Paschas und Patriarchen

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Ruhetag mit Bonbons!

Wenn es um Tiere geht, bin ich skeptisch. In Nepal, im Terai Nationalpark, verbrachte ich einmal zwei Stunden auf einem Elefanten-Rücken. „Chance to see a Pangolin: 70 Percent. Chance to see a tiger: 20 Percent! Chance to see an Elephant: 100 Percent!“

Auf dem Elefanten saßen wir, den haben wir gesehen und schmerzhaft gespührt, aber ansonsten kein Tiger und kein Ameisenbär. Nur ein paar Vögel und richtig große Ameisen, rot und fett. Aber dafür fahre ich nicht nach Südnepal!

Heute also Goldhaaraffen. Vor ziemlich genau 15 Jahren traf ich in Zhongdian ein Reporter-Team der Geo. Der Journalist frustriert, weil sein Auftrag war, über die mangelhaften Koservationsbemühungen der Chinesen zu berichten. „Alles perfekt!“, erzählte er mit hängenden Mundwinkeln. Die Chinesen machen, was die Bewahrung seltener Spezies angeht, einen super Job. Der Fotograph klagte derweil über schlechte Witterungsbedingungen.

Wir können nur festhalten: Den Goldhaaraffen geht es gut, sie sagen gerne auch mal auf zwei Meter Entfernung guten Tag und das Wetter war für uns Amateurknipser perfekt!

Nur der Pascha machte sich rar und scheucht lieber Artgenossen über die Bäume!

Den buddhistischen Patriarchen bekamen wir auch nicht vor die Linse, auf dem Berg mit phantastischer Aussicht wurde mehr gebaut als gebetet.

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Der perfekte Tag

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

86 km von Weixi nach Tacheng. Fabelwetter!

Beim Blick aus dem morgentlichen Hotelzimmer bin ich skeptisch. Es nieselt leicht, der Himmel ist verhangen.

Aber da: Ein Stück blauer Himmel. Also hänge ich mich beim Frühstück weit aus dem Fenster. Das wird ein wunderbarer Tag, postuliere ich, und die Gruppe hängt sich mental in den Himmel und nickt skeptisch.

Glück gehabt: Es wird ein strahlender Tag, mit blauem Himmel, kaum Wind, Temperaturen um die 25 Grad (etwas 20 Grad auf der immerhin fast 3.000 Meter hohen Passhöhe!). Wir genießen die 900 Höhenmeter, die wir uns nach oben schrauben, zelebrieren unseren letzten hohen Pass mit einem Gipfelbier und rollen dann entspannt auf Flüsterasphalt nach unten. 40 Kilometer, 1.000 Höhenmeter. Ohne zu bremsen! Einfach nur geil!!!

Dann wird die Straße enger und wir nähern uns dem Yangzi. Vor zwei Jahren logierten wir hier im Damo Hotel, simpel aber gut. Das machen wir wieder, nur dass es diesmal mehr als simpel und mehr als gut ist! Zum Abendessen gibt es zwar keine Wespenlarven, wie vor zwei Jahren (leider ausverkauft!), aber immerhin Butterpilze und Schweinehack im Eimantel, frittiert. Wir können also kein Haar in der Suppe finden!

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Das Hämmern in unseren Köpfen

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

138 km von Cizhong nach Weixi. Und dann ein Ruhetag zum Mondfest!

Aus meiner Studienzeit in Peking bin ich das gewohnt: Gebaut wird vor allem nachts. Auch gerne die lärmintensiven Bauabschnitte. Auf jeden Fall hämmert bis spät in die Nacht der Bautrupp an der zwei Kilometer entfernten Hochbrücke über den Mekong. Das Hämmern in unseren Köpfen. Ist gegen zwei Uhr vorbei. Himmlische Ruhe herrscht über dem Mekong-Tal. Und obwohl wir am Abend auf das angepriesene Huhn verzichtet haben, kräht ausnahmsweise, wie sonst in China auf dem Land üblich, kein Hahn um 5 Uhr früh. Glück gehabt!

Es wird gebaut, im Mekong-Tal. Zwei Staustufen sind geplant, auf dem etwas 30 Kilometer langen Abschnitt von Cizhong flussabwärts. Für uns heißt das: Baustellenverkehr, Matsch auf der Straße und einige faszinierende Einblicke in die chinesische Baulogistik:

Hinter der zukünftigen Staumauer wird es dann ruhig, das Tal lieblich und der Verkehr sporadisch. Im kontanten Auf-und-Ab geht es das Tal hinunter, meist mit Gegenwind, aber dennoch recht flüssig. Die eigentlich geplante Zwischenübernachtung auf halber Strecke schenken wir uns und fahren einen Ruhetag in Weixi heraus. Bis wir dort sind, erwartet uns ein 30 Kilometer langer Schlussanstieg. Durchschnittlich 5 Prozent, also fahrbar, mit dem einsetzenden Rückenwind sogar recht angenehm. Gegen 18:30 sind wir dann in Weixi und stoßen mit dem obligatorischen Schmutzbier auf die längste Etappe der Tour an.

Der Ruhetag plätschert dahin, wir waschen Wäsche, schreiben Mails und spazieren durch Weixi, eine, wie wir im Katalog schreiben würden „typisch chinesische Kleinstadt“.

Nach dem Abendessen beglückt uns die Restaurant-Chefin mit einem selbstgebackenem Mondkuchen.

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Im Magen sehr solide! Es wird Zeit, dass wir morgen wieder auf die Räder kommen! 800 Höhenmeter warten auf uns.

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P.S. Der Track ist leider unvollständig, weil Garmin GPS-Geräte herstellt, die mehr Bugs als Funktionen haben. Mein GPS spinnt eigentlich seit Kauf, jetzt setzt es langsam, pünktlich zum Ablauf der Garantiezeit, fast komplett aus. Dringende Empfehlung: Garmin-Geräte vermeiden, falls es Alternativen gibt (was leider nicht der Fall ist!)

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Schneller als die Sonne

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

73 km von Deqin nach Cizhong. Endlich Regen…

Vielleicht waren wir einfach zu leichtsinnig!

Anton, unser Wetterfrosch (während ich das schreibe, fällt mir zum ersten Mal die Ähnlichkeit zu Elmar Gunsch auf!) postulierte gestern Abend mal wieder „es könne ja gerne die ganze Nacht durch regnen!“. Hat es dann auch getan. Am Morgen dann noch ein paar Tropfen und dann sich ständig besserndes Wetter.

In wilder Schussfahrt geht es hinab zum Mekong, 1.200 Höhenmeter auf 20 Kilometern. Gerade, als wir das Mekong-Tal erreichen, bricht die Sonne durch die Wolken. Unsere Augen glänzen. Alles gut!

Zu früh gefreut!

Erst bläst uns ein Orkan entgegen, der selbst den Gegenwind auf der „längsten Abfahrt der Welt“ auf dem Friendship Highway zwischen Lhasa und Kathmandu in den Schatten stellt. In seinem Sog zieht er eine Regenfront mit, die es in sich hat. Wie Nadeln treffen uns die Regentropfen. Innerhalb von wenigen Minuten sind wir pitschnass. Immerhin, der Wind lässt nach!

Nach einer guten Stunde ist der Spuk vorbei, und die Sonne zeigt sich. Hält immer gut zwei Kilometer Abstand von uns.

„Schnell, bevor die Sonne uns erreicht!“, rufe ich Anton zu, als ich ihn überhole. Anton lacht, hält an und macht ein Foto vom sonnendurchflutenden Mekong-Tal, zwei Kilometer entfernt, im Norden.

Irgendwo zwischen Sonne und Regen erreichen wir Cizhong.

Der Küster sei gerade weggefahren, erzählt unser Herbergsvater und telefoniert dem Schlüssel der Kirche hinterher, wegen der wir nach Cizhong gekommen sind.

Die Kirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut und 2003 restauriert. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Papst Gregor XVI die Tibet-Mission auf den Weg gebracht und in den nächsten Jahrzehnten 44 Missionare auf ein im Wortsinne religiöses Himmelsfahrtskommando geschickt. Weniger als die Hälfte der Missionare überlebten, fielen unbekannten Krankheiten, Banditen und lokalen Intrigen zum Opfer.

Der tibetischen Theokratie waren die Eindringlinge ein Dorn im Auge, vor allem, als diese anfingen, Land aufzukaufen und an leibeigene Bauern zu verschenken. Mit dem Bau der Schmalspureisenbahn Haiphong-Kunming und der damit verbundenen Ausweitung des französischen Einflusses auf Yunnan pilgerten Anfang des 20. Jahrhunderts weitere Missionare in den Südwesten Chinas. Vor allem im Mekongtal konnten sich einige der Priester eine Basis schaffen und erlangten durch ihr soziales Engagement den Respekt vor allem der einfachen Leute.

Neben der Kirche in Cizhong entstanden entlang des Mekong in dieser Gegend 13 weitere Gotteshäuser. Nur wenige sind heute noch erhalten, jedoch eilt keiner der anderen Kirchen ein vergleichbarer Ruf voraus. Oft sind es einfache Backsteinhäuser ohne nennenswerte Dekoration.

Unser Herbergsvater streckt den Daumen nach oben und begleitet uns zur Kirche. Immer wieder ein Erlebnis!

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Männer, die auf Berge starren

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Tagesausflug zum Feilai Si

Der Kawa Karpo. 6.740 Meter hoch. Ein Turm über dem Mekong-Tal, das er fast 5.000 Meter überragt. Ein scheuer Geselle, der heilige Berg. Eine Gruppe tibetischer Pilger verbeugen sich gen Nebelwand. Da muss er sein, der Berg, der heilige, den die Pilger so verehren und selbst hinter einer Wolkenwand sicher verorten.

Ich habe ein Deja-Vu! Vor zehn Jahren, zusammen mit Andreas, warteten wir schon einmal auf die Berggottheit, auf das sie sich entkleidet:

Über dem Tal thront das Kawa-Karpo-Massiv, dessen höchster Gipfel, der Kagebo, 6.740 Meter hoch ist. Direkt gegenüber, auf der diesseitigen Seite des Mekong markieren eine Gruppe von acht Stupas und eine Ansammlung von Teehäusern einen luftigen Aussichtspunkt, der einen unverstellten Blick auf den Kawa Karpo verspricht. (…) Eine dichte Wolkendecke verhüllt das Kawa-Karpo-Massiv, auch der Mekong ist zwar als entferntes Rauschen zu hören, aber leider nicht zu sehen.

Das scheint wohl öfter der Fall zu sein, da entlang der Straße ein gutes Dutzend hölzerner Teestuben mit Aussichtsterrasse für auf klares Wetter wartende Reisende einfache Speisen und heißen Tee anbieten. Wir machen es uns am Fenster einer der Teestuben gemütlich und bestellen eine Kanne halbfermentierten Oulong-Tee und ein paar Snacks. Alle paar Minuten beugt sich einer von uns aus dem Fenster und spät nach einem Wolkenloch. In der Zwischenzeit füllt die Bedienung immer wieder unsere Teekanne. Der zweite Aufguss – dichte Wolkendecke. Der dritte – aus einer Wolkenlücke lugt eine Bergspitze hervor. Der vierte – die Sonne bricht durch die Wolkenwand und der Mingyong-Gletscher ist in gleißendes Licht getaucht. Das schneebedeckte Kawa-Karpo-Massiv ist nun gut sichtbar. Nur vor dem Kagebo hängt noch eine Wolkenwand. Der fünfte Aufguss. Ein kleines Wölkchen noch! Zieht das nicht gerade nach oben? Wir starren gebannt aus dem Fenster. Der Tee drückt auf die Blase. Nicht jetzt! Ein kleiner Windstoß noch! Nach weiteren fünf Minuten Warten entspannen wir uns wieder, bestellen nun jeder ein Bier, eine Portion frittierten Yakschinken und ein paar Erdnüsse und geben auf. Tatsächlich ziehen weitere Wolken vor den Kagebo, und dann kündigt sich die einbrechende Dämmerung an. Wir zahlen, wuchten unsere Knoblauch-Teewasser-Yakschinken-Bierbäuche auf die Fahrräder und werfen auf der Rückfahrt noch einmal einen Blick ins Mekong-Tal. Nebel! Oder Wolken? Der Fluss muss jedenfalls noch bis morgen warten!

Nun, so ähnlich war es auch heute!

Gebannt starrten wir auf das Bergmassiv, riefen uns zu, wenn wieder ein Stück blauer Himmel zu sehen war.

Aber der Berg blieb schüchtern.

Man kann nicht alles haben!

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Serpentinen!

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Königsetappe von Benzilan nach Deqin. Zwei wunderbare Tage mit drei 4.000er-Pässen

Die Etappe von Benzilan nach Deqin ist einer der Gründe, warum ich die Tour „Die Oberen Schluchten des Yangzi“ noch einmal machen wollte.

2005 auf Erkundungstour zusammen mit Andreas sind wir den Pass ein Drittel hochgefahren, haben dann angesichts der fehlenden Asphaltdecke und 50 Kilometern bis zum Gipfel einen Transport organisiert und sind dann vom letzten Pass nach Deqin abgefahren.
Die Geschichte dazu gibt es hier: Ein Bus namens Wanda

2013 stand ich aus eigener Kraft auf der letzten Passhöhe, bin 5 Kilometer abgefahren und dann zum Rest der Gruppe ins Auto gestiegen, weil es zu spät wurde.
Nachzulesen unter: Auf den Spuren von Wanda

Nun würde ich schon gerne einmal die ganze Strecke mit dem Rad absolvieren. Habe aber wie jedes Mal einen Heidenrespekt vor der Tour. Diesen Teile ich mit meinen Mitradlern. Als wir in Benzilan unsere Räder aufsatteln, meine ich ein dreistimmiges mentales Seufzen zu hören, von Anton, Michael und Rüdiger. Doch die vorsichtige Skepsis weicht schnell einer freudigen Zuversicht! Das Wetter zeigt sich von der besten Seite, obwohl es einen Tick zu heiß ist. Aber das ist Krise auf höchstem Niveau!

Wie die Nähmaschinen schnurren wir über die Serpentinen, hinauf zum ersten Stopp, der „Großen Biegung des Yangzi“. Die „Erste Biegung des Yangzi“ war als Name schon vergeben und schwer ideologisch belastet (mehr dazu in einer Woche!), blieb wohl nur noch „Die Allererste Biegung des Yangzi“ als unzureichende Alternative. Die „Große Biegung des Yangzi“ also. Wie auch immer: Höchst spektakulär!

Ein paar Kilometer weiter erwartet uns dann im Dongzhulin-Kloster eine weitere Inkarnation eines Bundeswehr-Spießes in tibetischer Mönchsrobe (s. Balagezong, Balagezong). „Zusammenbleiben! Keine Fotos!“ ruft er ohne Pause, bis mir höflich der Kragen platzt und ich ihn entsprechend darauf hinweise, dass er als buddhistischer Mönch doch ein wenig Gelassenheit an den Tag legen sollte. Xiao Luo, die Frau unseres Begleitfahrers, eigentlich eine Seele von Mensch, legt dann noch nach und fragt den Mönch Löcher in den Bauch. „Was, ihr esst Fleisch? Dürft ihr das denn als Mönche?“

Wie auch immer, wir genießen den Klosterbesuch und treten frohen Mutes in die Pedalen. Rüdiger so froh, dass die Kette reißt. Warum meine Kettenschlösser tief im Koffer vergraben sind, weiß ich nicht, vielleicht ein Anfall von Optimismus. Als ich sie dann endlich im hintersten Eck meines Gepäcks gefunden habe, ist die Kette schnell repariert. Der Berg ruft!

Und der Ruf des Berges ist laut! Eigentlich hatten wir eine Übernachtung in Shusong geplant, da gibt es ein tibetisches Guesthouse, das sich auf Reiseradler auf dem Weg nach Lhasa spezialisiert hat. Sah im Internet schick aus, ist real aber eher hip als sauber. Xiao Ding und Xiao Luo, unsere Begleitmann- und frauschaft entdecken ein Werbeplakat für eine neue Unterkunft vier Kilometer entfernt. Rufen an, es gibt Zimmer! Ich schicke die beiden mit dem Auto vor und warte auf die Gruppe. Als die drei in Shusong ankommen, fängt es an zu regnen. Vielleicht doch eine Nacht bei Hip und Dirty?

Glücklicherweise ruft Xiao Luo an und gibt grünes Licht. „Tolle Unterkunft!“, sagt sie. „Schau mal nach oben, ich winke Euch zu!“

Ich sehe keine Xiao Luo winken, nur ein Gebäude, hoch oben am Berg, zwischen Nebel und Regenwolken. Ein Blick auf meine Mitradler.
Ein offenes Wort.
Wollen wir es wagen?

Wir wollen. Der Regen ist intensiv, aber immerhin warm. Erstaunlich auf fast 2.800 Metern Höhe. Als mein GPS annähernd 3.200 Meter anzeigt, hört der Regen fast auf. Sechs Kilometer sind wir im strömenden Regen geradelt und die Erwartungen sind hoch. Hat es sich gelohnt?

Auf jeden Fall! Vor allem für das reichliche Abendessen aus eigenem Garten und Stall, alles Bio, wie mir die Chefin versichert!

In der Nacht öffnet der Himmel seine Schleusen. Am Morgen hängen die Wolken noch tief, aber es ist trocken und angenehm frisch. Wir sind froh, die Etappe um 15 Kilometer und 400 Höhenmeter abgekürzt zu haben. Gegen 14:30 Uhr stehen wir dann auf dem letzten von drei 4.000er-Pässen. Die Wolken brechen auf, die Sonne taucht die Berge in ein unwirkliches Licht. Es gibt Gipfelbier und Gipfelschnaps. Auf der Passhöhe treffen wir ein Pärchen aus Jena. Mit Wohnlastwagen. Auf dem Weg nach Singapur. Das beeindruckt auch eine tibetische Reisegruppe, die uns zur ausgedehnten Fotosession lädt. Die zwei holländischen Motorradfahrer waren da schon abgefahren.

Auch wir lassen es nach einer Stunde auf der Passhöhe rollen, fahren durch eine Märchenlandschaft und bremsen alle paar Meter, um Fotos zu machen.

„Gegenanstieg kurz vor Deqin!“, hatte ich die Gruppe vorgewarnt. Nix da! Der Tunnel kurz vor Deqin, schon 2005 bei unserer Erkundungstour im Bau, ist nun endlich fertig! Kürzt die Strecke um 10 Kilometer und 200 Höhenmeter ab. Bei allem Puritanismus und Radenthusiasmus: Die Einladung nehmen wir an! Zumal der Tunnel gut beleuchtet ist.

Am Abend sitzen wir dann in dem Restaurant, das uns auch schon vor zwei Jahren begeistert hat. Der Sohn der Chefin hat den Laden inzwischen übernommen. Lecker ist es immer noch!

Strecke 22.09.2015. Benzilan – Shusong

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Strecke 23.09.2015 Shusong – Deqin

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Balagezong, Balagezong

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Von Zhongdian zum Yangzi. Ideales Radfahrwetter

Balagezong, Balagezong…

Rhythmisch brettern unsere Reifen über die kleinen Unebenheiten der Straße.

Balagezong, Balagezong…

Die ersten Steigungen haben wir hinter uns, es rollt gut und die Aussichten sind fantastisch!

Die Ausfahrt aus Zhongdian ist wie vor zwei Jahren eher trist und staubig. Doch schon hinter der ersten Kuppe beruhigt sich der Verkehr und wir rollen mit leichtem Rückenwind durch ein liebliches Tal.

Balagezong, Balagezong…

Vor zwei Jahren wollten wir die gerade für den Tourismus erschlossene Region Balagezong besuchen. Bei den Planungen für „Auf den Spuren von Wanda“ war mir auf der ITB ein Stand aufgefallen, der Balagezong vorstellte. Enge Schluchten, unberührte Natur, Schneeberge. Das überzeugte.

Zwei Wochen vor der Tour verwüstete ein Erdbeben die Region. Balagezong war unzugänglich und wir wurden auf der Tour Zeuge der Verwüstungen, die auch Benzilan, unser nächstes Ziel am Yangzi getroffen hatten.

Zwei Jahre später waren wir dann endlich da. Es hat sich gelohnt!

Vor allem der Weg nach Balagezong begeistert uns. Schon die Strecke von Zhongdian bis zum Yangzi ist fantastisch, erst einige Höhenmeter nach oben, dann eine kleine Abfahrt, wieder gut 200 Höhenmeter bis zum Ort Nixi und dann: Schussfahrt! 1.300 Höhenmeter auf knapp 40 Kilometer! Und das alles bei bestem Radwetter, 25 Grad und Sonne, die immer wieder zwischen den spektakulären Wolken hervorkommt.

Da hat ein 20 Kilometer langer Schlussanstieg mit mehr als 400 Höhenmetern in der Regel etwas nervtötendes, vor allem am Ende einer Etappe. Nicht so der Weg nach Balagezong! Erst leicht, dann stärker ansteigend windet sich die schmale, fast autofreie Straße durch eine immer enger werdende Schlucht, durch die ein wilder Bergbach tobt. Dort, wo die Straße endet, steht auch unser Hotel. Praktisch!

Am nächsten Tag bekommen wir dann eine Lektion in Sachen chinesischem Tourismus. Balagezong darf man nur in der Gruppe und mit lokalem Reiseführer besichtigen. Und dann auch nur nach festem, auf die Minute festgelegtem Programm. Und Tashi, unser tibetischer Guide für den halben Tag, war im letzten Leben wohl Spieß bei der Bundeswehr. Jedenfalls wenn es um die Gäste, sprich uns geht. Dann heißt es zehn Minuten hier, nicht zu weit weggehen, Punkt 12:50 wieder aus der Schlucht zurück. Wenn er uns nicht gerade herumkommandiert, dann flätzt er sich faul auf seinen Autositz.

Schön war es trotzdem, auch wenn wir den namensgebenden Balagezong-Schneeberg nicht sehen konnten, der sich hinter den Wolken versteckte. Nach insgesamt fast acht Kilometern Wanderung durch zwei durchaus eindrucksvolle Schluchten sind wir froh, wieder auf den Rädern zu sitzen. Nach knapp 40 Kilometern erreichen wir Benzilan. Von den Erdbebenschäden ist kaum noch etwas zu sehen.

Die Fahrt durch das Yangzi-Tal, der hier noch Goldsandfluss heißt, macht Lust auf mehr. Wer weiß, vielleicht probieren wir in ein paar Jahren mal die Route von Benzilan nach Sichuan aus, die noch ein Stück den Yangzi entlang führt!

Strecke 20.09.2015, Zhongdian – Balagezong

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Strecke 21.09.2015, Balagezong – Benzilan

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It’s Bicycle Repair Man!

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Tagesausflug in Zhongdian. 42 km bei idealem Radwetter. Arbeitseinsatz im Grasland!

Der übrig gelassene Hühnerkopf zeigt keine negativen Auswirkungen. Das Wetter bleibt schön!

Fast können wir unser Glück nicht fassen: Laut Wetterbericht hat es 16 Grad und Regen. Laut eigener Wahrnehmung und Messung 21 Grad und Sonnenschein. Zum ersten Mal, seit ich in Zhongdian bin, steige ich entspannt aus den heißen Quellen, die der tradtitionelle Abschluß unserer Radtour in die Umgebung Zhongdians sind.

Um die 45 Grad hat das Heilwasser. Da kommt einem schon bei dem Gedanken, das Bad zu verlassen, das kalte Bibbern. Heute steigen wir alle entspannt aus der öffentlichen Badewanne, die heute eine lärmende Schulklasse bei Laune hält und genießen die spätsommerliche Wärme.

Am Vormittag sind wir zum Dabao Si geradelt, einem heiligen Hein knapp 20 Kilometer von Zhongdian entfernt. Noch bei meinem letzten Besuch erzählte einer der Mönche, dass der Tempel schon seit Jahrhunderten eine Schutzfunktion für Tiere hätte. Hühner, Ziegen, sogar Kühe kämen hierher, um ihren Frieden und vor allem Gnade beim Schlachter zu finden, sagte der Mönch, und zeigte mit ausladender Geste auf die Ziegenherde, die Kühe, die Hühner, die es sich auf dem Tempelgelände gemütlich gemacht hatten.

Nun umfasst ein hoher Zaun das Tempelgelände. Die Gebetsfahnen, einst unkoordiniert kreuz und quer zwischen den Bäumen gespannt, wirken seltsam geordnet. Die mystische Stimmung, die den Tempel immer ausgemacht hat, ist ebenso verschwunden wie die Tiere, die nun vor verschlossener Tür mähen, muhen und gackern. Eine versprengte Ziege, die den Sprung über den Zaun gewagt hat, wird von einem jungen Mönch an einem Strick zum Tor heraus gezerrt. Kein Paradies für Tiere mehr!

Ob das gut für das Karma der Mönche ist? Die, so der tibetische Glaube, bei einem verfehlten Mönchsleben als Hund wiedergeboren werden?

Aber wir tun etwas für unser Karma, oder zumindest für die Völkerverständigung. Auf dem Hinweg zum Dabao Si hatten wir eine kurze Rast in einem tibetischen Dorf gemacht. Die Dorfjugend, besser gesagt, ein halbes Dutzend Jungs umkurvte uns mit ihren Rädern. Vor allem der Jüngste hatte sichtlich Spaß daran, den Langnasen seine Radkünste vorzuführen.

Auf dem Rückweg saß er traurig neben seinem Fahrrad auf der Straße. So bunt und doch fahruntüchtig!

Langsam fahre ich an ihm vorbei, denke an meine beiden Kinder. Dem Jungen kann doch sicherlich geholfen werden!

„Stopp!“, rufe ich nach vorne. Drehe um, schaue mir den Schaden an. Die Kette, besser gesagt, lose verbundene Kettenglieder, die von getrocknetem Lehm zusammengehalten werden, ist vom Ritzel gesprungen.

Klarer Fall: Hinterrad lockern, Rad nach untern schieben und die Kette wieder aufziehen. Rüdiger hat glücklicherweise eine Kombizange dabei, die ich auf Tagesausflügen in der Regel im Hotel lasse. Zehn Minuten schrauben und drehen, ziehen und spannen Rüdiger und ich am Rad, unter dem skeptischen Blick der Dorfjugend.

Anton und Michael dokumentieren den Vorgang fotografisch und dann blicken wir in ein strahlendes Gesicht: Die Kette sitzt wieder auf dem Ritzel und die Dorfjugend kramt in ihren Englisch-Kenntnisse: „Thank you very much!“

Gern geschehen!

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Rainman at Rest

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Kurzer Flug nach Zhongdian, Probetour zum Songzanlin-Kloster. Brilliantes Wetter!

头等舱丢土豆 Gäbe es diesen Spruch im Chinesischen, ich würde ihn mit „Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln“ übersetzen. Kartoffeln fliegen in China auf jeden Fall First Class und fallen zuweilen aus dem Sack:

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Das war dann eigentlich auch das Einzige, was am heutigen Tag schief ging. Xiao Ding und Xiao Luo, unser traditionelles Begleitteam, holt uns in Zhongdian am Flughafen ab und bringt uns ins Hotel. Dort stehen die Räder schon bereits, die die beiden direkt vom Fahrradladen in Kunming, der unseren gesamten chinesischen Fuhrpark betreut, nach Zhongdian gebracht haben.

Nach einem kurzen Mittagessen mit frittiertem Yakschinken genügen ein paar Handgriffe und schon sind wir abfahrtbereit.

Vor zwei Jahren hatte ich die Räder noch in Einzelteile zerlegt ins Hotel geliefert bekommen. Was für eine Wohltat, einfach Losradeln zu können!

An dieser Stelle ein ernstes Wort: In den letzten Jahren hatte ich mir den Titel des Regenmachers redlich erarbeitet. Wo immer ich auftauchte, es fing zu regnen an. Nicht nur einen Tag! Sondern gerne auch wochenweise. Sobald eine China-By-Bike-Gruppe in ein Regenloch fiel, riefen unsere Reiseleiter in Berlin an und erkundigten sich, ob ich in China sei.

Aus, aus, vorbei! Regenfrei und Spaß dabei!

Fast zehnmal war ich in Zhongdian, und noch nie habe ich die Stimmung am Songzanlin-Kloster, einem der größen tibetischen Klöster Chinas, so genossen. Gebannt starren wir von der Empore des Hauptgebäudes in Richtung Stadt und sind fasziniert von den Schattenspielen, die die tief hängenden Wolken und die untergehende Sonne veranstalten.

Emotional etwas angeschickert beschließen wir den Tag bei einem Hühner-Pilz-Hotpot und tibetischem Hirsebier. Letzteres findet keine Anhänger, das Huhn (ein GANZES Huhn, betont die Restaurant-Besitzerin!) wird bis auf den letzten Rest (siehe Foto) verputzt.

Schließlich soll das Wetter ja schön bleiben!

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Dreimal Kunming hin und zurück

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Oh wie schön ist der Kunminger Flughafen

Wir sind wieder am Mekong unterwegs! Schon 2013 sind wir den Mekong entlang geradelt. Vom Oberlauf bis ins Delta!.

Nun also erst einmal die Oberen Schluchten des Mekongs. Mit drei Teilnehmern. Das sollte doch einfach sein! Zumindest, was die Anreise angeht. Ist es aber nicht, weil alle vier Radler, meine Wenigkeit eingeschlossen, mit unterschiedlichen Flügen ankommen. Ich bin am 15.09. bereits aus Singapur eingschwebt, wo ich für den Update meines Singapur-Buches recherchiert habe. Anton kam am Vormittag. 40 Minuten zu früh. Ursprünglich hatte ich überlegt, die Zeit bis zu Michaels Ankunft am Flughafen zu überbrücken. Das Internet zeigt aber 30 Minuten Verspätung bei Michael. Also rein ins Taxi, mit Anton ins Hotel. Mittagessen in einer Garküche um die Ecke. Dann wieder zum Flughafen. Michael ist pünktlich unpünktlich. Rüdiger kommt erst morgen. Thai Airlines war der Flug zu dürftig gebucht und sie hat ihn kurzfristig storniert. Unseren letzten Mitradler hole ich also am Folgetag ab.

Bleibender Eindruck für mich aus zwei Tagen Kunming:
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Immerhin, architektonisch durchaus interessant!

Und auch meine chinesische Lieblingsgroßstadt zeigt sich von ihrer besten Seite, zumindest kulinarisch:

Endlich vereint, sind wir dann auch noch auf Stadtbesichtigung gegangen. Unsere bewährte Route durch Kunming: Der buddhistische Yuantong-Tempel, der Cuihu-Park und die leider immer kleiner werdende Altstadt. Ein paar traurige Häuser sind noch übrig, von den traditionellen Holzbauten, die einst Kunming ausmachten. Allerdings ließ die Bausubstanz zuweilen deutlich zu wünschen übrig, und, wie Anton richtig bemerkt, ist es angesichts der Elektroinstallation eher verwunderlich, dass die Altstadt so lange überlebte.

Immerhin: Es entstehen die üblichen Disneyland-Altstadt-Straßen in Kunmings Innenstadt. Das Schöne daran: So wie in China gebaut wird, wirken die Neubauten im alten Stil nach fünf Jahren schon historisch. Der Zahn der Zeit mahlt in China ein wenig schneller!

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