Dunkel

Südlich der Wolken, 25.06. bis 17.07.2011

Mein Blog musste leider ein paar Tage aussetzen. In der gesamten Region um Qiaotou gab es aufgrund der Installation neuer Stromleitungen keinen Strom und in Shigu bekam ich keinen Internetzugang. Hier in Lijiang klappt es auch nicht so recht, somit kommen meine Blogeinträge erst ab heute so nach und nach.

Wir machten uns um 09:30 Uhr in Shangri-la auf den Weg in Richtung Qiaotou. Anfangs ging es noch relativ eben durch das Grasland aber dann wurde es hügelig. Als wir von der neuen Landstraße schließlich auf die alte Landstraße abbogen, wurden die Hügel etwas heftiger und gipfelten schließlich in einem knackigen Anstieg, der bei einer einsamen Stupa im Wald endetet. Und alles auf einer Höhe von über 3000 m.

Als wir es dann geschafft hatten, ging es (fast) nur noch bergab. Und das für satte 50 km. Das macht Spaß vor allem weil es durch zauberhafte Berglandschaft ging, durch kleinste Dörfer und die letzten Kilometer dann wieder auf der neuen Landstraße bis Qiaotou.

In Qiaotou angekommen, hieß es, wir können Euch vorerst keine Zimmer geben, da wir keinen Strom haben und die Zimmerschlüsselkarten mit dem Computer codiert werden müssen. Am Abend sei aber wieder Strom vorhanden. Also gingen wir erst mal ein Schmutzbier trinken, das mein Kollege Jan Reisch etabliert hat, und anschließend essen. Nur zur kurzen Erklärung für Leute die noch nicht mit China By Bike unterwegs waren: Ein Schmutzbier ist das Bier gleich nach Ankunft am Zielort, noch vollkommen verschwitzt und ungeduscht.

Als wir wieder im Hotel waren gab es immer noch keinen Strom aber man teilte uns Zimmer zu. Dass es kein Licht gab, wir aber gerne noch duschen würden war irgendwie nicht so wichtig. Frei nach dem sozialistischen Motto: Wo keine Lösung, da auch kein Problem. Auf Nachfrage gab man uns dann schließlich pro Zimmer zwei Kerzen. Das hatte auch was. Bei romantischem Kerzenschein habe ich schon lange nicht mehr geduscht.

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Grasland

Südlich der Wolken, 25.06. bis 17.07.2011

Die Höhe macht einem schon zu schaffen. Zwar hatten wir nicht viele Höhenmeter zu überwinden bei unserem Ausflug ins Grasland, aber gefühlt waren es 1000 m mehr. Jeder Meter ist durch die dünne Luft doppelt so anstrengend. Für die Kulisse, die sich uns bot, hat sich die Anstrengung aber voll gelohnt. Wir radelten durch sanfte Hügel auf diesem schönen Hochplatteau, vorbei an tibetischen Bauernhöfen und kleinen Dörfern bis hin zu der Stelle wo einst das Dabao-Kloster stand. Dieses wurde abgerissen und jetzt wird dort ein Neues gebaut. Ein Größeres, das mehr Pilger und Touristen anlocken soll. In drei Jahren soll es fertig sein und alles in Handarbeit. Keine einzige Maschine war zu sehen. Die Arbeiter schleppten schwere Felsbrocken, schlugen diese mit Hämmern in Form und hieften diese auch per Hand auf die Mauern.

So wie überall in China, wird auch hier mittlerweile in Superlativen gedacht und sich auf den großen Tourismus vorbereitet. Immer größer und gigantischer muss es werden um mehr Geld damit zu machen. Ich wünsche es den Leuten hier natürlich, dass sie gut leben können, aber eigentlich hoffe ich, dass es noch eine Weile beschaulich hier bleibt. Aber China fiebert der Zukunft entgegen. In Shanghai bauen sie immer höhere Hochhäuser und in Shangri-la immer größere Tempel.

Anschließend fuhren wir zu den heißen Quellen in der Nähe des Dabao-Tempels. Das Bad im heißen Wasser inmitten eines idyllischen Bergtals tat wirklich gut und entspannte uns. Nur die vielen Treppenstufen aus dem Tal wieder heraus machten die Erholung fast wieder zunichte. Dafür war die Rückfahrt entspannter als die Hinfahrt. Denn nun ging es tendenziell bergab.

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Dünne Luft

Südlich der Wolken, 25.06. bis 17.07.2011

Unser heutiger früher Flug brachte uns wenigstens ins Paradies. Ob ich jemals wieder ausschlafen kann? Aber im Paradies, oder Shangri-la wie es die Tibeter nennen, sollte doch eigentlich alles besser werden. Die Präfektur in der wir uns gerade befinden heißt tatsächlich Shangri-la. Jene, die das Buch „Lost Horizon“ von James Hilton gelesen oder den Film gesehen haben, kennen es ja schon: Shangri-al.

In dem Roman geht es um einen traumhaft schönen Ort tibetischer Prägung, mit einem lamaistischen Kloster und Menschen verschiedenster Herkunft, die alle äußerst harmonisch zusammen leben und nicht altern. Die Volksrepublik China glaubt, den Ort, der dem Roman als Vorlage diente gefunden zu haben. Und zwar im Örtchen Zhongdian. Folglich wurde der Ort 2001 in Shangri-la umgetauft. Ich habe da aber so meine Zweifel. Ich habe heute mit eigenen Ohren einem Streit beigewohnt und habe auch einige alte Menschen gesehen (Beweisfotos anbei).

Aber schön ist es hier trotzdem. Berge gibt‘s, gute wenn auch dünne Luft (wir sind hier auf 3.300m ü.M.) und jede Menge tibetische Kultur. Die Hauptattraktion tibetischer Kultur ist das Songzanlin Kloster, leider mit jeder Menge Treppenstufen. Bei der dünnen Luft hier klatschen bei jeder Stufe die Lungenflügel Beifall. Etwa 500 Mönche leben und lernen in diesem Kloster. Leider ist die Haupthalle noch immer im Bau, denn die alte marode Halle wurde abgerissen und mit staatlichen Geldern wieder neu aufgebaut. Nach allem was man schon sehen kann, wird sie stattlich werden. Wieder nix mit der buddhistischen Bescheidenheit….

Auf dem Rückweg bzw. auf dem Weg zum Abendessen sind wir noch eine Runde über den Markt gegangen. Auch der ist tibetisch geprägt, wie das meiste hier. Die Tibeter machen hier in Shangri-la rund 30% aus. Auf dem Markt gibt es alles was die tibetische Hausfrau so braucht. Von den Kochutensilien über die Zutaten bis hin zu fertigen Speisen. Ja, es gibt eine große Restaurant-Abteilung auf dem Markt, die so lecker duftete und appetitlich aussah, dass Michaela den Wunsch äußerte, morgen dort Abendessen zu gehen. Heute gingen wir bei unserer Buchungspartnerin Uttara essen, die ein sehr schönes und gutes Restaurant in der neuen Altstadt von Shangri-la betreibt. Mit meinem Vorsatz ein wenig abzunehmen wird das irgendwie nix. Es schmeckt einfach hier überall zu gut. Ich denke ich muss wenn ich wieder zurück in Berlin bin, mal eine Döner-Diät einlegen.

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Ewiger Frühling

Südlich der Wolken, 25.06. bis 17.07.2011

Das Aufstehen fiel nicht leicht. 05:00 Uhr ist irgendwie nicht meine Zeit. Da lief alles so ein bisschen wie in Trance ab. Und plötzlich saßen wir im Flugzeug und flogen einmal quer durchs Land. Vom Nordosten in den Südwesten. Über drei Stunden Flugzeit. Das vergegenwärtigt einem sehr deutlich die Größenverhältnisse des Landes.

In Kunming, der Stadt des ewigen Frühlings angekommen, ging es erstmal ins Hotel. Einchecken, kurze Pause und dann ab in die Stadt in Richtung Yuantong Tempel. Unterwegs konnten wir ein Rentner-Cricket-Turnier beobachten. Die angetretenen Damen und Herren spielten mit großem Ernst und Feuereifer. Das war recht trollig anzusehen. Die Regeln sind mir leider immer noch nicht klar.

Im Yuantong-Tempel tauchten wir dann in eine völlig andere Welt ein. Der Großstadtlärm blieb vor den Tempelmauern zurück und wir konnten in einer friedlichen Atmosphäre Menschen beim Opfern und Beten zuschauen. Die Tempelanlage stammt aus der Nazhao-Zeit vor etwa 1200 Jahren, wurde aber bis in die Ming-Zeit 14./15. Jahrhundert weiter ausgebaut. Eine sehr schöne und eher untypische Tempelanlage.

In wieder eine andere Welt tauchten wir dann auch im Cuihu-Park ein. Dort herrschte ein irres Gewusel und an jeder Ecke tanzten und/oder musizierten kleinere oder größere Gruppen. Das Repertoire reichte von Minderheiten-Folklore über Revolutionslieder bis hin zu modernem Gesellschaftstanz. Das ist schon ein echtes Erlebnis und chinesische Kultur hautnah und sogar zum Mitmachen, wenn man will. Bei uns überwog leider das Schamgefühl und so blieb es beim Zuschauen.

Das Abendessen nahmen wir dann im vegetarischen Restaurant neben dem Yuantong-Tempel ein. Dort werden Fleisch-, Fisch- oder Geflügelgerichte immitiert und mit rein pflanzlichen Zutaten so hergerichtet, dass es so schmeckt und sogar so ähnlich aussieht wie die original Gerichte aus Fleisch. Wir hatten Hamburgersteaks mit Pfeffertunke, Fischstreifen mit Wasabi, Maultaschen mit Pilzfüllung und gedünstete Kartoffelstreifen. Alles sehr lecker. Ein Absacker-Bier in einer Kneipe in der Nähe des Hotels durfte natürlich auch nicht fehlen, aber dann fielen wir alle tot müde ins Bett. Und der nächste Tag versprach ja auch kein Ausschlafen.

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Wir sind Helden

Südlich der Wolken, 25.06. bis 17.07.2011

Nach chinesischer Ansicht sind wir heute zu Helden geworden. Denn nur wer die chinesische Mauer erklommen hat ist ein wahrer Held. Mit dem Taxi ging es heute zum etwa 80 km nördlich von Peking gelegenen Mauerabschnitt bei Huanghua. Die sogenannte „wilde Mauer“. Die Mauer bei Huanghua hat den großen Vorteil, dass sie sehr untouristisch ist. Wir haben während der zwei Stunden, die wir auf der Mauer herum geklettert sind, nicht mal 10 Personen getroffen. Wären wir in Badaling gewesen, hätte ich sagen müssen: und wir haben nicht mal 10.000 Leute getroffen. Also, es war einsam auf der Mauer. Ein tolles Gefühl. Bei strahlendem Sonnenschein (fast) vollkommen Touristen-frei dieses grandiose Bauwerk und die herrliche Berglandschaft in die sich die Mauer schmiegt genießen zu können, ist schon ein Luxus. Wobei man nicht verhehlen darf, dass auch ein etwas anstrengender Luxus ist, denn die Mauer ist stellenweise ganz schön steil. Wir haben die Millionen von Frohnarbeiter schon sehr bedauert, die in dieser einsamen und unzugänglichen Gegend ein solches Mammut Bauwerk schaffen mussten.

Direkt am Fuße der Mauer kehrten wir in einem kleinen familiären Restaurant ein, das eine ausgezeichnete ländliche Küche bietet. Der große Renner war der gegrillte Fisch.

Auf dem Rückweg in die Stadt machten wir im Norden Pekings am Olympia-Gelände halt und wanderten zwischen den futuristisch anmutenden Sportstadien herum, und besichtigten das Hauptstadion, das „Birds Nest“, auch von innen. Ein gigantisches Stadion mit faszinierender Architektur, dass die meiste Zeit ungenutzt rumsteht. Schade eigentlich.

Abendessen gab es wieder in einem der Restaurants in der Altstadt in der Nähe des Hotels. Und einen kleinen Absacker tranken wir dann noch auf der Dachterrasse der Pass By Bar. Sehr angenehm, vor allem, da es am Abend kaum abkühlt und ein kühles Bierchen eine rechte Wohltat ist. Aber nur eins, denn morgen heißt es um 05:00 Uhr aufstehen um nach Kunming zu fliegen.

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Daole

Südlich der Wolken, 25.06. bis 17.07.2011

„Daole“ heißt zu Deutsch „angekommen“. Gestern sind wir nach 9 Stunden Flug in Beijing angekommen. Nach einer kurzen Pause machten wir einen kurzen Spaziergang durch die Hutongs, die engen Altstadtgassen Pekings in denen sich auch unser Hotel befindet, in Richtung Trommelturm. Dort genossen wir die Aussicht über die Altstadt und wohnten der kurzen Trommeldarbietung bei, die jede halbe Stunde stattfindet. Anschließend spazierten wir zum Houhai, einem kleinen See mit Vergnügungsmeile und setzten uns in eine der Kneipen am Seeufer und genossen ein Bier. Zu mehr reichte unsere Energie nicht mehr nach dem anstrengenden Flug.

Heute Morgen sah das mit unserer Energie schon ganz anders aus. Nach dem Frühstück fuhren wie mit dem Taxi zum Himmelstempel. Das ließ sich mit dem Taxi gut machen, denn wir sind eine kleine private Gruppe von nur 3 Leuten (inklusive meiner Wenigkeit). Der Himmelstempel präsentiert sich bei strahlendem Sonnenschein. Das war ein herrliches Bild. Die glänzenden blauen Dächer in der strahlenden Sonne. Und um so schöner, da ich wusste, dass es in der vergangenen Woche extrem geregnet hatte. Im Park rund um den Himmelstempel, dem Wahrzeichen Pekings beobachteten wir dann noch die Freizeitaktivitäten der Menschen die sich dort versammelten. Es wurde gestrickt, Karten gespielt, musiziert und vor allem getanzt. Das gefiel Hubert ganz besonders und es juckte ihm auch schon gewaltig im Tanzbein. Aber von uns beiden anderen wollte keiner so recht mitmachen. Schade! Vielleicht beim nächsten Mal, denn solch öffentlichen Tanz sehen wir bestimmt bald wieder.

Weiter ging es dann zum Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen). Dort rüstete man für den 90.Geburtstag der Kommunistischen Partei Chinas. Wieder mal ein gigantischer Aufwand für die Jubiläumsfeiern. Es wurden Videowände installiert, Blumengestecke arrangiert und das Parteiemblem in riesiger Größe aufgebaut.

Das hinter dem Platz liegende neue Disneyland (Dazhalan) zog uns nicht so recht an. Dafür aßen wir in einer typisch chinesischen Nudelbude eine zümpftige Nudelsuppe zu Mittag. Frisch gestärkt, machten wir uns au inf die Verbotene Stadt, Sitz der Kaiser der letzten beiden Dynastien Ming und Qing. Schon gewaltig, was da für nur einen Kerl für ein Palast hingepflanzt wurde. Und das in nur 14 Jahren Bauzeit, mit 100.000 Handwerkern und rund 1 Million Frohnarbeiter. Nur schade, dass sich die ganzen Schätze des Kaiserpalastes in Taiwan befinden. Dann wärs sicher noch beeindruckender aber es reicht auch schon so. Wer die gesamten Schätze mal sehen will, muss halt mal mit uns nach Taiwan fahren. Das machen wir auch seit diesem Jahr.
Besonders eindrucksvoll war nochmal abschließend der Blick vom Kohlehügel aus über die gesamte Verbotene Stadt. Die gewaltige Größe des Palastes lässt sich von dort oben nochmal so richtig erleben.

Nach so viel klassischer Kultur sehnten wir uns nun nach Alltagskultur. Und wo kann man die besser erleben als auf dem Nachtmarkt. In einer Nebenstraße der Haupteinkaufsstrasse Wangfujing ist ein reichhaltiger Nachtmarkt mit allen nur erdenklichen Leckereien. Die Auswahl zwischen den ganzen exotischen Speisen hat uns regelrecht überfordert. Da Hubert sich nicht zwischen gebratenem Skorpion, gegrillten Seidenraupen und frittiertem Tausendfüßler entscheiden konnte, fuhren wir ins Hotel zurück und gingen in ein Restaurant in der Nähe des Hotels essen und genossen noch ein abschließendes Bier auf der Dachterrasse der „Pass by Bar“. Ein gemütlicher Abschluss eines Tages mit einer Menge historischer Eindrücke.

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Es bloggt der Sommer!

Ab nächster Woche gibt es wieder viel Lesefutter auf unseren Blogseiten!

Andreas radelt ab dem 25.06. Südlich der Wolken, Christof folgt ihm auf der gleichen Tour drei Wochen später.


Durch Chinas wilden Nordwesten von Dunhuang nach Kashgar radelt Jan ab dem 09.07. Entlang der Seidenstraße

Und natürlich lohnt sich immer ein Blick auf die Transeurasientour. Tom hat mit seinen Mitradlern inzwischen den Ural überquert und steuert langsam aber sicher auf den Baikalsee zu.

Weitere Infos gibt es hier:

Transeurasien

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Gutgelaunt und vergnügt…

…präsentierten sich Gäste und Mitarbeiter auf dem Jubiläumsfest von China By Bike. Gefeiert wurde in der Weite des stillgelegten Flughafens Tempelhof, es gab Getränke und Gegrilltes. Triumphaler Höhepunkt war der Auftritt des „Alptraums der Roten Kammer“, vor einem flammendroten Sonnenuntergang. Unterbrochen wurde die Darbietung von einer launigen Tombola-Präsentation unseres Geschäftsführers Christof Gebhardt. Kleine Kinder suchten verschreckt das Weite.

Man muss sagen, dass es trotz aller Feierlaune gesittet zuging. Wie sonst wäre es zu erklären, dass sich viele China By Biker am nächsten Tag mit einem Lächeln auf dem Gesicht zur Sternfahrt einfanden?! Das Wetter war blendend, die Fahrt über den südlichen Berliner Ring ein Genuss. Später standen wir an unserem bescheidenen kleinen Stand auf dem Umweltfest und versuchten, der Hitze auszuweichen.

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Energie

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Zum Schluss noch ein paar Sätze aus Shanghai, der Stadt der Städte. Meine Truppe ist gerade davongeschwebt, ich bleibe noch ein bisschen und fliege dann heute Nacht. Gestern waren wir mal wieder singen, in einem anrüchigen Etablissement. Zum dritten Mal Karaoke auf einer Reise, das sagt viel über die Harmonie in der Gruppe, alles lief rund. Keine Unfälle, kaum Pannen, blendendes Wetter. China, das sich von seiner besten Seite gezeigt hat. Die beste Presse hat es ja nicht gerade. Ich kann nur empfehlen sich selber ein Bild zu machen, es ist das aufregendste Land das ich kenne. Und die Drei Schluchten-Tour geht mitten durch sein Herz, großartig. Die Tour ist radfahrerisch aber vielleicht die härteste, die wir im regulären Programm haben.

Der Geist von China manifestiert sich auf der ganz großen Bühne in Shanghai, das ständige Werden und Wachsen, zunehmend auch auf einer Ebene, die Form und Stil hat. Die Stadt hat sich vor der letztjährigen Expo schick gemacht, für den Besucher war sie in den Jahren davor deshalb von Chaos und Großbaustellen geprägt. Jetzt darf man wieder über den Bund spazieren oder am Suzhou-Fluss entlang, beide Promenaden sind elegant, mit Understatement. Der Aufwand hat sich gelohnt und so ist es an vielen Ecken der Stadt. Man hat das Gefühl, dass sie auf architektonischer Ebene ihr eigenes Gesicht entwickelt. Vor den Abrissorgien der 90er waren die Shikumen-Häuser stilprägend, schmale doppelstöckige Gebäude, eine Gasse neben der anderen. Es gibt nur noch wenige Viertel mit diesen Häusern, zwischen „Altstadt“ und Huangpu etwa, dort fühlt sich das Leben noch sehr traditionell an. Einige dieser Viertel sind geschmackvoll hergerichtet worden, die Taikang Lu ist so ein Vorzeigeprojekt. Aber der Rest der Stadt will sich nicht mit Nostalgie aufhalten und stürzt der Zukunft entgegen. Die Frage, WO unsere Zukunft gestaltet werden wird, stellt sich eigentlich kaum noch wenn man mal hier war.

Mittags ziehen die Temperaturen an, ab nächstem Monat wird es hier fast unerträglich heiß und schwül sein. Morgens und abends bzw. nachts sind die besten Zeiten in Shanghai: morgens wenn es aufwacht und die Energie sich ruhig aber stetig aufbaut, an jeder Ecke, beim Taiji, beim Standardtanz oder bei den Schwert-oder Fächertänzen. Und nachts, wenn man durch ein einziges Lichtermeer spaziert. Shanghai ist jedenfalls nochmal ein Ausrufezeichen, die würdige Endstation. Dank und Kompliment an die Familien Zhuang und Wei, an die Damen Shi und Shen, an die Herren Hu und Liang. Ich selber bin in zwei Monaten auf der Seidenstraße unterwegs. Lauter schöne Touren dieses Jahr, das gefällt! Aber jetzt erstmal ins Büro und hoffen, dass die Kollegen dort recht nett zu mir sind.

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Die Zähmung

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Den Tag gestern haben wir dem Yangzi geschenkt und er hat es uns mit schönen Impressionen gedankt. Von seiner Wildheit ist hier am Mittellauf durch die Staumauern einiges verloren gegangen, trotzdem glorreich. Die Zähmung der Flüsse ist ein wiederkehrendes Motiv in der chinesischen Geschichte, eins der wichtigsten: Da Yu, der legendäre Urkaiser, soll damit die chinesische Zivilisation geschaffen haben. Alle chinesischen Kaiser waren Mittler zwischen Himmel und Erde und damit direkt verantwortlich für die Kapriolen der Natur. Wenn Überschwemmungen oder Dürrezeiten das Reich plagten, dann drohte der gerechte Zorn des Volkes. Das Mandat des Himmels durfte entzogen werden. Überschwemmungen des Yangzi haben auch im 20. Jahrhundert für Millionen Opfer und Unruhe im Volk gesorgt, insofern schreibt der Drei Schluchten-Damm chinesische Geschichte im Verhältnis von Herrschenden und Untertanen fort.

Wir haben den Damm gestern besichtigt, nicht schlecht, aber so richtig ehrfurchterregend wird er erst, wenn man weiß, was für Massen sich dahinter aufstauen: über 600km ist der Fluss nun gestaut, bis nach Chongqing, auf die doppelte Wasserfläche des Bodensees. Die Hebewerke sind die größten ihrer Art weltweit und der Fluss ist nun ohne Probleme auch für Hochseekähne schiffbar, bis weit in den Westen. Neben der Flussregulierung und seinem Ausbau als Wasserstraße ist es aber vor allem das Energiepotential, welches den Damm einzig macht. Mit Hilfe des entstandenen Gefälles soll ein Zehntel der chinesischen Bevölkerung mit Strom versorgt werden. Das sind unglaubliche Leistungen, sie werden am Damm gefeiert dass es kracht. Von den negativen Konsequenzen – den Umsiedelungen, der Unberechenbarkeit etc. – ist hier natürlich nicht die Rede.

Chinesische Propaganda oder nicht, die westliche Berichterstattung ist fast ebenso einseitig, meistens selbstgefällig und heuchlerisch. Man weist z.B. gerne auf die Umweltschäden hin, und richtig so: überschwemmte Industrieanlagen, der Abfall der sich im Becken stauen wird, Verschlickung des Damms und Entschlickung des Unterlaufs usw. Man fordert aber zur gleichen Zeit, als sei es eine Selbstverständlichkeit, dass China seinen CO2-Ausstoß reduzieren solle (derzeit werden hier 75% der Energie aus der Kohle generiert), man will, dass auf Atomkraft verzichtet wird. Der Damm hat die Energieleistung von 8 – 18 mittleren Atomkraftwerken, je nach Schätzung und Turbineneinsatz. In der Provinz Yunnan haben sehr viele Häuser Solarkollektoren auf dem Dach. In Nordwest-China stehen die größten Windkraftanlagen der Erde. Wasser, Sonne, Wind. Wo soll denn die Energie sonst noch herkommen für das Land? Deutschland, das alles besser weiss und lange Zeit hatte, aus seinen Fehlern zu lernen, bezieht gerade mal 10 Prozent aus erneuerbaren Energien, sonst wie gehabt: Kernenergie, Kohle, Erdgas. Und deutsche Firmen (Siemens, Voith) haben bestens mit dem Damm verdient.

Wir sind mittags den Yangzi entlanggeradelt, durch das herrliche Tal hinter dem Damm, auch über unseren letzten kleinen Pass. Welf ist dann noch die Kette gerissen, das hat der Fahrradtour einen schönen Rahmen gegeben. Die Ankunft in Yichang war chaotisch, am Hotel haben wir unseren Triumph begossen und die Räder ummontiert, dann erst habe ich gemerkt, dass es das falsche ist. Yichang ist eine Millionenstadt und man schiebt sein Rad mal nicht eben über die Straße zur richtigen Herberge. Das konnte uns nicht aus der Ruhe bringen, für alles findet sich eine Lösung und irgendwann lagen wir satt, müde und zufrieden im Bett.

Und jetzt sind wir schon in Wuhan, einer selbst für chinesische Verhältnisse großen Stadt, der Metropole im Zentrum des Landes. Über die allererste Brücke über den Yangzi (1957) sind wir gefahren und haben die Gelbe Kranich-Pagode gesehen. Im Guiyuan-Tempel haben uns 500 Arhats beäugt, dann haben wir lustige Fleischersatz-Gerichte zu Mittag gehabt. Das Provinzmuseum wusste mit uralten Funden zu beeindrucken: Prinz Yi von Zeng hat sein Grab noch zur Zeit der Streitenden Reiche, also vor der ersten Reichseinigung (221 v.Chr.), bequem ausstatten lassen, ausgefeilte Bronzekunst und schräge Musikgegenstände, vor allem aber Unmengen stilvoller Trinkgefässe sind darin gefunden worden, bestens konserviert. Der Mann wusste zu leben. Und abends sind wir schließlich durch Hankou spaziert, dem ehemaligen Konzessionsviertel. Über Wuhan gibt es so viel zu erzählen, aber irgendwann muss ja mal Schluss sein für heute.

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