The road less traveled by

Südlich der Wolken, 16.07. bis 07.08.2011

Two roads diverged in a wood, and I-
I took the one less traveled by

(Robert Frost)

Rund 40 Kilometer hinter Zhongdian, gleich nach der Mautstation, muss man sich entscheiden: Entweder man fährt auf der neuen, gut ausgebauten und verkehrsreichen Umgehungsstraße, oder man nimmt die alte Straße. Selbstredend haben wir die alte Straße genommen. Diese wird zwar nicht mehr gepflegt und zerbröselt an vielen Stellen zunehmend, aber dafür ist sie fast komplett Autofrei. Nur dreizehn Fahrzeuge habe ich auf den ganzen 30 Kilometer gezählt! Die ersten acht Kilometer davon sind noch ziemlich gemütlich. Dann kommt ein kurzer, aber knackiger Anstieg zum Pass auf 3.333 Meter und dann die lange Abfahrt. Gerade wegen der vielen Schotterabschnitte nahezu ein Paradies für Vera und Jürgen, die passionierte Mountainbiker sind. Aus Mangel an Gegenverkehr kann man die Kurven -so der Belag es zulässt- prima in Ideallinie fahren. Immer wieder Pause machen, die Landschaft genießen und ablichten, und weiter geht es hinab. So macht Fahrradfahren Spaß!

Wem wir unterwegs begegnet sind:
– Einem Mann, vor seinem Haus sitzend, genüsslich eine Wasserpfeife rauchend.
– Einem ca. 14-jährigen Jungen, der sich auf seinem Klappfahrrad ohne Mantel am Hinterrad zum Pass hinauf arbeitet.
– Zwei Hunden. Der eine kennt die Regel “Den letzten beißen die Hunde“ und hetzt hinter Jürgen her, der gerade das Schlusslicht bildet. Der andere kennt sie nicht und jagt mir hinterher, obwohl ich doch vorne fahre. Erwischt haben sie keinen von uns, mit einem Hund an der Hacke erreicht man plötzlich ungeahnte Geschwindigkeiten.
– Vier Studenten auf ihrem Wander(!)weg von Dali nach Lhasa. Vier Monate haben sie sich für das Projekt vorgenommen und Jürgen meinte ganz richtig, dass sie die zukünftige Elite des Landes bilden werden: Abenteuerlustig, innovativ und neugierig.

Erst um 17:30 Uhr kommen wir in Qiaotou an. Wir haben uns für die 96 Kilometer viel Zeit gelassen. Und jeden Meter davon genossen!


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Polizisten/innen

Entlang der Seidenstrasse, 09.07. bis 04.08.2011

Das Tongyi Binguan in Jimsar ist ein Paradebeispiel dafür, wie man ein eigentlich elegantes Hotel auf chinesische Art vernachlässigen kann. Details, die schon beim Bau nicht zusammenpassen (unerreichbare Abflüsse, auf den nassen Putz geklebte Tapeten…) bilden eine vollkommene Symbiose mit Gästen, die wie Stürme durch die Zimmer ziehen: rauchenden, trinkenden, spielenden Gesellen. Das Personal kämpft gegen Windmühlen. So muss man sich ein typisches 3-Sterne Hotel in der chinesischen Provinz vorstellen.

Aber mal wieder Internet. Ich sitze am vollautomatischen Majiang-Tisch in meinem riesigen Zimmer, um mich herum Brandlöcher auf dem pelzigen Teppich, und habe ein nett verwohntes Ambiente um mich herum. Heute Abend hat uns die Obrigkeit genervt, für eine Stunde musste ich erklären was wir so machen und mit dem wichtigen Herrn von der Polizei die Pässe durchgehen. Das ist ungewöhnlich, meistens ist das Verhältnis mit den Staatsdienern sehr entspannt in der Volksrepublik China (was nun wiederum politisch unkorrekt klingt, zumindest für deutsche Spiegel-Leser. Aber was will man machen, bei mir war das bis jetzt der Fall). Wir müssen uns ja öfters mal registrieren, das geht problemlos und freundlich vonstatten, hier in Xinjiang wird man dabei stets mit Melonen beschenkt. Höhepunkte sind immer die Mautstellen der Autobahnpolizei, dort wird man herumgeführt, versorgt und gefeiert. Die Angestellten sind meistens eine Woche vor Ort, dann erst hat man eine Woche Heimaturlaub. Dementsprechend richten sie es sich hier ein: Beete, Ställe, Teiche, im menschenleeren Xinjiang sind diese Mautstellen fast selbstversorgend.

Morgen geht es für uns auf die Königsetappe, ich glaube nicht, dass es in unserem Portfolio ähnliches gibt (140km und die letzten 30 davon bergauf). Muss auch nicht sein, dass wir alles fahren. Die Stimmung ist aber bestens, die Mägen sind voll, der Geist der Truppe ist ambitioniert aber nicht verbissen. Etwas weniger Plattfüße wären nett, dagegen kann man leider nicht viel machen. Immer das gleiche: die alten Reifen-Karkassen der Lasttransporte sind so abgenutzt, dass sie sich langsam auflösen. Kleine fiese Drähte zieren die die Straßen der Fernfahrerstrecken. Ab morgen ist jedenfalls erstemal Jurte und ab Urumqi dann wieder Strom.


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Say a little prayer

Südlich der Wolken, 16.07. bis 07.08.2011

Noch immer zehrt die dünne Luft an uns. Vera hatte gestern das Abendessen ausfallen lassen, um ihre Kopfschmerzen zu kurieren.

Heute Vormittag geht es etwas besser. Wir steigern die Aktivität in der Höhenluft, eine längere Ausfahrt führt zunächst zum Dabaosi. Versuchen Sie mal, dieses Wort auszusprechen! Dabaosi ist ein Tempel ca. 20 Kilometer westlich von Zhongdian. Nicht etwa irgendein Tempel, nein, einer der bedeutensten Zwischenstationen einer Pilgerreise nach Lhasa! Also erst zum Dabaosi, dann zum Jokhang. So erläutert es uns Tensin. Wir hören gespannt zu, verstehen aber kaum etwas, da uns die (tibetisch) buddhistische Philosophie nicht gerade in die Wiege gelegt wurde. Komisch nur, dass wir nicht einem einzigen Pilger begegnen. Wir sind, von den Arbeitern (siehe unten) abgesehen die einzigen Besucher.

Viel interessanter: Der Dabaosi Tempel wird gerade neu erbaut (erfunden?)! Vor zwei Jahren wurde der alte Tempel abgerissen, um nun einem neuen Tempel Platz zu machen. Wir haben also eine Baustelle besichtigt. Aber so ist das mit der Vergangenheitsbewältigung in China, nicht nur hier und nicht nur jetzt. Schon immer wurden Gebäude abgerissen und komplett –oft im neuen Stil- wieder aufgebaut.

Netter als den Dabaosi fand ich den Besuch bei einer tibetischen Familie im Anschluss. Zugegeben, der Besuch war nicht wirklich spontan, die Familie ist an Ausländer gewöhnt und auch, dass sie einen Blick in ihre Wohnstädten werfen. Die anschließende Verköstigung von Yakbutter-Tee und hausgemachtem Käse und Fladenbrot gehört zu einem eingespielten Programm. Jedoch lebt diese Familie nicht von dem Programm, es ist ein ganz normaler Bauernhaushalt.

Anschließend Wellness. Nämlich knapp zehn Kilometer weiter in Heißen Quellen. Heiße Quellen sind genau das, was man sich nach einer luftleeren Fahrt mit dem Fahrrad wünscht. Gefühlte 35 Grad Wassertemperatur. Das erfrischt! Nun ja, uns hat es eher ein wenig ermattet. Zum Glück gab es einen kräftigen Schauer für die Rückfahrt. Die dicken Regentropfen haben wir noch im Trockenen abgewartet, die leichten Tropfen auf der Rückfahrt genossen. Wohl verpackt in entsprechender Regenbekleidung.


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Vergangenheitsbewältigung

Südlich der Wolken, 16.07. bis 07.08.2011

Vergangenheitsbewältigung, Teil 1
Im Frühflieger von Kunming nach Shangri-La erinnere ich mich zurück: Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren war ich das letzte Mal in Shangri-La. Damals hieß der Ort noch Zhongdian, und so wird er auch immer für mich heißen. Diese absurde Umbenennung, nur weil man hier den mystischen Ort aus James Hiltons fiktiver(!) Erzählung Der verlorene Horizont (englisch: Lost Horizon) meint gefunden zu haben, mache ich einfach nicht mit. Damals war es mein zweiter Besuch, der erste fand ein Jahr zuvor statt. Zhongdian war ein verschlafenes Nest, eher Gesichtslos mit den typisch chinesischen Betonbauten, die alle chinesischen Städte zieren. Der Verkehr war spärlich und es gab nicht eine einzige Ampel in den wenigen Straßen. Aber der Ort war im Umbruch begriffen: So gut wie jede Straße war eine Baustelle, denn der Fortschritt hielt Einzug und Schritt eins davon war die Verlegung einer Kanalisation! Baustellen in China stauben meist recht kräftig, daher witzelte einer meiner Teilnehmer damals, die Tour sollte doch eher „Südlich der Staubwolken heißen“.
Zehn Jahre später habe ich ein Déjà vu: Straßenbaustellen ohne Ende! Nun erfolgt Schritt fünf oder sechs des Fortschrittes. Alle Kabelleitungen, die bisher überirdisch und teilweise sehr abenteuerlich verlegt waren, werden nun unter die Straße verbannt. Vorher war das Motto „Unsere Stadt soll Moderner werden“, jetzt heißt es „Unsere Stadt soll Schöner werden“. Dazu passt auch…

Vergangenheitsbewältigung, Teil 2
Wenn es einen Eintrag für „Die jüngste Altstadt der Welt“ im Guinnes Buch der Rekorde gäbe, China wäre Rekordhalter. Überall im Reich der Mitte bekommen Städte von touristischem Interesse eine neue Altstadt verpasst. Dafür wird meist ein bestimmtes Viertel oder gleich das ganze Stadtzentrum komplett platt gemacht und an dessen Stelle etwas aufgebaut, was wie alt aussieht bzw. von dem chinesische Stadtplaner glauben und hoffen, dass die zukünftigen Touristen es für alt halten. Schöne bzw. nicht so schöne Beispiele sind Dali, Shanhaiguan und Datong. Um nur drei zu nennen.
Und auch Zhongdian. Die Altstadt ist ca. fünf Jahre alt.

Zurück zur Tour! Wie schon erwähnt durften wir den Frühflug von Kunming nach Shangri-La nehmen. Also den um 8:00 Uhr. Ankunft in über 3.000 Meter Höhe knapp eine Stunde später. Unsere erste Frage am Flughafen: „Gibt es hier auch irgendwo Sauerstoff“. Tensin, unser lokaler Reiseleiter für zwei Tage, lächelt verständnisvoll und bittet uns in den Bus einzusteigen. Kurze Fahrt zum Hotel, ein ebenso kurzes aber dafür teures Frühstück dort, denn unsere Zimmer sind noch nicht bezugsfähig.

Endlich dürfen wir auf die Zimmer, schmeißen unsere Sieben Sachen in die Ecke und präparieren unsere Fahrräder. Das liest sich flott, hat aber etwas länger gedauert. Zeitlupentempo ist alles, was Lunge und Herz erlauben. Nachdem die Räder unseren Wünschen entsprechen machen wir uns auf für die erste Ausfahrt mit Muskelkraft.
Auf dem Programm steht das Songzanlin Kloster. Dazu schreibe ich jetzt nichts, denn Tempel sind mir weniger wichtig als Alltagskultur (sagte ich das nicht bereits?).


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Ein Wetter für den Mann in schwarz

Entlang der Seidenstrasse, 09.07. bis 04.08.2011

Der Mann in schwarz wurde nicht in Nashville sozialisiert, er kommt aus Kiel und heißt Lutz. Weil er aus Kiel kommt, war das sein Wetter heute: ein tiefer Himmel, ein zugiger Wind, hin-und wieder Regenschauer, herrlich! Der Wind kam von Nordost und man sah jeder Kehre gespannt entgegen, er blies dann meistens von der Seite, eigentlich ganz fair. Wir haben die Etappe gut hinter uns gebracht, windzersaust und um einige dramatische Eindrücke reicher. Immer nur blauer Himmel wäre ja auch langweilig.

Gestern war blauer Himmel. Vom grünen Rand des Barkol-Gebirges sind wir in das Bogda-Gebirge geradelt, hinein in eine zerklüftete und ziemlich bizarre Berglandschaft. Kamele säumten unseren Weg, teilweise große und unbeaufsichtigte Herden. Am Anfang waren wir natürlich aufgeregt, zum Schluss haben wir den Anblick ebenso gleichmütig hingenommen wie die Tiere den unseren. Lässig stehen sie in der Prärie herum, die Kamele, den Blick in die Ferne gerichtet. Ihren eigentlichen Zweck als Transporttiere erfüllen sie kaum noch, sie werden für ihr Fleisch gezüchtet. Das muss teuer sein. Unser Kamelflüsterer würde niemals Kamelfleisch essen. Unser Kamelflüsterer ist Frank, er bewegt sich behutsam auf die halbwilden Tiere zu, sie lassen sich von ihm streicheln. Was er flüstert darf niemals verraten werden! Vielleicht pfeift er ihnen auch ein zartes Tremolo, oder er singt etwas für sie, in leisem Bariton. Das kann er gut. (Auch Esel fressen ihm aus der Hand, wahrscheinlich alle Tiere…).

Die Kameldichte nimmt langsam ab. Wir hatten in einem kasachischen Dorf übernachtet, sehr traditionell und unvorbereitet (es geht manchmal nicht anders, man geht dorthin und fragt sich durch). Heute hatten wir einen kleinen Wettersturz und die 44 Grad aus Hami sind zwischenzeitlich auf 16 Grad zusammengeschrumpft. Keine Menschen hier, man ist der Natur ausgesetzt, ein auf-und ab durch das Gebirge und später durch die Steppe. Jetzt sind wir in der kleinen Stadt Mulei und rechtschaffen müde nach den knapp 250km der letzten beiden Tage.

P.S. der Track scheint nicht richtig angezeigt zu werden, ich reiche ihn nach. Bin im Internetladen von Mulei und muss jetzt mal schlafen gehen.


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Gerichte-Geschichte

Südlich der Wolken, 16.07. bis 07.08.2011

Vor langer, langer Zeit gab es im Örtchen Mengzi in der Präfektur Diannan (dem heutigen Yunnan) einen gewissenhaften Intellektuellen, der sich auf die kaiserliche Prüfung vorbereiten wollte. Dazu muss man wissen, dass bei einer Beamtenprüfung die klassischen chinesischen Texte -also Konfuzius und Co- auf eine bestimmte Fragestellung hin zu analysieren und in Form eines Aufsatzes darzulegen waren. Dafür musste man die Werke vorher eingehend büffeln, denn sie standen während der Prüfung natürlich nicht zur Verfügung. Aber das nur als Hintergrundwissen.

Jedenfalls zog sich unser Student, nennen wir ihn in Ermangelung besseren Wissens einfach Yang, zum Zwecke des Studiums auf eine einsame Insel im Nan See zurück. Eine schmale Brücke verband das Ufer mit der Insel, und diese nutze Frau Yang täglich, um ihrem fleißigen Mann das Essen zu bringen. Doch oh weh, auf der Insel angekommen musste Herr Yang feststellen, dass das Essen kalt geworden war. Fast schon nicht mehr zu genießen. Und bekanntlich studiert ein leerer Bauch nicht gern.

Eines Tages jedoch schleppte Frau Yang eine Schüssel heißer Hühnersuppe über die Brücke und stellte auf der Insel entzückt fest, dass diese nicht nur warm, sondern gar siedend heiß geblieben war! Ihr kam eine Idee: Fortan brachte sie ihrem Gatten einen Bottich Hühnersuppe, kalte Reisnudeln und rohes Fleisch und Gemüse. Auf der Insel kippte sie alle Zutaten in die Brühe, welche noch heiß genug war, um die Ingredienzien zu garen.

Auf diese Weise wohlgenährt bestand Herr Yang die Prüfung mit Bravur, wurde ein angesehener Beamter und wenn er und seine Frau nicht gestorben wären, so lebten sie wohl heute noch. Das ist das Ende der chinesischen Version der Geschichte. Ich jedoch glaube, dass Herr Yang die Prüfung in den Wind geschossen hat und mit seiner Frau ein Restaurant eröffnete, welches als besondere Spezialität Über die Brücke Reisnudeln auf der Speisekarte führte. Denn so nannten sie das von Frau Yang erfunden Gericht. Und ich bin mir sicher, dass Frau Yang klüger war als ihr Mann…

Inzwischen und viele hundert Jahre später kann man Über die Brücke Reisnudeln in vielen Restaurants in Yunnan bekommen. Wir haben diese Frühform der Erlebnisgastronomie heute auch genossen, am Abend in einem Restaurant mit einer kurzen Geschichte von nur 105 Jahren. Aber geschmeckt hat es uns wie am ersten Tag. Dessen sind wir uns sicher!

Huch, jetzt habe ich doch glatt den heutigen Tag mit dem Abend begonnen. Was davor geschah: Frühes Aufstehen und Abfahrt Richtung Flughafen in Beijing bei strömenden Regen. Der Himmel schüttete, kannte kein Erbarmen und unsere Abreise fühlte sich eher wie eine Evakuierung an. Zu diesem Gefühl trugen auch die vielen Menschen am Flughafen und der um zwei Stunden verspätete Abflug bei.

Ankunft in Kunming bei heiterem Wetter und vergleichsweise milden 25 Grad. Im Schatten wohlgemerkt, denn in der Sonne spürt man die knapp 2.000 Höhenmeter, auf denen Kunming liegt, sofort. Kurze Pause und los zur Stadterkundung. Der Yuantong-Tempel ist natürlich ein Muss, auch wenn hier gerade umfangreich restauriert wird. Weiter zum Cuihu-Park, Garant für buntes Treiben und Alltagskultur. Sagte ich schon, dass mir Alltagskultur mehr liegt als Tempel und Paläste? Scheinbar nicht, aber dazu komme ich später noch. Nach dem Park ein Marsch durch Kunming, vorbei an neuen Bauten und der kaum noch vorhandenen Altstadt zu einem Restaurant, welches Über die Brücke Reisnudeln anbietet. Womit ich wieder am Anfang wäre: Vor langer, langer Zeit…


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Can you see us Major Yang?

Südlich der Wolken, 16.07. bis 07.08.2011

Bekanntlich ist die Chinesische Mauer das einzige Bauwerk auf der Erde, welches man vom Weltall aus sehen kann. Also haben wir ganz kräftig gen Himmel gewunken, als wir heute auf der Mauer bei Huanghua standen. In der Hoffnung, die Besatzung der ISS schaut just in diesem Augenblick aus dem Fenster auf den Blauen Planeten herab und steht auch noch zufällig gerade über uns. Später habe ich mich dann gefragt, ob die ISS überhaupt Fenster hat.

Alles Lüge, natürlich ist die Mauer mit dem bloßen Auge nicht aus dem Weltall zu sehen. Diese urban legend entsprang einer Zeitungsente. Selbst der erste chinesische Raumfahrer, der Taikonaut Yang Liwei, hatte seine Landsleute 2003 mit der Feststellung „Die Aussicht war wunderschön. Aber ich konnte die Große Mauer nicht sehen.“ enttäuschen müssen. Al Jazeera spöttelte damals mit dem leicht veränderten Text eines Songs von David Bowie (der Titel für den heutigen Blogeintrag ist also mal wieder nur geklaut).

Ein weiterer, fast nicht tot zu kriegender Mythos in Bezug auf die Mauer der zehntausend Li: Arbeiter, die während der Bauarbeiten gestorben waren, wurden kurzerhand eingemauert. Unsinn, ein toter Körper kompostiert, hinterlässt dann einen Hohlraum und würde somit die Stabilität der Mauer gefährden. Das wussten auch schon die alten Chinesen.

Die Mauer ist mein Lieblingsbauwerk in China. Heute bin ich es mental durchgegangen, bisher habe ich neun Abschnitte der Wehranlage besichtigt und erklettert. Darunter das Fort Jiayuguan, welches das westliche Ende der Mauer bildet, Shanhaiguan bzw. den Alten Drachenkopf, wo die Mauer bis in das Gelbe Meer hinein gebaut wurde, einen relativ unbekannten Abschnitt bei Dandong an der Grenze zu Nord-Korea und natürlich die Abschnitte in der Nähe von Beijing. Wie oft ich schon in Huanghua oder gar Simatai war ist meinem Gedächtnis entfleucht.

Heute also Huanghua zum x-ten Mal. Kurz vor unserer Ankunft hatte es geregnet und die Platten der teilweise sehr steil nach oben führenden Mauer waren noch glitschig. Also legten wir nach den ersten zwanzig Metern zunächst eine längere Pause ein. Aber dann kam die Sonne (endlich mal wieder etwas Sonne!) hervor, trocknete die Steine im Handumdrehen und Vera und ich wagten den weiteren Aufstieg bis zur ersten höheren Stelle des westlichen Abschnittes. Wen man dort nicht so alles trifft! Genau genommen waren wir fast allein auf der Mauer, aber oben trafen wir auf ein Quartett junger Backpacker, die den sehnlichsten Wunsch hegten einmal nackt auf der Großen Mauer zu stehen. Das haben sie dann auch gemacht.

Im Anschluss an die Mauer spazierten wir noch durch das Dorf Huanghua, entdeckten mit Papier bespannte Fenster und solar- und windenergiegespeiste Straßenbeleuchtungen. Alt und Neu, Tradition und Moderne dicht bei dicht!


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Macht kaputt was euch kaputt macht

Entlang der Seidenstrasse, 09.07. bis 04.08.2011

Wie theatralisch. In meinem Fall geht es ja nur um einen GPS-Empfänger, und der hat von ganz alleine den Geist aufgegeben. Er verweigert jede Ortung. Das interne Antennenkabel ist defekt, meint Dieter, der sich damit auskennt. Jedenfalls kann ich derzeit völlig entspannt vor mich hin fahren, denn wo wären wir, wenn nicht mindestens drei andere GPS-Geräte sofort einspringen könnten. Die Tracks der Tour haben wir einander schon zuvor überspielt und jetzt ist Dieter für die Feinorientierung zuständig. Es könnte keinen besseren geben, ich habe nun plötzlich einen Hospitanten der schon alle Weltmeere besegelt und einige CBB-Touren hinter sich hat. Abends macht er die Tracks zurecht, zu allem Überfluss kümmert er sich auch noch um die Kasse. Ein paar Brocken Chinesisch und er ist eingestellt.

Fachmännische Kommentare kommen außerdem von Martin, Michael hält sich zurück und kratzt über das Touchpad seines Empfängers. Für mich ist es ein nahezu neues Fahrgefühl, man klebt ja mit einem Auge ständig an dem Ding am Lenker, drückt hin- und her, addiert und subtrahiert. In unserem Fall erklärt sich die Strecke fast von selbst, wir sind in einen nördlichen Seitenarm der Seidenstraße eingebogen und fahren nun die Provinzstraße 303 nach Westen, endlich ist es luftig und grün.

Die angenehmen Temperaturen mussten wir uns erst hart erklettern, die erste richtige Etappe war gleich am Anschlag. Zunächst schnurgerade und stetig bergauf, bei wüsten Temperaturen, dann windet man sich um das Gebirge herum, auf das man fast 50km zugesteuert ist und das einfach nicht näherkommen wollte. Schließlich ein langgezogener Schlussanstieg durch ein irreales Tal, eingezwängt in schroffen, rot-braunen Fels. Oben in der Ebene hat man dann 2000 Höhenmeter hinter sich, dafür gleitet man plötzlich durch grüne Auen und wird von einem lauen Lüftchen umschmeichelt.

Jetzt fahren wir also durch dieses Grasland, am nördlichen Rand des Barkol-Gebirges entlang, einem Ausläufer des Bodga-Gebirges, welches wiederum ein Ausläufer des Tianshan ist. Am Wegesrand stehen Jurten, die immer wieder von flachen Lehm-oder Ziegelbauten abgelöst werden. Das Steppendasein wird in kleinem Stil vermarktet (unsere Jurtenmutter gestern war von der Hui-Minorität, die nicht gerade für ihr Nomaden-Dasein bekannt ist), aber insgesamt ist die Gegend zu weit ab vom Schuss für den ganz großen Zirkus. Vor allem Uiguren und Kasachen siedeln hier und teilen sich die weite Landschaft mit grasendem Vieh: Rinder, Schafe, Pferde und vereinzelt Kamele. Milane kreisen in der Luft.


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Hallo, Herr Kaiser!?

Südlich der Wolken, 16.07. bis 07.08.2011

Die Audienz bei Herrn Kaiser hatten wir uns etwas anders vorgestellt. Dass er im Himmelstempel nicht sein konnte war klar, dorthin kommt ja nur für ein paar Tage im Jahr, um für eine gute Ernte zu beten. Trotzdem haben wir uns die Anlage am Vormittag angesehen und waren von den tanzenden und singenden Beijinger im Park fast mehr angetan als von den Gebäuden selbst.

Am Nachmittag in der Verbotenen Stadt haben wir den Kaiser auch nicht getroffen. Oder vielleicht schlichtweg übersehen? Denn so viele Leute wie heute im Alten Palast (so der chinesische Name der Verbotenen Stadt) hatte ich selten erlebt. Klar, auch in China sind jetzt Sommerferien, daher trifft man nicht nur viele reisende Familien in den Sehenswürdigkeiten der Stadt, sondern auch ganze Schulen, die nach dem Motto „Lernen und Reisen“ ein Sommerschulprogramm durchführen. So zum Beispiel die Grund- und Mittelschulen aus Wuhan, die mit gefühlten tausend Schülern, einheitlich in gelben T-Shirts gekleidet, in der Verbotenen Stadt vertreten waren.
Die Menschenmassen haben bewirkt, dass uns der Palast schon nach etwas über einer Stunde am Nordtor ausspuckte. Dann doch lieber in die Wangfujing, Beijings Fußgängerzone, um ein Ladegerät für Vera und Jürgen zu erstehen und eine Limo zu schlürfen.

2008 hat IBM zusammen mit dem Palastmuseum ein kleines, kostenloses Programm entwickelt, mit dem man wie bei einem Computerspiel die Verbotene Stadt virtuell erforschen konnte. Als ich eben im Internet danach suchte, musste ich leider feststellen, dass es dieses Programm wohl nicht mehr gibt. Lediglich auf Youtube erhält man noch einen Eindruck davon.

Zwischen Himmelstempel und Verbotener Stadt stapften wir in den Fußspuren unserer Vorgängergruppe. Aber wir waren ja vorgewarnt, dass Dazhalan nun eigentlich Disneylan heißen muss. Und den Platz vor dem Tor des Himmlischen Friedens, der immer falsch mit Platz des Himmlischen Friedens übersetzt wird, haben wir natürlich auch überquert. Das gehört sich einfach so, wenn man in Beijing ist.

Pech haben wir etwas mit dem Wetter. Der Himmel ist Grau bedeckt, es ist schwülwarm und die kurzen Regenschauer gestern und heute sind eher wie ein Aufguss in der Sauna. Schade, als ich am Samstag nach Beijing kam war der Himmel noch fast blau. Der Dunst ist eher natürlichen Ursprungs und weniger dem Smog geschuldet. Der Taxifahrer, der uns gestern vom Flughafen ins Hotel gebracht hatte, erzählte mir, dass es in Beijing jedes Jahr nur 30 bis 40 Sonnentage gibt.


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北京欢迎你,Willkommen in Beijing!

Südlich der Wolken, 16.07. bis 07.08.2011

Nun ist er also da: Der Tag, den ich seit dem Einrichten unseres Reiseblogs gefürchtet habe; der Tag, an dem ich selbst Reiseblog schreiben muss. Der Blog an sich ist mir bestens vertraut, schließlich habe ich ihn aufgesetzt, optisch an unsere Website angepasst, die Landkartenfunktion eingebaut und schon einige Reiseleiter per technischer Fernwartung bei ihren Einträgen geholfen.
Nun jedoch kommt der Teil, der mir gar nicht liegt: Kreatives Schreiben. Selbst einen Text zu verfassen, der ansprechend und unterhaltsam geschrieben ist, nicht ermüdet oder überfordert. Da habe ich noch viel zu lernen und meine Kollegen haben allesamt die Meßlatte sehr hoch gehängt. Hinzu kommen meine überragenden Fähigkeiten als Fotograf. Ein Auge für schöne Motive? Fehlanzeige! Dröge 08/15 Bilder sind alles, was ich einer Kamera entlocken kann.
Von daher bitte ich um ein wenig Rücksicht, dass ich mich erst in dieses für mich neue Genre der Kommunikation einarbeiten muss. Es wird wohl ein paar Reisen dauern, bis ich lesenswerte Einträge auf den Monitor bringen werde…. 🙁

Nach dieser kurzen Einleitung ein herzliches Willkommen auf der zweiten Reise „Südlich der Wolken“ in diesem Jahr! Genau wie die erste Gruppe sind wir in kleiner Besetzung unterwegs, auf jeden Teilnehmer kommt ein halber Reiseleiter. Vera und Jürgen haben also das Pech, drei Wochen lang fast nur mich als weiteren Gesprächspartner zu haben. Hoffentlich halten sie das aus, aber bei der ersten Begegnung am Flughafen habe ich gleich das Gefühl, als würden sie weit schlimmeres aushalten können. Wie kommt es eigentlich, dass wir immer so nette, aufgeschlossene und (Soll ich es wirklich sagen? Ja los, sag schon!) „pflegeleichte“ Reisende auf unseren Touren haben?

Beijing am ersten Tag unserer Touren ist immer easy going. Mit Betonung auf going. Bloß keinen Stress, bloß keinen Jet Lag Duck Attack wie bei den meisten Pauschalreisen üblich. Einfach erstmal ein wenig schlendern, ankommen, das neue Land, die neue Stadt und das Leben darin auf sich wirken lassen. Also sind wir durch die Hutongs (Gassen) geschlendert, haben uns ganz fürchterlich darin verlaufen (gelogen, ich wusste immer wo wir sind). Und am Ende gab es doch noch ein wenig Sightseeing am Glocken- und Trommelturm. Hier war höhere Mathematik gefragt: Wenn eine kleine Kugel 24 Sekunden braucht, um eine gewisse Strecke zurück zu legen, wie viele Kugeln werden benötigt, um einen kompletten Tag abzurollen? Die Antwort ist übrigens in einem der Bilder versteckt!


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