und spielen Karten, eine Frau schiebt einen Kinderwagen durch die endlose Leere, aber ansonsten keine weiteren Lebenszeichen, Restaurants und Friseure waren wohl einmal geplant, sind aber geschlossen. Irgendwann wird es wieder voll auf der Straße, und wir machen Rast unter einem Pavillion im Park. 

Xining gibt sich modern, sauber und ist eine einzige Baustelle. Kurz nachdem die ersten Hochhäuser in Sicht kommen, entdecken wir einen Radweg, der am Flussufer rund um die Stadt führen soll. Das muss getestet werden. Na ja, an einer Stelle endet der Radweg in einem Lager für Bagger, an einer anderen Stelle geht es nur über viele Treppen weiter und die Flussseite muss man auch wechseln. Dafür erspart uns dieser Radweg aber gute zehn Kilometer Stadteinfahrt, und dass der Verkehr in Xining chaotisch ist, bekommen wir auf dem letzten Kilometer noch ausreichend zu spüren. Abends vermitteln der zentrale Tanzplatz und die bunte Skyline Xinings etwas Großstadtflair. Der Kontrast zur gestrigen Fahrt durch die Berge, vorbei an kleinen Dörfern und Yakherden, könnte kaum größer sein. Morgen schauen wir uns Xining dann zu Fuß an.


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Auf Schotter folgt…

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Von Xunhua nach Ledu, 119 km, 2.057 m Aufstieg, Pass auf 3.816 m Höhe, 20 km davor und danach Schotterpiste

… noch mehr Schotterpiste, am Tag unserer Königsetappe.

„Wir folgen knapp 50 km einem kleinen Flusslauf, dann geht es in die Berge und wieder herunter.“ Ist die Vorschau der heutigen Tour bei unserem Frühstück in der Hotellobby um halb sieben in der Frühe.

Es ist warm in Ledu, als wir beim Schmutzbier auf den Stufen des Hotels sitzen. Das war nicht den ganzen Tag lang so, auf dem Pass auf gut 3.800 Meter Höhe bekommt man schon kalte Hände und Füße. Hinter uns liegen fast 120 Kilometer, ganz wenig Verkehr, rote Berge, eine steile Straße durch einen engen Canyon, Fahrt durchs Hochland, auf dem Yak weiden und Raupenpilze gesammelt werden, ein nicht enden wollender Anstieg von gut 2.000 Höhenmetern am Stück, keine Nudelsuppe, weil noch niemand oben am Pass eine Berghütte eröffnet hat, und… 40 Kilometer Schotterpiste. Bergauf ist es noch ok, aber auf der Abfahrt sind wir einfach nur durchgerüttelt worden. Schon verrückt, ein so langer Anstieg für 15 Minuten am Pass, und dann oben wieder Nebel. Für Ulrich, unseren Bergkönig, war es besonders kalt, weil er oben angekommen eine knappe Stunde auf uns Nachzügler warten musste.

Kurz vor Ledu holt uns die große Autobahnbaustelle wieder in die chinesische Kleinstadtwirklichkeit zurück. Wie auch immer, allein für die Fahrt durch das Hochland und die roten Berge hat sich unsere holprige Königsetappe schon gelohnt.


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Heute kein Schmutzbier

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Von Tongren nach Xunhua, 75 km, davon knapp 60 km im Regen, 1.093 m Aufstieg, 1.715 m Abstieg, kalt und windig

Nach einer halben Stunde Warten in der Lobby hat sich das Wetter nicht geändert. Also starten wir im Regen. Wolkenbruch zwischendurch ist ja ok, aber so von Anfang an… Brrr. Kalt ist es, nicht sofort, aber oben auf über 3.300 Meter Höhe zeigt das Thermometer nur noch ein Grad an.

Immerhin, es hat nicht geschneit und niemand hat einen Sonnenbrand bekommen. Klamme Finger, durchweichte Klamotten, dichte Nebelschwaden um den Pass herum, die zusätzlich zum Regenschleier die Sicht mindern, kaum noch Bremswirkung, auf die schöne lange Abfahrt hätte ich heute gut verzichten können. In der Nudelbude müssen wir nicht nur durchgefroren, sondern auch ziemlich hungrig ausgesehen haben, denn die heutigen Bauarbeiterportionen haben wirklich alles getoppt. Ach ja, die letzten 15 Kilometer war es trocken, dafür kam aber ein Wind auf, der mich zweimal einen guten Meter verschoben hat, trotz der vielen Nudeln.

Von Xunhua, dem Zentrum der streng muslimischen Salar-Volksgruppe, haben wir nicht mehr viel gesehen. Es ist Ramadan, außerdem stürmisch und fünf Grad kalt, fast alle Restaurants haben geschlossen, da geht einfach kein Mensch mehr vor die Tür. Auf das Schmutzbier haben wir heute ausnahmsweise verzichtet (Schmutzglühwein hätten wir genommen), die Aussicht auf eine heiße Dusche war einfach zu verlockend.


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Suche nach den Thangka-Malern

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Ruhe- und Besichtigungstag in Tongren, der Heimat der Thangka-Maler

Heute sind wir fünf Kilometer spaziert und 16 Kilometer Rad gefahren, das kann man also getrost als Ruhetag gelten lassen.

Das Städtchen Tongren besteht aus einer Neustadt und dem älteren Ortskern, in dem auch unser erstes Ziel, das Kloster Rongwu liegt. Wir laufen zunächst vorbei an Hochhausbaustellen, dann folgen fast nur noch kleine Geschäfte, vor allem Fleischereien, Bäckereien und Devotionalienläden, die den nahen Tempel ankündigen. Rongwu ist groß und hat vor einiger Zeit sicher viele Mönche beherbergt. Ich würde gern wissen, wie viele es heute sind, ich schätze einige hundert, aber Chinesisch wird hier nicht gesprochen und das Tibetische beherrsche ich leider nicht. So beobachten wir die vielen Gläubigen, die recht schnell um die Hallen laufen und Gebetsmühlen drehen. Die Hallen sind reich geschmückt mit gemalten und bestickten Bildern, auch die Ornamentik ist hier vielfältiger als in anderen Klöstern, immerhin ist Tongren die Heimat der Thangka-Maler.

Wir haben auch das Glück, die Übergabe eines buddhistischen Rollenbildes an das Kloster zu beobachten. Abgebildet ist eine grüne Tara, die der junge Künstler in gut drei Monaten fertig gestellt hat. Zwei Mönche hängen es mit Hilfe einer wackeligen Leiter an einen vorher diskutierten Ort. „Das sind sicherlich keine Handwerkermönche“ ist Thomas Kommentar dazu.

Am Nachmittag wollen wir uns die Malerwerkstätte selbst anschauen und schwingen uns auf die Räder. In den Dörfern arbeiten Schreiner an großen Balken, wahrscheinlich für die kleinen Klöster, die gerade geschlossen sind. Auch das Untere Wutun-Kloster ist Baustelle, nur die vielen Stupas vor dem Eingang leuchten in frischer Farbe. Ein Arbeiter klopft für uns die Besitzerin einer Thangka-Ausstellung heraus, und wir bekommen schon einen kleinen Eindruck von den kunstvollen Bildern.

Erst im Oberen Wutun-Kloster finden wir einen Künstler bei der Arbeit, der uns bereitwillig Auskunft gibt. „Es gibt Thangkas in der Grundfarbe rot, dann die schwarz-goldenen und die farbigen. Zusätzlich gibt es Thangkas aus reinem Gold, in die die Struktur teils geritzt, teils gezeichnet wird“. Die Farben bestehen aus Pulver, das der Künstler erst aus Naturmaterialien zerstößelt und dann anrührt. Die goldene Farbe wird aus echtem Goldpulver gewonnen, weshalb die schwarz-goldenen Bilder besonders kostbar sind. Auf seiner gespannten Leinwand sind schon die Konturen eines Buddhabildes zu sehen. Allein das Vorzeichnen dauert in diesem Fall vier Monate. „Zuerst zeichne ich vor, dann stelle ich die Farben her und male die „Heiligenscheine“, Wolken und die restlichen Farbflächen aus, und dann beginnt die eigentlich Arbeit, das Nachziehen der Konturen der Figuren mit ganz feinen Pinselstrichen, ganz zum Schluss das Gesicht“, erzählt er weiter. Dabei muss er sich an strenge Regeln bei Proportionen, Positionen und Farbgebung halten, die er am Anfang seiner Karriere morgens und abends im Kloster gelernt hat.

Angefangen hat er mit sieben Jahren. Die Malerei selbst wird in der Familie gelehrt, der Beruf von Vater zu Sohn weitergegeben, obwohl heute auch Frauen Thangkamalerin werden dürfen. Das 40 Jahre alte Thangka seines Großvaters wirkt übrigens genauso frisch wie seine eigenen neueren Thangkas. Das große Bild, an dem er gerade arbeitet, ist eine Bestellung, wird zwei bis drei Jahre Arbeit bedeuten und einmal etwa 600.000 Yuan kosten. Sofern alles gut läuft, denn der kleinste Fehler in einem der Herstellungsschritte würde das ganze Thangka zunichte machen. Es ist kein einziges Thangka auf den Bildern zu sehen? Stimmt, im Tempel ist Fotografieren verboten und bei dem Maler habe ich das vor lauter Fragen und Gucken schlichtweg vergessen.


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Keinen Meter mehr

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Von Xiahe nach Tongren, 106 km, 1.525 Meter Aufstieg, 1.890 Meter Abstieg

Gestern Nachmittag hatte es noch ein Gewitter mit Hagelschauer gegeben. Heute war es trocken, auch kein Schneesturm auf dem Pass wie im Mai vor vier Jahren.

Grasland und Hochebenen, auf denen Tibeter mit Cowboyhüten per Motorrad Ziegen- und Yakherden zusammentreiben, dazwischen auch Pferde, Gänse und dicke fette Murmeltiere. Unser erster richtiger Pass liegt auf gut 3.600 Meter Höhe, aber Radfahren funktioniert besser als Treppensteigen, wie wir gestern in Xiahe festgestellt haben. Wir fahren auch noch durch Nadelwald-Berge und später an roten Canyons vorbei.

Die Landschaft wechselt so rasant, dass wir kaum noch mitkommen. Auf dem Pass war es kühl, unten kurz vor Tongren wieder sehr heiß. Um sechs Uhr abends erreichen wir leicht müde das Hotel in Tongren. Es war ein toller Radtag, sehr abwechslungsreich und kaum Verkehr, aber jeder Meter mehr wäre heute einfach zu viel gewesen.


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Kloster Labrang

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Ruhetag in Xiahe mit Besichtigung des Klosters Labrang

Heute wird es bunt in der Bildgalerie. Das Hotel ist es, genau wie die vielen Devotionaliengeschäfte in der Stadt und natürlich die Innenräume im Kloster Labrang selbst. Schon am frühen Morgen sind die ersten Pilger unterwegs, um Labrang zu umrunden und die Gebetsmühlen zu drehen. Dann tauchen die Raupenpilzverkäufer auf, und noch ruhen sich Ziegen und Hunde auf dem Gehweg aus.

Wir besichtigen Labrang im Rahmen einer obligatorischen Führung. 2.000 Mönche studieren hier in sechs Fakultäten, im Angebot sind Philosophie, Medizin, Astronomie und Astrolgie, Ritualpraxis und zweimal Tantra. Wir erfahren aber nicht nur einiges über den Gelbkappen-Orden, denn Labrang ist eine der sechs wichtigsten Klosterschulen dieser tibetisch-buddhistischen Gemeinschaft, unser Mönchsführer bringt uns mit seinen Fragen wie „Was ist Glück“ oder „kennst du dich eigentlich selber?“ leicht in Bedrängnis. Er selbst ist mit acht Jahren nach Labrang gekommen und lernt seit 20 Jahren in der Philosophischen Fakultät. Um halb zwölf strömen dann Mönche von allen Seiten in die Haupthalle, es ist Zeit für das Mitttagsgebet inklusive Tee, und im Anschluss gibt es Reis für alle, der in der Klosterküche in Woks mit drei Metern Durchmesser zubereitet wird.

Wenn die Sonne scheint ist es heiß, wir spazieren noch etwas durch die Wohnhäuser der Klosteranlage und bewegen uns im Strom der Mönche wieder zum Ausgang, das Mitttagessen ist wohl beendet. Ich gehe mit Manja noch die innere Kora, dann geht jeder von uns seine Wege.

Im Programm stand heute „flach“

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Von Linxia nach Xiahe, 110 km, etwa 1100 Höhenmeter

… bemerkt Thomas beim Abendessen. Leicht müde hängen wir in den Sesseln eines Hotelrestaurants, in dem auch viele Mönche speisen. Alles unter zwei Prozent Steigung zählt nicht, vermutet Ulrich, und Gerd fügt hinzu, dass er eh nicht gedacht hätte, dass wir auf 110 Kilometern über tausend Meter in die Höhe geradelt sind. Stetig leicht bergauf würden wir gelten lassen, aber flach, neee.

Viele Moscheen, zu Beginn eine neue Straße ohne Verkehr, drei Tunnelumfahrungen, dann zunehmend tibetisches Gebiet und höhere Berge („wie in Osttirol“), die ersten Yak auf 2.500 Meter Höhe, und schließlich buddhistische Tempel, so könnte man den Tag zusammenfassen. Knapp sieben Studen saßen wir im Sattel. Und zu unseren Doping-Methoden könnte man hinzufügen, dass Kekse besser über die Berge bringen als Nudeln, zuindest auf die gebratene Variante mit Zwiebeln werden wir mittags eher verzichten. 

Schön wars, und der ständig angesagte Regen ist auch ausgeblieben. Den Rest zeigen die Bilder.


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Wo der Pfeffer wächst

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Von Liujiaxia nach Linxia mit Bootsfahrt über den Liujiaxia-Stausee, 805 Höhenmeter, sonnig und warm

Heute haben wir keine lange Etappe vor uns und starten gemütlich um neun Uhr. Nach einigen Minuten stelle ich fest, dass sich die Straßenführung etwas geändert hat. Der alte Weg ist zwar noch zu sehen, aber nicht mehr zu erreichen. Die neu ausgebaute Straße folgt im Prinzip der ursprünglichen Route, erspart uns aber einige Höhhenmeter, worüber ich nicht unglücklich bin. So fahren wir auf einer Ebene etwa 300 Meter oberhalb des Stausees durch kleinere Dörfer und vorbei an Raps- und Gemüsefeldern. 

Nach der Abfahrt durch eine canyonartige Landschaft erreichen wir schließlich den Hafen am See. Der Fährbetrieb ist zwar eingestellt, aber es gibt noch genügend Schnellboote, die uns in nur acht Minuten ans Südufer bringen. Nach der obligatorischen Nudelsuppe radeln wir wieder rauf auf die Ebene… wo der Pfeffer wächst. Denn auf den hiesigen Terassenfeldern wird vor allem Sichuanpfeffer angebaut, der nicht nur aus Sichuan kommt und wörtlich übersetzt eigentlich Blumenpfeffer heißt. Die kleinen Bäume sind dornig, was Gerd den ersten Platten der Tour einbringt. Die Straße ist wenig befahren, aber einige kurze Baustellenabschnitte und Rodungen am Straßenrand lassen erahnen, dass auch hier ein Ausbau geplant ist. Unterwegs gab es viel zu sehen, angehalten haben wir aber nur noch für das Fahrschulauto mit Sonnendach, in dem auf dem Übungsplatz Einparken, Anfahren am Berg und Kurvenfahren geübt wird. Deswegen gibt es unter anderem auch keine Fotos von der Hochhausskyline der Kleinstadt Linxia, die hinter einer Abfahrtskurve plötzlich vor uns auftaucht.

Unser Zielort Linxia liegt in einem autonomen Bezirk der islamischen Volksgruppe Hui, die Männer tragen weiße Kappen, viele Frauen lockere bunte Kopftücher und in den meisten Restaurants wird kein Alkohol ausgeschenkt. Für uns gibt es heute den Acht-Kostbarkeiten-Tee, die Alternative, also das Nudelwasser, lehnen wir dankend ab.

Obwohl wir heute keinen Pass gefahren sind, kamen bei dem vielen Auf und Ab doch noch 800 Höhenmeter zusammen. Bisher waren wir in vorwiegend muslimischem Gebiet unterwegs, morgen geht es dann hinauf in das tibetisch beeinflusste Xiahe.


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