Die Geisterstadt

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Wir starteten den Tag wieder mit gefüllten Teigtaschen. Frank wollte es noch authentischer haben und bestellte eine Schüssel Reissuppe dazu. Nach einem anschließenden Rundgang auf dem lokalen Markt, der wirklich groß war und viele Sachen zu entdecken hatte, sattelten wir unsere Drahtesel und fuhren dem Land des Klebreises entgegen.

Die Strecke heute war im Gegensatz zur gestrigen Etappe entspannt und einfach. Die Anstrengungen vom Vortag waren allerdings noch gut in den Beinen zu spüren. So ließen wir uns relative viel Zeit und radelten gemächlich auf der gut asphaltierten, kaum befahrenen alten Straßen, parallel zur Autobahn gen Süden. Entgegen den Erwartungen wurde es allerdings immer kälter. Zum Mittagessen hielten wir an einer kleinen Autobahngaststätte und wollten uns mit gebratenem Reis ein wenig stärken. Der Reistopf war allerdings so gut wie leer und es waren nur noch Nudeln im Speiseschrank. Ich schlug daraufhin gebratene Nudeln vor. Die Köchin erwiderte jedoch, dass sie das nicht könne. So musste ich selber Hand anlegen. Denn eine solide, selbsterarbeitete, asiatische Kochausbildung ist nun mal eine Grundvoraussetzung für das Reiseleiter Dasein. Letztendlich hatte ich jedoch nur assistiert, Anweisungen gegeben und gewürzt, aber das Endresultat konnte sich sehen, bzw. schmecken lassen (Ich hoffe jetzt mal, dass die Gruppe nicht aus falscher, asiatischer Höflichkeit ihr Lob ausgesprochen hat). Von wegen, viele Köche verderben die Nudeln!

Dass Südostasien immer näher rückte, merkte man auch an den Dorfbewohnern, die nun ein „Hello!“ uns hinterher riefen, sowie an den Kindern, die winkten und unsere verschwitzten Hände abklatschten. Als dann zusätzlich noch die Straßenbeschilderung auf Thailändisch war, fühlte ich mich schon langsam heimisch. Allerdings verflog das Gefühl sobald wir in die Grenzstadt Mohan einfuhren. Grenzstädte sind meistens recht spannende Orte, bei denen man nie weiß, was auf einen zukommt. Aber ich war nicht auf das gefasst, was vor uns lag. Ich erfuhr später, dass die Stadt erst vor 2 Jahren aus dem Boden gestampft wurde. Die alten Häuser wurden abgerissen und China präsentiert sich seinen ärmeren Nachbarn von der modernsten Seite. Die ursprüngliche Einwohnerzahl betrug knapp 1000 und konnte somit nicht alle Häuser beziehen, die hier neugebaut wurden. Eine große Zuwanderung hat bisher ebenfalls noch nicht stattgefunden. Stattdessen werden die meisten Wohnungen als Lagerhäuser benutzt für den Import und Export mit den angrenzenden Ländern. Somit ist ein Großteil der Stadt völlig leer und wirkt etwas wie eine verlassene Geisterstadt. Etwas schade ist es schon, dass sich China entscheidet sich so von einem zu verabschieden. Aber es spiegelt auch recht authentisch wieder, wie China mit dem Fortschritt umgeht.


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Auf, ab, auf, ab und noch einmal…

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Zur morgendlichen Stärkung nahmen wir heute eine Nudelsuppe zu uns. Wahlweise gab es Rind- oder Schweinefleisch dazu. Als kleinen Nachtisch gab es noch chinesisches Gebäck, dass wir uns vom Vortag geholt haben, um noch etwas süßes dem Frühstück beizulegen. Das ließ jedoch die meisten die Abwesenheit des Kaffees in China noch deutlicher spüren als zuvor. Aber wir sind ja bald in Laos… Das sollte jedoch reichen für die Erzwingen der drei Riesen heute.

Den ersten Berg bestiegen wir in dem morgendlichen Nebeldunst, der uns seit unserer Abfahrt umgab. Sobald der Gipfel jedoch erreicht wurde, klärte sich der Himmel urplötzlich auf und man hatte endlich einen Weitblick über die wunderschöne Umgebung. Um uns herum befand sich immer noch das Xishuangbanna National Reservoit, das als Naturschutzgebiet gilt und uns somit ein hochgewachsener Urwald die ganze Fahrt begleitete. Hin und wieder kamen längere Kolonnen von LKWs voll beladen mit Steinen und Bauerde entgegen. Die meiste Zeit aber waren wir uns selbst und dem Aufstieg überlassen. Während unserem Mittagessen, rechneten wir unsere Chance aus noch im Hellen in Mengla anzukommen und bemerkten, dass es natürlich machbar ist, wir uns aber doch ein wenig sputen müssten. Nachdem Kekse und Getränke aufgefüllt waren gingen wir den zweiten Berg an, der auch leichter zu bewältigen war, als vorerst angenommen. Der dritte Pass war dann auch nur noch ein kleiner Zusatz und wir kamen recht zeitig in Mengla an. Es blieb sogar noch genug Zeit für ein Schmutzbier auf der Terrasse eines Teehauses unter freien Himmel und der Abendsonne.

Zum Abendessen führte uns ein chinesischer Kioskbesitzer in ein Dai-Restaurant, dass authentische Dai-Küche anbietet. Das Essen war recht gut und erinnerte mich wieder einmal daran, dass wir ziemlich dicht an der Grenze zu Südostasien sind. Als Gewürze wurden unteranderem Thai-Basilikum und Pfefferminze benutzt, was man in der chinesischen Küche sonst kaum findet. Kulinarisch also ein gelungener Übergang nach Laos, das wir morgen wahrscheinlich schon sehen können. Da morgen nun ein entspannter Tag bevorsteht, beschlossen die meisten von uns den Abend noch am Straßenrand mit einem Bierchen und etwas Grillsnacks abzuschließen. Einen chinesischen Passant erfreute dieser Anblick so sehr, dass er uns prompt noch 4 zusätzliche Flaschen Bier und 5 Spieße zur Kultivierung der Deutsch-Chinesischen Freundschaft bestellte. Zuvor hatte er uns natürlich noch die lokale Politik-Propaganda-Zeitschrift vorgelegt und stellte sicher, dass mindestens einer von uns Wen Jia Bao und Hu Jin Tao erkennt.


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Gezähmter Urwald

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Zum Frühstück gingen wir heute auf den lokalen Markt um uns dort mit Xiaolongbaos und Jiaozis (chinesische Teig- und Maultaschen) zu stärken. Statt dem Frühstückskaffee gab es dazu traditionell Sojamilch. Gut gestärkt fuhren wir heute unserem ersten kleinen Pass entgegen. Kurz nach der Abfahrt streifte Frank einen Passanten und stürzte. Der Passant täuschte natürlich gleich einen gebrochenen Arm vor und verlangte Schmerzensgeld. Nach einer längeren Diskussion sahen wir uns doch gezwungen den Betrag zu zahlen, um endlich weiterfahren zu können, denn sonst würden wohl immer noch da stehen und mit ihm streiten. Der Verkehr dünnte sich immer mehr aus, bis wir schließlich so gut wie die Straße für uns hatten. Auf der Passhöhe grüßten uns eine Reihe von Ananasständen. Wir bogen in den erstbesten ein und bestellten unseren kleinen Mittagssnack.

Zahlreiche Fotostops verzögerte unsere Ankunft und wir hatten nicht mehr viel Zeit übrig für die Besichtigung des größten botanischen Garten Chinas. Eine schier unendliche Vielfalt an tropischen Pflanzen wird hier geboten. Also entschlossen wir uns eine überteuerte Fahrkarte für die Elektrobusse zu kaufen. Sichtlich genervt, so spät noch Gäste rumfahren zu müssen, kutschierte uns unser Fahrer durch den Garten. Die meisten Haltestellen wurden dabei einfach weggelassen und der Fahrer drückte kräftig auf das Gaspedal, sodass wir den gesamten Park innerhalb von einer knappen Stunde kannten.

Nach einem anschließenden guten Abendmahl in der Stadt, deckten wir uns noch mit Proviant für die morgige Monster-Etappe ein und fuhren zurück in unser Hotel auf dem Gelände des Gartens. Heute verschwanden wir alle etwas früher in den Zimmern, vor allem um die nötigen Kräfte zu tanken für die noch vor uns liegenden 3 Pässe.

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Jeder Tag ist Silvester!

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Entlang des Mekong, oder Cangjiang, wie er hier noch genannt wird, fahren wir in südöstlicher Richtung der Laotischen Grenze entgegen. Ganlanba ist ein kleines chinesisches Dorf, das sich entlang der Hauptstraße erstreckt. Es gibt für seine Größe allerdings viel Verkehr hier und die Straßen sind wesentlich belebter, als in einem Dorf mit vergleichbarer Größe. Der Grund hierfür liegt wohl an dem anliegenden Museumsdorf, welches ursprünglich ein einfaches Dai-Dorf war, bevor die chinesische Regierung es zu einer Touristenattraktion erklärt hat. Oft habe ich in Reiseführern gelesen, dass ein Teil der Dai-Völker Laotisch bzw. Thai verstehen würde. Das wollte ich natürlich ausprobieren. Doch leider vergebens habe ich alle möglichen Früchtehändler und Elefantenführer angesprochen, in der Hoffnung, dass sie mich in Thailändisch verstehen würden. Es gibt einige Überschneidungen in den Sprachen, aber sie sind doch noch zu unterschiedlich, um damit miteinander kommunizieren zu können. Das Dai-Dorf hat viele schöne Ecken und bietet einen guten Einblick in die Architektur des Volkes. Der Grund für den großen Andrang an chinesischen Touristen ist allerdings nicht die Hausbaukunst, sondern vielmehr das „Wasser-Spritz-Festival“, was eigentlich auch als Südostasiatisches Neujahr bezeichnet werden kann, denn in Thailand wird es thailändisches in Laos laotisches und in Burma burmesisches Neujahr genannt. Hier allerdings ist jeder Tag Silvester. Um den Touristen einen Eindruck dieses spaßigen Brauches zu vermitteln spritzt man sich hier jeden Tag gegenseitig nass und nicht nur vom 13. – 15. April. Das ganze wird geleitet von einem chinesischen Moderator, der ständig neue Anweisungen ins Mikro brüllt, und die chinesischen Touristen können gegen ein Entgelt mitspritzen. Was die Kulturrevolution nicht geschafft hat, scheint nun der Kapitalismus zu vollenden. Da stellt man sich die Frage, ob die Bewohner hier überhaupt noch Lust auf ihr Fest haben, sobald mal wirklich Neujahr ist.

Das mit dem Abendessen hat heute wieder besser geklappt. Man muss sich halt nur an seine Prinzipien halten: Neonröhren + voller Leute + spartanische Einrichtung = Geschmacksgarant! Dann noch einen Hausschnaps zur Verdauung und die Karaoke-Bar im Hinterhaus konnte einem auch nichts mehr anhaben.


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Welche Reisfelder??

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

So schön die Anreise auch werden mag, die Anreise ist eine wahre Quälerei. Nachdem man sich mit der unzuverlässigen Deutschen Bahn rumgeschlagen hat, fliegt man erst mal über Bangkok gemeinsam mit den ganzen Sextouristen und alten Herren mit ihren zierlichen Thai-Damen. Allerdings konnte ich mich hier mit meinen Eltern am Flughafen kurz treffen um noch einige Sachen abzuholen, wie etwa die vergessenen Flipflops, und meine schwere Winterjacke abzugeben. Martin kam von München aus schloss sich uns in Bangkok an und unsere Gruppe wuchs um ein weiteres Mitglied. In Kunming kam „Hardy“ dazu und komplettierte damit unser kleines, beschauliches Grüppchen und wir flogen nun vollzählig unserem Anfangs-End-Ziel Jinghong, der Hauptstadt von Xishuangbanna, der autonome Bezirk der Dai-Minorität, entgegen. Auch wenn der Name Xishuangbanna aus dem thailändischen kommt und eigentlich „zwölftausend Reisfelder“ heißt, waren davon vorerst keine zu sehen. Aber was nicht ist kann ja noch werden. Summa summarum machten das von Haustür zu Hoteltür knapp 30 Stunden. Das musste erst mal verdaut werden. Die erstbeste Sichuan-Garküche war dann wohl der richtige Einstieg in China. Man muss ja nicht gleich mit den lokalen Dai-Spezialitäten, wie etwa gegrilltem Schweinehirn oder -penis ins Eiswasser springen.

Die Dai gelten als Urvölker der Laotischen und Nordthailändischen Bevölkerung. Insofern befinde ich mich hier in der Wiege der einen Hälfte meiner Kultur. Da könnte man schon etwas sentimental werden, wäre die Stadt nicht eine von der chinesischen Regierung geförderten Touristenstadt mit Protzhotels und bunt blinkendem Lichtermeer, wie jede andere Touristenstadt in China. Hier und da versuchen die Spitzgiebeldächer einen daran zu erinnern, dass man fast in Südostasien ist. Viel geht nach so einer Reise selbstverständlich nicht mehr. Aber das Anstoßen auf eine gute Reise muss ja dennoch sein… die einheimischen Barstraßen mit ihren Riesenkübel-Bierselbstzapfseulen boten dazu eine gute Gelegenheit.

Am nächsten Tag stand die Probefahrt an. Die Räder waren allerdings nicht sofort startklar und wir suchten ein kurzes Refugium in einem Teegeschäft und kosteten verschiedenen Pu-Er-Tee. Als dann die Klick-Pedalen und die Lenkertaschen, sowie „Hardy“s Wäscheleine montiert waren, konnte es endlich los gehen. In den Randbezirken von Jinghong ging es vorbei an kleinen Handwerksdörfern, in denen riesige Holzstämme zu überdimensionierten Tischen (2x 10 Meter!!) und Riesenschnitzereien von Adlern im Landeflug oder Löwen bei der Beutejagd verbaut werden, die dann später wahrscheinlich alle in irgendwelchen protzigen Foyers von Prunkhotels in ganz China einsam herumstehen werden. Beeindruckend sind sie aber allemal. Nach einem kurzen Abstecher in den Dorfmarkt konnten wir auf dem Rückweg auch unsere erste Bekanntschaft mit den Theravada-Tempeln machen. Zurück in der Stadt wollten wir unseren Touranfang gebührend feiern und gingen in ein hübsches Grill-Restaurant am Ufer des Mekongs. Diesen Fehlgriff muss ich wohl auf meine Kappe nehmen, denn ich vergaß dabei die 3 wichtigsten Faustregeln für chinesische Restaurants: 1. Das Exterieur sagt nichts über die Qualität der Speisen aus. 2. Von leeren Gaststätten zur Abendessenszeit sollte man lieber fern bleiben. 3. Eine schummerigen Beleuchtung ist in erster Linie vielleicht gar nicht für die romantische Atmosphäre zuständig, sondern vergönnt eventuell den Gästen den klaren Blick auf die schlecht zubereiteten Speisen. Das unbefriedigende Abendmahl (um es vorsichtig auszudrücken) war dann wohl die Quittung für meine Unkonzentriertheit. Einen schönen Blick auf den Mekong hatten wir dennoch. Der erste Eindruck ist ja bekanntlich wichtig. Denn wir werden uns noch einige Male begegnen auf der Reise.


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Tam Biet Vietnam!

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Endlich ausschlafen! Keine Treffzeit zum Frühstück, kein Programm, kein gar nichts! Last Minute Shopping und nochmal tief die Atmosphäre einatmen, dass noch solange wie möglich, was davon übrig bleibt. Um 17 Uhr ist Abfahrt und Abschied von Asien. Nun geht’s zurück zum Schwarzbrot, zum Gauda, zum Italiener, zur Familie, zur Arbeit, zum Alltag. Für die Meisten von uns zumindest. Ich werde mich in Bangkok abseilen und meine Eltern überraschen, die hoffentlich nicht diesen Blog gelesen haben.

In diesem Sinne melde ich mich hiermit ab vom Dienst in Asien und danke all denjenigen, die diesen Blog mit verfolgt haben. Ein dickes Dankschön auch an meine super netten Teilnehmer für ihre Nachsicht, Einsicht, Übersicht und Vorsicht und ich wünsche allen einen guten Einstieg in den Alltag. Vielleicht sieht man sich ja bald schon wieder auf einem schwarz-roten Drahtesel durch die Landschaften Asiens.
Dac Biet, Zaijian, Auf Wiedersehen!

Update: Eine vietnameische Freundin musste mich korrigieren: „Dac Biet“ heißt besonders „Tam Biet“; heißt auf wiedersehen. Aber so hat es mir eine Rezeptionistin buchstabiert. Vielleicht wollte sie sagen, dass wir eine besondere Gruppe waren =P

Die Oase im Chaos

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Das Überqueren von Straßen in Hanoi will geübt sein. Es hält hier keiner für Fußgänger an, aber direkt überfahren wird man natürlich auch nicht. Die Regeln sind: Nicht trödeln aber auch nicht überhasten. Der Rest ergibt sich von selbst. Gemeinsam spazierten wir zum Literaturtempel. Erbaut im Jahre 1070 gilt er als einer der wichtigsten Konfuziustempel außerhalb Chinas. Eigentlich Paradox, dass die Vietnamesen über die Geschichte hinweg so verfeindet mit den Chinesen waren und doch einen so starken Chinesischen Einfluss haben… wie etwa der Konfuzianismus. Etwa 100 Jahre nach der Befreiung von China Mitte des zehnten Jahrhunderts, übernahm man die chinesische Religion und betete nun einen Chinesen an. Selbst die Könige führten den Kowtow aus vor der Statue Konfuzius.

Die Anlage war gut restauriert, ohne überzogen zu wirken und man hatte eine ruhige Auszeit von den stressigen Straßen draußen. Der wichtigste Teil der Anlage bildet der Dritte Hof mit den Namenstafeln der Absolventen der Universität zwischen 1442 und 1779, die ehrenvoll auf dem Rücken von Schildkröten getragen werden und um den See der Himmlischen Klarheit aufgestellt sind.

Anschließend gingen wir durch das Botschaftsviertel zu Onkel Ho, wohlwissend dass wir ihn heute nicht zugesicht bekommen würden. Denn abgesehen vom Wochenende sind Montag und Freitag für ihn zusätzlich Ruhetage. Trotz dem verlängerten Wochenende möchte man nicht die Plätze mit ihm tauschen. Immerzu muss er wieder hübsch gemacht werden, um sich der Masse zu präsentieren. Dabei wollte er doch kremiert und über die Reisfelder verstreut werden. Auch die Vereinigung des Landes, für die er sein Leben lang gekämpft hatte, hat er nicht mehr mitbekommen.

Mit leichtem Magenknurren stiegen wir ins Taxi um wieder zur Altstadt zurückzufahren. Schließlich wirkten die Straßen hier etwas leer und eine Auswahl an Essmöglichkeiten hatte man nicht. Wir quetschen uns in 2 Taxen und stellten fest, dass der Zähler ziemlich willkürlich zählte. Angekommen am Ziel waren es eigentlich Deutsche-Taxi Preise, die wir hätten zahlen sollen. Panisch rief ich Duong an, der meine Befürchtung bestätigte. Statt 400000 zahlten wir 100000 und überließen den Fahrer sich selbst. Zum anderen Taxi kam ich allerdings zu spät. 500000 haben sie für die kurze Strecke abtreten müssen. Aber der Fahrer hielt bewusst an einer abgelegenen Stelle und drängte die Gruppe zum möglichst schnellen Bezahlen und Verschwinden.

Zwischen Schuhläden fanden wir einen einladenden Bun Cha Imbiss. Bun sind runde Reisnudeln (anders als die platten Pho) und Cha ist Grillen (in diesem Fall gegrilltes Schweinefleisch). Entsprechend gut gestärkt konnte die Shoppingtour beginnen. Das Stadtleben mit Cafés und den Abermillionen von Läden machte uns alle mehr an, als das historische Museum zu besichtigen.

Angedacht war ein Abschlussessen im netten kleinen Innenhof des Hanoi Garden. Als wir ankamen aber weigerte sich die Bedienung einen Tisch im Freien aufzustellen da es regnen könnte. Na klar könnte es regen! Wir sind im Tropengebiet! Na und? Gegen Schweigen und betretenem freundlichem Lächeln komme ich aber nicht an… dann halt doch drinnen. Mit dem Essen lag ich hier aber auf der sicheren Seite. Was soll man auch bei Schweinefleisch süß-sauer, Huhn mit Cashew, etc. groß falsch machen? Anschließend ging es zum letzten Programmpunkt unserer Reise: das Wasserpuppentheater. Der Name ist eigentlich selbsterklärend. Es gibt eine Bühne, die über einem größeren Wasserbecken aufgebaut ist. Begleitet von einem vietnamesisch klassischem Orchester, tanzen die Holzpuppen, gelenkt von Stangen und Seilzügen, über die Wasseroberfläche. Die Akte zeigten Episoden aus der vietnamesischen Geschichte und Legenden, z.B. wie der Drache sich aus dem Erdboden erhob und Hanoi entstand.

Zum Abschluss kehrten wir wieder im Bia Hoi ein. Nichts geht über ein kühles frisch gezapftes Bier mit leckeren Erdnüssen. Diese feierliche Atmosphäre nutzte ich um die Bia Hoi Medaille als Auszeichnung für unsere Trinkfreudigkeit auszuhändigen.

Der Badmintonclub am Nebentisch bemerkte gleich, dass wir was zu feierten hatten und ließ die Chance nicht nehmen auf ein paar Bier mit uns anzustoßen… auf Ex versteht sich! Als Reiseleiter übernimmt man natürlich auch hier die Verantwortung und trinkt stellvertretend für die, die noch geradelaufend ins Hotel gehen wollen.

Vom landenden Drachen zum aufsteigenden…

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Mit weinendem Himmel verabschiedete sich heute die Halong Bucht von uns… also kein Sonnenbaden mehr. Die nebelverhangenen Berge sahen recht andächtig aus. Aber das Wasser war immer noch so dreckig wie gestern. Am Hafen wartete unser Fahrer auf uns und wir bestiegen etwas widerwillig den Bus. Denn jetzt hieß es wieder etwa 3,5 Stunden sitzen und langweilen im Kleinbus auf Autobahnen in Richtung Hanoi.

Unterwegs sollte natürlich eine kleine Mittagspause rein um die Beine mal wieder strecken zu können. Ich sagte dem Guide die Gruppe wolle einen authentischen, kleinen Nudelimbiss am Straßenrand. Etwas später ließ er den Fahrer in eine riesige Anlage mit lauter Touristenbussen einbiegen. Ich denke nicht, dass das ein sprachliches Problem war und dass er mich nicht richtig verstand. Jetzt war ein Gesichtsverlustduell ausgebrochen… zwei Asiaten mano a mano. Entweder ich verliere mein Gesicht vor der Gruppe weil wir nun in dieser Touri-Halle hätten speisen sollen, oder er, weil er uns hierher gelockt hat. Nicht mit mir Alter! Ich fragte ihn, ob er Provision kassieren würde, wohlwissend dass hier Fahrer und Guide normalerweise nur ein Essen umsonst bekommen, wenn sie eine Reisegruppe vorbeibringen. Ich fügte hinzu, dass wir auch deren Essen mit übernehmen würden und das alles gar kein Problem wäre. Beleidigt gab Phong nach und ließ den Busfahrer später in einer Suppenküche halten. Nach der Touri-Fress-Halle aber waren entlang der Straße noch etliche weitere Fliegenfänger, wie etwa Schmuck- und Edelsteinfabriken und mehrere Touri-Malls mitten im nichts. Seine Suppe zahlte er allerdings selbst und bemängelte, dass wir das ganze Fleisch im Laden aufgegessen hätten und er nur eine Eiersuppe bekommen hatte.

Der Verkehr auf den Straßen wurde bald dichter und man merkte, dass man sich einer Großstadt näherte. Hanoi hatte früher mehrere Namen unteranderem „Thang Long“ (der aufsteigende Drache). Ein weiteres Mal überquerten wir den Roten Fluss und tauchten ein in das Getümmel. Eine wundervolle Stadt geprägt von wuselnden Motorädern, Läden aller Arten und Häuser mit einem Hauch Paris gepaart mit den Schlauchhäusern Vietnams.

Nach einer kurzen orientierungslosen Shoppingtour gingen wir gemeinsam Essen in einem Bia Hoi (Zapfbierlokal). Zusammen mit den Locals setzen wir uns auf kleine Hocker an den Tisch und genießten das kühle Bier Hanoi vom Fass. Es war mit Abstand das Beste bisher in Vietnam. Duong bestellte viel und gut. Zum Abschluss gab es mal wieder Verdauungsschnaps. Zur Feier des Tages bekam Wieland ein Vietnam T-Shirt als Dankeschön von der Gruppe für seine akkurate Leistung als Kassenwart, die vor allem in Vietnam nicht ganz leicht ist, wenn man als Multimillionär mit Hunderttausendern um sich schmeißt.

Weltkulturerbe… Hallo?

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Der Plan heute war die unglaubliche Grotte besichtigen, Kanu fahren und an einen entlegenen Strand fahren um nachmittags im Meer zu plantschen. Zwei Drittel der Tagesordnungspunkte gingen auch ganz gut auf: Die Höhle war in den Morgenstunden kaum besucht und wir hatten die beleuchtete Attraktion fast für uns, die Kanus (für Touristenpreise) sind immerhin nicht untergegangen und man konnte sich endlich mal wieder körperlich betätigen. Aber die Fahrt an den Strand nahm einem jede Lust ins Wasser zu gehen. Kleine Inseln von Müll und ausgegrabenen Weichkorallen schwammen an unserem Schiff vorbei. Phong, unser Guide hier auf dem Meer meinte, dass die Strömung heute schlecht wäre und wir den Strand lieber nicht sehen sollten, da wohl der ganze Müll in die Richtung fließe und sich dort sammeln würde. Wir sind im Weltkulturerbegebiet und die Leute hier scheren sich einen Dreck drum… im wahrsten Sinne des Wortes. Streckenweise schwammen Ströme von Müll an uns vorbei, sodass wir den bedeckten Nachmittag lieber an Deck verbrachten mit der Hoffnung die letzte Bräune vielleicht doch noch durch den bedeckten Himmel zu bekommen.

Zum Abendessen brachte uns der Captain unseren bestellten Reisschnaps, den leider keines der Kioskboote in den Buchten an Bord hatte. Somit war immerhin der Abend noch gerettet. Aber für die abendliche Karaoke hat es dann doch nicht mehr gereicht.

Nach getaner Arbeit…

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Nun heißt es zurück lehnen, auf Sonne hoffen, Badehose rausholen, die 50er Sonnencreme einpacken und die 15er rausholen und die Perle Vietnams genießen. In jedem zweiten vietnamesischen Restaurant im Ausland hängt mindestens ein Bild der Halong Bucht. Das riesige Areal von Karstbergen erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 1500 km² mit über 3000 kleinen Inseln. Der Legende nach schuf sie ein riesiger Drache, der zum Schutz der Vietnamesen riesige Perlen in den Weg der angreifenden Schiffe (vermutlich eine chinesische Flotte) spuckte, daraus entstanden die Inseln so wie sie heute zusehen ist.

Nach einer vierstündigen Busfahrt kamen wir in Halong City an. Die Stadt ist nur auf den Tourismus aus. Es besteht zwar auch ein Frachthafen, dieser verblasst aber gegen die Masse von anliegenden Touristenbooten. Wir betraten die MS Anh Duong, die komplett uns zur Verfügung stand, tranken den Begrüßungscocktail aus, stürmten aufs Sonnendeck und tuckerten Richtung Halong Bucht. Das Wetter spielte mit und zeigte die Perle Vietnams von seiner schönsten Seite. In einer der Halteplätze ankerten wir neben zig weiteren Booten und sprangen vom Deck ins erfrischende, salzige Nass. Mit drei Decks hatte man wie im Freibad die Wahl, ob man vom Einer, Dreier oder Fünfer springen wollte. Der Rest des Abends bestand aus in die Ferne schweifenden Blicken, Seufzern und zufriedenem Grinsen.

Leider werden die Generatoren der Schiffe nachts nicht mehr ausgestellt, da es seit einem nächtlichen Unglück wohl neue Vorschriften bestehen. So hat man in den netten kleinen Kajüten bei offenem Fenster statt leisem Meeresrauschen und Seebriese, Motorbrummen und Dieselgeruch. Auch im Paradies kann nicht alles perfekt sein.