Beine hoch, Bauch raus, Augen zu

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Die nächsten 3 Tage waren der Entspannung gewidmet. Als erstes hatten wir einen freien Tag in Luang Prabang, an dem jeder noch die Möglichkeit hatte Souvenirs einzukaufen, zur Massage zu gehen, weitere Tempels zu besichtigen und andere Dinge zu erledigen, die man als Tourist in Luang Prabang so machen kann. Ich nutze die Gelegenheit und lud Hamm zu einem letzten gemeinsamen Essen ein. Wir hatten uns während der Tour sehr gut verstanden und ich wollte ihm nochmal für seine gute Leistung und den (wenn auch verspäteten) Reiswein danken. Begleitet von einem der schönsten Sonnenuntergänge am Mekong tranken wir auf die Thai-Laotische-Freundschaft. Wie so oft, hatte ich bei der Gelegenheit auf eines der schönsten Motive meine Kamera nicht dabei.

Am nächsten Tag ging es dann auf unsere private Yacht, die uns den Mekong hinauf bis an die thailändische Grenze bringen sollte. Morgens mussten wir beide Tage recht zeitig los, denn Flussaufwärts geht es wesentlich langsamer. Unser Kapitän Kwai (wortwörtlich Käptn Wasserbüffel), ein echter China-By-Bike-Veteran, wie die Aufkleber an seiner Windschutzscheibe vermuten lassen, begrüßte uns an Bord der Wan Thong Jaroen, ein geräumiges Boot mit viel Platz zum Sitzen, Liegen, Stehen, Essen, Lesen, Räder reparieren. Endlich mal nichts tun. Die Landschaft fährt langsam an einem vorbei und man schaut einfach nur zu. Zu Schade nur, dass sie irgendwann seinen Reiz verliert. Nicht das die Ufer des Mekongs langweilig werden. Im Gegenteil, im Detail gibt es viele Kleinigkeiten zu entdecken: Goldwäscher am Ufer, 10 Meter hohe Sandbänke, bizarre Felsformationen, die nur in der Trockenzeit sichtbar sind, leere Marktstände vom monatlichen Ufermarkt, immer wieder kleinere Stromschnellen. Das Allgemeinbild blieb jedoch das gleiche: Vor und hinter uns war der Fluss, links und rechts waren kleinere Hügel, die das Tal umschloss. Das Boot glitt gleichmäßig auf dem teils unruhigen Wasser Stromaufwärts. Der Holzrumpf knarzte und das Blechdach ächzte bei jeder kleineren auf und ab Bewegung des Schiffes. Einige von uns schliefen, anderen lasen in der Sonne ein Buch, hörten Musik oder blickten einfach nur in die Ferne.

Das Highlight auf unserer Schifffahrt war eindeutig das Essen, dass die Frau des Käptn Wasserbüffels, Nang (wortwörtlich Frau Frau) uns zur Mittagszeit immer zubereitete. Die Gerichte waren dermaßen schmackhaft, dass wir unsere Fressgier kaum bremsen und abends kaum noch etwas essen konnten.

Die Unterkünfte an Land haben keine besondere Erwähnung verdient. Vor allem Pakbeng ist lediglich eine Durchfahrtstation und Raststätte für diejenigen, die nicht mit dem Schnellboot unter einem Motorradhelm in 6 Stunden von Luang Prabang nach Huay Xai durchbrettern wollen: Guesthouse, Massage, Indische Restaurants, Bäckereien und alles was der Ausländer in Laos halt noch so braucht. Aber mehr eben auch nicht.

Am Nachmittag unseres 2. Bootstages tippte mich Frau Frau leicht an der Schulter und zeigte in Richtung Backbord. „Hier fängt die Thailändische Grenze an.“ Prompt stand an der Grenze ein ansehnliches kleines Resort direkt an der Grenze mit einer thailändischen Fahne. Mein patriotisches Herz fängt wieder an stärker zu klopfen. Jetzt bloß objektiv bleiben, Niti!

Wir verbrachten unsere letzte Nacht in Laos direkt an der Grenze, fast mit Blickkontakt mit Thailand. Das letzte Beer Lao wurde gebührend am Ufer des Mekongs verabschiedet mit Aussicht auf die nächtliche, thailändische „Skyline“ von Chiang Khong. Die ganzen bunten Lichter da drüben waren natürlich powered by Lao electricity. Denn Elektrizität ist Laos zweitgrößtes Exportgut und Thailand der größte Abnehmer. Insofern wird also auch noch in den thailändischen Stromadern Laotisches Blut fließen. Papaya Salat wird auch in den Restaurants noch omnipräsent sein. Laos bleibt somit zumindest im Geiste bei uns und wird uns bis weit über die andere Seite des Mekongs noch begleiten.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/01/2011-12-19.gpx“]

Die Ursprünge der Raubkopie

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

An einigen von uns ging die Karaoke gestern nicht ganz spurlos vorbei. Auf dem Programm stand die Standard-Tour in Luang Prabang: Königspalast, Phousi-Berg (jaja… macht ruhig den üblichen Witz. Man kommt ja doch nicht drum rum) und Wat Xieng-Thong. Das konnte noch heiter werden. Eines der besten Gegenmittel gegen Restalkohol im Blut ist laotisches Kaugummi, auch Zuckerrohr genannt. In mundgerechte Stückchen geschnitten, kaut man die kleinen Würfelchen und spuckt sie wieder aus, sobald sie keinen Saft mehr enthalten. Der Zucker bindet die Reststoffe und schon bald kann man wieder gerade gehen und Treppen steigen. Als erstes stand der Königspalast auf dem Programm. Im Jahre 1904 während der französischen Kolonialperiode erbaut, dient es jetzt nach dem Absetzen der Königsfamilie als Museum. In einem Seitenflügel befindet sich der Phrabang. Die Buddhastatue, angeblich aus dem 1. Jahrhundert, kam von Sri Lanka über Angkor hierher, und ist der Namensgeber der Stadt. Es bestehen Gerüchte, dass die Figur, die ausgestellt wird, nicht das Original ist. Im Laufe der Jahrhunderte sind etliche Kopien entstanden. Die Statue ist auch viel zu kostbar, als dass man sie jedes Jahr, zu Laotisch Neujahr mit Wasser begießen lassen würde. Man munkelt das Original steht in der Laotischen Staatsbank in Vientiane.

Unterwegs trafen wir wieder auf Olivers Gruppe, die ähnlich angeschlagen war, für den Besichtigungstag. Anschließend erklommen wir den Phousi-Berg. Ohne Zuckerrohr hätten bestimmt nicht alle den beschwerlichen Weg die Treppen hinauf geschafft. Auf dem Gipfel befindet sich der Wat Chom Si, von wo man einen schönen Panoramablick über Luang Prabang bekommt. Weniger beeindruckend war die kleine Hütte, in welcher angeblich ein Fußabdruck Buddhas in einer Steinkerbe erkennbar sein sollte. Zum krönenden Abschluss besichtigten wir noch Wat Xieng-Thong. Er gilt als der älteste Tempel Luang Prabang und besteht in seiner Urform bereits seit 1560. Als einziger Tempel überlebte er die Angriffe der Ho-Rebellen Ende des 19. Jahrhunderts. Angeblich war ein Anführer der Ho einst Novize in diesem Kloster und nutzte ihn daher lieber als Lager als ihn zu zerstören.

Der Rest des Tages stand zur freien Verfügung und Erholung. Die ein oder andere Kokusnuss wurde geköpft und ich hatte Zeit den Blog zu aktualisieren. Wobei von Aktualität ja nicht mehr die Rede sein kann. Ich bitte aber um etwas Nachsicht. Strom, Internet, Freizeit und gute Zigaretten sind heiße, begehrte Waren in Laos und nicht immer alles gleichzeitig zu finden.

Zum Abendessen gab es heute das Kontrastprogramm zum gestrigen Weihnachtsgelage. Wir gingen zum Nachtmarkt, wo sich alle Backpacker die Mägen für einen Festpreis vollstopfen können. Wichtig ist hierbei, bei jedem Gericht darauf zu bestehen, dass es nochmal heiß gemacht wird. Lecker war es! Billig dazu!

Einen Tag verspätet kamen dann auch meine bestellten Reisweinpötte an. Ursprünglich war es ja gedacht, dass man diese zur Weihnachtsfeier als Laotischen Sangria trinken könnte. Hamm hatte gestern leider zutun und konnte allerdings erst heute liefern. Nach dem gestrigen Gelage hatte heute Abend jedoch keiner mehr Lust auf ein Getränk, das nicht nachweislich weniger als 5% Alkohol enthält. Und die schönen Tontöpfe mussten leider am nächsten Tag wieder abgeliefert werden. So sahen wir uns gezwungen, den leckeren Saft in Plastikflaschen abzufüllen und saßen noch bis in die Abendstunden vor unserer improvisierten Reisweinabfüllanlage und warteten Tropfen für Tropfen, Flasche für Flasche. Zwischendrin vergewisserte man sich dann doch immer wieder mit einem kleinen Schlückchen, dass die Arbeit sich lohnt.

X-Mas Blinddate

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Heute war Heilig Abend. Allerdings erst später, denn Heilig Morgen wird ja nicht gefeiert. Das große Familienfest der Christen wird in Laos zwar nicht wirklich zelebriert, aber bei unserer nächsten Station habe ich das Gefühl, dass es nicht spurlos an einem vorbei gehen wird.

Einen Wecker braucht man auf dem Dorf nicht. Das Leben fängt früh an und Rücksicht auf siebenschläfrige Radfahrer wird nicht genommen. Der Hahn kräht, die Traktoren fangen an zu tuckern, Die Küche wird für das Frühstück vorbereitet. Generell ist früh morgens wahrscheinlich die betriebsamste Zeit. Der Elan nimmt dann antiproportional zur Temperatur ab. Das ist im Winter jetzt nicht ganz so extrem, aber diese lebensnotwendige, angeborene laotische Notbremse bleibt auch im Winter erhalten.

Zum Frühstück packte Hardy eine weitere Runde Joghurt raus, und zwar „die mit ganzen Erdbeeren!“ Als bald waren auch die letzten Abschiedsfotos geknippst und wir machten uns auf die letzte Fahrradetappe in Laos: nach Luang Prabang, die alte Hauptstadt und das eigentliche Ziel aller Touristen in Laos.

Entlang des Wegrands gab es heute einige Weihnachtssterne (Der Baum) zu sehen. Ob die wohl extra für uns Westler zu dieser Jahreszeit eingepflanzt wurden? Je weiter man nach Luang Prabang kam, desto weniger wurden wir als ausländische Rad-Spinner wahrgenommen. So langsam gewöhnt man sich an den Anblick. Noch bevor wir die Stadt erreichten, wurden wir von ganzen vier ausländischen Radfahrern überholt. Die Häuser wurden größer und prächtiger und man spürte förmlich, dass eine Großstadt nicht mehr weit war. Als wir dann die alte Kolonialbrücke überquerten, fing es an mit Guesthouses, Villas, Restaurants, Bars, Cafés, Internet-Cafés, . Die Stadt scheint heutzutage dem Tourismus geweiht zu sein und nicht seinem Namensgeber, dem Prabang (Aber dazu später mehr). Vielleicht könnte man eine Petition einreichen und die Stadt in Luang Touri umbenennen. Geschätzte 90% der Innenstadt sind Einrichtungen für den Tourismus. Nach einigen Kurven erreichen wir bald unser Hotel Sala Prabang: ein wahrer Luxus im Gegensatz zu den vorherigen Bleiben. Meister Toh trinkt noch ein letztes Abschiedsbier mit uns und muss dann leider wieder schon nach Hause in Vang Vieng (Da wo wilden Kerle wohnen!).

Nachdem sich alle schick gemacht und ihr bestes Hemd aus der Tasche gekramt haben, gingen wir zu unserem Blinddate. Oliver ist mit seiner Gruppe auch gerade in Laos unterwegs und diese kam heute ebenfalls in Luang Prabang an. Da wäre es doch schade, nicht eine gemeinsame Radler-X-Mas-Party zu veranstalten. Und wo ist es weihnachtlicher als in Laos unter Palmen bei milden 16-24 Grad. Das kommt dem Wetter in Jerusalem auf jeden Fall näher als der saisonale Matsch-Schnee in Deutschland. Gesagt, getan. Oli und ich fanden ein von Weihnachtsdeko und Blinklichtern überschwemmtes Lokal mit laotischem Weihnachts-Barbecue. Eigentlich ist es ja koreanisch… aber pschttt! In Asien nimmt man die Urheberrechte nicht so genau. Als wir eintrafen hatte Olis Gruppe bereits die erste Runde Bier Lao hinter sich. Man redete über den Schmuseasphalt, über „Oh, Alter!“-Touristen, über das gute Bier und den milden Schnaps. Bald kam auch schon die Ladungen an Fleisch und Gemüse, die wir selber auf unseren Pfannen-Töpfen braten/kochen konnten. Man bereitet sein Essen selber zu und darf dann als Belohnung das Doppelte zahlen. Ein super Konzept! Aber es geht ja auch in erster Linie nicht um das Essen sondern um das Erlebnis. Und das kam nicht zu kurz.

Etliche laotische Biere und weihnachtliche Waldmeisterschnäpse später hielt es die meisten nicht mehr am Tisch und einige schwangen das Tanzbein zu weihnachtlichen Latino-Pop. Die Musik weckte bei vielen den Wunsch nach Karaoke um auch mal mitsingen zu können. Also ging es für die Meisten ab zur Full-Moon-Karaoke, die eigentlich schon zu hatte, aber noch ein Auge zu drückte. Denn man sah uns ziemlich offensichtlich an, dass es ganz schön weihnachtet. Ab hier hört mein filmisches Gedächtnis langsam auf und ich muss mich auf mein Fotographisches verlassen: grölende rote Zipfelmützen, Dancing Queen, Help!, „more Beer please!“, Tuktuk-Surfen, tote Hose wegen Sperrstunde auf der Hauptstraße, Nudelsuppe, letztes Bier, Bett.

In diesem Sinne… Frohe Weihnachten!


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/01/2011-12-24.gpx“]

Deutschland – Laos : 1-0

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Schweren Herzens mussten wir heute wieder unsere Zimmer räumen. Hier in Muang Ngoi könnte man für gut eine Woche versumpfen: Handy aus, kein Strom, keine Fahrzeuge bis auf die kleinen tuckernden Boote, schöner Ausblick, nette Dorfidylle. Vermutlich einer der besten Orte auf der Welt um einfach mal abzuschalten und alles um sich herum zu vergessen. Aber dafür sind wir nun mal nicht hier. Also wieder ab ins Boot und Wellenreiten. In Nong Kiaw verabschiedeten wir uns von dem Nam Ou und begrüßten wieder unsere Räder. Voller Freude durch das Wiedersehen zuckten unsere Wadenmuskeln auf und wir schwangen uns auf die Sättel und düsten weiter auf der Hauptstraße Richtung Luang Prabang.

Nach einem Mittagsstopp im großen Markt von Baan Nam Tuam und immer noch von „Hello“ und „Sabai Dee“ Rufen begleitet fuhren wir durch zahlreiche Dörfer. Plötzlich kam ein „Sabai Dee“ von der Seite, das mir doch etwas bekannter vorkam. Toh, Dirk, Martin und Frank saßen bereits am Wegrand und genossen ihr Schmutzbier. Vor lauter Dörfern und angenehmen Fahrtempo wäre ich fast am Ziel vorbei gedüst. Also gesellten sich auch Hardy und ich dazu und tranken uns Mut an, bevor wir unsere Gastfamilie für den Abend begrüßen durften, denn heute wartete kein Guesthouse mit Warmwasserdusche auf uns. Heute Abend war Bodenmatratze und asiatische Elefantendusche angesagt. Die Mutter des Hauses kam raus und begrüßte uns freundlich und Hardy packte den Joghurt aus, den er unterwegs für die Gruppe geholt hat. Als wir endlich alle Mutter, Schwestern, Brüder kennengelernt haben machten wir einen kleinen Spaziergang durch die Ortschaft. Gleich zwei Mal mussten wir anhalten und wurden mit weißem laotischem Feuerwasser begrüßt. Hardy zuckt nur die Achseln und verweist auf die Flasche aus dem letzten Schnapsbrennerdorf, die wohl noch ein paar Umdrehungen mehr hat. Der Rest schluckte und hustete freundlich. An der Schule angelangt spielte gerade eine kleine Gruppe der Dorfjugend Fußball. Wir fragten freundlich und durften auch ein paar Ballkontakte haben und unsere gepflegte deutsche Ballkunst vorführen. Das deutsche Angreifer-Duo bestehend aus Frank „The Glasman“ Ribery und mir erwies sich allerdings als weniger torgefährlich als erwartet. Ein Tor haben wir dennoch erzielt. Der kleine laotische Keeper hatte keine Chance. Zurück bei der Gastfamilie unterstützte Hamm die Familie tatkräftig und das Abendmahl war bald angerichtet. Der Satz „Zu Hause schmeckt es immer noch am besten.“ lässt sich anscheinend auch auf ein Gast-Zuhause übertragen. Denn Hamm und die Familie haben ganze Arbeit geleistet und sehr schmackhafte Gerichte gezaubert.

Die Abende in den Dörfern sind recht kurz. Nachdem wir den Hausvorrat an Bier geleert haben schlüpften die meisten von uns unter die Moskitonetze. Dirk, Hamm und ich saßen noch gemeinsam mit der Hausmutter, Hausvater, Hausschwester ein Weilchen am Lagerfeuer, nippten am hausgemachten Reiswein und diskutierten über die Unterschiede im Familienleben in Deutschland und Laos.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/01/2011-12-23.gpx“]

Rafting mit dem Motorboot

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Heute mussten wir unsere Räder gegen ein Motorboot eintauschen, dass uns zu unserem nächsten Ziel, Muang Ngoi, bringen sollte. „Muang“ heißt Stadt oder Dorf und „Ngoi“, heißt so viel wie, kurz vor dem Abknicken bzw. Umfallen… nicht gerade gutes PR-Management, was die Stadt da hat. Mit an Bord waren noch Frau und Kind des Kapitäns, die nach Hause in ein Dorf auf dem Wege fuhren. Bequeme Bussitze mit verstellbarer Rückenlehne wurden für die verwöhnten Touristen eingebaut und machten die hin und wieder leicht holperige Bootfahrt recht komfortabel. Denn stille Wasser sind tief und flaches kann ganz schön wild sein, so auch der Nam Ou in der Trockenzeit. Immer wieder musste der Kapitän im Slalom den Felsen ausweichen, die aus dem Wasser ragten und erahnen ließen, dass nicht viel Platz zwischen Schiff- und Flussboden blieb. Unbeeindruckt drückte der Kapitän auf die Tube, passte sich den Rhythmen der Wellengänge an und raste auf die Felsen zu um kurz vorher von der Strömung drum herum gerissen zu werden. Der Mann wusste was er tat. Hut ab Herr Kapitän! Eine langweilige Kaffeefahrts-Bootstour mit Wärmedecke war das definitiv nicht.

Nach etwa 2 Stunden Fahrt hielten wir an einem kleinen Dorf um die Beine etwas strecken und den Nacken zu entkrampfen. Hardy kennt das ja alles schon. Aber als er das letzte Mal da war, und Aussichten auf einen guten selbstgebrauten Lao Lao (Reisschnaps) hatte, wurde er leider enttäuscht. Diesmal aber war die Zeit richtig. Der Reis war geerntet und gelagert und die Leute haben Zeit sich um die weniger lebensnotwenigen Lebensmittel zu kümmern. Wir kosteten das edle Gesöff und Toh kaufte gleich 3 Flaschen, eine für den Homestay am kommenden Tag, eine für die Freunde daheim und eine für Hardy. Die Frau des Brenners war eine Weberin und hatte schöne Sarongs im Angebot. Dirk entschloss sich eines mitzunehmen. Hauptsächlich, weil das Dorf und die Familie so nett sind. Martin ließ sich auch noch schnell seine gerissene Hose flicken. Alles in allem ein recht geschäftiger Tag für das alte Pärchen. Anschließend schlenderten wir durch das Dorf zum Dorftempel, in dem eine alte Bombe aus dem Vietnamkrieg als Tempelglocke recycelt wurde. Eine schönere Wiederverwendung kann es wohl kaum geben. Nach weiteren 2 Stunden kamen wir dann in der „fast abgeknickten Stadt“ an, die alles andere als geknickt wirkte. Stadt ist selbst für laotische Begriffe etwas übertrieben. Das Dorf erstreckt sich über eine Länge von etwa 250 Metern entlang einer kleinen Straße, die nie von Autos befahren wurde, da hier noch keine Straße hinführt und der einzige Zugang der Nam Ou ist. Strom gibt es hier auch nur in begrenzten Dosen. Der Dorfgenerator wird abends von 6-9 ein Mal angeschmissen. Zeit genug um die Autobatterien aufzuladen für den Gebrauch von Küchengeräten oder einer kurzen Folge von Thai-Dramen im Fernseher. Das soll sich allerdings leider bald ändern. Die Straße ist in Planung, die Stromkabel auch bald verlegt. „Leider“ ist vielleicht etwas egoistisch. Man gönnt den Dorfbewohnern ja eigentlich den Fortschritt. Nur kommt dann ein größerer Ansturm von Touristen. Für die Bevölkerung hier natürlich eher vorteilig, für den Alternativtouristen, der seinen Geheimtipp bewahren will allerdings nicht.

Auch der Eingang unseres Hotels war von Bombenhüllen flankiert. Überhaupt sieht man in der Gegend viele alternative Verwendungen von Bomben. Amerika führte damals einen geheimen Krieg gegen die kommunistische Patet Lao. Das erklärt allerdings immer noch nicht, warum Laos zu den meist gebombten Land der Welt zählt (1968-69 fielen in Laos mehr Bomben als die Amerikaner in Deutschland während des ganzen 2. Weltkriegs abgeworfen haben). Ein Großteil davon ist allein der Faulheit der Amerikaner zu verdanken, die sich den Papierkram nach der Landung mit restlicher Munition ersparen wollten.

So traurig die Vergangenheit auch sein mag, die gemalte Landschaft und die Freundlichkeit der Leute lässt sie immer mehr Verblassen, sodass nur noch Bomben-Tempelglocken, Bomben-Blumentöpfe und andere kreative Bomben-Gegenstände als Vorbild dienen, wie man mit seiner deprimierenden Vergangenheit am besten umgehen kann. Wir genossen auf jeden Fall die entspannte Atmosphäre und schöne Aussicht auf der Flussterrasse und bewegten uns bis zum Abendessen keinen Meter mehr.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/01/2011-12-22.gpx“]

Knack die Hundert

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Trotz 100 km vor uns und vorbelasteter Kette blickten wir der heutigen Etappe optimistisch entgegen. Nach den hügeligen Etappen sah die kommende trotz ihrer Länge eher harmlos aus. In Urlaubsstimmung und so langsam auf Laos Zeittempo eingestellt, entschieden wir uns erst um 9 zu starten, auch um der morgendlichen Kälte nicht so lange ausgesetzt zu sein. So langsam ist man ja auch routiniert: Einen Stopp beim Marktstand, Obst kaufen und fragen was für komische Nüsse da verkauft werden und die gegrillten Eichhörnchen fotografieren. Der Markt heute hatte aber noch eine lebendige Biesam-Ratte im Angebot. Für 5 Euro ein echtes Schnäppchen. Frank musste kurz überlegen, ließ dann aber das arme Tier doch lieber noch 4 Stunden länger leben.

Endlich sahen wir hier auch mal blühende Frangipanis, die Nationalblume Laos. Allesamt waren die Bäume bisher kahl gewesen. Heute gab es hier und da einige kleine Blüten zu entdecken. Ich nehm das mal als gutes Zeichen, dass es allmählich wärmer wird – vielleicht etwas überoptimistisch, aber wir werden ja sehen.

Nach den ersten kleinen Hügeln kamen wir ins Tal des Nam Thag. Entlang dieses kleinen Flusses führte der Rest der Strecke, die Erinnerungen an einen deutschen Radwander-Weg wach werden ließ, nur halt etwas trockener und urwaldiger: Natur pur, auf gut bis sehr guter enger Straße, die man auch für einen Fahrradweg hätte halten können, wären da nicht die 4-5 LKWs mit riesen Baumaschinen an uns vorbei gefahren.

Die Laoten teilen sich selbst grob in 3 Völkergruppen auf: Lao Suung = Hochlaoten, umfasst hauptsächlich die Hmongs und Bergvölker; Lao Lum = Flachlandlaoten, leben zum Großteil in der Ebene oder entlang der Flussufer; Lao Khmu = Khmerlaoten, Laoten mit Khmer (Alt-Kambodschanischer) Herkunft. Tho erklärte, dass dies eines der Gebiete der Lao Khmu sei. Der Umgang war auf jeden Fall deutlich anders. Die Kinder grüßten wie gewohnt mit „Sabai Dee“ und „Hello you!“ aber die Erwachsenen schienen wesentlich zurückhaltender (für laotische Verhältnisse versteht sich).

Auswärts essen, ist ja wie erwähnt in Laos nicht ganz so einfach. In größeren Ortschaften gibt es noch Möglichkeiten auf überteuertes verwestlichtes Lao-Thai-Standard-Hähnchen-Curry-Essen. Ist man aber auf dem Lande unterwegs wird das schon schwieriger. Zu Mittag gab es Nudelsuppe. Allerdings nur mit Fertignudeln aus Thailand. Alternativ standen frittierte Bambusraupen, gegrillte Flussfische, getrockneter Flussseetang und junge Bambussprossen mit Auberginen-Chilisoße auf dem Speiseplan. Man muss in Laos offen für alles sein, um sich vielseitig zu ernähren. Rücksicht auf einen westlichen Magen wird hier nicht genommen. Immerhin gibt es überall frischen Kaffee Lao mit dicker, süßer Kondensmilch. Mehr oder weniger gestärkt gingen wir die letzten Kilometer an und waren mehr als überrascht, als wir um die Ecke bogen und einem plötzlich wieder Touristenpärchen entgegen kamen. 100 km lang nur Natur und Dorfidylle und auf einmal taucht hier diese Touristenenklave auf… Egal! Wir sind ja auch nur Touristen und stürzten uns auf die erstbeste Terrasse mit Flussblick auf dem Nam Ou, in welchen der Nam Thag in Muang Khua hier mündet und genossen unser 100 km Bier.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/01/2011-12-20.gpx“]

Eine Busfahrt mit Herrn Pimmel

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Die Morgenstunden werden immer mehr zur Qual. Statt tropischer Hitze, sind es jeden Morgen frühwinterliche Temperaturen, die uns die ersten Stunden erschweren. Selbst Wikipedia erwähnt in seinem Artikel den in Oudomxay am Vormittag vorherrschenden Nebel zur Wintersaison. Die dicken Dunstschwaden halten die wärmenden Sonnenstrahlen ab und wir starteten die letzten Tage meistens bei Temperaturen zwischen 12 und 15 Grad. Allerdings hatten wir bisher Glück und mussten anfangs immer kleinere Pässe überwinden, sodass der Körper sich aufwärmen konnte. Eine Nudelsuppe zum Frühstück schmeißt den Wärmegenerator an, und der hält dann bis nach den ersten Pässen die Sonne die Nebelschicht verdunstet hat. Sobald man oben angekommen ist, klärt der Himmel gegen Mittag auf und man genießt für den Rest des Tages die Sonne. So kommen bis zu 15 Grad Unterschied zustanden innerhalb von einer bis zwei Stunden. Das macht nicht jeder Körper mit und einige von uns sind mittlerweile leicht angeschlagen mit Darm- und Schnupfproblemen.

Nach der Königsetappe sieht man die Höhenprofile etwas anders: „Och ja… Hier und da ein zwei Pässe. So’n bisschen hoch und n bisschen runter. Das wird schon.“ Meine Fahrradkette ist allerdings bereits einmal gerissen und gefixt worden. Den großen Pass hat sie auch heute noch überlebt, dann aber gab sie ihren Geist auf. Vielleicht hatte ich doch zu viel Werkzeug im Gepäck, vielleicht fresse ich auch einfach zu viel hier. Die Gruppe war bereits außer Sichtweite und Mr. Hamm, unser Fahrer (wortwörtlich übersetzt Herr Pimmel), ist bereits vorgefahren um das vordere Feld zu versorgen. Mein Nietendrücker gab nach 20 Minuten verzweifeltem Schrauben und Drücken nun endgültig den Geist auf und ich schob mein treues Drahtross über den letzten kleinen Hügel. Resigniert rollte ich den Hang hinab und hielt bei LKW-Fahrern, die ebenfalls Probleme mit ihrem Gefährt hatten. Gemeinsam lachten wir über unser ähnliches Schicksal. Es stellte sich dabei heraus, dass einer von ihnen ein ehemaliger Fahrradmechaniker ist… Das trifft sich ja mal gut! Er holte Spitznadel, riesen Hammer und Schraubenmutter raus und hämmerte mir meine Kette wieder zu Recht und ich freute mich über die gerechtfertigte brachiale Behandlung meiner Kette… Geschieht dir Recht, du blödes Miststück! Wer mein Werkzeug verstümmelt hat Kloppe mit einem Eisenhammer verdient. Als er gerade fertig war, kam aber auch schon Herr Pimmel mit dem Begleitfahrzeug um mich abzuholen. Der Rest der Gruppe hatte während dessen bereits ihre Kaffee-und-Kuchen-Pause hinter sich und rollte gen Hotel in Muang Xay. Kurz vorm Ziel holten wir sie ein und bogen gleichzeitig mit Hardy ins Litthavisay Guesthouse ein.

Vor dem Abendessen spazierten wir noch hoch zum Tempel auf dem Phu That-Hügel direkt gegenüber vom Hotel und genossen einen schönen Überblick über das kleine Städtchen im Restlicht der Abendsonne. Toh und ich zündeten noch 3 Räucherstäbchen vor der riesigen Buddhastatue an, die vom Stadtgouverneur nach seiner Promotion gestiftet wurde, und wünschten uns eine erfolgreiche Tour und ich vor allem eine heile Kette. Hardy kennt ja bereits die meisten Örtchen in Laos und empfahl das Restaurant gegenüber vom Hotel, wo jeder für sich bestellte und somit keiner verantwortlich war, wenn es denn nicht schmeckte. Das Essen war sehr zufriedenstellend, nur die Preise ganz schön gesalzen. Generell ist Laos unheimlich teuer geworden in den letzten 2-3 Jahren. Lokale Garküchen gibt es im Vergleich zu China oder Thailand kaum. Wenn dann sind es nur Nudelsuppen für die schnelle Kundschaft oder Grillläden für einen kleinen Snack mit Freunden. Sonst wird hier noch zu Hause gegessen.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/01/2011-12-20.gpx“]

Die Autobahnraststätte

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Bevor man in die Pampa fährt, möchte man sich natürlich gut vorbereiten und sich ein wenig eindecken. So mussten wir heute Morgen noch etliche Stopps machen, bevor es endlich losgehen konnte. Bei der Bank musste noch Geld gewechselt, beim Markt noch Baguettes und Früchte geholt und bei Lai’s Place noch etwas Schmierkäse gekauft werden. Wenn man einmal wieder in den Genuss von Zivilisation gekommen ist, kommt man da schwer von wieder weg. Und wenn man die Wahl hat zwischen Brot und Nudelsuppe am Morgen, dann zieht jeder wohl das vor, was er von zu Hause gewohnt ist. Gerade beim Frühstück ist es anscheinend am schwierigsten sich von seinen Angewohnheiten zu lösen.

Vorbei an Hmong-Dörfern ging es heute gemütliche 67 km nach Na Mawn. Die Hmong-Völker haben zwar hier in der Gegend ihren Ursprung, gehören aber zu den am weitesten rumgekommenen Minoritäten. Vor allem nach Thailand aber auch bis in die USA hat es viele vertrieben, nachdem sich einige von ihnen vergeblich 1975 gegen die laotische kommunistische Revolutionsarmee stellten. Im Vergleich zu den Sidas vom Vortag waren die Hmongs gerade zu offenherzig und es gab hunderte von netten Fotogelegenheiten und Plaudereinlagen mit gebrochenem Laotisch, sowohl von meiner als auch von ihrer Seite.

Es muss endlich mal wieder ein Wort über den Untergrund fallen, über den wir hier täglich hinweg gleiten. Man stellt sich auf einigen Straßenbelag bei China By Bike ein, aber dieser Asphalt… diese glattgebügelte Straße ist ein purer Genuss!! Sie ist laut Toh erst eineinhalb Monate alt. Am Wegrand sind auch noch häufiger Arbeiter zu sehen, die gerade erst die Fahrbahnmarkierungen auftragen… geradezu jungfräulich. Und obwohl die Chinesen die Nationalstraße 13 als ihre Haupthandelroute für LKWs nach und von Südostasien ausbauen ließen wird sie kaum befahren. Irgendwann gewöhnt man sich noch da dran. So langsam grenzt das schon an Verwöhnung. Hardy hat unsere bisherigen Strecken wohl am treffendsten betitelt: „wadenschmeichelnde Ondulationen auf chinesischem Schmuseasphalt“.

Unser heutiges Ziel ist eher eine Zwischenstation. Na Mawn verläuft etwa 500 Meter der Hauptstraße entlang und bildet damit schon das ganze Dorf. Aber immerhin sind hier 2 Guesthouses, eins davon mittlerweile auch mit 24h Strom und eigener Dusche mit tropfendem warmem Wasser. Nach der Ankunft bestand der allgemeine Wunsch sich in die Sonne zu setzen und ein Beer Lao zu genießen. Das ließ allerdings nur die Straße zu und wir saßen mit dem halben Stuhl noch auf der Straße, genossen die letzten Sonnenstrahlen und beachteten schon gar nicht mehr die chinesischen Riesenlaster, die uns den Staub ins Gesicht bliesen.

Damit die Stäbchenübungen nicht ganz umsonst waren und der fantastische chinesische Straßenbelag noch einmal gebührend gefeiert werden musste, gingen wir heute Abend in eines der chinesischen Lokale. Es fällt einem direkt ins Auge, dass die zwei größten Restaurants des Ortes chinesische sind. Die meisten die hier durchkommen scheinen doch tatsächlich chinesische Lasterfahrer zu sein. Noch bis spät in den Abend stießen einige von uns auf die Chinesisch-Laotisch-Thailändisch-Deutsche-Freundschaft an und knabberten an den Resten des frittierten Wildschweins.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/01/2011-12-19.gpx“]

Das Wandern ist des Sidas Lust

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Endlich gab es morgens mal wieder Brot. Die Franzosen hatten ganze Arbeit geleistet und hinterließen hier und da ihre Spuren, z.B. Kilometersteine oder eben auch Baguette. Aber mit Backen haben die Asiaten es bekanntlich ja nicht so. Daher wirkt das Brot wie ein aufgeblasener Weißmehlballon, den man, wenn er nicht mit großer Vorsicht behandelt wird, in seine Urform zusammendrückt.

Die Gruppe einigte sich heute auf eine Trekkingtour zu einem kleinen Dorf im nahgelegenen Urwald. Dazu fuhren wir mit einem Trekking-Guide, namens Porn (höhöhö! Heißt aber Glück auf Laotisch)und einem Packesel-Guide, namens Wong, ein Stückchen raus aus der Stadt und liefen dann über einen Trampelpfad ins grüne Dickicht hinein. Das sind hier Steigungen, die wir zum Glück nicht mit dem Fahrrad überwinden müssen. Der Ausflug wird zu einem kleinen Biologieunterricht, in dem wir über Lochweberspinnen, jungen Kautschuk, Kuh-Scheiß-Baum mit Heilwirkung gegen Magenbeschwerden, Malaria-Fieber-Test-Pflanze, Besenbaum und vielen weiteren Nutzpflanzen des Urwaldes lernen. Auf dem Höchstpunkt unseres Pfades befand sich ein kleines nettes Rastplätzchen und Wong packte das Picknick aus, das er mit sich rumschleppte: Gemüse allerlei, gebratenes Schweinefleisch mit Gurke, Auberginenpaste, getrocknete Flussalgen und ein Grillhähnchen, das Porn, nach seinen Angaben, noch am Vortag aus seinem Garten nahm und extra für uns schlachtete. Dazu gab es selbstverständlich Klebreis. Die Tischdecke/Teller bestanden aus Bananenblättern und wir aßen mit den Fingern – Lao Style.

Noch am frühen Nachmittag kamen wir an dem besagten Dörfchen an und erfuhren, dass es sich um ein Dorf der Sida-Minorität handelt, von denen es nur noch zwei in Laos gibt. Daher auch der Name Baan Sida. Die Sidas sind ein entfernter Ableger der chinesischen Hakkas, daher versteht mich hier jetzt auch keiner mehr mit meinem Möchte-gern-Laotisch. Hier ist Dorfidylle, wie man sich es in Südostasien vorstellt: Hund spielt mit Katz, Katz jagt Hahn, Hahn liegt neben Schwein und dazwischen rennen die Kinder umher mit ihren selbstgebastelten Holzrädern, die sie schlagend vor sich her rollen. Auf dem Dorfplatz spielte eine Gruppe von Kindern mit Holzkreiseln, die gegenseitig abgeschossen wurden. Porn versuchte auch sein Glück, scheiterte aber kläglich im Vergleich zu den erfahrenen Kreiselprofis. Das Dorf sollte ursprünglich mal Elektrizität bekommen. Das Geld für die entsprechenden Projekte fehlt aber… wie immer sooft, Rückstand für die Einwohner bedeutet schöne „authentische“ Fotos ohne Strommasten für die Touristen. Was auffällt, ist dass die Bewohner uns nicht wirklich wahrnehmen, geradezu ignorieren. Mein Verdacht bestätigt sich, als der Guide zugibt, dass hier ca. 3-4 Gruppen wöchentlich, in der Hochsaison auch mal täglich, durchlaufen. Irgendwann hat man sich auch satt gesehen an den lästigen Langnasen mit ihren Fotogeräten.

Wieder am Auto angelangt, machten wir noch einen kurzen Abstecher zum nahegelegenen Wasserfall bevor es dann wieder zurück ins Touri-Nest ging.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/01/2011-12-18.gpx“]

Sabai Dee Beer Lao!

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Nachdem wir alle bei den Schwarzwechslern an der Grenze unser Restgeld in Laotische Kip umgetauscht haben und emsig die Millionen in den Händen nachgezählt haben, waren wir nun gewappnet für Laos. Die Formalitäten an der Grenze dauerten länger als erwartet, aber eine Stunde und eine gefälschte Unterschrift später konnten wir endlich Richtung Südostasien marschieren. Der Grenzposten Chinas wirkte sehr eindrucksvoll, vor allem im Vergleich zur schäbigen Hütte auf der laotischen Seite. Aber auch Laos ist am aufstocken und will seinem großen Nachbar die Stirn bieten. Ein neues Grenzgebäude in Form einer riesen Stupa wird vermutlich in den nächsten Wochen (wahrscheinlich eher Monate… wir reden ja hier von Laos) fertiggestellt und in Betrieb genommen.

Unser laotische Guide Toh wartete mit einem leicht erkennbaren leuchtenden orangen China By Bike T-Shirt gemeinsam mit dem Gepäcktransporter auf uns. Sein charismatisches Lächeln wirkte gerade zu befreiend, nach der einen Woche chinesische relative Reserviertheit.

Die Landschaft änderte sich schlagartig: Die Dörfer wurden ärmer, die Kinder vielzähliger, der Müll weniger und die Naturlandschaft weniger bebaut aber dafür wesentlich kahler. Unser erstes Mittagessen wurde von dem lang ersehnten Beer Laos begleitet, allerdings nur mit Sprite gemischt als Radler, denn wir hatten ja noch über 30 km vor uns. Nach der chinesischen Hopfen-Limonade mit einem Schüsschen Alkohol, war es eine wahre Wohltat für alle aus unserer Männerrunde.

Laos englischer Länderzusatz PDR (People’s Democratic Republic) ist auch unter der treffenden Umschreibung „Please don´t rush“ bekannt. Das wurde uns spätestens beim Mittagessen bewusst. Die Bestellung und Zubereitung, selbst die Bezahlung dauert hier mindestens doppelt so lang wie in China. Gerade im direkten Vergleich zu dem quirligen und geschäftstüchtigen Nachbar im Norden wird dieser Gegensatz sehr deutlich. Es bleibt einem nichts anderes übrig als auch mindestens zwei Gänge runter zuschalten und sich der örtlichen Geschwindigkeit anzupassen. Das einzige Gegenmittel ist der Laos-Kaffee, der einen vom komatösen Geisteszustand bewahrt. Doch dieser musste leider noch bis zum späten Nachmittag warten, da der Dorflieferant sicherlich mit einer Flasche Laos Schnaps in der Hängematte eingeschlafen ist.

In Luang Namtha angekommen bog Hardy erstmal in das Banana Guesthouse ein, um (nach seinen Angaben) die besten Pommes von Laos und einen Mango-Shake zu bestellen. Die Gruppe folgte erst etwas widerwillig. Aber nach der chinesischen Exotik kam ein wenig westlicher Standard ganz gelegen. Auf den ersten Blick schienen in Luang Namtha mehr Touristen zu sein als Einheimische. Trotzdem wirkte die Stadt leer. Man bekommt den Eindruck, dass man sich hier auf den Massenansturm von Massen-Backpacker-Tourismus vorbereitet hat, der aber noch ausgeblieben ist: ein Guesthouse neben dem anderen; an vielen Ecken findet man Restaurants mit Beer Lao Reklameschildern und verheißenden Namen, wie „Minority Restaurant“ oder „Lai´s Place“.

Das erste Abendessen in Laos wollten wir authentisch halten, was sich als nicht so einfach herausstellte in so einem Touristendorf wie hier. Wir entschieden uns für den Nachtmarkt, wo man von mehreren Ständen sich sein Abendmahl zusammenstellen kann. Allerdings gab es hier ebenfalls mehr Touristen als Einheimische. Authentisch war das Essen aber allemal: Klebreis, Grillhähnchen, Papaya Salat und gekühltes Bier Lao. Im Prinzip kauten wir gerade auf der laotischen Nationalflagge rum, die kein besseres Nationalsymbol abgegeben hätte. Diese kulinarische Kombination bildet das Herzstück der laotischen Esskultur.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/01/2011-12-17.gpx“]