Im Mekong-Delta. Oder die Geschichte von Fähren und Brücken.

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Großes Kino hier im Mekongdelta, viel zu viel, was im Laufe eines Tages passiert. Hier ist Monikas Versuch einer Beschreibung, natürlich ist sie gelungen, mal wieder:

Wir sind umgeben von Flüssen und alles ist irgendwie ein Seitenarm des Mekong. Wie ein Spinnennetz sind sie miteinander verwoben. Das bedeutet auch, dass wir dauern das Wasser kreuzen. Dauernd. Wirklich dauernd. Dazu gibt es Fähren und Brücken. Zuerst zu den Fähren. Sie sind groß, staatlich und windschief oder klein, privat und windschief.

Bei den großen Fähren sammeln wir uns vorher im Pulk mit den Mopeds. Busse und LKWs gehen extra. Legt die Fähre an, starten alle gleichzeitig die Motoren, eine Rauchwolke von den Zweitaktmotoren steigt auf. Wir machen mit. Etwas vorrollen und damit schon wieder ein Meter gewonnen, rauf auf die Fähre und dann gruppieren wir uns rund um die LKWs und Busse. Frauen verkaufen Wasserflaschen, selbstgebackene Waffeln und Lotterielose. Mit dem Ablegen startet der Tanz der Fähren. Einmal eine komplette Drehung wie ein Walzer und dann quer rüber über den Flussarm. Längs kommen Lastkähne mit aufgemalten Augen am Bug, Wassertaxis, Longtailboote, völlig undefinierbare kaum schwimmbare, überladene Gefährte, dümpelnde Rundboote, riesige Büschel mit Wasserhyazinthen, Plastikmüll, dazwischen fischende Boote und Bagger die Ziegel-Lehm aus dem Fluss schaufeln. Aber irgendwie scheinen alle Teilnehmer in telepathischer Verbindung zueinander zu stehen und der Wasser-Quer- und Längsverkehr regelt sich selbständig.

Die kleinen Fähren haben alle vorsichtshalber einen Altar mit Räucherstäbchen und Plastikblumen an Bord, geben beim Starten seltsame gurgelnde Motor-Geräusch von sich und landen immer mit einem lauten schrammenden Laut wenn die Rampe wieder auf Land trifft. Spannend sind auch die menschlichen Begegnungen. Viele unserer Mitfahrer sind neugierig, manche schüchtern, alle freundlich. Jedes verwitterte Gesicht wäre ein Foto wert. Edith ist dauernd beschäftigt.

Wenn nicht Fähren, dann helfen Brücken über das Wasser. In allen Ausführungen. Aus Beton, Holz oder Blech. Sehr dünnes Blech. Die Beton-Brücken haben die Form eines umgedrehten U. Vor den Brücken knacken unsere Schaltungen. Schnell runter aus den großen Gängen. Es wird steil. Wer zu langsam ist, erhält ein wahlweise aufmunterndes oder panisches Go-Go-Go vom Hintermann. Zuerst kommt immer ein Brückenanfangsbuckel über den wir holpern. Die Rampe hoch. Oben schnell den Kopf hoch recken. Die Umgebung anschauen, Übersicht verschaffen. Der Ausblick lohnt sich immer. Dann die Rampe runter und über den Brückenabschlußbuckel. Meist läuft hier ein verwirrtes, orientierungsloses Huhn herum und kann sich nicht zwischen rechts und links entscheiden.

Unsere Lieblingsbrücken sind aus Holz und haben ein typisch polterndes Geräusch beim drüberfahren. Wir können also genau abschätzen wie weit der Kollege dahinter entfernt ist. Die Holzbrücken haben kein Geländer und man könnte eigentlich ganz bequem von der Brücke aus in den Fluss kippen. Was für ein großartiges Fotomotiv! Ist uns bisher nicht passiert. Um die Überfahrt interessanter zu gestalten in die Holzbrücken häufig mit größeren Löchern und losen Balken garniert. Bei Blech hilft beten. Und nicht dieselbe Blechplatte wählen wie Martin.

Ansonsten fahren wir heute durch einen immerwährenden botanischen Garten. Dann mitten durch eine Ziegelei, schauen eine Bastmattenwerkstatt an und klettern auf eine Aussichtsplattform in Baumkronenhöhe um seltenen Reihern in die Augen zu schauen. Wir radeln im Zick-Zack durch das Delta müssen zusammenbleiben und aufeinander achten. Tom steht im Sarggeschäft, regelt den Verkehr und winkt die Gruppe durch. Wir bekommen alle Aufmerksamkeit. Die Vorderen ernten ungläubiges Staunen, das sich im Laufe unserer Fahrradschlange in Heiterkeit umwandelt und die Letzten von uns werden mit lautem Lachen und Winken verabschiedet.

Die letzten Kilometer beladen wir unsere Räder mit dem Nachtgepäck. Das seltsam schwer ist, klirrt und am Vorabend panikartig im Supermarkt erstandenen wurde. Wir wollten für unseren Homestay nicht unterversorgt sein, stellen das Gepäck in den sauberen, kleinen Räumen ab und gehen kochen. Wir lernen Frühlingsrollen wickeln. Hier haben die Raucher unter uns deutliche Vorteile. Die Röllchen von Ernst sehen perfekt aus. Die von Michael eher etwas zerfleddert. Geschmacklich sind sie der Knaller. Bei Homestays muss man immer ein bisschen zusammenrutschen und teilen. Zimmer, Mückenmittel, Taschenlampen. Wir teilen die vietnamesischen Rotweine, lauschen der Ansage von Jan und kriechen unter die Moskitonetze. Ernst lässt versehentlich einen Fuß draußen und nachts können wir die Moskitos begeistert schmatzen hören.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/12/2012-12-10_Go121.gpx“]

Print Friendly, PDF & Email

Kommentare sind geschlossen.