Der Ein-Yuan-Schein und der Drachenbrunnentee

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Hangzhou. Besichtigungsprogramm bei perfekten Bedingungen. ca. 20 km.

Wenn man schon mal in Hangzhou ist, dann muss man auch auf den Westsee. Er spiegelt sozusagen die Grundästhetik einer chinesischen Landschaft wieder. Wasser, Berge, Brücken, Pagoden. Die Aussicht ist für Chinesen so bedeutend, dass sie sie auf dem Ein-Yuan-Schein verewigt haben. Mit dem Boot fuhren wir auf die 3-Spiegelungen-des-Mondes-Insel. Am helllichten Tage spiegelt sich hier natürlich gar kein Mond. Wenn dann spiegeln sich hier die chinesischen Touristengruppen. Man stelle sich mal vor, man kommt hier am Wochenende hin. Da läuft es mir doch glatt kalt den Rücken runter. Der Blick vom See war im Vergleich zu meinem letzten Besuch hier (strömender Monsunregen) aber fantastisch! Wir genossen jeden Sonnenstrahl.

Nach einer kleinen Rundtour um bzw. über den See ging es in Richtung Tee-Plantagen. Hier wächst wohl der berühmteste Grüntee Chinas: Der Drachenbrunnen-Tee (Longjing-Tee). Die Besichtigung der Drachenbrunnenquelle nach dem Mittagessen war etwas ernüchternd. Dennoch genossen wir die ruhige Atmosphäre fernab von dem touristischen Trubel. Leider konnten wir auch nach Befolgung der Anweisungen auf dem Schild keinen Drachen auf der Wasseroberfläche erkennen. Man sollte mit einem Stock die Oberfläche anrühren. So sollte anschließend auf wundersame Weise ein Drache erscheinen. Vielleicht macht er aber auch einen Mittagsschlaf. Er kann ja nicht bei jeder Wasserregung sich immer blicken lassen. Das wäre ja fast schon demütigend für einen Drachen. Dann besichtigten wir eben den Tee… Die meisten Pflanzen waren mittlerweile gestutzt und für den Winter vorbereitet. Nur noch vereinzelt ließen sich „ein Herz und ein Zahn“ (die 2 jüngsten Blatttriebe) finden. Der Weg durch die Tee-Plantagen durch das Neun-Bäche-Überquerungstal war trotzdem wunderschön. Auch wenn der Untergrund den Rädern nicht wirklich gut tat, war er eine Augenweide.

Auf dem Rückweg kamen wir noch an dem Qiantang-Fluss vorbei, der angeblich die größte Bore (Gezeitenwelle) hat. Zum Glück war die schon, denn dieses Jahr war sie besonders groß und riss einige Schaulustige mit sich. Leider war die Sechs-Harmonien-Pagode am Ufer des Flusses in Renovierung, sodass wir anschließend direkt zurück ins Hotel fuhren. Die meisten spazierten noch runter zum Westsee oder genossen den Sonnenuntergang von der Leifeng-Pagode.

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Mega-Buddha-lomanie

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Transfer und Fahrt nach Hangzhou. Besichtigung des Lingyin Tempels. ca. 25 km.

Die Anfahrt nach Hangzhou sollte ganz ursprünglich mit dem Bus erfolgen. Da der Laster tagsüber unsere Fahrräder jedoch nicht in die Stadt bringen darf mussten wir diese uns selber anliefern. So stiegen wir ca. 16 km vor dem Ziel auf die Sättel und radelten dem Westsee in Hangzhou entgegen. Leider hatten wir durch den Transport einen kleinen Kolatteralschaden. Leider hat es Heriberts Umwerfer nicht heile bis nach Hangzhou geschafft. Mit etwas biegen, ziehen und drücken ließen sich aber bald schon wieder die letzten 4-5 Gänge schalten. So konnten wir auch endlich unsere Kurzetappe antreten.

Nach dem Einchecken war es wohl zu spät für nachmittagliche Großprojekte aber auch noch viel zu früh um sich zurückzulehnen. So fuhren wir gemeinsam zum Lingyin-Tempel. Für mich war das auch eine Prämiere und ich war stark beeindruckt, was hier alles geboten wurde. Hier entstand im 4. Jahrhundert eins der ersten Buddhistischen Stätten in Ostasien. Der indische Mönch Huiyi brachte die Lehren aus seinem Heimatsland mit und ließ sich in Hangzhou nieder. Nun liegt er unter einer alten Steinpagode und sein Geist lächelt für die Kameras der Touristen. Nebenan befinden sich einige Buddhafiguren eingemeißelt in die Steinwand des „Hergeflogenen Bergs“ (Fei Lei Feng). Das größte Highlight aber war der Lingyin-Tempel. Riesige Tempelhallen beherbergten hier die größte Holz-Buddha-Statue Chinas, die größte Bronze-Bhoddisatva-Statue und eine schier unglaubliche Menge von 500 Bronzestatuen von 500 Arhats in einem riesigen Gebäude in Form eines Swastikas. Es gäbe noch so viel mehr zu sehen. Doch leider war unsere Zeit etwas knapp bemessen, denn es wird leider immer recht früh dunkel. So mussten wir schweren Herzens schon bald umkehren und in Richtung Hotel zurück.

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Rothenburg ob der Taube auf Chinesisch

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Wuzhen Stadtbesichtigung, ca. 15 km.

Wuzhen hat eigentlich nur 2 Sehenswürdigkeiten. Das Westdorf und das Ostdorf. Das Ostdorf ist angeblich traditioneller und authentischer. Das Westdorf etwas bunter aufgemacht und wesentlich stärker renoviert.

Wir besuchten zuerst einmal das Ostdorf und mussten gleich feststellen, dass wir nicht die ersten hier sind. Wuzhen wird in vielen Reiseführern gar nicht mal erwähnt. Für Chinesen scheint es aber ganz oben auf der Reisezielliste zu stehen. Dem entsprechend war der Ansturm. Da hätte man noch so früh aufstehen können und man wäre den Massen doch nicht entkommen. Wuzhen ist im Gegensatz zu Tongli „geöffnet und entwickelt“ wie ein Chinese sagen würde. Bevor es irgendwo Eintritt gibt, lohnt es sich auch eigentlich nicht wirklich hin zu fahren, so die chinesische Touri-Logik. Da wundert es nicht, dass die Eintrittspreise hier zu Lande immer weiter in die Höhe schießen. Denn teurer ist ja auch gleich besser. Das steht so langsam in keinem Verhältnis mehr, wenn man überlegt, dass die Verbotene Stadt in der Off-Season 40 Yuan kostet. Dieser Logik nach kommt irgendwann kein Chinese mehr in die Verbotene Stadt, weil es einfach zu billig ist da…. Kann ja gar nicht so viel zu sehen geben. Wuzhen dagegen ist komplett auf den Tourismus gestellt und man hat das Gefühl, dass die ganze Stadt von diesen 2 Museumsdörfern lebt. Man kann es ihnen aber auch nicht vergönnen. Denn schön anzusehen sind die Dörfer ja schon. Man hat bloß kaum Ruhe die Sachen zu genießen, wenn man von einer Masse durch die Gassen gedrängt wird. Auch die ganzen Souvenir-Shops zeugen davon, dass es hier geöffnet und entwickelt ist, und sich lohnt herzufahren. Denn was wäre denn eine Besichtigung ohne Souvenir. Dann kann man ja gleich zu Hause bleiben und die Bilder sich im Internet anschauen.

Ich verliere mich wieder im Pessimismus. Die Museen im Dorf selber waren sehr interessant und schön gestaltet. Z.B. konnte man sehen wie die Blaumuster Tücher hergestellt werden oder wie Reisschnapps hergestellt wird. Mit kleiner Verkostung… und das am Vormittag :P. Auch das Bettenmuseum hatte beeindruckende Himmelbetten mit riesigen Anbauten, für die ich wohl eine neue Wohnung bräuchte, würde ich mir das ins Schlafzimmer stellen.

Die Essensauswahl ist entsprechend einer Touri-Kleinstadt groß aber unerheblich. Denn alle Lokale sind im Grunde genommen gleich. Es wird geworben damit, dass lokale Küche angeboten wird. Fragt man einen Einheimischen, welchen Laden er denn empfehle, kriegt man nur die Antwort: „Ich habe noch nie in einem von denen gegessen.“

Das Westdorf besuchten wir am Abend nach unserem Abendessen. Das ist noch ein wenig geöffneter und entwickelter. Bars und Hotels sind stilvoll in die Altstadtromatik eingegliedert. Es erinnert vom Flair her ein wenig an Rothenburg ob der Taube. Im Grunde genommen die Essenz von einem chinesischen Altstadtbild. Da verwundert es nicht, wie lange die Tafel ist mit Filmplakaten, die hier gedreht wurden. Nichts desto trotz ist es ein gelungenes Gesamtkunstwerk, dass als Lebensunterhalt für eine ganze Kleinstadt fungiert. Geschafft nach dem vielen Kleinstadtbummel ging es in einer 3 Kleinbuskolonne wieder in Richtung Hotel. Nun reicht es aber auch mit den Wasserdörfern… Denn immerhin haben wir jetzt das geöffnetste und entwickelste von allen gesehen.

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Vanilla, Rice, Rice, Baby…

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Fahrt nach Wuzhen. ca. 85 km.

Ganz klar war heute zu erkennen, dass wir durch die Kornkammer Chinas radelten. Nichts als Reis, Reis und nochmal Reis. Mal neben der Landstraße… Mal durch die Felder selber… Die Pflanzen sahen reif aus und vereinzelt wurde auch schon geerntet.

85 km sind jetzt nicht der totale Kondi-Killer. Die müssen aber auch erstmal gefahren werden. Allerdings hatten wir heute Glück. Der Wind wehte fast durchgängig von Norden. Und wir fuhren fast schnurstracks nach Süden. Das traf sich ganz gut und führte dazu, dass wir ordentlich vorwärts kamen. Da konnte man sich sogar gönnen das Mittagessen fast vor dem Ziel zu sich zu nehmen, um dann nur noch im Verdauungstritt in die Zielgerade einzufahren.

Das Hotel Vienna, welches wir bezogen kannte ich bisher nicht und ich war mir über deren Lage leider nicht ganz im Klaren. Bedauerlicherweise lag es weit von allem was man irgendwie Stadt nennen könnte. Heißt ja auch Hotel Wien… Das kann man natürlich nicht direkt neben eine chinesische Altstadt stellen. Ein gewisser Anstandsabstand ist da schon angebracht. Man könnte jetzt meinen es läge idyllisch mitten im Reis- und Gemüsefeld. Die eine Hälfte tut genau das auch. Die andere schaute allerdings direkt auf eine starkbefahrene Autobahnauffahrt. Zum Glück hatten wir alle die richtige Seite erwischt. Das Abendessen tat sich allerdings etwas schwierig. Eigentlich bin ich ja kein Fan vom Hotel Dinner. Transport für 15 Leute will allerdings vorgeplant werden. So sahen wir uns gezwungen das Abendessen eben doch 4 m unter dem eigenen Bett zu uns zu nehmen. Das Separee des Hotelrestaurants war selber eine kleine Einführungskunde in die Sichtweise und Geschmackswelt der neureichen Chinesen. Dem Hotelnamen entsprechend war der Raum etwa einem kleinen Ballsaal entsprechend. Private integrierte Toilette und ein kleiner Loungebereich durfte natürlich auch nicht fehlen. Was es mir allerdings am meisten angetan hat, war die motorisierte Lazy-Susanne (Die Essensdrehplatte). In einem gemächlichen Tempo zogen somit die ganze Zeit die Gerichte an einem vorbei. Ein wenig wie die Sushi-Läden mit Sushi-Eisenbahn oder –Schiffchen. Das hatte schon was.

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Land von Fisch und Reis und Hightech Industrie und Eisbein in Fünf-Gewürzsoße

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Fahrt nach Tongli und Besichtigung der Altstadt. 39 km.

Nur ungern verabschiedeten wir uns vom heutigen Frühstücksbuffet. Im Grunde genommen hätte man hier bis Abends sitzen können. Aber wir hatten ja noch einiges vor. So ging es kreuz und quer unter Autobahnen und Neubauanlagen in Richtung Tongli. Unterwegs kamen wir durch ein riesiges Hightech-Industriegebiet. Vor allem sticht das Gebäude von Huawei ins Auge. Suzhou hat durch seine Anbindung an Shanghai ideale Voraussetzungen für eine Hightech-Industriestadt. Shanghai selber ist zugebaut, so ist man hierhin ausgewichen. Biegt man jedoch einmal in die Nebenstraßen rein und fährt durch die hiesigen Dörfer, erschlägt einen der Kontrast. Teilweise wird noch auf ranzigen Betonbooten gehaust und die Leute wohnen in heruntergekommenen Altbauten, die alle gerade im Abriss sind. Vor einem Jahr war hier doch noch ein kleines Dörfchen. Jetzt ist es nur noch ein halbes. Immerhin kamen wir durch. Mindestens 2 Mal konnte man der alten Strecke nicht mehr wirklich folgen, da nun ein neuer Industriekomplex hier aufgebaut wurde.

Und auf einmal war man in Tongli. Der Cut ist auch hier wieder sehr extrem. Vorhin sind wir noch durch modernste Hightech-Zentren gefahren, nun fanden wir uns in einem Museumsdorf wieder, dass das Herz von China-Ästhetikern höher schlagen lässt. Venedig des Ostens nennt man auch das Gebiet hier. Klar es bestehen natürlich viele Gemeinsamkeiten: Kanäle, Brücken, überteuerte Preise, chinesische Touristen… Dennoch wirkt Tongli nicht überfüllt. Auch das letzte Mal schon hatte ich Tongli sehr positiv im Gedächtnis behalten.

Wir besuchten den Garten der Perlen Pagode, der so groß und verwinkelt war, dass wir die Pagode vor lauter Garten nicht finden konnten. War aber nicht schlimm… Denn er war auch so beeindruckend. Dagegen wirkte der Garten der Zurückgezogenheit und Reflexion schon fast beengend. So langsam hatte es sich aber ausgegartet und wir schlenderten noch durch die Shoppingstreet von Tongli, in der wir auch gleich unser Abendlokal entdeckten.

Nach Einbruch der Dunkelheit bleiben in Tongli nur noch die Gäste, die auch hier in den wenigen Unterkünften übernachten. Unter der Woche sind das nicht viele. Die Verkäufer in den Ständen, die noch offen hatten, warteten quasi darauf, dass wir unser Abendessen endlich abschließen um eine letzte Verkaufsoffensive zu starten. Leider erfolglos. Befremdend wirkte das Dorf um 8 Uhr abends so menschenleer. Daher gingen noch einige von uns in das Piano Music Café um noch den Abend noch ein wenig hinauszuzögern und Brigittas Geburtstag zu feiern. Eine Schwarzwälderkirschtorte und ein Geburtstagständchen von einem alten chinesischen Straßen-Musiker-Pärchen gab es noch obendrein.

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No. 1 Ancient Street in China!?

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Suzhou. Besichtigungsprogramm bei perfekten Bedingungen (schon wieder!).

Was gestern verpasst wurde stand also heute auf dem Programm. Nach einer kurzen Zwischenstation an der Zwillingspagode ging es dann zum Garten des Bescheidenen Beamten. Ironie ist in China wohl doch kein Fremdwort, denn dies ist eines der größten Privat-Gartenanlagen Chinas. Allerdings war der Sohn des bescheidenen Beamten auch bescheiden genug um seinen frisch geerbten Garten als Einsatz bei einem Glückspiel herzunehmen und natürlich zu verlieren. So läuft’s halt manchmal im Leben. Da wird man schon als Glückspilz geboren und meint, dass einen das Pech nie einholen wird…

Nach einer kleinen Stärkung in einem wuseligen Nudel- und Teigtaschenrestaurant ging es weiter zur Shantang Jie. Angeblich die „No. 1 Ancient Street in China“… Was auch immer das heißen soll. Die erste Straße in China wird es wohl nicht gewesen sein. Dabei führte der Weg uns durch kleine Gässchen, bis wir vor einer Brücke einen perfekten Parkplatz fanden. Ist ja nicht immer so einfach mit 15 Fahrrädern. Da braucht man schon so viel Platz wie ein PKW. Das Anfangsstück der „No. 1 Ancient Street“ ist ganz nett aufgemacht für Touristen mit Souvenirläden und Cafés. Unterquert man aber die 1. Brücke, findet man sich auf einen Schlag im authentischen Teil der No. 1 wieder. Hier erstreckt sich ein wundervoller Markt entlang der Straße und scheint kaum ein Ende zu nehmen. Märkte sind ja eigentlich immer toll. Aber mit der Kulisse hatte das natürlich etwas Besonderes.

Nachdem wir uns satt gesehen hatten an den Schnapps-läden, Fischständen, Obsthaufen, etc. usw. entspannten wir uns auf einer motorisierten Barke und ließen uns den Kanal entlang schippern. Viele der Eingänge der Häuser zum Wasser wurden mittlerweile zu gemauert. Denn ein Elektroroller ist heutzutage doch schneller und flexibler als ein Bötchen. Vielleicht entdecken sie ja eines Tages die Kanalromantik selber wieder und sehen dann ihren Fehler ein. Klar nerven die Touri-Kahne, die hier täglich vorbei gondeln. Aber man würde doch auch nicht seine Balkontür mit Blick auf die Spree zumauern lassen, nur weil einem zu viele spanische Touristen auf den Straßen unterwegs sind. Naja jedem das seine…

Abends sollte eigentlich eine kleine Kostprobe der Kantonküche erfolgen. Die Kochplatte des Lokals wollte allerdings nicht mitmachen und wir wurden gleich wieder rausgeschmissen. Also sahen wir uns gezwungen wieder zum gestrigen Lokal zu gehen. Der große Festtagstisch war aber leider schon ausgebucht. Dann sollten es eben nur 7 verschieden Gerichte pro Tisch sein, statt 15. Da sieht man mal wieder wie schnell man im Luxus verkommt. Auch an das Frühstück hier im Hotel darf man sich eigentlich bloß nicht gewöhnen.

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And now ladies and gentlemen, please go this way!

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Suzhou. Erstes Testradeln bei perfekten Bedingungen.

Mit dem chinesischen Schnellzug ging es mit knapp 300 km/h nach Suzhou. Kaum kam der Zug auf seine Höchstgeschwindigkeit musste auch bald schon wieder gebremst werden. Auch ganz schöne Laufruhe für die Geschwindigkeit. Ein Hoch auf die Deutsch-Chinesische Joint-Ventures! Auf jeden Fall waren wir in sage und schreibe 25 Minuten da…

Ich bin immer wieder erstaunt über das hiesige Bahnhofsystem. Im Grunde genommen funktioniert es wie im Flughafen nur schneller und effizienter. Es gibt Warteräume speziell für die einzelnen Gleise; ohne Ticket kommt man gar nicht aufs Bahnhofsgelände; Das Gate bleibt nur kurz geöffnet um ein möglichst zügiges und reibungsfreies Ein- und Ausssteigen zu ermöglichen. China gibt sich wirklich mühe die Massen, die täglich im ganze Lande unterwegs sind unter Kontrolle zu bekommen. So langsam funktioniert hier alles und es wirkt alles so wahnsinnig geregelt. Wie schnell die Zeit vergeht…

In Suzhou angekommen stecken wir erstmal im Stau und der Fahrstil unseres Busfahrers lässt einige von uns doch zweifeln, ob es wirklich eine gute Idee ist hier Fahrrad zu fahren. Im Hotel ließ man uns leider noch nicht einchecken, da es ja doch noch recht früh am morgen war. Also bleib uns nichts weiter als unsere Räder schon mal zu holen. Sonst ist man in Suzhou ja doch ein wenig verkehrsunfähig. Die Busse steckten im Morgenstau und die einzige U-Bahn-Linie, die schon fertig ist hilft uns nicht wirklich weiter. Somit waren wir gezwungen den beschwerlichen langen Weg per pedes zurückzulegen. Bei 15 Leuten kann es natürlich ein wenig dauern, bis alle mehr oder weniger zufrieden waren mit dem Ergebnis. So schraubten wir bis zum Mittagessen und probten dann erstmal unsere Gäule mit einer kleinen Spritztour zurück zum Hotel und checkten endlich ein.

Am späten Nachmittag war die Überlegung noch einen Garten zu besichtigen. Die Sonne geht hier allerdings schon recht früh unter und somit gaben wir uns zufrieden mit einem kleinen Spaziergang an der Pingjiang Lu, eine kleinen Straße entlang eines Kanals in der Suzhouer Altstadt. In den meisten China-Werbe-Prospekten ist eigentlich immer ein Bild von Suzhou mit dabei. Denn hier gibt es sie noch. Das Bild Chinas, wie sie sich unserer einer das Land vorstellt, wenn man es nur aus TUI-Reiseprospekten kennt.

Unser Abendmahl nahmen wir an einem riesigen runden Tisch, an dem endlich mal alle 15 Platz fanden. Somit konnte ich auch endlich mal querbeet 15 verschiedene Gerichte bestellen, die alle auf die Lazy-Susan in der Mitte kamen. Geschmeckt hat dabei fast alles. Außer das Bier, dass mit 1,6% Alkohol schon fast als Alkoholfrei durchgeht. Da hat selbst ein Jever-Fun mehr Geschmack.

Da das Kulturprogramm heute ins Wasser fiel gingen wir zum Abschluss noch in den Garten des Meisters der Netze. Manche sagen sein Erbauer hätte nach seiner Zeit als Beamte seinen Rentenalltag als Hobby-Fischer genutzt, da er jene Leben sehr romantisierte. Der Grund für unseren abendlichen Besuch dieses Gartens waren die musikalischen Vorführungen und kurzen Theaterstücke in den verschiedenen Bereichen des Gartens. Man wurde von einer Moderatorin durch den Garten geführt zu den jeweiligen Stationen. Ein recht interessantes Wanderkonzert könnte man sagen. Hängen geblieben ist vor allem die Ansage: „And now ladies and gentlemen, please go this way!“.

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Eintauchen in die 20 Millionen

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Ankunft und Ausflüge in Shanghai bei fast perfektem Wetter.

Ach Shanghai… wie sehr ich dich mag! Eigentlich sag ich immer: „Shanghai ist nicht China!“ Dennoch vereint es dessen jüngere Geschichte wie keine andere Stadt. Die Symbolik am Bund und der gegenüberliegenden Pudong-Skyline brennt sich gnadenlos in den Augapfel. China zeigt hier der Welt was es von der kolonialen Vergangenheit hält und wie lächerlich doch die alten Großmächte erscheinen im Vergleich zur neuen Weltmacht. Bunt, schrill, laut, schnell… Vielleicht ist Shanghai eben doch China – nur zig-fach verstärkt.

Wir hatten auf jeden Fall einen guten Flug und kamen pünktlich früh wie erwartet in Shanghai an. Nach und nach traf sich auch der Rest der Gruppe ein. Die Meisten von uns waren doch ein wenig gerädert vom langen Sitzen und so gingen wir unser Entspannungsprogramm für den Tag an. Natürlich erstmal ab zum Bund. Danach ein kleines Nickerchen bevor dann abends wieder fleißig spaziert wurde. Diesmal vollzählig die Nanjing Rd. runter zum Park des Volkes um den Hochzeitsmarkt zu besichtigen. Besorgte Eltern suchen hier für ihre Kinder passende Eheleute aus. In China ist ja für eine Frau ab 30 höchste Eisenbahn, wenn sie noch nicht vergeben ist. Die biologische Uhr tickt und wenn die Liebe es nicht richtet, müssen eben die Eltern ran. Ich war schon ein paar Mal hier. Allerdings war mir nicht bewusst wie viele Singles in Shanghai leben. Wir mussten uns durch die Masse von potenziellen Schwiegereltern drängeln. Es wurde hitzig gehandelt über Mitgift, Bedingungen, Treffen, Einkommen, usw. Speed-Dating und Kontaktanzeigen gibt es ja auch bei uns. Aber dass hier die Eltern die Entscheidungen treffen macht einen doch etwas traurig.

Abends gab es vegetarische Rippchen, vegetarischen Fisch und vegetarische Hühnerleber. Schmeckt nach Fleisch, ist es aber nicht. Lily, die Bedienung kannte ich noch von früher. Sie war aufgedreht wie immer und wirkte für uns Gejetlagte wie eine Biene auf Amphetamin. Also suchten wir bald den Rückzug um endlich unseren verdienten Schlaf zu genießen.

Den nächsten Tag gingen wir entspannt an und fuhren mit der U-Bahn zum Yu-Garten. Gärten werden uns noch auf der Tour aus dem Halse raushängen. Dennoch ist der Yu-Garten ein Muss für Shanghai-Besucher und selbst bei großem Andrang ein wahrer Ort der Besinnung. Mittlerweile ist ja schon eher das Drumherum eine größere Attraktion geworden als der Garten selber. Friedrich zum Beispiel erinnert sich an seinen Besuch von vor 12 Jahren. Da war der ganze Rummel hier noch nicht da. Da haben noch alle den Garten des Gartens Willen besucht und haben nicht stattdessen den Garten als kulturelle Ausrede benutzt für das Souvenir-Läden-Bummeln. Die meisten von uns wollten aber einen anderen Markt sehen: den Pflanzen-und-Tier-Markt. Im Grunde genommen ist das der IPod-Laden der Vergangenheit. Denn bevor es Walkman und Mp3-Player gab hat man sich hier nämlich seinen Vogel oder Grille gekauft, die einem dann eine akustische Untermalung gegeben hatten, während man durch den Park schlenderte oder im Wohnzimmer die Tageszeitung studierte. Direkt nebenan ging es noch über den Antiquitätenmarkt bevor dann die Beine nachgaben und wir temporären Unterschlupf suchten im nahegelegenen Teehaus.

Zum krönenden Abschluss gingen wir noch gemeinsam auf den Shanghai World Financial Center, dem mittlerweile nicht mehr höchsten Gebäude Shanghais. Aber der Shanghai-Tower ist ja leider noch eine Baustelle und nur mit Bauhelm und Sondergenehmigung zu besteigen. Die Sicht von oben hinab auf diese Spielzeugstadt ist atemberaubend!

Den Rückzug in Richtung Hotel machten wir dann mit der Fähre um noch einmal die Skyline vom Wasser aus zu genießen. Man kann ja doch nicht genug davon kriegen. Denn Shanghai ist ein bisschen wie eine Droge: man wird überwältigt und erschlagen von der ganzen Aufmachung. Den Kick will man aber immer wieder haben! Ich komme wieder, Shanghai! Ich komme wieder…

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