Märkte & der stille Amerikaner

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Unser letzter Tag in Saigon, der Hauptstadt aller Motorroller. Anarchischer, verknoteter Verkehr, der schon einer einfachen Straßenüberquerung einiges abverlangt. An den Touristen-Hotspots (z.B. Notre Dame), wo endlich mal kaum Verkehr ist, wartet die uniformierte Touristenpolizei, nimmt einen bei der Hand und führt über die leere Straße. Spannende Stadt, Monika schreibt über unseren letzten gemeinsamen Tag (den letzten Tag verbrachte jeder nach eigenem Gusto):

Wir erkunden Saigon. Zwei Pagoden und Chinatown. Die beste Nudelsuppe von Vietnam bekommt man im Chinesischen Markt. Thang führt uns dahin. Ich möchte keinen reichen asiatischen Geliebten, keinen Nobelpreis und keinen Weltfrieden. Ich möchte mir die Eindrücke eines asiatischen Marktes bewahren. Und nein, man kommt auch als Tourist nicht nackt und ausgeraubt, höchstens mit sinnfreiem, glücklichmachendem Tand aus dem Markt zurück. Für den man selbstverständlich viel zuviel Geld bezahlt hat. Lutz möchte eine Lackschachtel, macht den fatalen Fehler und zeigt ein Bündel Geldscheine. Daraufhin umschwirren ihn hübsche Mädchen wie Motten um ein Licht.

In der riesigen Betonhalle hat sich der Mief von Jahren festgesetzt, unzählige Füße haben die Treppen ausgetreten und die Wände sind speckig von den ständigen Berührungen. Das Fett aus den Garküchen hat sich an der Decke und in dem Gewirr der Spinnweben festgesetzt. Der Boden ist feucht vom Monsunregenwasser oder den Reinigungsstrahlern. Es ist ein ständiges Treiben. Und wir machen mit. Edith kauft ein Kilo getrocknete Jakefruit. Ludwig lieber Ingwer. Getrocknete Durian gibt es nicht, wie Martin bedauernd feststellt. Wir sitzen in einer Garküche zur allerletzten Nudelsuppenmahlzeit. Martin saugt an einer Kokosnuss. Jan schwitzt. Michael löffelt die Suppe. Lastwagen atmen Ruß aus. Arbeiter fallen über Ladungen her, wie Ameisen über einen toten Käfer und räumen alles auf und aus. Dicht an dicht sind die Mofas geparkt. Ein Gewirr an Rückspiegeln. Daneben wird Zuckerrohrsaft verkauft oder Socken. Der Geruch von Koriander, Durian und Räucherstäbchen hängt in der Luft. Ernst geht rauchen und ich möchte nicht weg. Verdammt.

Über der Dong Khoi, die einst Rue Catinat hieß und der Haupthandlungsort von Graham-Greens Roman ‚Der stille Amerikaner‘ ist, hängen riesige Weihnachtssterne. Die Stämme der Bäume entlang der Straße sind mit Netzen aus roten LEDs umwickelt. Mädchen mit Santa-Claus-Mützen, roten Lackstiefeln und rotem Minirock mit weißem Pelzimitat verteilen Sales-Prospekte. Es gibt 50% Discount auf alles. Und den berühmten Roman kann man gerne als Raubkopie kaufen. Trotzdem – der Distrikt ist immer noch schön. Eine Kirche, das Postamt, restaurierte Hotels, die Häuser strahlen Eleganz und Zwielichtigkeit aus. Dann die elegante Oper. Wir laufen weiter in Richtung nächsten Markt. Zerstreuen uns, finden uns wieder und sind völlig erschöpft. Saigon hat uns erwischt.

Der letzte Abend. Noch einmal versuchen wir die Plastikumrandung der Wasserflaschen und Dosenbierlaschen aufzureißen. Essen Morning Glory und Reis mit Chilisoße. Singen Karaoke. Verdammt war das schön.

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