Ein scharfes Programm – Wanderung nach Dazhai

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Zu aller erst: Es ist kaum zu glauben – ich erlebe diesen Ort bei Sonnenschein! Ich habe mir bei der heutigen Wanderung sogar einen leichten Sonnenbrand geholt!

Zum Frühstück sind wir am heutigen Morgen in das Dorf hinunter gegangen. Der Koch unseres Hotel ist nämlich temporär abwesend, da er eine kranke Verwandte pflegen muss, die sich nicht bewegen kann. Der Restaurantbesitzer hat alle Hände voll zu tun, uns sieben und einen weiteren Gast zu bedienen. Seine Frau sei heute nicht daheim, entschuldigt er sich.
Alle sind glücklich über den strahlenden Sonnenschein und so fällt uns die Entscheidung nicht schwer, zum etwa 10 km entfernten Dazhai zu wandern.

Zunächst führt uns unser Weg noch durch die Reisterrassen von Ping‘an, wo wir, zu Simones Leidwesen, die erste Schlange entdecken. Später wird die Landschaft waldiger, dann wieder Reisterrassen, flacher diesmal als in Ping‘an. Grabstätten blitzen aus den Feldern. Nach jeder Kurve, scheint es, eröffnet sich uns ein noch atemberaubenderes Panorama. Immer wieder terrassierte Reisfelder, aber wir können nicht genug davon bekommen.

Wir begegnen unterwegs Frauen aus den umliegende Dörfern. Sie bieten uns ihre Dienste als Guide an, wollen mir einreden, dass ich keine Karte lesen könne und sind zudem darauf aus, für uns zu kochen.
Ein besonders hartnäckiges Exemplar, das uns kurz vor der Ortschaft Zhongliu mit einer Bauerin entgegen kommt, hat Andreas, der voran läuft, als Führer unserer Gruppe identifiziert, spricht unaufhörlich auf ihn ein, immer wieder unterbrochen von lautem Lachen. Sie läuft den schmalen Weg flink vor und zurück, um uns zu zählen und dann wieder auf Andreas einzureden. Irgendwann sieht sie ein, das wir wohl nicht bei ihr essen wollen, also schwenkt sie um auf ihre andere Einnahme-Quelle: Sie will ihr Haar öffnen. Die Frauen der Minderheiten dieser Gegend, lassen ihr Haar traditionell sehr lang wachsen und haben gelernt Gewinn daraus zu schlagen. Für Touristen öffnen sie ihr Haar und lassen sich gemeinsam mit diesen fotografieren.
Jetzt gesellt sich zu unserer Begleiterin eine weitere Frau und die Diskussion wird hartnäckiger. Wir entschließen uns schließlich, die Show anzuschauen und die Frauen lassen ihr Haar herunter.

In Zhongliu machen wir kurz Rast, essen unsere Kekse, trinken etwas Kaltes, dann geht es auch schon weiter. Erst durch die verzweigten Gassen des Dorfes, mit seinen alten Holzgebäuden – überall liegen Chilis zum Trocknen aus, selbst eine riesige Satellitenschüssel wir dafür zweckentfremdet, „Scharfes Programm“ meint Heinz nur dazu – Dann empfängt uns wieder die weite Landschaft, sich übereinander stapelnder Reisterrassen. In der Ferne erheben sich dicht bewaldete Berge.
Die Sonne steht nicht mehr so hoch, eine ruhige nachmittägliche Stimmung hat sich über den Felder ausgebreitet. Uns begegnet kaum noch ein Mensch, nur ab und an sehen wir Einzelne in den Äckern arbeiten oder ihr Maultier den Pfad hinauftreiben.
Siggi hat einen kurzen unkonzentrierten Moment, stolpert vom Weg und fällt ins Reisfeld, übersteht das aber ohne weitere Schäden.

Irgendwann nach 16 Uhr erreichen wir Dazhai. Offensichtlich ist gerade Schulschluss, denn kleine Gruppen von Grundschülern rennen uns entgegen.
Mittlerweile geht es nur noch treppab. Wir sind sehr nah am Zielpunkt unseres Ausfluges, das merken wir daran, da uns vermehrt mit Reisegepäck beladene Träger und Reisende entgegen gekommen. Einige von ihnen haben sich offensichtlich gegen den (kostenpflichtigen) Service entschieden und ziehen missmutig ihre Rollkoffer die Stufen hinauf. Zwei Grazien auf (für diese „Straßenverhältnisse“) unerhört hohen Absätzen, stöckeln ebenfalls nach oben und ein ziemlich übergewichtiger Tourist mit Koffer, fragt mich triefend vor Schweiß, wo ich wohne und ob es noch weit ist. Als ich ihm sage, dass mein Hotel etwa 9 km entfernt ist, hält er mich wohl im ersten Moment für verrückt oder des Englischen nicht mächtig. Er wolle doch nur wissen wie weit es bis zu seinem Hotel sei, insistiert er.

Unten angekommen, buchen wir einen Minibus und fahren nach Ping‘an zurück, alle sind von der Wanderung angenehm geschafft und voller schöner Eindrücke.


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