Geisterhäuschen und Grenzübertritt

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Vornehm geht die Welt zugrunde, aber so ein 4-Sterne Hotel dann und wann ist ja auch ganz nett. Es geht uns gut, und es wird Zeit, die Eindrücke mal ein bisschen sacken zu lassen. Jetzt sind wir schon in Vietnam, wie schnell das geht! Heute schreibt Monika:

Heute ist Transfertag. Wir verlassen Kambodscha und wollen zu unserem letzten Relaxtag auf eine Insel. Das einzige Speedboot geht um 10 Uhr morgens, das müssen wir kriegen. Heute ist Nikolaus und zu Hause ist garantiert Wham mit ‚Last Christmas‘ in den Charts – bei uns gibt es Mangomarmelade statt Schokoladenhohlfiguren.

Wir fahren mit dem Bus zur Grenze. Vorbei an der großen Stinkfruchtskulptur in Richtung Süden. Fast schade dass wir nicht radeln können. Es gibt wieder viel zu sehen. Zarte Frauengestalten mit Kegelhüten bei der Reisernte in den Feldern Dazwischen Wasserbüffel. Es ist erst 7.30 aber der Schulunterricht hat offensichtlich schon angefangen. Hunderte von Fahrrädern parken vor dem Schulgebäude. Wir kommen durch kleine Dörfer. Vor fast jeder Hütte steht ein Geisterschrein – diese sehen ein bisschen aus wie Vogelhäuschen auf Stelzen – nur bunter. Davor liegen kleine Opfergaben wie Bananen und in einer mit Sand gefüllten Kaffeemilchdose qualmen Räucherstäbchen.

Wir kommen an die Küste. Am Krebsmarkt vorbei. Martin ist hellauf begeistert. Schalentiere und Durian. Er schwankt zwischen Importgeschäft oder Altersruhesitz in dieser sympathischen Gegend. Jan klopft besorgt auf die Uhr, der Fahrer hupt zustimmend und gibt mehr Gas. Die Strecke ist länger als angenommen. Grenzübertritte sind schwer zu planen. Immer anders. Immer spannend. Und es gilt die eiserne Regel – immer einen kleinen Vorrat an Ein-Dollar-Scheinen dezent griffbereit zu haben.

Das hilft auch heute. Der Bus samt Gepäck und uns auf den Sitzen darf mit durch. Jan steht mit dem roten Paßstapel an einer kleinen Hütte und holt die Ausreisestempel ab. Ein Reis-Schwertransport, bestehend aus drei Mofas, jeder mit mehreren riesigen Säcken beladen, holpert vorbei. Das letzte schafft die Bodenschwelle nicht und kippt um. Direkt vor unserem Bus. Das Wiederaufrichten und neu beladen wirkt wie ein gut einstudierter Balanceakt der die Kraft und Geschicklichkeit mehrerer Männer erfordert. Im Niemandsland dann zwei große Spielkasinos. Lutz sortiert gerade die verschiedenen Währungen in der Gruppenkasse und richtet sich erwartungsfroh auf. Die vietnamesische Grenze ist ganz anders – ein mächtiges Gebäude macht sich vor uns breit. Epidemic Control? Dollarscheine helfen auch hier.

Wir erreichen unser Speedboot rechtzeitig vor der Abfahrt. Inzwischen sind wir im Be- und Entladen der verschiedenen Gefährte geübt. Bilden Gepäckketten und agieren fast so professionell wie das Red Bull Team beim Formel 1-Reifenwechsel-Boxenstopp. Das Boot rauscht los und wir werden 90 Minuten lang mit unglaublich kitschigen Liebes-Musikvideos gequält, in denen schmachtende Frauen großzügig ein Gänseblümchen vom angebeteten Lover mit Föhnfrisur überreicht bekommen.

Unsere Hotelanlage liegt am Meer. Pool, Zimmer mit Fernseher. Strand mit Palmen, Bar und sensationellem Sonnenuntergang. Michael irrt etwas verloren in der Anlage umher. Die Radl Sandalen in der Hand. Er ist skeptisch – das ist alle viel zu elegant für uns. Das halten wir alle nicht aus. Wir laufen zum Abendessen auf den Nachtmarkt und werfen Garnelen, Oktopus und Nudeln in den Hotpot.

Und zum Abschluss noch mal Stupa satt

Entlang der Burmastraße, 10.11. bis 09.12.2012

76 Kilometer und noch einmal kräftige 1050 hm vom Inlee See nach Taungy und Kakku bei Sonne und 28 Grad, besichtigung des Stupafeldes in Kakku

Noch einmal müssen wir zeitig raus aus den Betten. Das fällt hier auf dem Inlee-See nicht zu schwer, denn ab 6.30 „rollt“ hier der Verkehr auf der Wasserstraße. Dann ziehen im 30 Sekunden Takt die Touristenboote und die lokalen Boote mit ihren laut knatternden Dieselmotoren vorbei.
Wir besteigen dann noch einmal für eine halbe Stunde das Boot und fahren zurück zum Bootsanleger. Unterwegs begegnen wir schon wieder den Einbeinfischern, die für die neu ankommenden Touristen posieren und uns begleitet ein Schwarm Möwen. In wilden Manövern stürzen sich die kühnen Flieger auf in die Luft geworfene Brotkrümel und kommen bis auf einen Meter und manchmal noch näher heran. Leider lassen die Tiere ab und zu auch etwas fallen und man muss auf der Hut sein oder einen Hut tragen.
Der erste Teil unserer Strecke ist noch einmal sehr angenehm, aus dem Städtchen heraus hügeln wir uns durch Sesam- und Senffelder und begegnen kaum einem Menschen und schon gar keinen Touristen mehr. das ist immer das erstaunliche an Touristenhochburgen, sobald man die ausgetretenen Pfade auch nur ein wenig verlassen hat, trifft man auf das eigentliche und ursprüngliche einer Landschaft. Nach 20 Kilometern über löcherige Straße und bissige Hügel erreichen wir dann die Hauptstraße.
Leider ist hier der Verkehr wieder recht dicht und beim Anstieg nach Taungy schlucken wir ordentlich die Abgase der Fahrzeuge und das müssen wir in der Stadt beim Mittag dann erst einmal wieder mit einem Myanmar-Bier runterspülen.
Dann unsere letzte Radeletappe, ein Abstecher zum Stupafeld in Kakku. Die Gegend war bis vor 30 Jahren noch total unergründet, was auch an den militärischen Auseinandersetzungen lag, wegen der Gefechte der Shan Rebellen mit der burmesischen Armee war die Gegend bis in die 90er Jahre für Touristen nicht bereisbar. Auch das Stupafeld in Kakku war den Touristen und den Wissenschaftlern bis in die 70er Jahre völlig unbekannt und ist erst dann von einem deutschen Wissenschaftler „entdeckt“ worden.
Doch bis dahin sind es noch einmal 40 Kilometer auf einer wunderschönen Strecke. Das Gebier wird von der Pao-O Minorität bewohnt, vor allem die Frauen erkennt man an dem orange-karierten Handtuch, dass sie sich um den Kopf gewickelt haben. Auch die Männer tragen traditionell diesen Handtuchschmuck, allerdings nur noch sehr selten und dann in dunklen Farben.
Am Wegesrand wachsen großartige Bambushaine, und in der Nachmittagssonne liegt das Hochtal in wunderbaren Farben. Besonders beliebt ist der Knoblauch aus der Region, überall auf den grünen Feldern sind die Frauen beim Zupfen von Unkraut oder die Männer beim Gießen der Zwiebelgewächse.
Nachdem die Straße aus Taungy heraus recht erträglich war, wird es zum Schluss noch einmal richtig holperig. Nach einer letzten rasanten Abfahrt erreichen wir dann das kleine Dorf hinter dem sich das Feld mit fast 2500 kleinen Stupa befindet, die Anlage wurde legendär vor 2000 Jahren begründet, realistisch ist eine Bebauung des Feldes aber erst seit dem 11 Jahrhundert, initiiert von einem der großen Bagankönige. Die Stupa haben leicht unterschiedlich Formen, die sich nach der Minorität und Abstammung des Spenders richten. Leider erreichen wir Kakku erst recht spät und müssen uns sputen im letzten Licht der untergehenden Sonne das Areal zu besichtigen. Draußen machen wir dann unser letztes Gruppenfoto mit den Fahrrädern und dann geht es im Bus auf der dunklen schmalen Piste wieder zurück nach Taungy.
Im Hotel sitzen wir heute einmal etwas länger und fangen gedanklich schon einmal an uns von einem liebenswerten Land zu verabschieden.