Der perfekte Tag

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

86 km von Weixi nach Tacheng. Fabelwetter!

Beim Blick aus dem morgentlichen Hotelzimmer bin ich skeptisch. Es nieselt leicht, der Himmel ist verhangen.

Aber da: Ein Stück blauer Himmel. Also hänge ich mich beim Frühstück weit aus dem Fenster. Das wird ein wunderbarer Tag, postuliere ich, und die Gruppe hängt sich mental in den Himmel und nickt skeptisch.

Glück gehabt: Es wird ein strahlender Tag, mit blauem Himmel, kaum Wind, Temperaturen um die 25 Grad (etwas 20 Grad auf der immerhin fast 3.000 Meter hohen Passhöhe!). Wir genießen die 900 Höhenmeter, die wir uns nach oben schrauben, zelebrieren unseren letzten hohen Pass mit einem Gipfelbier und rollen dann entspannt auf Flüsterasphalt nach unten. 40 Kilometer, 1.000 Höhenmeter. Ohne zu bremsen! Einfach nur geil!!!

Dann wird die Straße enger und wir nähern uns dem Yangzi. Vor zwei Jahren logierten wir hier im Damo Hotel, simpel aber gut. Das machen wir wieder, nur dass es diesmal mehr als simpel und mehr als gut ist! Zum Abendessen gibt es zwar keine Wespenlarven, wie vor zwei Jahren (leider ausverkauft!), aber immerhin Butterpilze und Schweinehack im Eimantel, frittiert. Wir können also kein Haar in der Suppe finden!

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Das Hämmern in unseren Köpfen

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

138 km von Cizhong nach Weixi. Und dann ein Ruhetag zum Mondfest!

Aus meiner Studienzeit in Peking bin ich das gewohnt: Gebaut wird vor allem nachts. Auch gerne die lärmintensiven Bauabschnitte. Auf jeden Fall hämmert bis spät in die Nacht der Bautrupp an der zwei Kilometer entfernten Hochbrücke über den Mekong. Das Hämmern in unseren Köpfen. Ist gegen zwei Uhr vorbei. Himmlische Ruhe herrscht über dem Mekong-Tal. Und obwohl wir am Abend auf das angepriesene Huhn verzichtet haben, kräht ausnahmsweise, wie sonst in China auf dem Land üblich, kein Hahn um 5 Uhr früh. Glück gehabt!

Es wird gebaut, im Mekong-Tal. Zwei Staustufen sind geplant, auf dem etwas 30 Kilometer langen Abschnitt von Cizhong flussabwärts. Für uns heißt das: Baustellenverkehr, Matsch auf der Straße und einige faszinierende Einblicke in die chinesische Baulogistik:

Hinter der zukünftigen Staumauer wird es dann ruhig, das Tal lieblich und der Verkehr sporadisch. Im kontanten Auf-und-Ab geht es das Tal hinunter, meist mit Gegenwind, aber dennoch recht flüssig. Die eigentlich geplante Zwischenübernachtung auf halber Strecke schenken wir uns und fahren einen Ruhetag in Weixi heraus. Bis wir dort sind, erwartet uns ein 30 Kilometer langer Schlussanstieg. Durchschnittlich 5 Prozent, also fahrbar, mit dem einsetzenden Rückenwind sogar recht angenehm. Gegen 18:30 sind wir dann in Weixi und stoßen mit dem obligatorischen Schmutzbier auf die längste Etappe der Tour an.

Der Ruhetag plätschert dahin, wir waschen Wäsche, schreiben Mails und spazieren durch Weixi, eine, wie wir im Katalog schreiben würden „typisch chinesische Kleinstadt“.

Nach dem Abendessen beglückt uns die Restaurant-Chefin mit einem selbstgebackenem Mondkuchen.

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Im Magen sehr solide! Es wird Zeit, dass wir morgen wieder auf die Räder kommen! 800 Höhenmeter warten auf uns.

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P.S. Der Track ist leider unvollständig, weil Garmin GPS-Geräte herstellt, die mehr Bugs als Funktionen haben. Mein GPS spinnt eigentlich seit Kauf, jetzt setzt es langsam, pünktlich zum Ablauf der Garantiezeit, fast komplett aus. Dringende Empfehlung: Garmin-Geräte vermeiden, falls es Alternativen gibt (was leider nicht der Fall ist!)

Die heimliche Königsetappe

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Von Wuxi nach Fengjie – bedeckt und später etwas Nieselregen bei ca. 23 Grad

Dass und wie wir die Königsetappe dieser Tour hinter uns gebracht haben, wurde bereits vor zwei Tagen berichtet. Dass der Rest ein Kinderspiel ist, könnte man meinen, aber manchmal gibt es da ja noch eine „heimliche“ Königsetappe, so wie heute. Damit es spannend bleibe, wurden zu den Hauptdaten der Etappe nur ungefähre Angaben gemacht (zwischen 85 km und 93 km, ca. 1900 Höhenmeter). Die Etappe ist recht neu im Programm und wurde bisher noch von keiner Gruppe vollständig mit dem Rad befahren. Beim letzten Reisetermin wurde unsere tapfere Reiseleiterin wegen schlechten Wetters schließlich von der Kundschaft in den Bus genötigt, obwohl sie wahrscheinlich nur ihrer Vermessungspflicht nachkommen wollte. Das sollen wir nun nachholen.

Wir bemühen uns also heute mal um einen richtig pünktlichen Start und rollen um 8:30 Uhr los. 2 km am Fluss entlang und noch mitten in der Stadt kommt schon die erste Rampe, was sich ohne nennenswerte Unterbrechung bis Kilometer 16 fortsetzt. Nach etwa der Hälfte wird auch der Verkehr langsam weniger und ganz oben auf über 1000 m ist von der Stadt unten im Tal nicht mehr viel zu sehen. Gleich geht es auf einer schnellen Abfahrt wieder 300 Höhenmeter nach unten, im Anschluss aber auch wieder fast genauso viel hinauf.

Dummerweise habe ich unten am zweiten großen Anstieg meine Kamera liegen lassen, was mir jetzt im oberen Drittel auffällt. Ich weiß nicht genau wo, aber ich vermute sie irgendwo 100 m weiter unten. Ist zwar eigentlich ein ziemlich altes Ding, aber so einfach will ich sie dann doch nicht aufgeben. Einen kurzen Moment ringe ich mit mir, dann drehe ich das Rad um – unten ist man ja immer schnell. Und siehe da, da liegt sie noch. Wahrscheinlich hat sie keiner erkannt. Ein Handy kann man hier ja jedem in die Hand drücken, wenn man mal ein Gruppenfoto braucht, aber eine Kamera? Viel zu umständlich, wer braucht so was schon…

Als ich wieder oben bei den anderen ankomme, ist Dietmar gerade dabei, einem chinesischen Kollegen bei der Radreparatur behilflich zu sein. Die hintere Scheibenbremse macht’s nicht mehr. Dabei ist es doch ein original BMW-Fahrrad. Bei alibaba.com bestellt. Die deutsche Markenqualität ist eben auch nicht mehr das, was sie mal war. Da ist leider nichts mehr zu machen, meint Dieter, aber er bekommt vom Kollegen trotzdem einen Beutel Kiwis geschenkt.

Insgesamt ist die heutige Etappe geprägt durch ein ständiges Auf und Ab. Nach dem zweiten Anstieg windet sich die Straße langsam durch das Bergland zwischen den großen Tälern hindurch und erreicht schließlich ein solches, wo sie sich weit oberhalb des Talgrundes an den Hang schmiegt. Sie wird zwar nun nach und nach schlechter, aber die Fahrt ist trotzdem ein Genuss, denn es bieten sich großartige Ausblicke in die Täler. Wir passieren immer wieder kleine Dörfer, Terrassenfelder, eine Begräbnisfeier am Straßenrand und wenn man mal außerhalb der Ortschaften stehenbleibt, hört man nichts außer Grillen und Vögel – nicht unbedingt typisch für China, eine solche Ruhe.

Nachmittags setzt dann leider etwas Regen ein und spätestens mit dem letzten Anstieg, der zum großen Teil über eine Baustellenschotterstraße verläuft wird es nun doch langsam anstrengend. Aber zum Glück folgt hierauf auch bald die letzte, lange Abfahrt hinunter ins Tal. Und dann nur noch ein paar Hügel entlang des Yangzi. Und nicht zu vergessen der kleine Berg hoch zum Hotel. Und leider gibt es heute keinen Lift in die 3. Etage. Wir küren die heutige Etappe einstimmig zur neuen Königsetappe.


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Im Herz des Hühnchens

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Von Zhenping nach Wuxi bei bedecktem Himmel und angenehmen Temperaturen

Die Chinesen haben es ja im Allgemeinen nicht so mit Landkarten, dafür aber umso mehr mit dem Essen. Und wenn sie doch mal auf eine Karte ihres Landes schauen, dann sehen sie vor allem Eines – ein großes Hühnchen. Oben rechts im Nordosten der Kopf, ganz weit hinten im Westen bei den Uiguren die Schwanzfedern und irgendwo unten an der vietnamesischen Grenze müssen die Füße sein. Und genau da, wo das Herz sitzt, befinden wir uns gerade, d.h. in der geografischen Mitte Chinas. Und außerdem an einer Stelle, an der die drei Provinzen Shaanxi, Hubei und Chongqing aufeinandertreffen. Dass die beiden Stellen in ein und demselben Punkt zusammenfallen, wird wohl eher der pragmatischen Ader der Chinesen als dem Zufall zu verdanken sein und praktischerweise befindet sich genau hier auch noch unser Pass für heute, so dass wir drei Fliegen mit einer Klappe schlagen können.

Das Tal in dem wir nach Zhenping gekommen sind, wurde zum Schluss langsam schmaler und im Ort selbst sind uns die Berge schon recht nahe gerückt. Da wir aber weiter in Richtung Süden und zum Yangzi wollen, folgen wir dem Tal weiter bis zum Ende und schrauben uns dann bis zum Pass in 1500 m hinauf. Unterwegs begegnet uns noch ein kleiner fahrbarer Krämerladen mit diversen wichtigen Küchenutensilien, der ebenfalls gerade einen Halt macht. Aber wir brauchen eigentlich nichts mehr, denn Xiao Yang hat schon für uns eingekauft. Vor zwei Tagen hat er irgendwoher heiße Maroni mitgebracht und die haben so großen Anklang gefunden, dass er am nächsten Tag gleich noch zwei Tüten nachkaufen musste. Damit sind wir nun noch eine Weile gut versorgt. Oben auf dem Pass wartet er an einer Aussichtsplattform auf uns und lümmelt gerade auf seinem kleinen Klappstühlchen, bis ich mit der Kamera komme und meine, ich muss doch nochmal ein Bild für den Chef machen – schnell gerade hingesetzt und das Handy versteckt 😉

Auf der anderen Seite des Passes gibt es dann eine großartige 25 km-Abfahrt bis auf 400 m und dann leicht wellig aber immer noch abwärts bis nach Wuxi. Wir genießen die Ausblicke und die Abfahrt, machen den üblichen Nudelstopp und schon geht’s weiter in schneller Fahrt Richtung Wuxi. Da es in dieser Gegend früher den Brauch gab, die Toten in Särgen hoch oben am Felsen zu bestatten (meist nur höhergestellte oder wohlhabende Leute) und sich direkt an unserer Strecke eine Fundstätte mit den meisten und ältesten solcher Särge befindet, schauen wir auch hier nochmal vorbei und lassen uns eine kurze Führung geben. Auf dem letzten Stück bis nach Wuxi wird es langsam immer voller und damit auch ein wenig ungemütlich auf der kleinen Straße, aber irgendwann sind wir in der Stadt, haben es irgendwann auch geschafft, das bei jeder zweiten Haustüre haltende Müllauto hinter uns zu lassen und erreichen nach einer kurzen Sucheinlage unser Hotel am Fluss.


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Baustellen und Flüsterasphalt

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Königsetappe mit 112 km und 1465 Höhenmetern von Pingli nach Zhenping

Heute morgen ist es zwar immer noch recht trüb, aber zumindest regnet es nicht mehr. Wir verlassen Pingli und biegen gleich am Ende des Ortes in das nächste Seitental ein, das uns auf leicht ansteigender Strecke weiter in die wolkenverhangene Berglandschaft hineinführt. Ab und zu fängt es nochmal an zu tröpfeln, aber mehr schafft der Regen heute nicht. Auch die Prognose für die nächsten Tage sieht mittlerweile wieder etwas besser aus. Dietmar verkündet ja schon seit Tagen hartnäckig gutes Wetter wie von seiner App vermeldet, aber meistens hat er dann doch das falsche Pingli, Shuhe oder Zhenping erwischt. Also keine feuchten Sachen heute – stattdessen warten wir auf kilometerlange Baustellen, die uns den Tag vermiesen wollen. Aber das wollen wir doch erstmal sehen.

Die ersten 25 km sind schnell weggerollt, danach beginnt der steilere Anstieg, wo irgendwann die Baustelle beginnen soll. Ich hatte mir endlose Kolonnen von stinkenden, bis zum Rand mit Kies und Steinbrocken beladenen LKWs und Slalomfahrten zwischen Schlammlöchern und Bulldozern vorgestellt und uns, wie wir nach den ersten 5 km kleinlaut ins Auto steigen. Tatsächlich sind auf den nächsten 20 km an 3 oder 4 Stellen am Straßenrand einige Bauarbeiter beschäftigt, aber es ist nichts in Sicht, was uns in irgendeiner Weise nennenswert behindern könnte.

Bis hinauf zum Pass ist die Straße gut wie eh und je. Auf der anderen Seite ist sie sogar noch besser. Nagelneuer Asphalt und man muss keine Angst haben, dass man auf der Abfahrt plötzlich einen Schlag bekommt, wenn man mal nicht richtig aufpasst. Später kommen dann zwar doch noch ein paar Stellen dazu, an denen die Straße noch nicht fertig ist, wo noch gebaut wird oder man noch auf der holperigen alten Straße fahren muss, aber im Großen und Ganzen ist alles gut zu fahren. Wir sind sehr froh, dass wir uns so entschieden haben und es uns nicht haben entgehen lassen, die landschaftlich sehr schöne Strecke mit dem Rad zu fahren und feiern das würdig mit einem großen Hühncheneintopf.


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Schneller als die Sonne

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

73 km von Deqin nach Cizhong. Endlich Regen…

Vielleicht waren wir einfach zu leichtsinnig!

Anton, unser Wetterfrosch (während ich das schreibe, fällt mir zum ersten Mal die Ähnlichkeit zu Elmar Gunsch auf!) postulierte gestern Abend mal wieder „es könne ja gerne die ganze Nacht durch regnen!“. Hat es dann auch getan. Am Morgen dann noch ein paar Tropfen und dann sich ständig besserndes Wetter.

In wilder Schussfahrt geht es hinab zum Mekong, 1.200 Höhenmeter auf 20 Kilometern. Gerade, als wir das Mekong-Tal erreichen, bricht die Sonne durch die Wolken. Unsere Augen glänzen. Alles gut!

Zu früh gefreut!

Erst bläst uns ein Orkan entgegen, der selbst den Gegenwind auf der „längsten Abfahrt der Welt“ auf dem Friendship Highway zwischen Lhasa und Kathmandu in den Schatten stellt. In seinem Sog zieht er eine Regenfront mit, die es in sich hat. Wie Nadeln treffen uns die Regentropfen. Innerhalb von wenigen Minuten sind wir pitschnass. Immerhin, der Wind lässt nach!

Nach einer guten Stunde ist der Spuk vorbei, und die Sonne zeigt sich. Hält immer gut zwei Kilometer Abstand von uns.

„Schnell, bevor die Sonne uns erreicht!“, rufe ich Anton zu, als ich ihn überhole. Anton lacht, hält an und macht ein Foto vom sonnendurchflutenden Mekong-Tal, zwei Kilometer entfernt, im Norden.

Irgendwo zwischen Sonne und Regen erreichen wir Cizhong.

Der Küster sei gerade weggefahren, erzählt unser Herbergsvater und telefoniert dem Schlüssel der Kirche hinterher, wegen der wir nach Cizhong gekommen sind.

Die Kirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut und 2003 restauriert. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Papst Gregor XVI die Tibet-Mission auf den Weg gebracht und in den nächsten Jahrzehnten 44 Missionare auf ein im Wortsinne religiöses Himmelsfahrtskommando geschickt. Weniger als die Hälfte der Missionare überlebten, fielen unbekannten Krankheiten, Banditen und lokalen Intrigen zum Opfer.

Der tibetischen Theokratie waren die Eindringlinge ein Dorn im Auge, vor allem, als diese anfingen, Land aufzukaufen und an leibeigene Bauern zu verschenken. Mit dem Bau der Schmalspureisenbahn Haiphong-Kunming und der damit verbundenen Ausweitung des französischen Einflusses auf Yunnan pilgerten Anfang des 20. Jahrhunderts weitere Missionare in den Südwesten Chinas. Vor allem im Mekongtal konnten sich einige der Priester eine Basis schaffen und erlangten durch ihr soziales Engagement den Respekt vor allem der einfachen Leute.

Neben der Kirche in Cizhong entstanden entlang des Mekong in dieser Gegend 13 weitere Gotteshäuser. Nur wenige sind heute noch erhalten, jedoch eilt keiner der anderen Kirchen ein vergleichbarer Ruf voraus. Oft sind es einfache Backsteinhäuser ohne nennenswerte Dekoration.

Unser Herbergsvater streckt den Daumen nach oben und begleitet uns zur Kirche. Immer wieder ein Erlebnis!

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Crashkurs

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Regen und Rüttelpiste von Ankang bis nach Pingli

Der Wetterbericht hat ja nun schon seit einigen Tagen dunkle Wolken am Horizont heraufziehen lassen und heute ist es nun wohl endgültig so weit. Die Fahrt nach Ankang war wohl nur ein Vorgeschmack und gestern schien ja dann auch nochmal die Sonne. Heute morgen pladdert es aber mächtig vom Himmel und gestern habe ich auf einer Gesamtwetterkarte von China genau unser Dreiprovinzeneck zwischen Shaanxi, Hubei und Chongqing als regenreichste Zone des gesamten Landes ausgemacht. Die Vorfreude auf die heutige Radetappe hält sich entsprechend in Grenzen und jeder ist erstmal beschäftigt, seinen individuellen Stil bei der Regenschutzbekleidung zu finden. Festes Schuhwerk, Überzieher, Sandale mit Socke und Plastetüte, oder doch lieber pur? Und so setzt sich das Spielchen weiter fort bis zur Kopfbedeckung.

Als wir dann endlich unsere Räder satteln – gestern nochmal geputzt, aber das glaubt mir natürlich heute keiner mehr – hat der Regen zum Glück schon etwas nachgelassen und für heute bleibt es bei einem mal stärker, mal schwächer werdenden Nieselregen. Die knapp 70 Kilometer lange Strecke nach Pingli war abgesehen von der Stadtausfahrt einmal eine nette, ruhige und gut zu fahrende Straße, zumindest habe ich das noch so von vor 2 Jahren in Erinnerung. Doch irgendwann kam der Bau einer benachbarten Autobahn und mittlerweile haben die Baustellenlaster den Straßenbelag gekillt. Dass unsere bisherige Reise erfreulich wartungsarm verlief, ändert sich heute schlagartig. Zwei zerlegte Schutzbleche und zwei Platten sind die Bilanz des Tages. In der Mittagspause könnten wir vielleicht schnell noch zwei Schutzblechhälften für eine mögliche spätere Reparatur vorbohren lassen, also werden wir beim Grobmechaniker des Ortes vorstellig. Er holt seinen feinsten Bohrer raus, das Bohrfutter wird mit Hammer und Meißel festgezogen und obwohl seine alte Ständerbohrmaschine in der dunkelsten Ecke der Werkstatt steht, sitzen die Löcher tadellos, da kann man nichts sagen.

Wir halten uns aber erstmal nicht weiter mit Reparaturen auf, sondern sehen zu, dass wir weiter und an unser Ziel kommen, denn so richtig gemütlich ist heute draußen ja nicht. Außerdem steht morgen die Königsetappe an und die noch dazu mit drei Fragezeichen, da der größte Teil der Strecke Baustelle sein soll. Als Alternativen gibt es das Auto oder eine Umgehungsstrecke von zusätzlichen 30 km und geschätzten 2000 Höhenmetern, wenn man sich die Ausführungen der Ortskundigen so anhört. Momentan sind aber noch alle gewillt, es auf der Standardvariante zu versuchen, also schauen wir mal.


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Männer, die auf Berge starren

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Tagesausflug zum Feilai Si

Der Kawa Karpo. 6.740 Meter hoch. Ein Turm über dem Mekong-Tal, das er fast 5.000 Meter überragt. Ein scheuer Geselle, der heilige Berg. Eine Gruppe tibetischer Pilger verbeugen sich gen Nebelwand. Da muss er sein, der Berg, der heilige, den die Pilger so verehren und selbst hinter einer Wolkenwand sicher verorten.

Ich habe ein Deja-Vu! Vor zehn Jahren, zusammen mit Andreas, warteten wir schon einmal auf die Berggottheit, auf das sie sich entkleidet:

Über dem Tal thront das Kawa-Karpo-Massiv, dessen höchster Gipfel, der Kagebo, 6.740 Meter hoch ist. Direkt gegenüber, auf der diesseitigen Seite des Mekong markieren eine Gruppe von acht Stupas und eine Ansammlung von Teehäusern einen luftigen Aussichtspunkt, der einen unverstellten Blick auf den Kawa Karpo verspricht. (…) Eine dichte Wolkendecke verhüllt das Kawa-Karpo-Massiv, auch der Mekong ist zwar als entferntes Rauschen zu hören, aber leider nicht zu sehen.

Das scheint wohl öfter der Fall zu sein, da entlang der Straße ein gutes Dutzend hölzerner Teestuben mit Aussichtsterrasse für auf klares Wetter wartende Reisende einfache Speisen und heißen Tee anbieten. Wir machen es uns am Fenster einer der Teestuben gemütlich und bestellen eine Kanne halbfermentierten Oulong-Tee und ein paar Snacks. Alle paar Minuten beugt sich einer von uns aus dem Fenster und spät nach einem Wolkenloch. In der Zwischenzeit füllt die Bedienung immer wieder unsere Teekanne. Der zweite Aufguss – dichte Wolkendecke. Der dritte – aus einer Wolkenlücke lugt eine Bergspitze hervor. Der vierte – die Sonne bricht durch die Wolkenwand und der Mingyong-Gletscher ist in gleißendes Licht getaucht. Das schneebedeckte Kawa-Karpo-Massiv ist nun gut sichtbar. Nur vor dem Kagebo hängt noch eine Wolkenwand. Der fünfte Aufguss. Ein kleines Wölkchen noch! Zieht das nicht gerade nach oben? Wir starren gebannt aus dem Fenster. Der Tee drückt auf die Blase. Nicht jetzt! Ein kleiner Windstoß noch! Nach weiteren fünf Minuten Warten entspannen wir uns wieder, bestellen nun jeder ein Bier, eine Portion frittierten Yakschinken und ein paar Erdnüsse und geben auf. Tatsächlich ziehen weitere Wolken vor den Kagebo, und dann kündigt sich die einbrechende Dämmerung an. Wir zahlen, wuchten unsere Knoblauch-Teewasser-Yakschinken-Bierbäuche auf die Fahrräder und werfen auf der Rückfahrt noch einmal einen Blick ins Mekong-Tal. Nebel! Oder Wolken? Der Fluss muss jedenfalls noch bis morgen warten!

Nun, so ähnlich war es auch heute!

Gebannt starrten wir auf das Bergmassiv, riefen uns zu, wenn wieder ein Stück blauer Himmel zu sehen war.

Aber der Berg blieb schüchtern.

Man kann nicht alles haben!

In the Middle of Nowhere

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Im Blog diesmal wieder zwei Tage im Block. Heute Ruhetag in Ankang, gestern die Anfahrt im Regen

Unsere Schönwetterphase hat gestern ihr vorläufiges Ende gefunden und wir mussten die gut 100 km den Han-Fluss aufwärts bis nach Ankang in einem trüben Dunst zurücklegen. Im wuseligen Zentrumsmarktviertel von Xunyang haben wir schon so eine Art Stammlokal für die Mittagsmahlzeit – zumindest lassen das die Fotos der Tourgruppen vermuten, die unübersehbar über dem Tresen prangen. Vielleicht sollte der Chef uns mal eine VIP-Karte ausstellen. Jede zehnte Nudelsuppe gratis oder etwas in der Art. Die zweite Hälfte zieht sich dann etwas in die Länge, da das Auf und Ab der Strecke deutlich zunimmt. Etwa 15 km vor dem Ende der heutigen Fahrt kündigen der zunehmende Verkehr und Dreck das Nahen einer Großstadt an. Eine Großstadt? Hier, im Nirgendwo zwischen den zwei großen Flüssen, dem Gelben Fluss und dem Yangzi? Zwischen den zwei Gebirgen in der Mitte Chinas, dem Qinlingshan und dem Dabashan? (Die Flüsse kennt man ja vielleicht gerade noch so…)

Also, wer hat schon mal was von Ankang gehört? Das Verwaltungsgebiet mit 3 Mio. Menschen, das städtische Zentrum immerhin noch eine halbe Million, dreitausendjährige Geschichte, lokale Operntradition, Wasserspender für den trockenen Norden? Vor allem – Ankang und das Wasser. Mit den Wassern des Han-Flusses muss Ankang besonders eng verbunden sein, im Guten wie im Bösen. Wenn man sich auf der wiedererrichteten Stadtmauer im Zentrum der Stadt befindet und den Blick von den Hochhäusern im Süden wendet und in die andere Richtung auf den Fluss blickt, sieht man die Leute im Fluss unter der großen Brücke baden oder sich mit der Strömung treiben lassen, andere waschen ihre Wäsche oder ihre Fahrräder am Ufer und oberhalb davon hat sich die Stadt noch eine große Promenade für die Fußgänger gegönnt. So macht Ankang trotz der staubigen Stadteinfahrt hier einen recht modernen und freundlichen Eindruck und gibt uns die Gelegenheit für einen angenehmen Stadtspaziergang an unserem Ruhetag.

Der Fluss kann aber auch anders, wie wir schon stromabwärts in Shuhe gesehen haben. Dort hatte uns die Wirtin die Hochwassermarken von 1983 gezeigt, etwa in der Höhe des dritten Stocks unseres Hotels. Und das stand nicht unten am Fluss, sondern oben an der Hauptstraße. Damals hatten heftige und wiederholte Regenfälle dafür gesorgt, dass in Ankang am schlimmsten Tag des Hochwassers der Pegel fast den ganzen Tag lang um durchschnittlich 75 cm pro Stunde stieg. Das war dann selbst für die Stadtmauer, die hier gleichzeitig als Hochwasserschutz dient, zu viel. Mittlerweile ist sie aber wieder aufgebaut und wir beziehen sie ausgiebig in unseren Spaziergang mit ein. Der Rückweg führt uns dann durch die kleinen Straßen und Wohnviertel, die direkt hinter der Stadtmauer beginnen und am Abend kehren wir schließlich noch einmal zur Uferpromenade zurück, wo man jetzt meinen könnte, Ankang möchte es in absehbarer Zeit mit dem nächtlichen Uferblick von Shanghai aufnehmen.


Strecke 22.09.2015:
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Strecke 23.09.2015:
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Serpentinen!

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Königsetappe von Benzilan nach Deqin. Zwei wunderbare Tage mit drei 4.000er-Pässen

Die Etappe von Benzilan nach Deqin ist einer der Gründe, warum ich die Tour „Die Oberen Schluchten des Yangzi“ noch einmal machen wollte.

2005 auf Erkundungstour zusammen mit Andreas sind wir den Pass ein Drittel hochgefahren, haben dann angesichts der fehlenden Asphaltdecke und 50 Kilometern bis zum Gipfel einen Transport organisiert und sind dann vom letzten Pass nach Deqin abgefahren.
Die Geschichte dazu gibt es hier: Ein Bus namens Wanda

2013 stand ich aus eigener Kraft auf der letzten Passhöhe, bin 5 Kilometer abgefahren und dann zum Rest der Gruppe ins Auto gestiegen, weil es zu spät wurde.
Nachzulesen unter: Auf den Spuren von Wanda

Nun würde ich schon gerne einmal die ganze Strecke mit dem Rad absolvieren. Habe aber wie jedes Mal einen Heidenrespekt vor der Tour. Diesen Teile ich mit meinen Mitradlern. Als wir in Benzilan unsere Räder aufsatteln, meine ich ein dreistimmiges mentales Seufzen zu hören, von Anton, Michael und Rüdiger. Doch die vorsichtige Skepsis weicht schnell einer freudigen Zuversicht! Das Wetter zeigt sich von der besten Seite, obwohl es einen Tick zu heiß ist. Aber das ist Krise auf höchstem Niveau!

Wie die Nähmaschinen schnurren wir über die Serpentinen, hinauf zum ersten Stopp, der „Großen Biegung des Yangzi“. Die „Erste Biegung des Yangzi“ war als Name schon vergeben und schwer ideologisch belastet (mehr dazu in einer Woche!), blieb wohl nur noch „Die Allererste Biegung des Yangzi“ als unzureichende Alternative. Die „Große Biegung des Yangzi“ also. Wie auch immer: Höchst spektakulär!

Ein paar Kilometer weiter erwartet uns dann im Dongzhulin-Kloster eine weitere Inkarnation eines Bundeswehr-Spießes in tibetischer Mönchsrobe (s. Balagezong, Balagezong). „Zusammenbleiben! Keine Fotos!“ ruft er ohne Pause, bis mir höflich der Kragen platzt und ich ihn entsprechend darauf hinweise, dass er als buddhistischer Mönch doch ein wenig Gelassenheit an den Tag legen sollte. Xiao Luo, die Frau unseres Begleitfahrers, eigentlich eine Seele von Mensch, legt dann noch nach und fragt den Mönch Löcher in den Bauch. „Was, ihr esst Fleisch? Dürft ihr das denn als Mönche?“

Wie auch immer, wir genießen den Klosterbesuch und treten frohen Mutes in die Pedalen. Rüdiger so froh, dass die Kette reißt. Warum meine Kettenschlösser tief im Koffer vergraben sind, weiß ich nicht, vielleicht ein Anfall von Optimismus. Als ich sie dann endlich im hintersten Eck meines Gepäcks gefunden habe, ist die Kette schnell repariert. Der Berg ruft!

Und der Ruf des Berges ist laut! Eigentlich hatten wir eine Übernachtung in Shusong geplant, da gibt es ein tibetisches Guesthouse, das sich auf Reiseradler auf dem Weg nach Lhasa spezialisiert hat. Sah im Internet schick aus, ist real aber eher hip als sauber. Xiao Ding und Xiao Luo, unsere Begleitmann- und frauschaft entdecken ein Werbeplakat für eine neue Unterkunft vier Kilometer entfernt. Rufen an, es gibt Zimmer! Ich schicke die beiden mit dem Auto vor und warte auf die Gruppe. Als die drei in Shusong ankommen, fängt es an zu regnen. Vielleicht doch eine Nacht bei Hip und Dirty?

Glücklicherweise ruft Xiao Luo an und gibt grünes Licht. „Tolle Unterkunft!“, sagt sie. „Schau mal nach oben, ich winke Euch zu!“

Ich sehe keine Xiao Luo winken, nur ein Gebäude, hoch oben am Berg, zwischen Nebel und Regenwolken. Ein Blick auf meine Mitradler.
Ein offenes Wort.
Wollen wir es wagen?

Wir wollen. Der Regen ist intensiv, aber immerhin warm. Erstaunlich auf fast 2.800 Metern Höhe. Als mein GPS annähernd 3.200 Meter anzeigt, hört der Regen fast auf. Sechs Kilometer sind wir im strömenden Regen geradelt und die Erwartungen sind hoch. Hat es sich gelohnt?

Auf jeden Fall! Vor allem für das reichliche Abendessen aus eigenem Garten und Stall, alles Bio, wie mir die Chefin versichert!

In der Nacht öffnet der Himmel seine Schleusen. Am Morgen hängen die Wolken noch tief, aber es ist trocken und angenehm frisch. Wir sind froh, die Etappe um 15 Kilometer und 400 Höhenmeter abgekürzt zu haben. Gegen 14:30 Uhr stehen wir dann auf dem letzten von drei 4.000er-Pässen. Die Wolken brechen auf, die Sonne taucht die Berge in ein unwirkliches Licht. Es gibt Gipfelbier und Gipfelschnaps. Auf der Passhöhe treffen wir ein Pärchen aus Jena. Mit Wohnlastwagen. Auf dem Weg nach Singapur. Das beeindruckt auch eine tibetische Reisegruppe, die uns zur ausgedehnten Fotosession lädt. Die zwei holländischen Motorradfahrer waren da schon abgefahren.

Auch wir lassen es nach einer Stunde auf der Passhöhe rollen, fahren durch eine Märchenlandschaft und bremsen alle paar Meter, um Fotos zu machen.

„Gegenanstieg kurz vor Deqin!“, hatte ich die Gruppe vorgewarnt. Nix da! Der Tunnel kurz vor Deqin, schon 2005 bei unserer Erkundungstour im Bau, ist nun endlich fertig! Kürzt die Strecke um 10 Kilometer und 200 Höhenmeter ab. Bei allem Puritanismus und Radenthusiasmus: Die Einladung nehmen wir an! Zumal der Tunnel gut beleuchtet ist.

Am Abend sitzen wir dann in dem Restaurant, das uns auch schon vor zwei Jahren begeistert hat. Der Sohn der Chefin hat den Laden inzwischen übernommen. Lecker ist es immer noch!

Strecke 22.09.2015. Benzilan – Shusong

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Strecke 23.09.2015 Shusong – Deqin

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