Blühende Landschaften…..

Goldenes Dreieck, 14.10 bis 08.11.2015

Eine Runde in und um Jinghong herum, 30 km, Wetter gut

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass wir im Sommer angekommen sind? Wenn nicht, sage ich es nochmal. Der Himmel ist blau, die Sonne scheint alle Blumen blühen – es ist heiß.

Am Morgen treffen wir uns alle wieder und nehmen in einem nahegelegenem Café unser (westliches) Frühstück ein. Besonders das Müsli und die Obstteller haben es uns angetan, aber auch die vielen frischbereiteten Säfte sind nicht zu verachten, wie wir nach unserer kleinen Probe-Tour, die heute ansteht, feststellen werden. Aber erstmal wird gefrühstückt.

Auch Christians „Teestraßen-Gruppe“ hat es sich hier gemütlich gemacht. Xishuangbana unser Startpunkt, ist die Endstation ihrer Route. Diese Unmengen kaffeedurstiger Langnassen scheint das hiesige Kaffeemaschinchen arg zu überfordern. Aber irgendwann sind alle versorgt, befriedigt, satt und in der Lage die erste Radstrecke in China in Angriff zu nehmen.

Heute müssen wir eine vergleichsweise kurze Runde bewältigen, die vornehmlich dem Testen der Räder gilt. Wie sehr sich unser Ausflug als Teststrecke entwickelt, hätte wohl keiner gedacht. Eigentlich fehlte zu unserem „Glück“ nur noch ein kräftiger Regenguss.

Von stark befahrenen Hauptstraßen führte die Tour auf holprige Feldwege, die von blühenden Büschen in denen Schmetterlinge tanzen gesäumt waren. Letzteres war unter der Menge durch Baufahrzeuge aufgewirbelten Staubes aber nur zu erahnen, zumindest auf weiten Strecken. Wie angekündigt – eine Teststrecke eben. Aber ein kleiner Tempel war auch noch im Programm und am Ende wurde es noch einmal richtig interessant, als unser Weg an Unmengen von Werkstätten und Läden vorbeiführt, in denen riesige Urwaldriesen zu gigantischen Skulpturen und super-massiven Möbelstücken verarbeitet wurden. Das Abholzen dieser Bäume ist mittlerweile in China gesetzlich verboten. Daher ist anzunehmen, dass das betreffende Rohmaterial mittlerweile aus den ostasiatischen Nachbarstaaten eingeführt wird.

Am Ende beschließen wir die Runde reichlich verstaubt in unserem Frühstücks-Café bei Kaffee, Erfrischungsgetränken und von Frank spendierten französischen Gebäck-Spezialitäten.


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Ein karstig Land

Berg und Wasser , 04. bis 26.10.2015

83 Kilometer von Yongfu nach Yangshuo. Ziemlich flach, daher ziemlich fix unterwegs.

Dank Wikipedia weiß ich, dass die Landschaft, die uns nun schon wieder seit 40 Kilometer vor Baishou begleitet, „tropischer Tumkarst“ heißt. Lesen Sie sich den Artikel dazu mal durch, da bekommen Sie Schädelsausen ob der vielen Fremdwörter. Ich zumindest habe nicht so arg viel verstanden. Nur so viel: Die Zuckerhutberge, die hier überall herum stehen, sind durch Auswaschungen entstanden. Sollte als Erklärung genügen, man muss es ja nicht unnötig kompliziert machen.

Wir hatten heute wieder ganz viele Karstkegel. Auf den ersten 40 Kilometer konnten wie sie auch noch genießen und im Vorbeifahren bestaunen. Da waren wir nämlich überwiegend verkehrsarm unterwegs. Aber dann bogen wir auf die Hauptverbindungsstraße zwischen Guilin und Yangshuo ab und es wurde weniger beschaulich. Da donnert nämlich alles durch, was nicht die Autobahn benutzt. Und scheinbar benutzen die Wenigsten die Autobahn.

So übel war die Staatsstraße G321 eigentlich nicht, denn sie hatte einen ziemlich breiten Seitenstreifen, welcher den starken Verkehr für Radfahrer halbwegs erträglich machte. Doch momentan wird die G321 ausgebaut. Zum Glück nicht wie in China üblich, indem man die ganze Strecke aufbuddelt und den Verkehr durch die Baustelle rumpeln lässt. Hier wird erst eine Spur saniert, danach die andere. Die Baustelle war also nicht unsere Not sondern der Umstand, dass die vormals breite Straße nun recht eng war.

Haben wir aber auch überstanden. Ziemlich zügig haben wir die restlichen 43 Kilometer nach Yangshuo zurück gelegt, unterwegs sogar noch eine Schale Reisnudeln konsumiert und einen platten Schlauch ausgetauscht.

Ankunft in Yangshuo bereits am frühen Nachmittag. Erster orientierender Rundgang durch das Örtchen. Inklusive Besichtigung des Li Flusses, Komoranstreicheln, Kickerrunde in einer Kneipe und Fußmassage (keine Fotos für letzteres, da zu intim).

Zu Yangshuo selbst schreibe ich morgen noch mehr.


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Pekinger Landpartie

Zwei Räder – Zwei Städte, 10. bis 24.10.2015

Zwei Tage Landluft mit Mauer

Es liegt ein Hauch von Smog in der Luft!

Die letzten drei Tage hatten wir Bilderbuchwetter. Selbst für den goldenen Herbst in Peking war die Sonnenintensität außergewöhnlich.

Nun weht kaum mehr Wind und die Stadt hat Zeit, sich mit Abgasen zu füllen. Zeit also, das Weite zu suchen!

Nachdem Christof auf der Jubiläumstour Berg und Wasser ausgiebig in der Historie schwelgt, sei mir ein Ausflug in die Vergangenheit erlaubt!

Die Ausfahrt aus Peking haben wir 1999 gemeinsam für die Reise „Kaiserliches China“ erkundet, im Rahmen einer Pilottour. Die Älteren werden sich erinnern: Es gab kein Google Maps, kein GPS und keine detaillierten Karten von China. „Trial and Error“ hießt die Devise!

Die damals gefundene Route fahren wir auch heute noch, fast unverändert. Nur, was damals noch Feldweg war, ist nun achtspurige Straße, was einst Dörfer waren, sind nun Hochhaussiedlungen. Die Stadt ufert aus. Sechs Autobahnringe weit. Letzter quert kurz vor Yangfang (nun Weifang, warum auch immer!), unser traditionellen Mittagsstation.

Um der Nostalgie willen, und weil wir wirklich Hunger haben, kehren wir auch heute wieder etwas südlich von Yangfang ein. Es gibt leckere Maultaschen!

Kurz hinter Yangfang beginnt der malerische Teil der ersten Etappe. Fast bis zum Hotel geht es an einem Kanal entlang. 1999 war das noch ein Feldweg. Heute ist es, bis auf ein kleines Stück, eine autofreie Straße mit Flüsterasphalt! (und 1 km alte Strecke, Schlagloch übersät, der Nostalgie wegen!).

Nostalgisch, oder besser gesagt historisch, geht es auch am nächsten Tag weiter! Wir radeln um den Ming-Gräber-Stausee und dann auf Schleichwegen, die teilweise noch die alten, historischen, immerhin 600 Jahre alten Steinplatten aufweisen, zu den Ming-Gräbern.

Die alten, unrenovierten Gräber dürfen wir leider nicht besichtigen, da sind die Strickmadame und der rüstige Rentner vor! (siehe Bildergalerie).

Aber das allererste Grab, das Changling, besichtigen wir und machen Yongle, den geliebten Despoten, der die Hauptstadt 1406 von Nanjing nach Beijing verlegt hat unsere Aufwartung. Dass der gute Mann den Thron an sich gerissen und seinen Neffen, wenn nicht beiseite, dann doch um die Kaiserwürde gebracht hat, kein Wort auf den Erklärungstafeln. In China mag man die historischen Helden eher eindimensional. Nun gut, im Westen zumeist auch…

Nach der Dosis Kultur geht es dann in die Berge, über den einzigen Pass auf dieser Tour. Auf der Passhöhe gibt es Gipfelbirne und einen tollen Ausblick. Eine Stunde später sind wir an der Chinesischen Mauer. Essen die inzwischen Kult gewordene gegrillte Regenbogenforelle am Fuße der Mauer.

Setzen unsere Füße auf das historische Bauwerk und sind damit laut Mao Zedong endlich vollständige Menschen (er sprach von Männer, aber wir wollen keine Korinthen spalten!).

 

Strecke 15.10.2015 Beijing – Changping

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Strecke 16.10.2015 Changping – Huanghua

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Ihr Vorgang wird verarbeitet, bitte warten Sie mal

Goldenes Dreieck, 14.10 bis 08.11.2015

Von Europa nach Asien

Es ist 6:30 Uhr morgens.

Nein! Falsch! 0:30 Uhr nachts ist es, zumindest nach meiner inneren, noch der hiesigen Zeit hinterher hinkenden Uhr. Frühstück a la Lüft wurde bereits serviert und ich stehe verstrahlt am Gepäckband und hoffe dringlich auf meinen Koffer, geht doch mein Anschlussflug in wenige als zwei Stunden und ich muss bis dahin mein Gepäck neu eingecheckt haben. Wie sich herausstellt ist die Zeit wirklich recht knapp bemessen und am Ende komme ich tatsächlich ins Schwitzen, erreiche aber dennoch rechtzeitig das Gate, so dass ich als nur fast ganz letzte das Flugzeug betrete. Die reichlichen drei Stunden nach Kunming verbringe ich in einem nahezu ohnmächtigen Schlafzustand.

Angekommen, steigen wir irgendwo in der endlosen Weite des Rollfeldes aus, besteigen Busse. Zwei wie sich herausstellt. Identischer Größe – einer für die wenigen Weiterreisenden und einer für die, die, ob Weiterreise oder nicht, ihr Gepäck entgegen nehmen müssen. Letztere sind viel mehr. Die Flughafenangestellten lassen uns mindestens dreimal die Busse wechseln. Damit die größerer Gruppe auch tatsächlich in dem größeren der beiden identisch großen Busse unterkommt. Am Ende bleibe ich leider im falschen zurück, lande an der vom Gepäckband am weitesten entfernten Stelle, wie mir versichert wird, und muss mindestens 20 Minuten laufen. … hier kommt mir die Fehleinschätzung der Wegweiserin zu gute – tatsächlich stehe ich nach 5 Minuten am Band. Gepäck da.

Für den nächsten. letzten Flug für den heutigen Tag eingecheckt. Warten auf Udo, Tina, Svenja und Iris, die etwa 3 Stunden nach mir in Kunming eintreffen werden. In der Zwischenzeit finde ich noch einen Geldautomaten, der tatsächlich Deutsch mit mir spricht. Ihr Vorgang wir verarbeitet, warten Sie mal, fordert er mich auf. Oder fragt: Möchten sie weiter transaktieren? Nein, möchte ich nicht – es wird Zeit die Neuankömmlinge in Empfang zu nehmen.

Gemeinsam fliegen wir über wunderbare grüne sanfthügelige Landschaften durch zarte Wolkenschleier. Die blau und golden leuchtenden Dächer Jinghongs leuchten uns entgegen. Palmen und buntblühende Büche empfangen uns. Ein schöner, vielversprechender Anfang.

Alt wie ein Stein

Berg und Wasser , 04. bis 26.10.2015

Schlappe 50 Kilometer von Baishou nach Yongfu. Kein Regen, nur Sonne.

Meine Gruppe ist konditionell sehr homogen und auch recht fahrstark. Keiner bummelt verträumt vor sich hin und keiner versucht das Gelbe Trikot zu ergattern (in welchem sowieso fast alle von uns an unterschiedlichen Tagen in Form des gelben China By Bike Leibchens unterwegs sind).

In der Ebene, wenn einem die Landschaft nicht gerade aus dem Sattel reißt und/oder der Verkehr etwas stärker ist, fahren wir oft aufgereiht wie auf einer Perlenschnur hintereinander. Es macht dann richtig Spaß die verschiedenfarbenen T-Shirts und Helme in der Kette zu sehen, wenn man, wie ich meistens, hinten fährt. Manchmal gibt es ein Spitzengrüppchen in wechselnder Besetzung und nie sehr weit entfernt vom Peloton. Auch am Berg beträgt die Entfernung zwischen dem oder der Ersten und dem oder der Letzten selten mehr als einen Kilometer. Es rollt einfach gut zusammen.

Unter diesen Voraussetzungen ist meine Gruppe für eine Strecke von unter 50 Kilometer mit nur einer kleinen Steigung am Anfang und sonst wellig mit der Tendenz bergab kaum aus den Federn zu bekommen. Daher muss eine Vormittagsbeschäftigung her.

Die Altstadt von Baishou bietet sich dafür bestens an. Entdeckt hatten wir den etwas versteckten und noch von einer intakten Stadtmauer umgebenen Teil Baishous erst, als wir den Zwischenstopp in Siding in die Tour integriert hatten und somit bereits frühzeitig in Baishou ankamen, um noch einen Dorfspaziergang zu unternehmen. Die Altstadt von Baishou unterscheidet sich in zwei Punkten von anderen Altstädten Chinas. Erstens ist sie touristisch noch völlig unerschlossen und zweitens ist sie wirklich alt. Die für den Tourismus zuständigen Leute in Baishou sind offensichtlich die reinsten Schnarchnasen.

Unser morgendlicher Bummel durch die Altstadt verzögerte sich etwas, als Christine auf dem Weg dorthin eine Apotheke entdeckte. Eigentlich wollte sie nur ein Mittelchen gegen ihre Erkältung erwerben (in der Gruppe geht gerade eine Erkältung um deren Urheber wahrscheinlich ich war). Aber die kleine und auf traditionelle chinesische Medizin spezialisierte Apotehke hatte nicht nur Arzneimittel im Angebot, sondern auch einen Doktor. Der rüstige 83-jährige musste erst untersuchen, danach gab es die passenden Pillen. „Strecken Sie doch bitte mal Ihre Zunge raus!“ „Und jetzt her mit den Händen zum Abtasten.“

Plötzlich hatte jeder hier oder dort ein kleines Wehwehchen, und so machte der Medizinmann die Runde in der Gruppe, während seine Gehilfin (Tochter?) die entsprechenden Pillen zusammen klaubte. Was für eine Gaudi für ihn und uns! Vielleicht sollten wir einen Besuch bei diesem Doktor ins feste Programm einbauen. Genügend Plazebos hat er gewiss auf Lager.

Danach aber doch noch Altstadt. Einmal durch das alte Stadttor, hoch auf die alte Stadtmauer, quer durch die Altstadt und raus aus dem anderen alten Stadttor. Zurück zunächst außerhalb der alten Stadtmauer.Und da wir schon mal hier sind gleich noch die Grotte mitnehmen, welche der Ort Baishou wahrscheinlich ihren Namen verdankt.

„Bai“ bedeutet „Hundert“ und „Shou“ bedeutet „Langes Leben“ oder „Unsterblichkeit“. Also „Hundertmal langes Leben“oder „Hundertmal Unsterblichkeit“. Ehrlich gesagt wäre mir selbst ein mal zu viel, aber es ist ja nur eine Metapher. Bzw. eine Steinarbeit, denn in der besagten Grotte, die der Göttin der Barmherzigkeit gewidmet ist, prangt eine eingemeißeltes Schriftzeichen für „Shou“ im Felsen, welches in sich hundert weitere Variationen des Schriftzeichens „Shou“ beinhaltet. Siehe Foto in der Galerie dort unten. So richtig originell ist das nicht, denn in ganz China verstreut finden sich ähnliche Steinarbeiten.

Um 11 Uhr saßen wir auf den Rädern. Und haben die gemütliche und landschaftlich sehr reizvolle Strecke nach Yongfu in unter drei Stunden abgespult. Dem kulturellen Vormittagsprogramm folgte ein kulturelles Nachmittagsprogramm: Stadtspaziergang durch Yongfu. Hier gibt es zwar keine Altstadt (die wird wahrscheinlich erst noch gebaut), aber die Neustadt aus den 60er, 70er, 80er und 90er Jahren und dem Besten von Heute war nicht minder interessant. Es gab sogar Briefmarken zu kaufen.


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Away we go

Goldenes Dreieck, 14.10 bis 08.11.2015

Tag 1

Es geht früh los. Viertel Sechs (klingt weniger grausam als Viertel nach Fünf) klingelt der Wecker und ich quäle mich aus dem Bett. Die heiße Dusche und T‘s starker Kaffee machen mich einigermaßen wach. Ich versuche mir noch ein trockenes Brötchen rein zu zwingen, in dem sicheren Bewusstsein, dass ich spätestens nach meiner Ankunft in Amsterdam sehr hungrig sein werde. So kommt es dann auch: Etwa fünfeinhalb Stunden nach meinem Erwachen komme ich an meiner ersten Station Amsterdam an und beäuge neidisch die Leute, die vorausschauender geplant habe als ich und aus Taschen und Beutelchen allerhand frisches Obst und Gemüse und Selbstgeschmiertes zu Tage fördern.

Auf dem Weg zu meinem Anschluss-Flug passiere ich ein Geschäft über dessen Eingang in großen Lettern der Schriftzug „Delicatessen“ prangt. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, doch dann klingelt etwas in meinem unausgeschlafenem Hirn… Delikatessen…da war doch was…und schlagartig kommt mir der gleichnamige französische Film in Erinnerung: Ein Hausbesitzer, der ein Delikatessen Geschäft betreibt, sucht einen neuen Mieter, da der vorherige „mysteriöser“ Weise verschwunden ist. Nach und nachstellt sich heraus, dass der Verschwundene geschlachtet und in der Hausgemeinschaft verspeist wurde, ein Schicksal, dass auch für den neuen Mieter angedacht ist ….Na gut. Ich kann verzichten.

Stattdessen mache ich es mir auf einer Polstergarnitur-Insel unweit meines Abflug-Gates bequem. Die Sessel um mich herum sind schon alle ausnahmslos belegt von Schlafenden, Lesenden, Speisenden und Plaudernten. Pünktlich eine Stunde vor Abflug wird das Gate geöffnet und ich begebe mich mit den anderen Passagieren, vornehmlich Asiaten -ein Vorgefühl auf das Reiseziel- in die Maschine die gut gefüllt ist. Ganz im Gegensatz zu meiner letzten Chinareise in diesem Frühjahr, wo ich mindestens zwei Sitze, einmal sogar eine ganze Reihe, für mich hatte. Himmlische Zustände, derer ich derzeit vergeblich harrte.

Dennoch hoffe ich auf ein wenig Schlaf. Morgen treffe ich vier meiner künftigen Reisebegleiter_Innen, und denen möchte ich ja frisch, entspannt und ausgeruht entgegentreten. Naja, da ist wohl eher der Wunsch der Vater des Gedanken. Gute Nacht!

Letzte Abfahrt Baishou (und ein Abgesang auf Siding)

Berg und Wasser , 04. bis 26.10.2015

87 Kilometer von Rongshui nach Baishou. Anstrengend weil warm, weit und hoch.

Die Stecke von Rongshui nach Baishou ist landschaftlich mit die schönste auf unserer Tour Berg und Wasser. Dazu noch ziemlich verkehrsarm und überwiegend gut asphaltiert. Sie hat nur zwei kleine Wermutstropfen: Sie ist bergig und lang. Zu den bereits erwähnten 87 Kilometern gesellen sich noch 1.300 kumulierte Höhenmeter. Das ist richtig heftig, wenn man wie wir damals Schrotträder untern den Hintern und viel Gepäck hinterm Hintern hat. Diese unglückliche Kombination hatte ich bereits mehrfach beschrieben.

1995 sind wir ziemlich zeitig gestartet. Wir wussten in etwa wie lang die Strecke ist, aber von den vor uns liegenden Bergen wussten wir nichts. Das wussten wir erst, als wir kurz vor Stockeduster und ziemlich erschöpft in Baishou ankamen. Froh, überhaupt ein Hotel dort vorzufinden. Das war zwar ziemlich –äh– einfach, aber zur Not hätten wir auch unter der nächsten Brücke geschlafen.

Die Jahre darauf haben wir die Strecke in zwei Etappen aufgeteilt. Ungefähr auf halbem Wege zwischen Rongshui und Baishou liegt das Bergarbeiterdörfchen Siding. In Siding sagen sich Wasserbüffel und Panda gute Nacht, dort ist nie etwas los. Das schon seit bestimmt mehr als 200 Jahren. Ich denke Sie haben nun das richtige Bild vor Augen.

Aber in Siding gab es eine Unterkunft, ein staatlich geführtes Motel. Extrem rudimentäre Zimmer, aber immerhin mit einer eigenen Nasszelle. Die bekam in den Folgejahren einen Upgrade, als man Gasboiler für warmes Wasser nachrüstete. Dass keiner von denen jemals in die Luft geflogen ist grenzt an ein Wunder, denn die Verlegung der Gasleitungen wurde ganz offensichtlich nicht von einem Fachmann durchgeführt.

Ich mochte dieses Motel recht gerne, genau so wie ich Siding lieb gewann. Schließlich können nicht viele Menschen von sich behaupten, dass sie jemals am Arsch der Welt waren. Wer mal in Siding übernachtet hatte war es.

Die Gasboiler blieben leider die einzige Innovation, ansonsten wurde rein gar nichts unternommen, um die Wohnsituation zu verbessern. Mit der Folge, dass sie sich immer mehr verschlechterte. Bis der Zeitpunkt gekommen war, an dem es schlichtweg untragbar wurde dort zu übernachten. Das war auch der Zeitpunkt, an dem wir die Tour mit Begleitfahrzeug und besseren Rädern anboten. Siding flog also wieder aus dem Programm.

Mir wurde heute richtig nostalgisch ums Herz, als wir in Siding unsere Mittagspause mit gebratenen Reisnudeln einlegten. Zuvor hatten wir bereits schweißtreibende 40 Kilometer hinter uns gebracht. Wie schon gesagt ist die ganze Strecke recht bergig. Das Motel hat inzwischen seine Tore geschlossen. Wahrscheinlich weil keine Gruppe ausländische Radfahrer mehr jedes Jahr vorbei kommt. Den Torbogen am Ortseingang hingegen gibt es noch immer. Der stammt bestimmt aus den 1950er Jahren und wird noch die nächsten 20 Jahre dort stehen, wenn die Beton- und Metallkonstruktion bis dahin nicht nachgibt.

20 Kilometer vor Baishou endet die letzte Abfahrt, ab dort geht es nur noch leicht wellig weiter. Wir erreichen das Ende der letzten Abfahrt kurz vor 16 Uhr. „Jetzt müssen wir nicht mehr hetzen, lasst uns gemütlich fahren“ verlautet die Gruppe. Dann folgt eine wilde Windschattenfahrt und genau um 17 Uhr erreichen wir unser Hotel. Die spinnen, meine Teilnehmer!


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Flüssiges Brot und Spiele

Zwei Räder – Zwei Städte, 10. bis 24.10.2015

Durch Pekings Norden: Sport am Vogelnest, Kunst im 798

Premiere! Wir fahren in Pekings Norden und besichtigen das berühmte Vogelnest, das Olympiastadion von 2008 und demnächst wieder 2022.
Und wir sind fast allein. Wie jeder Ausrichter der Olympischen Spiele hat Peking ein Problem: Was tun mit den Sportstätten, wenn die Spiele vorbei sind?

Nun gut, 2022 ist gesichert, dieses Jahr im August fand die Leichtathletik-WM in Peking statt und ab und zu gibt es ein kleineres Ereignis.
So wie heute. Kinder und Jugendliche proben für was auch immer und tragen rote Fahnen durch den Innenraum. Ein paar hundert Besucher verirren sich im weiten Rund.

Henning, der Maschinenbau-Professor kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Von Weitem ob der gewagten Konstruktion. Von Nahem aufgrund der vielen provisorisch an den Stahlträgern befestigten elektrischen Kabel. Sieht nicht schön aus und trübt den Eindruck, meint Henning.

Wo er Recht hat, hat er Recht! Aber das ist nun mal China: Nur nicht in die Ecken und gar unter die Betten schauen! Da fällt mir die Geschichte mit der Kakerlake und dem Wohnheim ein! Aber das gehört nicht hierher…

Trotz allem hat uns das Olympiagelände beeindruckt und wir fahren weiter durch die Nordstadt in Richtung Kunst.

Dashanzi ist unser Ziel. Achtung – trendy! Bedenkt man, dass auf dem mit russischer Hilfe und (ost-)deutschem Know-How aufgebauten Fabrikgelände noch vor 25 Jahren Raketenteile hergestellt wurden, ist die Entwicklung in Dashanzì umso erstaunlicher. Avantgarde war Ende der 1990er das Thema, als sich die Künstler nach missglückten Versuchen nahe des alten Sommerpalastes Yuanming Yuan und in Tongxian im Osten der Hauptstadt hier einquartierten. Der Mainstream hat die Gegend schon längst in Beschlag genommen, dennoch gilt das Viertel mit seiner Mischung aus trendigen Galerien, heruntergekommenen Fabriken und schicken Clubs als erste Adresse für die hauptstädtische Avantgarde.

„Könnte auch in Berlin sein!“, bemerkt Barbara und trifft den Nagel auf den Kopf. Die Gruppe fühlt sich entsprechend zuhause und stromert über das Gelände, während ich mir einen doppelten Espresso gönne. Mit Blick auf eine ausrangierte Dampflok. Hatte ich die nicht damals auf meiner Minitrix?

Mit dem einsetzenden Berufsverkehr sind wir zurück am Hotel. Heide, Anton und ich genießen noch ein Schmutzbier in der Great Leap Brewery (daher der Blog-Titel).

Den Tag beschließen wir mit einem zünftigen Feuertopf in der „Geisterstraße“ (Guijie) genannten Fressgasse unweit des Hotels und drehen dann eine nächtliche Runde durch Peking. Nachtselfies müssen wir noch einmal üben!

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Regenmacher gesucht!

Zwei Räder – Zwei Städte, 10. bis 24.10.2015

Auf Kaisers Spuren, zu Rad, Fuß, Rikscha und Metro

Herbst in Peking. Dass das Wetter da schön ist, ist ein Allgemeinplatz. Doch aus der Erfahrung heißt das in der Regel auch: Abends wir es kalt. Teilweise empfindlich kalt. Wenn die Sonne ausnahmsweise mal hinter den seltenen Wolken verschwindet, auch.

Ich erinnere mich an dicke Pullover, die ich während meines Studiums in Peking ab Oktober immer dabei hatte.

Und heute? Gerade sind wir von unsere Ente, die pünktlich um halb acht klingelte, den guten Kilometer bis zum Hotel zurückgelaufen, vorbei an Pärchen, die die Parkbänke in Liebesnester umfunktioniert haben, an tanzenden Menschen, die die milde Abendluft genießen.

Warm ist es, tagsüber gute 25 Grad, so warm, dass wir zuweilen den Schatten suchen. Und abends immer noch um die 20. Da habe ich die Rolle des Regenmachers wohl an die Kollegen abgetreten. Aktuell ist das Christof.

Entsprechend gut gelaunt sind wir heute durch Peking geradelt. Sind über den Platz des Himmlischen Friedens gelaufen und haben uns gewundert, wo die vielen Menschen herkommen. Gestern war Peking noch fast menschenleer, heute drängten sich ein paar zehntausend Touristen allein über den Tian’anmen-Platz und durch die Verbotene Stadt. Fast wie zur Goldenen Woche vor einigen Tagen, als ganz China frei hatte und halb China unterwegs war!

Unsere Räder hatten wir am Vordertor (Qianmen) abgestellt. Nun stehen wir am Ostausgang des Kohlehügels und müssen zurück zum Ausgangspunkt. Auf allgemeinen Wunsch machen wir das in zwei Etappen: Mit der Fahrradrikscha zur U-Bahn-Station und dann mit der U-Bahn zum Qianmen.

Dann noch drei Kilometer im anhebenden Berufsverkehr erstaunlich flüssig zurück zum Hotel.

Am Abend dann Peking-Ente! Lecker!

P.S. Selfies können wir auch!!!



Anmerkung: Der heutige Track fiel leider wieder einmal der Garmin-Software zum Opfer!

Radwechsel

Berg und Wasser , 04. bis 26.10.2015

Am Vormittag 28 Kilometer von Rongan nach Rongshui, am Nachmittag 2 Kilometer zum Laozi Shan und zurück. Weiterhin angenehm warm, keine Spuren von Regen.

Auch 1995 hatten wir die kurze Strecke von Rongan nach Rongshui zügig hinter uns gebracht. Mussten wir auch, denn es stand eine dringende Neuanschaffung an.

Unsere in Yangshuo gemieteten Schrotträder bedurften jeden Tag einer Reparatur. Irgendetwas war immer defekt an den Krücken. Die meisten Reparaturen hatte Andreas übernommen, unser ADFC Zweiradexperte in der Gruppe. Er hatte auch das deutlich bessere Werkzeug dabei als Volker und ich, die noch ziemlich unerfahren mit Reisewerkzeug waren.

Auf der Fahrt von Sanjiang nach Rongan jedoch zerbröselte das Kugellager einer Hinterradnabe. Während der Fahrt purzelten einzelne Stahlkugeln heraus, andere waren bereits zu Feinstaub zermahlen. Dieses Problem überstieg Andreas Schrauberkünste, der Schaden war schlichtweg irreparabel. Die einzige Lösung: Ein komplett neues Fahrrad musste her. Das haben wir in Rongshui erstanden, in Rongan gab es keinen Laden, der halbwegs brauchbare Fahrräder für eine Radtour verkaufte. Das in Rongshui erstandene Rad war auch nur halbwegs brauchbar, aber immerhin neu und mit einer Gangschaltung.

Nach dem erfolgreichen Fahrradkauf gaben wir der Gruppe für den Rest des Nachmittags frei uns sind zum Frisör gegangen. In der Straße unseres Hotels reihte sich ein Frisiersalon an den anderen, die Gelegenheit war also günstig. Aber die massive Häufung hätte uns stutzig machen sollen. Erst recht, als wir den nächstbesten Laden betreten wollten und sogleich eine ältere Dame herbeistürzte mit den Worten „Die können hier nicht frisieren“ und uns in einen anderen Laden lotste.

Während sie dort an unseren Haaren herumschnippelte kamen nach und nach aufgetakelte junge Frauen aus dem Hinterzimmer und lümmelten sich auf das Sofa hinter den Frisierstühlen. Allmählich dämmerte es bei uns und erst recht als wir direkt gefragt wurden „Wollt ihr nicht auch den Service unserer Damen?„. Wollten wir natürlich nicht, schließlich hatten wir eine Gruppe im Schlepptau, die unseren Service benötigte. Also haben wir für den Haarschnitt bezahlt und sind getürmt.

Zurück in die Gegenwart.

Ein Radwechsel stand heute natürlich nicht auf dem Programm. Wir hatten zwar schon ein paar Plattfüße, aber ansonsten schnurren unsere Fahrräder nur so dahin. Einzig eine Ölung der Ketten hat Franz ihnen heute verpasst, aber es war garantiert nicht die letzte.

Gestartet waren wir mit der Morgenroutine, Frühstück um acht, Abfahrt um neun. Daher Ankunft in Rongshui bereits um 11:30 Uhr (wir haben etwas getrödelt). Zimmer beziehen, ausruhen von der anstrengenden Etappe und dann los zur Mittagsverköstigung. Die Suche nach einer geeigneten Lokalität gestaltete sich etwas schwierig, wir sind ziemlich durch den Ort gelatscht, bevor wir dann ein nettes Lokal für Maultaschen fanden. Im Reisejargon heißt das „erster orientierender Spaziergang“.

Den Laozi Berg 1,5 Kilometer südlich der Stadt hingegen haben wir nach dem Mittagessen sofort gefunden, dort war ich bereits mehrfach. Bei meinem ersten Besuch gab es nur eine schlichte Grotte in einem der Karstkegel, die hier in der Region wieder anzutreffen sind. Bei meinem letzten Besuch wurden gerade mehrere Tempelgebäude gebaut. Jetzt sind sie fertig und sehen aus, als würden sie schon seit Jahrhunderten hier stehen. Wenn ich es nicht anders wüsste hätte ich das sogar geglaubt.


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