scharf, schärfer, am schärfsten

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Fahrt nach Wuxi, 95 km

Heute ist von drei Höhepunkten zu berichten: wir passieren die Stelle, an der die drei Provinzen Shanxi, Hubei und Chongqing zusammentreffen, dann kommen wir zur geographischen Mitte in Chinas und zu guter Letzt bekommen wir heute Abend das schärfste Essen der Tour bisher serviert.

Als ich heute Morgen aus dem Fenster schaue, bin ich erleichtert. Es hat aufgehört zu regnen. Und es hat sich (praktischerweise) merklich abgekühlt. Wir fahren also bei angenehmen Temperaturen eine mäßig befahrene Strecke, die von grünen Hängen begrenzt und durch den jadegrünen Nanjiang-Fluß begleitet wird. Das entschädigt uns einigermaßen für die gestrige „Auto-Etappe“. Selbst der Pass ist unter diesen Bedingungen leicht bewältigt. Mark ist mal wieder der erste oben und ist somit auch der erste, der durch das „schmucke neu gebaute und auf alt gemachte Tor, welches den Pass markiert, durchfahren darf. Zielsicher fährt er auch direkt in eine riesige Glasscherbe. der nächste Plattfuß. Mark nähert sich mir in seiner Pannenstatistik langsam an.

Unsere Reparaturversuche bleiben nicht lange unbemerkt, bald sind wir von einer Traube Chinesen umgeben, die unser Tun beäugen und interessiert kommentieren. Wie sich herausstellt, sind wir einigen der Zuschauer bereits in Zhenping aufgefallen und nun wird die Gelegenheit genutzt Kontakt aufzunehmen. Mal wieder steht eine Fotosession an, Eckart ist mittlerweile geübt darin und so kann Mark halbwegs unbehelligt seinen Schlauch flicken.

Kurze Zeit später geht es weiter und wir steuern eine Aussichtsplattform mit atemberaubenden Weitblick und die Mitte Chinas an. Mittlerweile prasselt die sonne wieder heftig, aber da wir den anstrengenden Teil der heutigen Etappe hinter uns haben, inklusive Reparatur, macht uns das wenig aus. Leider erwartet uns noch eine schlechte Nachricht: Vor uns liegt noch eine Baustelle, die täglich nur zwischen 12 und 14 Uhr passiert werden kann. Daher halten wir uns nicht lange auf, sondern machen uns zügig an die Abfahrt. Unser Weg führt uns wieder hinab in ein wunderschönes Flusstal.

Gegen vier erreichen wir Wuxi und beschließen heute in einem der Freiluftrestaurants am Fluss zu speisen. Der große Fisch der heute auf der Speisekarte steht, wird erst noch aus dem Fluss geangelt. Der Abend ist sommerlich mild und der Fluss verströmt eine angenehme Frische. Uns umgeben grüne Felsen und Hügel, in die Wuxi gebettet ist. Die ganze Stadt scheint auf den Beinen und sich zu vergnügen. Das Abendessen ist für unsere Begriffe extrem scharf, der Reis dient nicht mehr als Sättigungsbeilage sondern als Löschmittel. Der Sohn der Wirtin meint dazu blos, das Essen sei nur mäßig scharf. Alles ist eben relativ. Nach dem Essen verlangt es Eckart nach einer Massage und Günter begleitet ihn gern. Mark und ich spazieren gemächlich in Richtung Hotel.

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Eins, zwei, drei, vier Räder

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Fahrt nach Zhenping, 12 km, bedeckt

Königsettappe. 113 Kilometer. Ein mörderischer Aufstieg.
Es hat sich zugezogen, wie erwartet, denn heute ist für den ganzen Tag Regen angekündigt. Als wir dann gegen halb acht langsam losradeln ist es aber noch trocken und angenehm kühl. Wir wagen zu hoffen, dass der Regen heute ausbleibt. So geht es die ersten 12 km, dann kommt der erste Tunnel und nach dem Tunnel…der Regen, und zwar so heftig, dass ich in kürzester Zeit völlig durchnässt bin. Und dass meine Regenjacke nicht mehr wasserdicht ist, merke ich dann auch gleich bei der Gelegenheit. Die anderen haben schneller reagiert und sind zu Xiao Yang in den Wagen geflohen.

Schnell sind sich alle darüber einig, die heutige Etappe in Xiao Yang‘s Wagen im Trockenen zurückzulegen und so machen wir es uns, so weit das geht, auf den spärlichen Sitzgelegenheiten bequem und tuen das, was wir am besten können: Sprüche klopfen. Dann geht es weiter. Xiao Yang ist ein rasanter Fahrer und es geht zackig den Berg hinauf. Dann eine Bodenwelle und auf einmal RUMMMS!!! – Die beiden Räder, die an der Kofferraumklappe angeschnallt waren, liegen samt Gestell hinter uns auf der Strasse. Wir binden die Räder schnell auseinander und stapeln sie auf die beiden übrigen im Auto.

Bei jeder Kurve, jeder Bodenwelle und jedem Schlagloch klappern und ächzen unsere Räder gefährlich. Gerade erst so schön neu eingestellt und schon wieder alles verdorben – wir befürchten das schlimmste für unsere fahrbaren Untergestelle, die uns ja immerhin noch auf vier langen und anstrengenden Etappen durch China tragen sollen.

Aber der Reihe nach. Nachdem wir dann die Räder also verstaut haben und uns wieder zusammensortiert haben geht es weiter bergauf und bergauf und bergauf. Durch den Dunst können wir die schöne Landschaft erahnen aber auch die Anstrengung, die uns dieser Anstieg gekostet hätte. Günther scheint bei diesem Gedanken ganz zufrieden mit dem Regen. Irgendwann ist der Pass erreicht und dahinter eine Straßensperre. Wer hätte das gedacht, eine Baustelle!?! Na so was. Offensichtlich gab es einen Erdrutsch und nun muss da die Straße gebaut werden. Selbst mit dem Rad wären wir da nicht durchgekommen. Erst recht nicht mit dem Auto.

Also geht es wieder zurück. Bergab. Bergab. Hinter uns klappern die Räder. Irgendwann biegen wir links in eine kleine Straße, die uns durch die Berge führt. Die Landschaft ist wunderschön. Grüne Hügel, ab und an ein Gehöft und alles entlang eines schmalen Bergbächleins, dessen Wasser über die Steine ins Tal plätschert. Leichter Nebel ist aufgezogen. Der Weg ist außerdem nahezu unbefahren. Irgendwann biegen wir wieder in eine große Straße, die parallel zu unserer ursprünglichen Strecke verläuft. Die Landschaft bleibt schön.

Dann das erste heftige Ruckeln, es kündigt an, was uns den Rest der Strecke erwartet. Diese Straße wird gebaut. Daher ist sie über weite Strecken bereits aufgebrochen oder mit Schlaglöchern übersät. Auch der ein oder andere Stau hält uns auf. Im Auto wird es immer unbequemer und langsam macht sich auch das leicht penetrante Odeur der Stinkfrucht bemerkbar, die wir gestern Abend noch gekauft und im Wagen gelagert haben.

Wir schlafen und frieren alle ein bisschen vor uns hin und das erste mal verlangt meine Gruppe kein Picknick im Wald, sondern…. eine heiße Nudelsuppe. Daher entscheiden wir uns, in Zhenping nicht sofort ins Hotel zu fahren, sondern erstmal einen Stop an einem Nudelimbiss zu machen.

Pünktlich gegen halb drei sind wir dann im Hotel und müssen leider fest stellen, dass die Räder den Transport nicht so ganz unbeschadet überstanden haben. Meines klappert ziemlich erbärmlich und bei Eckart‘s Rad ist die Bremse abgerissen.

Jetzt hoffen wir alle auf trockenes Wetter, weniger Pannen und -bitte, bitte- weniger Baustellen.

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Jubel, Trubel, Heiterkeit

Wo der Pfeffer wächst, 25.04. bis 17.05.2015

Kurze Etappe von 23 km von Qionglai nach Pingle bei strahlendem Sonnenschein um die 30°C

Den heutigen Tag konnten wir etwas ruhiger angehen, denn wir hatten nur etwa 23 km zu fahren. Auf der Suche nach einer Bank, trafen wir am historischen Stadttor von Qionglai auf eine größere Radgruppe. Wie sich herausstellte, war es ein Rentner-Radclub aus der Nähe von Chengdu. Die waren so hocherfreut uns zu treffen, dass natürlich nach den obligatorischen Fragen von wo wir kommen und was wir hier machen und von wo nach wo wir fahren, erstmal eine große Foto-Session abgehalten werden musste. Als dann jeder jeden fotografiert hatte, wollten die alten Herrschaften uns unbedingt jedem eine Keramikvase schenken, was wir nur durch extreme Hartnäckigkeit und den

Die erste Hälfte der Strecke fuhren wir auf einem Radweg entlang einer Landstraße und bogen dann auf eine ruhigere Landstraße mit schöner Landschaft in Richtung Pingle ab. Ruhig blieb es allerdings nur bis etwa 3 km vor Pingle. Hier mündete eine Autobahnausfahrt ín die Landstraße und hier wurden wir abrupt daran erinnert, dass heute der 1. Mai ist. Von hier ab war nun 3 km Stau bis nach Pingle hinein. Tag der Arbeit an dem ganz China frei hat. In Pingle ließ sich kein Hotel vorbuchen, so dass wir uns noch eines suchen mussten. Bei diesem Andrang wurde doch etwas mulmig. Ob wir da eine Herberge finden würden? Unsere Begleitfahrzeug-Managerin Xiao Luo hatte schon prophezeit, dass es sehr teuer werden würde hier heute ein Hotel zu finden.

Nach erfreulich kurzer Suche fanden wir dann eine passable kleine Herberge, die noch 4 Zimmer frei hatte. Und gemäß der Voraussage von Xiao Luo war es wirklich verdammt teuer, obwohl sie mich beim Verhandeln tatkräftig unterstützte. Gleich um die Ecke aßen wir zu Mittag wo wir als Langnasen sofort auffielen und immer wieder angesprochen wurden wo wir denn herkämen und ob wir die scharfe Sichuan-Küche vertragen würden. Tatsächlich schienen wir trotz all dieses Trubels die einzigen Ausländer zu sein. Vom Trubel stand heute Pingle anderen touristischen Hochburgen wie Lijiang oder Yangshuo in nichts nach und so wälzten wir uns dann gemeinsam mit den Massen langsam durch die Stadt. Pingle ist ein historisches Dorf mit Holzarchitektur romantisch an einem Fluss gelegen. Romantisch, wenn es nicht aufgrund von Feiertagen wie diesem zur Millionenstadt wird. Chinesische Touristen beim Feiern, Shoppen und Zocken zu beobachten ist aber auch sehr unterhaltsam und so haben wir den Nachmittag im Trubel durchaus genießen können.

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Willst du fleißige Straßenbauer sehn, dann musst du nach China gehn…

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Fahrt nach Pingli, 69 km

Die Straße hat uns wieder, ebenso der Staub, die Hitze und….die Baustellen. Doch nach den ersten 10 km hat sich die Lage entspannt und wir kommen gut voran. Mit frisch geölten Rädern läuft es eben wie geschmiert. Eckart ist wieder ganz in Form und flirtet wie gewohnt mit den Dorfschönheiten, während Günther und meine Wenigkeit vornehme Zurückhaltung üben. Mark bekommt von dem allen nichts mit, denn der fährt wie immer voran. Etwa 20 km vor unserem heutigen Etappenziel treffen wier ihn wieder. Er hat ein Plätzchen für unser Picknick und den täglichen Mittagsschlaf gefunden.

Dannach hat mich meine Pechsträhne, die sich schon heute morgen ankündigte, als mir das neugekaufte Fahrradlicht zerbrach, wieder eingeholt. Erst habe ich einen platten Reifen (der Dritte auf dieser Tour, ich schaue mit Bangen auf die kommenden Tage) und dann zerbricht ausgerechnet während einer Abfahrt eines meiner Schutzbleche. Unter einer Brücke versuchen wir schnell das halbe Blech abzuschrauben. Der Verkehr donnert so laut an uns vorbei, dass wir erst gar nicht das Geschrei von oben hören. Als aber eine Funkenregen Eckarts Fuß erwischt, werden wir doch aufmerksam. Über uns wird geschweißt….Super Platz für eine Fahrradpanne!
Mark hat von alldem mal wieder nichts mitbekommen, denn der ist wieder ganz vorn und wundert sich nur irgendwann, dass wir gar nicht auftauchen. Im Hotel angekommen ist wieder eine Fotosession angesagt. Der Hotelmanager möchte aus Werbezwecken unser Foto für ein Plakat. Wir sind dreckig, schwitzen und stinken und… machen Werbung!

Wenig später, wir entspannen gerade bei Bier und diversen Kaltgetränken, stehen zwei Polizisten in Zivil vor uns. Eckart ergreift die Flucht und verschwindet im Fahrstuhl, Mark quält sich mit dem Internet und Günther „liest“ nonchalant Zeitung, auf chinesisch! Ich kann es kaum glauben, die beiden sehen aus wie zwei Gymnasiasten. Streng werde ich nach dem Grund unserer Anwesenheit gefragt, der Dauer unseres Aufenthalts, letztes und nächstes Ziel und meine Telefonnummer wollen sie auch. Dann bin ich entlassen. Kritisch beäugen sie den zeitungslesenden Günther, dann ziehen sie von dannen.

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Asphalt Cowboys

Wo der Pfeffer wächst, 25.04. bis 17.05.2015

69 km vom Qingcheng Shan nach Qionglai bei rund 30°C und sonnig bis bedecktem Himmel

Obwohl wir weit abseits einer Stadt wohnten, war die Nacht unruhig. Die Bewohner des Waldes schienen eine Party zu feiern. Die meisten von den Quälgeistern waren Vögel die immer wieder ordentliche Pfeifkonzerte lieferten, so dass wir doch recht unruhig schliefen. Ein Vogel hatte ein Pfeifen wie ein elektrischer Wecker, das mich mehrfach kerzengerade im Bett stehen ließ.

Unser Begleitfahrzeug war heute morgen schon um kurz vor 08:00 Uhr zum Hotel hoch gekommen, da nach 08:00 Uhr die Zufahrt bis 18:30 in das Naturschutzgebiet nicht mehr möglich war. Auch gestern hatten wir schon unsere Koffer erst abends bekommen weil das Begleitfahrzeug nicht zum Hotel gelassen wurde. Unsere Fahrt verlief die gesamten 65 km recht ruhig bis auf ein paar Kilometer Umweg, die wir dank einer riesigen Baustelle machen mussten. Die gesamte Strecke war gut befahrbar aber doch mit recht viel Verkehr und sehr staubig. Den Staub mussten wir dann mit reichlich Schmutzbier, das dieses Mal seinen Namen ehrlich verdiente, runterspülen.

Qionglai, unser Zielort, hat eine kleine Altstadt mit Stadttor, durch die wir am Abend schlenderten auf der Suche nach einem netten Restaurant. Die Auswahl nahm uns heute Petrus ab, denn just als wir noch relativ unentschlossen vor einem Restaurant standen, fing es heftig an zu Regnen. Also setzten wir uns kurzerhand in das Restaurant der Vorsehung und wie sich herausstellte, war es eine gute Wahl. Petrus muss wohl auch schon mal hier gewesen sein.

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Wo ist der Berg?

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

Der Taishan ist eng mit dem chinesischen Schöpfungsmythus verknüpft. Einst, als der Kosmos noch im Chaos lag und Erde und Himmel noch eins waren, wurde Pangu zwischen Himmel und Erde geboren. Durch sein Wachstum schob er diese immer weiter auseinander, bis sie nach 18.000 Jahren vollständig getrennt waren und Pangu aus Erschöpfung starb. Seine Augen wurden Sonne und Mond, sein Blut verwandelte sich in die Flüsse und sein Kopf und die Extremitäten bildeten die fünf heiligen Berge Chinas. Der Taishan ist der Kopf Pangus, und so fällt ihm eine wichtige Rolle in der chinesischen Mythologie zu.

Den Berg zu besteigen heißt nicht nur, dem Himmel ein Stück näher zu sein, es ist auch ein Symbol für die Harmonie zwischen Himmel und Erde. Die Kaiser, denen das vom Himmel verliehene Mandat auch entzogen werden konnte, bestiegen den Berg als Zeichen ihrer engen Beziehung mit den Mächten des Himmels. Eigentlich hätten sie die Runde zu allen fünf heiligen Bergen machen müssen, die meisten ließen es aber bei der Besteigung des Taishan als Symbol ihrer Himmelsnähe bewenden.


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Berg und Wasser

Wo der Pfeffer wächst, 25.04. bis 17.05.2015

Sonnig aber diesig bei 30°C fuhren wir 17 km und bestiegen einen daoistischen Berg

Berg und Wasser ist der Name unserer ältesten Tour, die dieses Jahr 20 Jahre alt wird. Was der Name dieser Tour verspricht, hatten wir heute an einem einzigen Tag hier in und um Dujiangyan.

Das Stadtbild von Dujiangyan macht einen sehr wohlhabenden Eindruck. Alles ist sehr gepflegt und sieht fast neu aus. Ist es wahrscheinlich auch, denn die Stadt wurde 2008 von dem großen Erdbeben hier in Sichuan fast völlig zerstört. Wir schlenderten an diesem Morgen durch die Stadt in Richtung des historischen Bewässerungssystems wegen dessen die Stadt so berühmt ist. Dieses Wasserwehrsystem am Min-Fluss, das 256-251 v. Chr. von dem Wasserbauingenieur Li Bing und seinem Sohn erbaut wurde, steht seit 2000 auf der Liste der UNESCO Weltkulturerbe. Das vor rund 2300 Jahren erbaute Bewässerungs- und Hochwasserkontrollwerk ist bis heute funktionstüchtig. Hauptsächlich funktioniert es durch einen Deich, der den Fluss in einen inneren und einen äußeren Strom teilt. Der äußere ist der Hauptstrom, der innere ist für die Bewässerung der fruchtbaren Ebene von Chengdu zuständig. In Zeiten niedrigen Wasserstands führt der innere Kanal 60% der gesamten Wassermenge und der äußere Kanal 40%. Bei Hochwasserstand kehrt sich dieses Verhältnis um. Das Prinzip ist einfach aber geschickt und es funktioniert bis heute. Made in China kann also doch länger halten.

Um 12 Uhr machten wir uns dann mit den Rädern auf zu unserer nächsten Station, dem Qingcheng Shan, einem berühmten daoistischen Berg. Nach dem Einchecken in einem Hotel direkt am Fuße des Berges, machten wir uns gleich auf den Weg zu einem der vielen Gipfel des Qingcheng Shan. Oben war ein sehr schmucker daoistischer Tempel, der die Strapazen des Aufstiegs schon Wert war. Gut, dass wir das daoistische Prinzip des „Nicht Handelns“ (Wuwei), das dort auf einer Steintafel stand, nicht wörtlich genommen hatten, sonst wären wir nicht die vielen Treppenstufen hoch gekommen. Hinunter gönnten wir uns dann aber den Luxus einer Seilbahn. Das war ein strammes Programm für stramme Waden. Mal sehen was die Waden morgen dazu sagen.

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Die Letzte Ölung

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Bummeltag in Ankang

Heute ist unser fahrradfahrfreier Tag, den wir auch alle dringend nötig haben. Aber zuerst stehen noch ein paar Reparaturen an. Vor allem an Günthers Fahrrad, dessen Schalt-Bautenzug nur noch an einem dünnen Drähtchen hängt und das zudem die ganze Zeit bedrohlich klackert. Der hiesige Reparateur hat das Problem schnell entdeckt. Es sind die Pedalen. Also wird Günthers Rad mit einem Satz neuer Pedalen und einem neuen Bautenzug ausgestattet. Um die Chancengleichheit wieder herzustellen bekommen auch die übrigen Räder noch eine saftige Ölung verpasst (hoffentlich nicht die Letzte!). Zu guter letzt gibt es noch ein Foto mit der Chefin und dem Meister, eine Prozedur die wir mittlerweile gewohnt sind. Zufrieden bringen wir unserer Räder zum Hotel zurück und machen uns auf zu einem kleinen Spaziergang zum Flussufer um die neugebaute Stadtmauer zu besteigen.

Oben angekommen entdeckt Eckart sofort ein paar Bänke und Sonnenschirme an der Uferpromenade und vermutet ein Café. Da gibt es kein Halten mehr und wir sind schon wieder unten. Der Platz ist angenehm kühl und daher ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Plätze schon mit Schlafenden belegt sind. Eckart und Günther tuen es ihnen gleich, vor allem nachdem ich in Erfahrung bringen konnte, dass es hier außer Kaltgetränken, heißem Wasser und Instant-Nudeln nichts weiter gibt. Die beiden bleiben am Fluss, während ich mit Mark in einen Park auf der anderen Uferseite gehe, der mit einer Pagode in saftigem Grün lockt. Auch hier sind kaum Besucher anzutreffen. Die wenigen Spaziergänger ruhen sich auf schattigen Plätzen aus. Alles ist angenehm unaufgeregt und entspannt.

Ankang ist schon eine spannende Stadt. Viel Neubeau, wie in chinesischen Städten üblich, aber sobald man in eine kleine Gasse einbiegt, steht man mitten im wuseligen Alltagsgeschehen. Überall sind Stände aufgebaut, wo man Gemüse, Fleisch, Eier, Kolonialwaren und dergleichen erwerben kann. In den Läden wird Nudelteig ausgerollt und Gemüse gehackt.
Ich komme bei meinem Spaziergang nicht weit, ein älterer Mann will unbedingt mit mir fotografiert werden, im Stehen, Sitzen beim Hände schütteln und, und, und. Ich verursache einen kleinen Auflauf. Ein Grundschulklasse gesellt sich auch zum Publikum und überall klacken die Auslöser der Handys.
Irgendwann kann ich mich los reisen und spaziere weiter durch Nebengasen und kleine Strassen. Ähnlich wie in Peking ist hier von dem Lärm der Hauptstrassen nichts zu hören. Ich bin gespannt, was der Rest der Truppe zu berichten hat, wenn wir uns gleich zum Abendessen treffen.

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Immer geradeaus

Wo der Pfeffer wächst, 25.04. bis 17.05.2015

60 km fast immer geradeaus bei gut 30°C und Sonne.

Die erste richtige Radetappe stand bevor, von Chengdu nach Dujiangyan. Langsam schwammen wir wieder durch den dichten Chengduer Verkehr. Nach rund 15 km kamen wir in die neugebauten Trabantenstädte Chengdus, die allesamt geisterhaft leer waren. Der Verkehr ließ auch deutlich nach so dass wir nun gut vorwärts kamen. Die Strecke hätte leichter nicht sein können, absolut flach und (fast) immer geradeaus. Unterwegs besichtigten wir noch einen Markt mit den breitesten Bandnudeln Sichuans und jeder Menge Schnaps in riesigen Tonkrügen. Zu Mittag aßen wir in einem kleinen Örtchen das meinen Namen trug. Da fühlte ich mich natürlich sehr geehrt. Der Ort hieß Ande Town und schrieb sich sogar mit den gleichen Schriftzeichen wie mein chinesischer Name – Frieden und Tugend. Da schmeckte es gleich doppelt so gut. Das fanden sogar die anderen, obwohl die gar nicht Ande heißen…

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Solofahrt

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

Traurig schaue ich den in der einsetzenden Dunkelheit verschwindenden Rücklichtern des Taxis hinterher. Da sitzt sie, meine geliebte Familie, im Trockenen, auf dem Weg nach Tai’an.

Aber von Konfuzius habe ich ja gelernt, dass ich als Familienoberhaupt hier Verantwortung übernehmen muss und setze mich wieder auf den nassen Sattel. Noch hält die Regenhose.

Nach ein paar Kilometern hört der Regen dann auf. Rote Schriftzeichen spiegeln sich in den Pfützen. “Spezialitäten aus Sichuan”, “Supermarkt des Glücks”, “Reifenwechsel und Schweißarbeiten” kündigt die Leuchtreklame an. Manchmal wünschte ich mir, kein Chinesisch zu können, dann wären die Schriftzeichen einfach nur schön und weniger profan! Aber auch so bessert sich meine Laune deutlich. Kein Regen, eine leidlich gute Nebenstraße fast ohne Verkehr. Als ich den Ort verlasse, fahre ich in eine malerische Allee, die bis zum Horizont zu reichen scheint. Erstaunlich mild ist der Abend und ich sing mir eins.


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