Die Wende

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Unsere heutige Wegstrecke ist eine recht kurze und so finden wir nach dem Frühstück noch Zeit über den Markt zu spazieren, der in den Gassen gegenüber des Hotels aufgebaut ist. Gemüse, Fisch, Fleisch, Gummistiefel – für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Danach schwingen wir uns auf die Räder und fahren die knapp 30 km nach Rongshui, unserer nächsten Station. Hier steht die Besichtigung des Laozishan an, einem Karstberg mit buddhistischen Reliefs und Tempeln, die zum Teil in Felshöhlen geschlagen wurden.
Da unser Frühstück ziemlich reichlich ausgefallen ist, lassen wir das Mittagessen weg und machen uns nach einer kleinen Pause direkt in Richtung Laozishan auf.
Wir bieten wohl eine eigenartiges Bild in dieser Stadt, die bisher wohl nur selten Ausländer gesehen hat. Die Verkäuferin eines kleinen Supermarktes äußert sich überrascht darüber, wie viele wir sind (wir sind sieben). Unser Trupp schiebt sich langsam durch die Mittagshitze, die immer unerträglicher wird. Unterwegs begegnet uns mal wieder einiges Kurioses. Z.B. eine Zahnarztpraxis, die sich halb auf der Strasse halb im Schaufenster befindet, wir stehen direkt neben dem Patienten und sehen zu, wie ihm gerade ein Loch ausgebohrt wird.
Am Fuße des Berges angekommen, pausieren wir bei einem leckeren chinesischen Stieleis, die Hitze ist wirklich kaum noch auszuhalten, dann machen wir uns an die Besteigung.
Ein Weg führt direkt auf die Spitze des Berges, hier hat man wirklich eine wunderbare Sicht auf die Stadt und die sie umgebenden Kegelberge. Zeit zu verweilen, dem bereits gesehenen und erlebten nachzusinnen. Uns wird plötzlich bewusst, dass wir schon am Wendepunkt unserer Reise angekommen sind – heute ist Bergfest.
Auf dem Rückweg kehren wir in ein Strassenrestaurant auf ein Bier ein.

Heute ist der 18. Oktober, ganz offensichtlich ein guter Tag um zu heiraten. Das mag am Datum liegen. Im chinesischen spielen Zahlen eine wichtige Rolle – die Acht ist eine der absoluten Glückszahlen und wird mit Wohlstand gleich gesetzt. Wir entdecken gleich mehrere Hochzeitsgesellschaften und an verschiedenen Stellen der Stadt werden Feuerwerke entzündet. Simone, Siggi, Hans und Heinz werden sogar auf eine Hochzeit eingeladen. Heinz nimmt diesmal artig die vom Bräutigam angebotene Zigarette an und klemmt sie, wie beobachtet, hinters Ohr. Die eigentliche Einladung schlagen die vier aber aus, morgen liegt eine lange und etwas anstrengendere Etappe vor uns, die fährt sich nicht so gut mit Kater.
Vom Restaurant, wo wir zu Abend essen, können wir den großen Platz (der allerdings kleiner Platz heißt) überblicken. Mehrere Tanzgruppen haben sich hier versammelt, aus diversen Lautsprechern dröhnt Musik und die Damen wiegen sich dazu mit Fächer im Takt, andere tanzen mit ihren Freundinnen Standard-Tänze.
Wir feiern unser Bergfest mit einer Halbliterflasche 52prozentigem (vermutlich Rasierwasser) und ich bekomme zur Feier des Tages einen Wasserkocher geschenkt. Insgeheim bin ich recht froh, dass wir ein Begleitfahrzeug haben.
Nach dem Essen wollen wir die Tänzer auf dem Platz hautnah erleben. Die ganze Stadt scheint noch auf den Beinen zu sein. Eine junge Mutter präsentiert uns stolz ihr Kind. Siggi holt Bier und Silke und Andreas haben entdeckt, dass es hier sogar „Netz“ gibt und spielen gedankenverloren mit ihren IPhones.


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Wir kommen an in Rong‘an

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Nudelsuppe und Baozi haben sich als Frühstück bewährt und sind auch heute unsere Wahl. Gestärkt brechen wir in das etwa 80 km entfernte Rong‘an auf.

Die Fahrt ist entspannt und führt durch schöne Landschaften, Reis- und Zuckerrohrfelder, Wälder und Bambushaine. Da und dort passieren wir ein Haus mit Kiosk, in dem der Verkäufer abgeschirmt von der Mittagshitze hinter dem Tresen döst.
Die Strasse ist gut und das Wetter prächtig und auch unsere Vorräte an Mandarinen und Bananen sind seit dem letzten Abend wieder aufgefüllt. So geht es zügig voran, nur ab und an unterbrochen von einem Foto-Stop.
Die Mittagspause fällt heute gegen 14:30 recht spät aus. Der Laden liegt direkt an der Strasse und scheint einerseits die örtliche Metzgerei und andererseits ein beliebter Kraftfahrer-Halt zu sein, zumindest ist er gut besucht. Die ganze Gruppe fühlt sich gut unterhalten.

Wir kommen recht früh in Rong‘an an. Unser Hotel ist durchaus entzückend zu nennen, und hat einen gewissen, schwer zu umschreibenden Charme. Nur Siggi und Hans überlegen, ob sie nicht besser im Love Hotel hätten einchecken sollen.
Die Rezeptionistin hat zudem einige Mühe unsere Pässe zu begreifen. Egal, wir haben Zeit und Siggi ist schon auf dem Weg zum Bier.

Wir sind zwar alle von der Hitze geschafft, aber wir raffen uns dennoch zu einem Spaziergang in der Stadt auf. Rong‘an liegt malerisch eingebettet zwischen Hügeln und Bergen. Der breite Fluss, an dessen Ufern Rong‘an liegt, ist die Lebensader der Stadt. Hier spazieren abends die Einheimischen (und die Ausländer-Wir). Einige schwimmen, andere angeln, wieder andere tragen ihre Kinder durch die Gegend oder plauschen mit Passanten. Wir werden neugierig beäugt und schnell angesprochen. Ein Mann wäscht lokales Wurzelgemüse im Fluss, lässt mich kosten (ich stelle mich mal wieder als Versuchskaninchen zur Verfügung) – es schmeckt stark salzig, aber nicht schlecht – wir werden es beim Nachtmahl wieder treffen.
Weiter vorn ist man noch schwer am Schaffen: Matratzen und ganze Bettgestelle werden auf Barken geladen.
Langsam versinkt die Sonne hinter den Bergen und auch wir machen uns auf den Weg zurück ins Hotel.


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Öltee und andere Leckereien

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Als ich erwache, ist das Leben draußen schon in vollem Gange. Auf dem Platz vor dem Trommelturm gegenüber des Hotels spielt eine Gruppe älterer Leute Kricket und eine weitere ist gerade dabei die andere Hälfte des Platzes zu bepflanzen.
Wir haben uns am heutigen Morgen für ein chinesisches Frühstück entschieden, Nudelsuppe, Mantou und Baozi, dazu eine Tasse Kaffee (Das Kaffee-Pulver haben Heinz und Simone vorausschauend mitgebracht) – ein Ost-West-Freundschafts-Frühstück also.
Danach brechen wir zu unserem Tagesausflug nach Chengyang, zu einer Wind-und Regenbrücke (ein für die Dong typisches Bauwerk aus Stein und Holz, ohne Nagel, überdacht bietet es zudem Schutz vor Wind und Regen) und einem Dorf der Dong-Minorität, auf.

Unser Weg führt am Fluss vorbei an Reis- und Baumwollfeldern, kleinen terrassierten Teeplantagen und chinesischen Kuriositäten (Bauhelm als Lampenschirm, siehe Foto). Wir treffen immer wieder Kinder, die uns vergnügt hinterherschreien und winken, ein kleine Schar fordert Andreas und Silke zu einem kleinen Wettrennen heraus.
Dann kommt uns ein größerer mit Hacken ausgerüsteter Trupp alter Frauen (und einiger Männer) entgegen. Sie umringen sofort neugierig Simones Rad und begutachten alles auf‘s genaueste. Sie sind die Ablösung einer anderen Gruppe, die gerade noch im Fluss steht und aus Flusssteinen eine Brücke/Deich errichtet.

Am Ticketschalter angekommen, wird mir nicht nur ein Studententicket angeboten, ich werde zudem gefragt, ob die anderen auch Studenten seien. Letztendlich werden uns die Tickets für je 5 Yuan weniger verkauft als Normalpreis. Anschließend spazieren wir über die Brücke und durch das Dorf. Wir trinken Öltee, einen für diese Region typischen Tee, den es in einer süßen und einer bitteren Variante gibt und dem Erdnüsse, Puffreis und ähnliche Knabbereien beigefügt werden. Süß ist er durchaus genießbar.
Die Reisernte ist hier in vollem Gange, überall liegt die Feldfrucht auf Planen ausgebreitet. In dem Dorf Ma‘an und auf der Brücke bieten sich mal wieder einige Möglichkeiten Mitbringsel einzukaufen, die von uns Frauen auch gern genutzt werden. Silke kann sich zwar letztendlich nicht entscheiden, dennoch nutzt uns ihr Kontakt mit der Händlerin. Die führt uns nämlich zu einem sehr schönen Restaurant mit Balkon und direktem Blick auf Fluss und Brücke. Wir sind erstmal froh der glühenden Mittagshitze entkommen zu sein und genießen alle das eiskaltes Bier (Das Bier hat uns Silkes Verkäuferin für einen günstigeren Preis besorgt). Die Toilette unseres Restaurants ist durch eine Flügeltür zu betreten und ziemlich luxuriös: sie wurde kunstvoll schräg in den Boden eingelassen, zudem hat man einen fantastischen Blick auf die Reisterrassen.

Heinz gelingt es mal wieder, bei dem anschließenden Spaziergang Kontakt zu den Einheimischen aufzunehmen (Foto). Ein „Park-Ranger“ will unbedingt mit ihm fotografiert werden und bietet Heinz im Gegenzug eine Zigarette, als Heinz sie ausschlägt wird sie sogleich an den Kollegen weiter gereicht und landet hinter dessen Ohr.
Nachdem wir die Brücke von allen Seiten betrachtet haben, geht es zurück. Wir radeln gemütlich in der spätnachmittäglichen Sonne in unser Hotel zurück. Diesmal gibt es kein Bier, sondern eine Schmutzbirne (aber gewaschen).


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Zu kurz ist auch nicht gut

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Unsere heutige Etappe führt uns in das etwa 90 km entfernte Sanjiang.

Wir frühstücken diesmal in unserem Hotel. Der Koch ist nämlich von seinem Krankenbesuch wieder zurückgekehrt. Allerdings sind seine „Vorratskammern“ noch nicht wieder aufgefüllt und unser Mahl fällt eher spärlich aus. Nur Silke und Andreas sind auf der sicheren Seite. Sie haben die chinesische Variante gewählt und nun dampfen vor ihnen zwei große Schüsseln leckerer Nudelsuppe.

Bei strahlendstem Sonnenschein fahren wir die Serpentinen, die wir uns vor zwei Tagen im strömenden Regen hinauf gequält haben, wieder hinunter. Unten angekommen sieht uns ein etwa vierjähriges Mädchen. Es ist so begeistert, dass es auch gleich zu seinem kleinen (noch halbverpacktem) Kinderrad greift und mitfahren will.

Nach 50 km, bei starkem Verkehr und gleißendem Sonnenschein, kehren wir in einem sehr unscheinbaren Restaurant ein, es verteilt sich über mehrere Stockwerk und besteht ausschließlich aus Separés, die alle von einem langen Flur abzweigen. Die dicke Wirtin ist offensichtlich hocherfreut über die „waiguo pengyou“ (ausländischen Freunde), die bei ihr zu Gast sind. Nach dem Essen setzt bei allen sofort eine mittäglicheTrägheit ein (kennen wir schon), um ihr nicht nachzugeben, schwingen wir uns auf‘s Rad um die verbleibenden 40 km zu bewältigen.

Und es lohnt sich. Die Straße ist weitaus weniger befahren und vor uns öffnet sich ein weites Flusstal mit Brücken und kleinen Dörfern, Schiffen, die mit Schaufelrädern/Förderbändern große Gesteinsbrocken aus dem Flussbett reisen, die vor Ort gleich weiter bearbeitet werden.
Auf Wunsch von Siggi fahren wir auf eine Hängebrücke, neugierig beobachtet von einer älteren ganz kleinen Chinesin und einem Jungen mit einem lila Fahrrad.
Der Junge traut sich nicht über die Brücke. „Es sind zu Viele auf der Brücke, er hat Angst“ erklärt mir die ganz kleine Frau, die sich mittlerweile auf einen großen Stein gestellt hat, um mit mir auf Augenhöhe zu sein.
Inzwischen sind auch die anderen zurück. Heinz stellt sich (mit seinen 1,90 m) neben die ganz kleine Chinesin auf den Stein. Zum großen Vergnügen der Gruppe und ganz besonders unseres Fahrers, der fast umfällt vor lachen. Die kleine Frau lacht auch und ruft die ganze Zeit: Ich bin so kurz und er so lang, das ist nicht gut, das sieht nicht gut aus, ich bin so kurz, das sieht doch schlecht aus ich bin so kurz, ich bin so kurz….“ Und lacht dabei immer zu.
Als wir endlich weiterfahren, sehen wir sie noch lange auf dem Stein stehen und uns nachwinken.

Kurze Zeit danach, treffen wir auf eine kleine Gruppe ebenso kleiner Einheimischer, die uns völlig unverständliche Handlungen vollziehen: sie holen eine lange dunkle Wurst aus einer großen wassergefüllten Tonne, schneiden sie in Stücke und bringen sie an einen Platz, der mit dunklen Planen überspannt ist.Sie erklären uns, dass hier Ölteepflanzen-Setzlinge gezogen werden.

Nachdem wir im Hotel angekommen sind, besorgt Simone und allen erstmal ein Bier, dann machen wir noch einen kleinen Spaziergang in der Stadt, um zu Abend zu essen. Am Tisch ist es ungewöhnlich ruhig. Da und dort gähnt jemand verstohlen. Alle sind geschafft von der gestrigen Wanderung und der heutigen Etappe. Die Essenbestellung fällt diesmal ungewöhnlich reichlich aus.


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Anmerkung der Redaktion: Leider wurde diese Etappe nicht vollständig vom GPS-Empfänger aufgezeichnet 🙁

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Ein scharfes Programm – Wanderung nach Dazhai

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Zu aller erst: Es ist kaum zu glauben – ich erlebe diesen Ort bei Sonnenschein! Ich habe mir bei der heutigen Wanderung sogar einen leichten Sonnenbrand geholt!

Zum Frühstück sind wir am heutigen Morgen in das Dorf hinunter gegangen. Der Koch unseres Hotel ist nämlich temporär abwesend, da er eine kranke Verwandte pflegen muss, die sich nicht bewegen kann. Der Restaurantbesitzer hat alle Hände voll zu tun, uns sieben und einen weiteren Gast zu bedienen. Seine Frau sei heute nicht daheim, entschuldigt er sich.
Alle sind glücklich über den strahlenden Sonnenschein und so fällt uns die Entscheidung nicht schwer, zum etwa 10 km entfernten Dazhai zu wandern.

Zunächst führt uns unser Weg noch durch die Reisterrassen von Ping‘an, wo wir, zu Simones Leidwesen, die erste Schlange entdecken. Später wird die Landschaft waldiger, dann wieder Reisterrassen, flacher diesmal als in Ping‘an. Grabstätten blitzen aus den Feldern. Nach jeder Kurve, scheint es, eröffnet sich uns ein noch atemberaubenderes Panorama. Immer wieder terrassierte Reisfelder, aber wir können nicht genug davon bekommen.

Wir begegnen unterwegs Frauen aus den umliegende Dörfern. Sie bieten uns ihre Dienste als Guide an, wollen mir einreden, dass ich keine Karte lesen könne und sind zudem darauf aus, für uns zu kochen.
Ein besonders hartnäckiges Exemplar, das uns kurz vor der Ortschaft Zhongliu mit einer Bauerin entgegen kommt, hat Andreas, der voran läuft, als Führer unserer Gruppe identifiziert, spricht unaufhörlich auf ihn ein, immer wieder unterbrochen von lautem Lachen. Sie läuft den schmalen Weg flink vor und zurück, um uns zu zählen und dann wieder auf Andreas einzureden. Irgendwann sieht sie ein, das wir wohl nicht bei ihr essen wollen, also schwenkt sie um auf ihre andere Einnahme-Quelle: Sie will ihr Haar öffnen. Die Frauen der Minderheiten dieser Gegend, lassen ihr Haar traditionell sehr lang wachsen und haben gelernt Gewinn daraus zu schlagen. Für Touristen öffnen sie ihr Haar und lassen sich gemeinsam mit diesen fotografieren.
Jetzt gesellt sich zu unserer Begleiterin eine weitere Frau und die Diskussion wird hartnäckiger. Wir entschließen uns schließlich, die Show anzuschauen und die Frauen lassen ihr Haar herunter.

In Zhongliu machen wir kurz Rast, essen unsere Kekse, trinken etwas Kaltes, dann geht es auch schon weiter. Erst durch die verzweigten Gassen des Dorfes, mit seinen alten Holzgebäuden – überall liegen Chilis zum Trocknen aus, selbst eine riesige Satellitenschüssel wir dafür zweckentfremdet, „Scharfes Programm“ meint Heinz nur dazu – Dann empfängt uns wieder die weite Landschaft, sich übereinander stapelnder Reisterrassen. In der Ferne erheben sich dicht bewaldete Berge.
Die Sonne steht nicht mehr so hoch, eine ruhige nachmittägliche Stimmung hat sich über den Felder ausgebreitet. Uns begegnet kaum noch ein Mensch, nur ab und an sehen wir Einzelne in den Äckern arbeiten oder ihr Maultier den Pfad hinauftreiben.
Siggi hat einen kurzen unkonzentrierten Moment, stolpert vom Weg und fällt ins Reisfeld, übersteht das aber ohne weitere Schäden.

Irgendwann nach 16 Uhr erreichen wir Dazhai. Offensichtlich ist gerade Schulschluss, denn kleine Gruppen von Grundschülern rennen uns entgegen.
Mittlerweile geht es nur noch treppab. Wir sind sehr nah am Zielpunkt unseres Ausfluges, das merken wir daran, da uns vermehrt mit Reisegepäck beladene Träger und Reisende entgegen gekommen. Einige von ihnen haben sich offensichtlich gegen den (kostenpflichtigen) Service entschieden und ziehen missmutig ihre Rollkoffer die Stufen hinauf. Zwei Grazien auf (für diese „Straßenverhältnisse“) unerhört hohen Absätzen, stöckeln ebenfalls nach oben und ein ziemlich übergewichtiger Tourist mit Koffer, fragt mich triefend vor Schweiß, wo ich wohne und ob es noch weit ist. Als ich ihm sage, dass mein Hotel etwa 9 km entfernt ist, hält er mich wohl im ersten Moment für verrückt oder des Englischen nicht mächtig. Er wolle doch nur wissen wie weit es bis zu seinem Hotel sei, insistiert er.

Unten angekommen, buchen wir einen Minibus und fahren nach Ping‘an zurück, alle sind von der Wanderung angenehm geschafft und voller schöner Eindrücke.


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2. Etappe – Immer nach oben!

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

In den heutigen Tag starten wir mit einer kräftigen Nudelsuppe. Dann geht es auch schon los in Richtung Ping‘an, einem Dorf inmitten der Longji-Reisterrassen. Auf dieser Etappe müssen wir 1300 Höhenmeter überwinden, aber wir haben uns ja gut eingedeckt mit Bananen, Birnen, Mandarinen und Süßkram, so dass wir eventuelle Energie-Defizite problemlos überwinden können. Die Fahrt führt uns durch die grünen Hügel einer reizvollen Landschaft. Ab und an passieren wir Gehöfte und Dörfer. Wir geniessen die Fahrt und es sieht fast so aus, als ob es heute trocken bleiben würde.
Doch ca. 10 km vor unserem angepeilten Mittagshalt in Heping setzt ein leichter Nieselregen ein, der sich nach und nach zu etwas entwickelt, was man getrost als starken Landregen bezeichnen kann. Irgendwann hallten wir es nicht mehr aus und stellen uns unter einen Baum am Wegesrand. Es dauert nicht lange und die Bewohner des gegenüberliegenden Hauses haben uns entdeckt und bitten uns herein, Nach und nach kommt der halbe Hof herbei, um einen Blick auf uns zu werfen. Die drei Frauen, die uns so herzlich hereingebeten haben, sind völlig fasziniert von Karl-Heinz. „Ist der aber groß“ sagen sie immer wieder. Dann schlendert der Herr des Hauses gemütlich rauchend herbei, unser Fahrer offeriert eine Zigarette, die erstmal hinter seinem Ohr landet.
Als der Regen ein wenig nachlässt, brechen wir auf, hinter uns verschwinden langsam die Fenster mit den winkenden Frauen.

In Heping angekommen stärken wir uns, haben wir doch noch einen ziemlich steilen Abschnitt vor uns, denn wir aber ganz gut bewältigen. Als wir die Tore Ping‘ans erreichen , empfängt uns der übliche Tumult. Trägerinnen reisen sich um unser Gepäck, und wie immer gibt es Diskussionen um den Preis. Irgendwann stapfen wir durch das nasse, tropfende Dorf und ich frage mich ersthaft, ob ich diesen Ort jemals regenfrei erleben werde.

Am frühen Abend machen wir einen kurzen Spaziergang im Dorf, da die Sonne aber bald untergeht und wir auch etwas geschafft von der Fahrt im Regen, landen wir ziemlich schnell in einem Restaurant.
Wir fragen uns zuerst, ob es ein schlechtes Zeichen sei, dass wir die einzigen Gäste sind, werden aber eines Besseren belehrt, als das Essen auf dem Tisch steht. Der Wirt hat sich sogar bereit erklärt, den Fisch für uns zu filetieren.
Nach dem Essen trennen sich diejenigen, die in der vergangenen Nacht zur Straße geschlafen haben von dem Rest der Gruppe. Letztere, nämlich Simone, Hans und Heinz gehen noch was trinken, während Silke, Andreas und ich, geschafft von den vielen LKWs, die letzte Nacht durch unsere Zimmer gefahren sind, ins Hotel zurückkehren.


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Die große Fahrt beginnt! 1. Etappe: Wantian

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

„Du bist dicker als letztes Jahr“ so begrüßt mich der Chef des kleinen Hotels, in dem wir die heutige Nacht verbringen werden. Die sprichwörtliche chinesische Ehrlichkeit ist schon manchmal deprimierend. Weil ich so blöd war, den anderen davon zu erzählen, werde ich jetzt nur noch die dicke Reiseleiterin genannt.

Aber von Anfang an: Wir hatten heute morgen die Innenstadt Guilins noch nicht verlassen und schon suchte uns die erste Reifenpanne heim. Wieder war Siggi der Pechvogel mit einem Plattfuß. Doch sollte das die letzte Panne für den heutigen Tag bleiben. Das Wetter war schwül-diesig, verhangen und knapp vor unserm Mittags-Halt holte uns dann auch noch eine recht heftige Regen-Husche ein.
Die Fahrt führte uns durch Pomelo-Plantagen und Orangenhaine. Es ist gerade Erntezeit und die Straßen werden flaniert von Bauern, die ihre Ernte verkaufen. Riesige gelbe Pomelo-Berge neben kleinen provisorischen Zelten, ausgestattet mit Bett und Fernseher, in denen die Verkäufer ihre Tage und Nächte verbringen.

Nach dem Mittagessen hatte sich der Regen verzogen und da es nur noch knapp 20 km zu unserer heutigen Unterkunft waren, entschlossen wir uns, einige Abstecher zu machen.
Wir fuhren zum Xuelang Hu (Schneewolf See), einem See voller Karpfen, eingebettet in einem blühenden Osmanthus-Hain. Kleine malerische, dem Verfall preisgegebene Herbergen säumen das Ufer und eine Brücke, sanft geschwungen – wohl zur Abwehr böser Geister (die ja nur geradeaus können) – mit kleinen Pavillons führt über den See, hier und da ein Angler. Tropische Schmetterlinge und bunte Libellen tanzten über die ruhige Wasserfläche. Fraglich ist allerdings, wie lange diese Brücke noch halten wird, die hölzernen Pfeiler sind verrottet und brechen an verschiedenen Stellen weg. Der erfindungsreiche Chinese hat einfach eine Ladung Zement darüber geschüttet….

Ein Stück weiter des Weges ragt eine Halbinsel namens Hualiandao in den Fluß, darauf große Hallen in klassischer Holzbauweise errichtet, die gastronomischen Zwecken dienen, dahinter eröffnet sich eine friedliche Auenlandschaft in der hie und da Kühe weiden.

Nur kurze Zeit später erreichen wir Wantian und müssen erstmal an Ort und Stelle ein Bier trinken. Danach geht es an die Zimmerverteilung. Nachdem für Siggi nur ein Zimmer zur Straße übrig bleibt, entschließt sich Hans spontan, sein Zimmer mit ihm zu teilen.
Als alles erledigt ist, schwingen wir uns noch einmal auf die Räder, um ins Dorf zu fahren. Hier ist gerade die (alljährliche?) Luohan-Frucht Verladung im Gange (wir waren auf dieser Etappe bereits an einigen Luohan-Feldern vorbeigekommen). Kiste um Kiste wird gestapelt und auf kleine LKWs verladen, das halbe Dorf scheint hier beschäftigt.
Die andere Hälfte ist im hinteren Teil des Dorfes zu Gange, wo an Marktständen verschiedene Waren feilgeboten werden. Wir decken uns erstmal mit reichlich Obst für den kommenden Tag ein, die Bananen kaufen wir direkt vom Laster. Dabei werden wir neugierig von den Dorfbewohnern, besonders den Kindern, beäugt.

Das Abendessen gipfelt in einer Flasche „Brett-Schnaps“. Die Betten sind hier nämlich so hart, dass alle der Meinung sind, man müsse sie gehörig weichtrinken, und das am besten mit 53-Prozentigem. Unsere Wirtin findet es wohl ziemlich stark, dass wir die größte Flasche mit dem stärksten „Baijiu“ bestellen. Sie gibt mir den guten Rat, nicht soviel zu trinken, sonst sei mein Kopf bald so rot wie der von Siggi.
Ein wenig besorgt bin ich dann auch schon, als mir einige von Fröschen auf der Toilette erzählen. Das ändert sich allerdings, als ich nach der Rückkehr auf mein Zimmer (in nüchternem Zustand) eine tote Fledermaus auf meinem Bett finde, offensichtlich vom Ventilator hingerichtet.
Im übrigen scheint die Gegend etwas unsicher zu sein, zur Nacht haben wir unsere Fahrräder und das Begleitfahrzeug ins Esszimmer gefahren.
Morgen freuen wir uns alle auf die Reisterrassen, wir haben auch alle aufgegessen, damit das Wetter gut bleibt.


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Ein Tag über den Wolken? Der Yaoshan

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Im Gegensatz zum gestrigen Tag verlief die heutige Fahrt pannenfrei und ohne „größere“ personelle Verluste. Beim kurzen Anstieg zum Parkplatz des Yaoshan konnten wir schon mal unsere Räder (Gangschaltung) und unsere Fitness testen.

Dieser Berg, der sich bis auf eine Höhe von 903 m über dem Meeresspiegel erstreckt, bietet einen wunderschönen Blick auf die umgebende Landschaft. Allerdings war am heutigen Tag, trotz hochsommerlicher Temperaturen, die Sicht stark eingeschränkt. Leider war es auch nicht mehr möglich, den touristischen Bereich zu verlassen und einen etwas ausgedehnteren Spaziergang auf dem Gipfel zu unternehmen.
Auf dem Rückweg besuchten wir noch eine der Ming-zeitlichen Grabanlagen der lokalen Oberschicht dieser Dynastie. Diese sind noch recht gut erhalten und gleichen Miniaturausgaben von denen bei Beijing, sind aber viel weniger besucht. Wir genossen die Ruhe in der von sanft bewaldeten Hügeln umgebenen Anlage.
Als wir uns dem Ausgang zuwandten, fiel doch noch eine größere chinesische Touristengruppe ein. Sofort erwachten die im vorderen Bereich vor sich hin dösenden Tempeltänzer und starteten mit viel Tamtam eine Tanzvorführung, in die die Neuankömmlinge auch gleich mit eingebunden wurden.
Auf dem Rückweg speisten wir in einem Gartenrestaurant ganz in der Nähe. Es war mir noch vom letzten Jahr in guter Erinnerung geblieben, als diese Lokalität uns auf einer heimeligen Dachterrasse Zuflucht vor Regen und leckeres Essen bot.

Frisch gestärkt besichtigten wir noch einen Markt, den wir auf der Heimfahrt entdeckt hatten. Hier gelangte Silke dann in das zweifelhafte Vergnügen, der Schlachtung eines Huhnes hautnah beizuwohnen.
Nach der Rückkehr traf ich mich mit unserem Fahrer, um die kommenden Tage zu besprechen. Derweil besichtigte die Gruppe ausführlich den Xiangbishan (Elefantenrüssel-Berg). Dieser Berg gleicht einem Elefanten der aus dem Li-Fluss trinkt. Die Legende besagt, dass der himmlische Herrscher das Tier hier zum Sterben zurückließ und es daraufhin zu Stein wurde.

Zum Abendessen treffen wir uns wieder. Mit einem Bier lassen wir den Abend an der Uferpromenade ausklingen, wo eine Gruppe älterer Chinesen gemeinsam musiziert – chinesischer klassischer Gesang begleitet von Schifferklavier und Gitarre. Auch eine meiner Kindheitserinnerungen war dabei (für alle Ossis:) „Bella Ciao“ auf Chinesisch!
Nach und nach gesellen sich immer mehr Menschen dazu, tanzen ein bisschen, wippen im Takt, unterhalten sich mit den Sängern. Von einem werden wir auf Englisch in Guilin willkommen geheißen.


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Schilfrohrflötenhöhle

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Der erste Tag in China ist eigentlich ein Reisetag. Nachdem ich meine Gruppe am gestrigen Tag in Beijing in Empfang genommen habe, ging es direkt weiter nach Guilin. Es war bereits halb zehn am abend als wir endlich unser Hotel erreichten. Noch Zeit für das erste leckere Essen mit verschieden gefüllten Jiaozi und Xiao Baozi. (Teigtaschen und Dampfnudeln) und einer ordentlichen Portion Bier, die uns die nötige Bettschwere besorgt.

Als wir am nächsten Morgen erwachen ist das Leben auf der (gegenüberliegenden) Uferpromenade schon in vollem Gange. Direkt gegenüber dem Hotel hat sich eine Gruppe angehender Ärzte versammelt, die kostenlose medizinische Untersuchungen anbieten (Vermessungen aller Art: Größe, Gewicht, Blutdruck). Dieser Service wird direkt von Andreas in Anspruch genommen. Alles in Ordnung – Schwierigkeiten bereitet nur die Vermessung der Körperhöhe, Andreas ist einfach zu groß für die hiesigen Verhältnisse – der Untersuchenden gelingt es kaum die Messlatte anzulegen.

Nach einem geruhsamen Frühstück machen wir uns auf den Weg um die Räder in Empfang zu nehmen, die uns in den nächsten zwei Wochen durch China tragen werden und haben eine erste Gelegenheit, die atemberaubende Landschaft mit ihren bizarren Kalkformationen, die sich vor Jahrmillionen aus dem Boden geschält haben, zu bestaunen.
Irgendwo habe ich gelesen, dass Guilin am reizvollsten bei Regen sei. Nun, diese Ansicht kann ich nicht teilen, nachdem ich im letzten Jahr diese Stadt fast ausschließlich bei Regen erlebt habe. Von der Landschaft sah man eigentlich so gut wie nichts und der Karstberge wurde man erst gewahr, wenn man fast schon mit der Nase daran anstieß.
Um so schöner ist es dieses Jahr, strahlender Sonnenschein, sommerliches Wetter und ein phantastischer Blick auf die wunderschöne Landschaft empfängt uns.

Auf dem Weg zum Radladen, passieren wir einen Häuserblock, der am gestrigen Abend noch völlig intakt war, heute aber hat man den Eindruck, über Nacht sei hier eine Bombe eingeschlagen. Ganze Hausteile sind eingestürzt, Balkone hängen in Fetzen von der Hauswand, die Vorderseite ist fast gänzlich abgerissen und gibt den Blick frei auf noch völlig intakte Wohnungseinrichtungen: hier steht eine noch befüllte Waschmaschine, in der benachbarten Küche sieht man den Wok noch auf dem Herd und auf dem Fernsehgerät stehen Gläser aus denen, scheint es, gerade noch getrunken worden ist. Menschen packen (auf dem Geröllhaufen) ihre letzten Habseligkeiten zusammen, andere haben sich vor und in den Häusern versammelt, rollen Plakate und Spruchbänder an der (zerstörten) Hausfront auf.

Wir wenden uns von der Szenerie ab und radeln zur Schilfrohrflötenhöhle, benannt nach der Pflanze, die hier einst massenhaft wuchs, den Eingang der Höhle verdeckte und aus der man, der Name deutet es an, Instrumente von wohltemperiertem Klang fertigen konnte.
Die Ludiyan (so der chinesische Name) ist eine beeindruckende Tropfsteinhöhle, von denen es in dieser Region nicht wenige gibt. Die bizarr geformtem Stalagmiten und Stalaktiten werden für chinesische Verhältnisse recht dezent von Neonlicht bestrahlt.
Auf dem Rückweg haben wir die ersten beiden Radpannen, der geplatzte Schlauch ist bald behoben, bei der zweiten Panne geht uns allerdings Hans auf mysteriöse Weise verloren. Unser strategisches Suchen, wir teilen uns in Zweiergruppen auf, nutzt alles nichts, glücklicherweise findet Hans allein den weg zurück ins Hotel.
Zwischenzeitlich können wir noch ein Auto beobachten, dass beim Versuch auf dem Radweg zu wenden mit der Stoßstange auf einem Poller hängen bleibt.
Viel Aufregung für den ersten Tag in Guilin, am Abend beruhigen wir uns mit einem guten Essen, Bier und dem ersten Schnaps.

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