Wasserdorf BummBumm

Zwei Räder – Zwei Städte, 10. bis 24.10.2015

Einmal Ballermann und zurück

Als Vorbereitung habe ich gestern abend noch die DVD von „Mission Impossible 5“ in den Computer geladen. Denn Tom Cruise war es, der mit MI3 den Ruhm von Xitang begründete. Gerade noch in Shanghai, steigt er durch ein Fenster und ist schon im immerhin 60 Kilometer entfernten Xitang. Das hat natürlich schnitttechnische und dramatische Gründe. Schließlich wollte man im Film auch eine wenig traditionelles Chinaklischee transportieren. Und so so viel eine Hollywood-Crew für ein paar Tage in Xitang ein und Tom Cruise hetzt durch die malerischen Gassen der Stadt, springt über geschwungene Kanalbrücken und zerlegt nebenbei ein wenig antikes Mobiliar. Xitang hat es überlebt und ist mit dem Film zur Topdestination im Yangzi-Delta aufgestiegen. Dies aber auch mit einem gewissen Recht. Wenn es Xitang nicht gäbe, man müsste es erfinden (und hat es im 80 Kilometer entfernten Wuzhen auch gemacht, wo ein Wasserdorf direkt am Reisbrett geplant wurde).

Bevor „Mission Impossible“ war Xitang nur ein sogenanntes „Wasserdorf“ unter vielen. Zhouzhuang, Tongli, Nanxun und Wuzhen, um nur einige zu nennen, wurden Mitte der 1990er Jahre „entdeckt“. Bis dahin waren es verschlafene Kleinstädte, die eines gemeinsam hatten: Eine oder mehrere historische Uferzeilen an Seitenarmen des Kaiserkanales. Zhouzhuang wurde zuerst von Touristen überrannt, Tongli folgte und mit dem Boom setze auch die „Disneyfizierung“ der Wasserdörfer ein. Vor allem Zhouzhuang ist ein gutes Beispiel dafür, wie Tourismus einem Ort auch schaden kann. Hier steht kaum ein historischer Stein mehr auf dem anderen und der Charme ist definitiv dahin. Als Spätentwickler blieb Xitang dieses Schicksal vorerst erspart.

Der Weg dorthin beinhaltet dann wieder alles, was China so zu bieten hat. TRÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖT von Shanghai bis zur Mittagspause. Ruhige Kanalstrecken dann bis zum Ziel. Wir haben ein Dejá Vu zur Ausfahrt aus Peking.

Und erreichen dann Xitang am späten Nachmittag, sind entzückt vom historischen Charme der Kleinstadt, von den Kanälen, den romantischen Booten.

Dann wird es langsam dunkel und die Stadt changiert von Dr. Jekyll zu Mr. Hyde.

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dröhnt es aus unzähligen Bars, Diskos und Animierkneipen. Ballermann auf Chinesisch. Gar nicht mehr romantisch.
„Um Mitternacht ist der Spuk vorbei!“, beruhige ich die Gruppe. Unser Hotel liegt direkt in der malerischen Altstadt. Sprich: Gleich neben dem nächsten Subwoofer.

Kurz vor Mitternacht ist der Spuk dann tatsächlich vorbei.

Am nächsten Tag stürzen wir uns dann in die Touristenmassen. Und in die 1000 kulinarischen Köstlichkeiten, die wir am liebsten alle probieren würden.
Der Versuch zählt!

Zugegeben, alles haben wir nicht probiert!

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Und von dem ganzen Entenschmaus schaut nur noch ein Bein heraus…..

Goldenes Dreieck, 14.10. bis 08.11.2015

Luang Namtha, Tagesausflug

Die Grillen zirpen, die Hähne krähen. Zum ersten Hahnenschrei sind wir wach und starten in den beginnenden Tag. Es ist noch ziemlich kühl, aber spätestens gegen elf wird es wieder sehr, sehr heiß sein, das wissen wir und so beißen wir in den sauren Apfel (oder in das lapprige Baguette) und stehen gegen fünf auf.

Gestern war unser letzter Abend als zwölfköpfige Gruppe. Susann und Renè, die uns in der letzten Woche begleitet haben, werden uns heute verlassen und gen Heimat fliegen während wir ca. 120 km Richtung Luang Prabang, der alten laotischen Königsstadt radeln. Zwei verlieren wir also heute, dafür haben wir eine Radlerin dazu gewonnen. Meike wird bis Luang Prabang mit uns radeln und dann mit Hartmut, Eckart und Rüdiger nach Vientianne weiter reisen.

Einigermaßen entspannt ging es gestern zu. Ein leckeres Frühstück, mit unserem ersten Kaffee Lao und Baguette und Omellette, welches wir wohl der Tatsache zu verdanken haben, dass im 19. Laos von den Franzosen kolonisiert wurde. Das bitter-süße Getränk (i.d.R. gesüßt mit gezuckerter Kondensmilch) war so lecker wie in meiner Erinnerung.

Danach ging es auf Erkundungstour durch das Ebene Luang Namtha und seinen umliegenden Dörfern. Der Tagesausflug führte uns zu einem buddhistischen Tempel, einem Dorf der schwarzen Thai, wo uns die die Frau des Dorfvorstehers vorführte, wie man einen Webstuhl bedient und einem traditionellen Friedhof. Die versprochen Schnapsbrennerei entfiel, da man wohl allgemein auf Bier umgestiegen ist….

Ein frühes und sehr leckeres Nacht-Mahl nahmen wir auf dem hiesigen Nachtmarkt zu uns. Unter anderem verspeisten wir in Windeseile drei gegrillte Enten, nach denen Susann und Renè schon seit Tagen lechzten. Binnen kürzester Zeit waren nur noch die abgenagten Knöchelchen übrig. Dazu gab es Laotischen Mandarinenschnaps (unter Anderem), der laut Etikette die Wanderlust steigern soll und einige Ständchen von unserem Gasangs-Duo Eckart und Frank.


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Who is Mr. Who?

Goldenes Dreieck, 14.10. bis 08.11.2015

Von Mohan nach Luang Namtha, ca. 59 km

Heute nehmen wir Abschied von China. Morgens gibt es eine letzte Nudelsuppe oder wahlweise xiao long bao (Hefeklöschen mit Fleischfüllung) zum Frühstück und dann begeben wir uns auf drei Wegen zur chinesisch-laotischen Grenze: zu Fuß, per Rad oder mit dem Taxi (ich). Das Passieren der Grenze verläuft unproblematisch und reibungslos. In die richtige Kontrolle wären wir beinahe zwei Tage früher geraten. Da fuhren wir mitten im Wald in eine Drogeninspektion, die von der Miliz durchgeführt wurde. Dank des Verhandlungsgeschicks der lieben Xiao Luo blieb es uns aber eine Passkontrolle erspart.

Auf der laotischen Seite erwartete uns schon Mr. Toh und sein Fahrer Hu (Who is Hu) mit unseren Rädern. Dann der erste Schreck: Udo vermisst sein Portemonnaie. Nach einigem Hin und Her schlägt To vor, ins Hotel zu fahren um nachzufragen. Glücklicherweise hatte er er zwei Passbilder dabei, so das er sich direkt ein Visum ausstellen lassen konnte und dann ging er, im wahrsten Sinne des Wortes, zum ersten Mal in seinem Leben nach China.

Etwa 18 km später treffen wir ihn wieder. Leider war sein kleiner Ausflug ohne Erfolg geblieben, dafür ist er aber voller Begeisterung über sein kleines Abenteuer.

Es ist schon eigenartig. Sobald man Laos betritt, hat man das Gefühl, das sich etwas entspannt. Das Leben scheint hier in ruhigeren Bahnen zu verlaufen. Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir über eine komfortable Straße durch eine wunderschöne in sattem Grün gehaltene Hügellandschaft. Auch hier bleiben uns die Bananenpflanzen treu. Ein Stück meines Weges werde ich von einer Mopedgang begleitet. Dann fahren wir im Tross nach Luang Namtha hinein. Ein Schmutzbier. Das Abendessen. Eine Gesangseinlage von Eckart, der jetzt hoffentlich seine Massage genießt, das war unser Tag.


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Zwei Runden Shanghai

Zwei Räder – Zwei Städte, 10. bis 24.10.2015

Per Pedes und Pedales

Und auch heute gibt es Zugang: Wir begrüßen Vera, Hans-Jörg und Albert von der Reise Das Blaue China!
Thomas, der Reiseleiter kommt aus privaten Gründen erst Ende der Woche, und so nehmen wir die Gruppe für die ersten vier Tage unter unsere Fittiche.

Auf allgemeinen Wunsch machen wir dann erst einmal Radpause. Nicht, dass wir radmüde wären, oder verkehrsgeschädigt! Es sind nur einige U-Bahn-Fans in der Gruppe und so verbringen wir einen Tag tief unter der Erde und hoch im Himmel, auf dem World Financial Center, besser als Flaschenöffner bekannt.

Am zweiten Tag juckt es dann aber allen wieder in den Radlerwaden und wir machen eine Stadtrundfahrt der besonderen Sorte: Ins Viertel Hongkou, in dem auch das ehemalige jüdische Ghetto liegt. Während des Dritten Reiches fanden viele jüdische Flüchtlingen Aufnahme in Shanghai, da die Stadt eine der wenigen Orte der Welt war, für die ein entsprechendes Visum ausgestellt wurde.

Leider ist neben dem jüdischen Museum und der Synagoge nur noch eine Straßenzeile mit alter Architektur übrig geblieben. Die Neubauten fressen sich immer weiter in das ehemalige Armutsviertel Hongkou, fast noch mehr als in den anderen Vierteln, wo noch relativ viel der historischen Bebauung steht. Fast wehmütig drehen wir eine Runde durch eine Straßenzeile mit traditionellen, fast ländlich wirkenden Häusern, wie man sie im Yangzi-Delta häufig sieht. Auf dem Straßenmarkt kaufen wir unser heutiges Mittagessen ein: Fladenbrot vom Hui-Chinesen, Mandarinen von der Bauersfrau aus dem Umland. Abends wird dann wieder geschlemmt, in dem kleinen Restaurant, das ich vor einigen Monaten auf meiner Tandemfahrt mit der Familie entdeckt und lieben gelernt habe.

Zum Abschluss unserer Shanghai-Zeit wagen wir uns dann noch auf Nachtfahrt, sausen durch romantische Platanenalleen, an grell erleuchteten Hochhäusern vorbei, flanieren über den Bund und kommen nach fast drei Stunden heil und groggy wieder ins Hotel zurück.

Morgen geht’s dann auf’s Land!

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Das Leben ist eine Baustelle

Goldenes Dreieck, 14.10. bis 08.11.2015

Von Mengla nach Mohan, 56 km, Wetter stabil….fast

Ich rufe dieses Jahr hiermit offiziell zum Jahr der Baustelle aus! In Bezug auf China, natürlich. Schon bei meiner Tour im Frühjahr diesen Jahres fühlte ich mich nahezu verfolgt von aufgerissenen, abgesperrten, aufgebohrte und sonst wie verrammelten irgendwie im Bau befindlichen Straßen.

Und nun geht das weiter! Die gesamte Tour heute eine einzige riesige Baustelle. Wir hatten also genügend Gelegenheit chinesische Baumaschinen und Bautechniken zu bewundern (siehe Fotos). Einmal war Xiao Ding, unser Fahrer, gar genötigt auf die Schnellstraße auszuweichen – unsere „Straße“ wurde von zwei verunfallten Wagen blockiert. Ein SUV hatte einen riesigen, mit Feldsteinen beladenen Laster gerammt. Oder andersherum. Wer weiß.

Eigentlich führte unser Weg durch eine wunderschöne Tropenwaldlandschaft, die allerdings manchmal unter einem Staubfilm verschwand, bzw. durch das Baugeschehen etwas in Mittleidenschaft gezogen, sagen wir gelichtet war. Dennoch begegneten uns unterwegs kaum (fahrende/uns überholende) Fahrzeuge. Meistens handelte es sich um den einen oder anderen Bagger, den man relativ problemlos passieren konnte. Was die Fahrt vergleichsweise angenehm machte.
Gegen Eins, knapp 13 km vor dem Etappenziel, gönnten wir uns eine ausgedehnte Mittagspause in einem kleinen Restaurant an irgendeinem Marktflecken, irgendwo in China. Kurz vor dem Ziel erwischte uns noch ein wahrlich tropischer Regenguss. Bei strahlendem Sonnenschein klatschte ein plötzlicher Schauer in dicken Tropfen auf uns nieder. Ein warmer Sommerregen, der uns erfrischte und ein wenig den Staub von der Reisekleidung klopfte.

Mohan entpuppt sich als hübsches, entspanntes Grenzörtchen. Das Hotel ist passabel und das Essen schmeckt. Wir verabschieden uns von Xiao Ding und Xiao Luo die uns eine Woche, René, Susann und Rüdiger z.T. schon fünf Wochen, begleitet und liebevoll für unser Wohl gesorgt haben.

Morgen geht es weiter. Nach Laos. Ein neuer Streckenabschnitt. Mit neuen Rädern. Eine neue Mitreisende wird sich zu uns gesellen. Zwei alte, lieb gewonnene werden uns bald verlassen. Gute Nacht!
PS.: Tine und Udo grüßen Dietmar, Klaus und Günther und wünschen Günther gute Besserung, damit er bald wieder mitradeln kann.


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Danke Niti!

Berg und Wasser , 04. bis 26.10.2015

102 abwechslungsreiche Kilometer von Pingle nach Huangyao. Hauptstraße, Nebenstraße, eine Ahnung von Radwanderweg; alles dabei!

Die Idee, die Reise Berg und Wasser um ein paar Etappen in Richtung Guangzhou zu erweitern, hatte Volker 2012. In jenem Frühjahr war er mit unserer Tour Hongkong-London in der Gegend unterwegs und fand sie äußerst reizvoll. Allerdings mussten noch ein paar Modifikationen am Streckenverlauf vorgenommen werden, das historische Örtchen Huangyao zum Beispiel lag in der Nähe und sollte eine weitere Übernachtungs- und Besichtigungsstation sein.

Zur Erkundung der neuen Abschnitte hatten wir im Herbst 2013 unseren Reiseleiter Niti dafür abkommandiert, der sich nach erfolgreicher Leitung der Reise Das Blaue China ohnehin in der Nähe befand.

Sein Auftrag damals: In Yangshuo einen Motorroller mieten, damit über Pingle und Huangyao nach Majiang rollern, um schöne Radelstrecken auszubaldowern und zu dokumentieren. Genau das hat er dann auch gemacht.

Seit gestern also folgen wir Nitis Spuren von 2013. Gestern gab es nicht viel zu folgen, es gibt quasi nur eine direkte Straße von Yangshuo nach Pingle. Die haben wir genau wir er genommen und für gut befunden. Landschaftlich nett und ziemlich wenig Verkehr.

Für die Strecke von Pingle nach Huangyao hingegen, also unserer heutigen Etappe, hätte es durchaus mehrere Alternativen gegeben. Und Niti hat die beste für uns gefunden! Angesichts der über hundert Kilometer und dem Passanstieg im letzten Drittel verlegen wir unsere bisherige Morgenroutine für Langetappen, also acht Uhr Frühstücken und neun Uhr Abfahrt, kurzerhand um eine Stunde nach vorne.

Die Ausfahrt aus Pingle zieht sich etwas, der Ort ist doch größer als gedacht. Aber nach knapp drei Kilometer sind wir auf der Hauptstraße und dann geht es so richtig ab. Nicht etwa der motorisierte Verkehr. Der ist zwar stark, jedoch nicht wirklich nervig. Nein, wir schnurren nur so dahin! Es ist ziemlich flach, die Straße gut ausgebaut und die Landschaft lädt kaum zu Fotostops ein. Wieder macht es mir viel Spaß in Formation zu fahren. Den anderen sichtlich auch.

Bei Kilometer 51 hat dieser etwas eintönige Spaß ein jähes Ende. Dort gibt es eine Abzweigung, rechts ab von der Hauptstraße und rein in eine Nebenstraße. Die ist so unscheinbar, dass die ersten aus der Gruppe daran vorbei rauschen und ich sie gerade so noch zurück pfeifen kann. Mein mit Nitis Aufzeichnungen gefüttertes Navi signalisiert nämlich plötzlich „Rechts abbiegen!“

Und plötzlich befinden wir uns im Radfahrerpardies! Etwas holprig auf den ersten Kilometern, danach aber bestens asphaltiert, fahren wir durch eine Bilderbuchlandschaft. Auf leicht hügeliger Strecke rollen wir dahin und haben die Straße so gut wie für uns alleine. Wie auf einem gut ausgebauten Radwanderfernweg. Den wenigen Autos und Motorrädern, die uns entgegen kommen oder uns überholen, sind wir geneigt zuzurufen, sie mögen doch bitte von unserem Radweg verschwinden. Ansonsten fahren wir viel nebeneinander, unterhalten uns und genießen die Gegend in vollen Zügen.
Herzlichen Dank, Niti, dass du eine so schöne Route für uns erkundet hast!

In einem kleinen Dorf hat Xiao Yang eine Garküche aufgerissen. Wahrlich nicht auf Durchreisende eingestellt, schon gar nicht auf durchreisende Langnasen. Trotzdem werden gebratene Nudeln serviert. Dauert etwas, aber die Dorfjugend (12 Jahre alt und abwärts) soll ja auch ihren Spaß an uns haben.

Bei Kilometer 75, nach dem Überqueren einer Brücke, treffen wir wieder auf eine Hauptstraße. Also breiter ausgebaut und mit mehr Verkehr. Aber alles noch im grünen Bereich was den Verkehr betrifft. Nun wieder ein paar mehr motorisierte Fahrzeuge, aber wirklich nur ein paar.

Dann der angedrohte Passanstieg ab Kilometer 82. Weniger wild als befürchtet und bereits nach schlappen acht Kilometern mit durchschnittlich 5% Steigung stehen wir vor dem Tunnel, welcher den Pass unterhöhlt. Wir flutschen hindurch, am anderen Ende eine rasante Abfahrt und einige Kilometer später halten wir vor dem Eingangstor von Huangyao, um weitere Gruppenfotos zu knipsen.

Wiederum einen Kilometer später sind wir im Ort selbst, aber die anschließende Fahrt zu unserem kleinen Boutiquehotel gestaltet sich nochmals kreativ. Erst um 18:30 Uhr sind wir eingecheckt, frisch gemacht und bereit für eine Altstadterkundung. Huangyao hat nämlich noch ganz viel Altstadt, deswegen sind wir hier her gekomen. Arg viel sehen wir jedoch nicht davon, unternehmen noch eine kleine Bootsfahrt und dann bricht auch schon die Dämmerung an. Die in diesen Breitengraden ungefähr 15 Minuten dauert, danach ist es stockeduster. Macht nichts, morgen ist ja auch noch ein Tag.

PS: Fast vergessen, heute haben wir tatsächlich einen Wasserbüffel gesehen! Genauer gesagt eine Wasserkuh mit ihrem Wasserkalb. Ein Foto von ihr anbei. Wasserbüffel sind also noch nicht ganz ausgestorben. Hoffentlich waren sie nicht die letzten ihrer Art 🙁


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Im Auge des Drachen

Zwei Räder – Zwei Städte, 10. bis 24.10.2015

Eine kurze Geschichte der Geomantik

Meine profane Einstellung zu Fengshui hatte ich der Gruppe schon in Peking erklärt:
Im Norden waren die Barbaren, aus Westen kamen die Sandstürme. Daher waren diese Himmelsrichtung schlecht.
Im Osten geht die Sonne auf und der Süden bringt warmes Wetter. Diese Himmelrichtung gelten folgerichtig als gut.

Was macht man nun als aufgeklärter Skeptiker mit dieser Geschichte:

Im Herzen Shanghais, dort wo die Yanan Lu und der Innere Ring aufeinander treffen, baute man vor fast zwanzig Jahren ein Viadukt, eine gewagte Konstruktion mit vier Ebenen. Zweimal wähnte man sich schon dem Erfolg nah, aber die tragende Säule in der Mitte gab nach. Folgerichtig (aus dem chinesischen Blickwinkel) fragte die Bauleitung dann einen Fengshui-Meister, einen Geomanten also, was denn schief laufe.

Dieser schaute sich die Baustelle an und entschied: Unter dem Viadukt lebte ein Drache, und die tragende Säule stünde direkt im Auge des Drachen. Erleichtert errichtete die Bauleitung nun den tragen Pfeiler als Drachensäule (s. Bild) und das Viadukt hielt (und hält bis heute, was in China durchaus keine Selbstverständlichkeit ist!).

Ein halbes Jahr später starb der Fengshui-Meister. Er hatte das Geheimnis des Drachen verraten!

Shanghai ist voller Geschichten wie dieser, und so begeben wir uns heute, zusammen mit unseren Eintagsradlern Anke und Dennis, eine freundliche Leihgabe der Tour „Chinesische Landpartie“, auf Spurensuche.

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Von früh bis spät

Goldenes Dreieck, 14.10. bis 08.11.2015

Von Menglun nach Mengla, 95 km, Königsetappe

Heute fahren wir mit der Sonne los. Es dämmert gerade als wir uns alle vor dem Hotel treffen. Zum Frühstück gibt es, wie gestern auch schon, Nudelsuppe. An der Straße. Pünktlich um Acht brechen wir vom Frühstück auf. 95 km mit drei heftigen Anstiegen stehen an.

Es ist neblig trüb und nieselt leicht durch die Blätter des Tropenwaldes durch den sich unsere Straße schlägt. Immer wieder wir diese üppige, wilde Vegetation von Bananenfeldern und Kautschukplantagen unterbrochen.

Den ersten Pass bereitet uns vergleichsweise wenig Mühe und so entschließen wir uns, vielleicht etwas voreilig, das Mittagessen erst nach dem zweiten Pass, also nach weiteren 35-40 km einzunehmen.

Frohen Mutes machen wir uns auf den. Die Abfahrt ist super und auch superschnell vorbei, leider. Jetzt kommt der zweite Anstieg und mit ihm eine endlos lange Baustelle und die Sonne, die es nun endlich geschafft hat, durch die Wolken zu brechen und die nun für den Rest des Tages erbarmungslos auf uns nieder scheinen wird.

Eine weitere Abfahrt und eine Dorfschänke, wo wir, ganz unchinesisch, gegen halb Vier
zu Mittag essen. Und noch ein Anstieg. Ein gemäßigter. Allerdings stecken uns schon 75 km mit zwei heftigen Anstiegen in den Knochen und das macht sich bemerkbar. Die Mühen werden durch einen phänomenalen Ausblick am Passpunkt belohnt.

Allerdings fährt sich René noch kurz vor der Bergankunft einen Platten ein. Aber auch der ist mit Hartmuts Hilfe vergleichsweise schnell behoben und wir machen uns an die letzte Abfahrt des Tages, die uns direkt ins Hotel führt.


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Wie ausgestorben

Berg und Wasser , 04. bis 26.10.2015

Vormittags zum freien Vergnügen in Yangshuo, am Nachmittag gemütliche 28 Kilometer nach Pingle. Sommersonnig.

In den 20 Jahren ihres Bestehens wurde die Tour Berg und Wasser immer wieder modifiziert. Wie bereits geschrieben kam ab dem zweiten Termin die Bergarbeitersiedlung Siding als Übernachtungsort hinzu und musste später mangels adäquater Übernachtungsmöglichkeiten wieder gestrichen werden. Die ersten Jahre unternahmen wir noch einen Tagesausflug zu heißen Quellen in der Nähe von Longsheng, bevor dieser durch die Reisterrassen um Pingan ersetzt wurde.

Die letzte Überarbeitung hatten wir 2013 vorgenommen. Bis zu diesem Jahr endete die Tour in Yangshuo bzw. Guilin, danach erweiterten wir die Strecke hinter Yangshuo um gute 350 Kilometer in Richtung Guangzhou, also nach Südosten. Da ich die Tour das letzte mal 2004 gefahren war beginnt ab heute auch für mich Neuland und ich beende hiermit den Retroblog.

Dass sich China in den letzten 20 Jahren rasend schnell verändert hat muss ich wohl kaum schreiben, das dürfte allgemein bekannt sein. Vor 20 Jahren war China noch ein 3.-Welt-Land, heute hat es die Schwelle zur Industrienation bereits überschritten. Den Chinesen gönne ich die Modernisierung und den damit verbundenen Wohlstand von ganzem Herzen, nie ging es der chinesischen Bevölkerung so gut wie heute!

Allerdings gibt es dabei einen ganz großen Verlierer, wie ich allgemein auf meinen letzten Reisen in China und auf dieser besonders feststellen musste: der Wasserbüffel. Das Arbeitstier ganz Südostasiens schlechthin war gerade in der Region Guilin massenhaft anzutreffen. Der Wasserbüffel gehörte mit zur Landschaft wie die allgegenwärtigen Karstkegel. Entweder einzeln eingespannt vor dem Pflug im Reisfeld, meist aber im Herdenverband grasend oder im Wasser suhlend waren die recht trägen Kolosse überall zu sehen und verströmten eine Gelassenheit, die Ihresgleichen sucht. Dieses Jahr allerdings suche ich sie, die Wasserbüffel, vergeblich. Meine Teilnehmer behaupten schon einen gesehen zu haben, aber ich noch keinen einzigen seit unserer Ankunft vor 13 Tagen. Mir kommt es vor, als wären die Wasserbüffel bereits ausgestorben. Wie schade, denn Wasserbüffel sind meine absoluten Lieblingstiere 🙁

Wie ausgestorben schien auch unser heutiger Übernachtungsort Pingle.

Angesichts der nur weniger als 30 Kilometer langen und dazu noch ziemlich flachen Etappe hatten wir uns den Vormittag frei gegeben, um Yangshuo auf eigene Faust unsicher zu machen. Die Gruppe versammelte sich erst um 12 Uhr wieder und traf bereits um 14 Uhr in Pingle ein. Über Pingle hatte ich mich im Vorfeld der Reise kaum informiert und war irgendwie davon ausgegangen, dass es ein ziemlich kleiner, unintessanter Ort ist. Jedoch weit gefehlt, schon die Fahrt vom Ortseingang bis zu unserem Hotel zog sich über fast drei Kilometer hin, und dass die Stadt noch viel größer ist sollten wir erst am nächsten Tag bei der Ausfahrt erleben.

Ankunft wie gesagt um 14 Uhr, Schmutzbier in der Lobby vom Hotel und um 16 Uhr Abmarsch zur Ortsbesichtigung. Zu sehen gäbe es in Pingle nichts, sagt mir die Dame an der Rezeption. Umso besser, schlendern wir einfach ziellos umher!

Heute ist Sonntag. In einer Ortschaft vergleichbarer Größe wie Pingle in Deutschland könnte man auch Tote-Hose-Tag dazu sagen. Alle Läden dicht, keiner auf der Straße, jeder fest eingeschlossen in seinem Eigenheim. In China hingegen erkennt man einen Sonntag daran, dass noch mehr Menschen auf den Straßen sind. Behörden, Büros, Banken und die meisten Fabriken haben zwar Ruhetag, aber Geschäfte und Restaurants sind in China fast 365 Tage im Jahr geöffnet. Die am Sonntag arbeitsfreie Bevölkerung nutzt den Tag somit zum ausgiebigen Shoppen. Scheinbar nicht so in Pingle, auf unserem Rundgang durch Hauptstraße und Nebengässchen begegnen uns nur vergleichsweise wenige Menschen.

Wir flanieren über eine erst in den letzten Jahren angelegte Uferpromenade des Gui Flusses und entdecken anschließend doch noch so etwas wie eine Altstadt. Jedenfalls ein paar Bauten aus der prärevolutionären Zeit. Aber fast wie ausgestorben.

Abendessen im Restaurant gegenüber vom Hotel. Wir sind die einzigen Gäste, auch hier fast wie ausgestorben. Allerdings hatte am Nachmittag eine Hochzeitsgesellschaft im Restaurant getobt. Der strenge Geruch von chinesischem Schnaps lag noch in der Luft und bei unserer Ankunft am Nachmittag im Hotel sahen wir das Empfangskomitee für die Hochzeitsgäste vor dem Restaurant.

Vielleicht ist Pingle gar nicht so ausgestorben, sondern man klappt einfach nur recht frühzeitig die Bürgersteige hoch und sagt dem Tag gute Nacht? Vielleicht sollten wir das nächste Mal doch schon vor dem Mittagessen hier eintreffen? Vielleicht tanzen so früh auch noch Wasserbüffel durch den Ort? Ich muss unbedingt nochmal wiederkommen um das herauszufinden!


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Alle Wetter

Goldenes Dreieck, 14.10. bis 08.11.2015

Von Ganlanba nach Menglun, 42 km

Vorm Fenster plätschert ein Bach und Grillen zirpen, sonst dringt kein Geräusch durch die laue Nachtluft an mein Ohr. Heute habe wir eine angenehme 40 km Etappe mit einigen undramatischen Anstiegen hinter uns gebracht.

Doch von Anfang an. Als ich heute morgen erwache plätschert es auch. Allerdings sind es nicht die Geräusche eines sanften Bächleins sondern ein mittelstarker Regenschauer, der mich aus dem Schlaf trommelt. Gedämpfter Stimmung begeben wir uns zum Frühstück, ganz chinesisch – ein großer Pott Nudelsuppe und einige Portionen Teigtaschen. Bis unsere ganze Gruppe versorgt ist, dauert es eine Weile und als wir fertig gegessen haben, hat auch der Regen etwas nachgelassen, als wir aufs Rad steigen hat er gänzlich aufgehört.

Der Regen hat uns allerdings eine angenehme Radeltemperatur verschafft. Nun geht es über recht ruhige Strassen immer geradeaus gen Menglun. Wir passieren Bananen-Plantagen, Ansiedlungen der Dai mit ihrer typischen Holzarchitektur, oder dieselbe nachgebildet in Backstein, Ananas-Felder, Bananen-Plantagen, Bananen-Plantagen und Bananenplantagen. Wo mal keine Bananen wachsen oder Kautschuk kultiviert wird, bekommt man einen Eindruck von der Üppigkeit und Manigfaltigkeit der hiesigen Vegetation. Z.B. im Botanischen Garten, den wir heute besuchen werden.

Der Botanische Garten ist die Attraktion hier, und das mit recht. Überall blüht und duftet es. Wir haben uns für eine Rundfahrt im Elektro-Wagen mit gelegentlichen Zwischenstops entschieden. Mit unserer Ankunft in Menglun ist die Sonne durch die Wolken gebrochen und bretzelt heftig auf uns nieder. Umso mehr geniessen wie den Fahrtwind und den Schatten der großen Bäume. Mit uns „wandelt“ eine große Gruppe reiselustiger Chinesen aus der Provinz Sichuan durch den Park. Sehr zum Vergnügen von Eckart und Frank, die sich mit der ein oder anderen Dame ablichten lassen. Es wird fotografiert und gepost was das Zeug hält. Als eine etwas beleibte Mittvierzigerin sich dann daran macht, eine Palme zu erklimmen, schreitet die betreffende Reiseführerin ein und gebietet Einhalt.

Am Ende unserer Fahrt entdecken wir noch eine schattig gelegene Terrasse. Wir trinken Tee, Kaffee, leckere frische Säfte während der Nachmittag langsam in einen goldenen frühen Abend übergeht.
Ausklingen lassen wir den Tag in dem Restaurant unseres kleinen familiären Hotels. Eigentlich eher eine große verandaartige Terrasse. Das Essen ist köstlich und am Ende gönnen sich Rüdiger, Susann und René eine Selbstgebrannten zur Verdauung.


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