Schneller als die Sonne

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

73 km von Deqin nach Cizhong. Endlich Regen…

Vielleicht waren wir einfach zu leichtsinnig!

Anton, unser Wetterfrosch (während ich das schreibe, fällt mir zum ersten Mal die Ähnlichkeit zu Elmar Gunsch auf!) postulierte gestern Abend mal wieder „es könne ja gerne die ganze Nacht durch regnen!“. Hat es dann auch getan. Am Morgen dann noch ein paar Tropfen und dann sich ständig besserndes Wetter.

In wilder Schussfahrt geht es hinab zum Mekong, 1.200 Höhenmeter auf 20 Kilometern. Gerade, als wir das Mekong-Tal erreichen, bricht die Sonne durch die Wolken. Unsere Augen glänzen. Alles gut!

Zu früh gefreut!

Erst bläst uns ein Orkan entgegen, der selbst den Gegenwind auf der „längsten Abfahrt der Welt“ auf dem Friendship Highway zwischen Lhasa und Kathmandu in den Schatten stellt. In seinem Sog zieht er eine Regenfront mit, die es in sich hat. Wie Nadeln treffen uns die Regentropfen. Innerhalb von wenigen Minuten sind wir pitschnass. Immerhin, der Wind lässt nach!

Nach einer guten Stunde ist der Spuk vorbei, und die Sonne zeigt sich. Hält immer gut zwei Kilometer Abstand von uns.

„Schnell, bevor die Sonne uns erreicht!“, rufe ich Anton zu, als ich ihn überhole. Anton lacht, hält an und macht ein Foto vom sonnendurchflutenden Mekong-Tal, zwei Kilometer entfernt, im Norden.

Irgendwo zwischen Sonne und Regen erreichen wir Cizhong.

Der Küster sei gerade weggefahren, erzählt unser Herbergsvater und telefoniert dem Schlüssel der Kirche hinterher, wegen der wir nach Cizhong gekommen sind.

Die Kirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut und 2003 restauriert. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Papst Gregor XVI die Tibet-Mission auf den Weg gebracht und in den nächsten Jahrzehnten 44 Missionare auf ein im Wortsinne religiöses Himmelsfahrtskommando geschickt. Weniger als die Hälfte der Missionare überlebten, fielen unbekannten Krankheiten, Banditen und lokalen Intrigen zum Opfer.

Der tibetischen Theokratie waren die Eindringlinge ein Dorn im Auge, vor allem, als diese anfingen, Land aufzukaufen und an leibeigene Bauern zu verschenken. Mit dem Bau der Schmalspureisenbahn Haiphong-Kunming und der damit verbundenen Ausweitung des französischen Einflusses auf Yunnan pilgerten Anfang des 20. Jahrhunderts weitere Missionare in den Südwesten Chinas. Vor allem im Mekongtal konnten sich einige der Priester eine Basis schaffen und erlangten durch ihr soziales Engagement den Respekt vor allem der einfachen Leute.

Neben der Kirche in Cizhong entstanden entlang des Mekong in dieser Gegend 13 weitere Gotteshäuser. Nur wenige sind heute noch erhalten, jedoch eilt keiner der anderen Kirchen ein vergleichbarer Ruf voraus. Oft sind es einfache Backsteinhäuser ohne nennenswerte Dekoration.

Unser Herbergsvater streckt den Daumen nach oben und begleitet uns zur Kirche. Immer wieder ein Erlebnis!

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Crashkurs

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Regen und Rüttelpiste von Ankang bis nach Pingli

Der Wetterbericht hat ja nun schon seit einigen Tagen dunkle Wolken am Horizont heraufziehen lassen und heute ist es nun wohl endgültig so weit. Die Fahrt nach Ankang war wohl nur ein Vorgeschmack und gestern schien ja dann auch nochmal die Sonne. Heute morgen pladdert es aber mächtig vom Himmel und gestern habe ich auf einer Gesamtwetterkarte von China genau unser Dreiprovinzeneck zwischen Shaanxi, Hubei und Chongqing als regenreichste Zone des gesamten Landes ausgemacht. Die Vorfreude auf die heutige Radetappe hält sich entsprechend in Grenzen und jeder ist erstmal beschäftigt, seinen individuellen Stil bei der Regenschutzbekleidung zu finden. Festes Schuhwerk, Überzieher, Sandale mit Socke und Plastetüte, oder doch lieber pur? Und so setzt sich das Spielchen weiter fort bis zur Kopfbedeckung.

Als wir dann endlich unsere Räder satteln – gestern nochmal geputzt, aber das glaubt mir natürlich heute keiner mehr – hat der Regen zum Glück schon etwas nachgelassen und für heute bleibt es bei einem mal stärker, mal schwächer werdenden Nieselregen. Die knapp 70 Kilometer lange Strecke nach Pingli war abgesehen von der Stadtausfahrt einmal eine nette, ruhige und gut zu fahrende Straße, zumindest habe ich das noch so von vor 2 Jahren in Erinnerung. Doch irgendwann kam der Bau einer benachbarten Autobahn und mittlerweile haben die Baustellenlaster den Straßenbelag gekillt. Dass unsere bisherige Reise erfreulich wartungsarm verlief, ändert sich heute schlagartig. Zwei zerlegte Schutzbleche und zwei Platten sind die Bilanz des Tages. In der Mittagspause könnten wir vielleicht schnell noch zwei Schutzblechhälften für eine mögliche spätere Reparatur vorbohren lassen, also werden wir beim Grobmechaniker des Ortes vorstellig. Er holt seinen feinsten Bohrer raus, das Bohrfutter wird mit Hammer und Meißel festgezogen und obwohl seine alte Ständerbohrmaschine in der dunkelsten Ecke der Werkstatt steht, sitzen die Löcher tadellos, da kann man nichts sagen.

Wir halten uns aber erstmal nicht weiter mit Reparaturen auf, sondern sehen zu, dass wir weiter und an unser Ziel kommen, denn so richtig gemütlich ist heute draußen ja nicht. Außerdem steht morgen die Königsetappe an und die noch dazu mit drei Fragezeichen, da der größte Teil der Strecke Baustelle sein soll. Als Alternativen gibt es das Auto oder eine Umgehungsstrecke von zusätzlichen 30 km und geschätzten 2000 Höhenmetern, wenn man sich die Ausführungen der Ortskundigen so anhört. Momentan sind aber noch alle gewillt, es auf der Standardvariante zu versuchen, also schauen wir mal.


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Männer, die auf Berge starren

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Tagesausflug zum Feilai Si

Der Kawa Karpo. 6.740 Meter hoch. Ein Turm über dem Mekong-Tal, das er fast 5.000 Meter überragt. Ein scheuer Geselle, der heilige Berg. Eine Gruppe tibetischer Pilger verbeugen sich gen Nebelwand. Da muss er sein, der Berg, der heilige, den die Pilger so verehren und selbst hinter einer Wolkenwand sicher verorten.

Ich habe ein Deja-Vu! Vor zehn Jahren, zusammen mit Andreas, warteten wir schon einmal auf die Berggottheit, auf das sie sich entkleidet:

Über dem Tal thront das Kawa-Karpo-Massiv, dessen höchster Gipfel, der Kagebo, 6.740 Meter hoch ist. Direkt gegenüber, auf der diesseitigen Seite des Mekong markieren eine Gruppe von acht Stupas und eine Ansammlung von Teehäusern einen luftigen Aussichtspunkt, der einen unverstellten Blick auf den Kawa Karpo verspricht. (…) Eine dichte Wolkendecke verhüllt das Kawa-Karpo-Massiv, auch der Mekong ist zwar als entferntes Rauschen zu hören, aber leider nicht zu sehen.

Das scheint wohl öfter der Fall zu sein, da entlang der Straße ein gutes Dutzend hölzerner Teestuben mit Aussichtsterrasse für auf klares Wetter wartende Reisende einfache Speisen und heißen Tee anbieten. Wir machen es uns am Fenster einer der Teestuben gemütlich und bestellen eine Kanne halbfermentierten Oulong-Tee und ein paar Snacks. Alle paar Minuten beugt sich einer von uns aus dem Fenster und spät nach einem Wolkenloch. In der Zwischenzeit füllt die Bedienung immer wieder unsere Teekanne. Der zweite Aufguss – dichte Wolkendecke. Der dritte – aus einer Wolkenlücke lugt eine Bergspitze hervor. Der vierte – die Sonne bricht durch die Wolkenwand und der Mingyong-Gletscher ist in gleißendes Licht getaucht. Das schneebedeckte Kawa-Karpo-Massiv ist nun gut sichtbar. Nur vor dem Kagebo hängt noch eine Wolkenwand. Der fünfte Aufguss. Ein kleines Wölkchen noch! Zieht das nicht gerade nach oben? Wir starren gebannt aus dem Fenster. Der Tee drückt auf die Blase. Nicht jetzt! Ein kleiner Windstoß noch! Nach weiteren fünf Minuten Warten entspannen wir uns wieder, bestellen nun jeder ein Bier, eine Portion frittierten Yakschinken und ein paar Erdnüsse und geben auf. Tatsächlich ziehen weitere Wolken vor den Kagebo, und dann kündigt sich die einbrechende Dämmerung an. Wir zahlen, wuchten unsere Knoblauch-Teewasser-Yakschinken-Bierbäuche auf die Fahrräder und werfen auf der Rückfahrt noch einmal einen Blick ins Mekong-Tal. Nebel! Oder Wolken? Der Fluss muss jedenfalls noch bis morgen warten!

Nun, so ähnlich war es auch heute!

Gebannt starrten wir auf das Bergmassiv, riefen uns zu, wenn wieder ein Stück blauer Himmel zu sehen war.

Aber der Berg blieb schüchtern.

Man kann nicht alles haben!

In the Middle of Nowhere

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Im Blog diesmal wieder zwei Tage im Block. Heute Ruhetag in Ankang, gestern die Anfahrt im Regen

Unsere Schönwetterphase hat gestern ihr vorläufiges Ende gefunden und wir mussten die gut 100 km den Han-Fluss aufwärts bis nach Ankang in einem trüben Dunst zurücklegen. Im wuseligen Zentrumsmarktviertel von Xunyang haben wir schon so eine Art Stammlokal für die Mittagsmahlzeit – zumindest lassen das die Fotos der Tourgruppen vermuten, die unübersehbar über dem Tresen prangen. Vielleicht sollte der Chef uns mal eine VIP-Karte ausstellen. Jede zehnte Nudelsuppe gratis oder etwas in der Art. Die zweite Hälfte zieht sich dann etwas in die Länge, da das Auf und Ab der Strecke deutlich zunimmt. Etwa 15 km vor dem Ende der heutigen Fahrt kündigen der zunehmende Verkehr und Dreck das Nahen einer Großstadt an. Eine Großstadt? Hier, im Nirgendwo zwischen den zwei großen Flüssen, dem Gelben Fluss und dem Yangzi? Zwischen den zwei Gebirgen in der Mitte Chinas, dem Qinlingshan und dem Dabashan? (Die Flüsse kennt man ja vielleicht gerade noch so…)

Also, wer hat schon mal was von Ankang gehört? Das Verwaltungsgebiet mit 3 Mio. Menschen, das städtische Zentrum immerhin noch eine halbe Million, dreitausendjährige Geschichte, lokale Operntradition, Wasserspender für den trockenen Norden? Vor allem – Ankang und das Wasser. Mit den Wassern des Han-Flusses muss Ankang besonders eng verbunden sein, im Guten wie im Bösen. Wenn man sich auf der wiedererrichteten Stadtmauer im Zentrum der Stadt befindet und den Blick von den Hochhäusern im Süden wendet und in die andere Richtung auf den Fluss blickt, sieht man die Leute im Fluss unter der großen Brücke baden oder sich mit der Strömung treiben lassen, andere waschen ihre Wäsche oder ihre Fahrräder am Ufer und oberhalb davon hat sich die Stadt noch eine große Promenade für die Fußgänger gegönnt. So macht Ankang trotz der staubigen Stadteinfahrt hier einen recht modernen und freundlichen Eindruck und gibt uns die Gelegenheit für einen angenehmen Stadtspaziergang an unserem Ruhetag.

Der Fluss kann aber auch anders, wie wir schon stromabwärts in Shuhe gesehen haben. Dort hatte uns die Wirtin die Hochwassermarken von 1983 gezeigt, etwa in der Höhe des dritten Stocks unseres Hotels. Und das stand nicht unten am Fluss, sondern oben an der Hauptstraße. Damals hatten heftige und wiederholte Regenfälle dafür gesorgt, dass in Ankang am schlimmsten Tag des Hochwassers der Pegel fast den ganzen Tag lang um durchschnittlich 75 cm pro Stunde stieg. Das war dann selbst für die Stadtmauer, die hier gleichzeitig als Hochwasserschutz dient, zu viel. Mittlerweile ist sie aber wieder aufgebaut und wir beziehen sie ausgiebig in unseren Spaziergang mit ein. Der Rückweg führt uns dann durch die kleinen Straßen und Wohnviertel, die direkt hinter der Stadtmauer beginnen und am Abend kehren wir schließlich noch einmal zur Uferpromenade zurück, wo man jetzt meinen könnte, Ankang möchte es in absehbarer Zeit mit dem nächtlichen Uferblick von Shanghai aufnehmen.


Strecke 22.09.2015:
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Strecke 23.09.2015:
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Serpentinen!

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Königsetappe von Benzilan nach Deqin. Zwei wunderbare Tage mit drei 4.000er-Pässen

Die Etappe von Benzilan nach Deqin ist einer der Gründe, warum ich die Tour „Die Oberen Schluchten des Yangzi“ noch einmal machen wollte.

2005 auf Erkundungstour zusammen mit Andreas sind wir den Pass ein Drittel hochgefahren, haben dann angesichts der fehlenden Asphaltdecke und 50 Kilometern bis zum Gipfel einen Transport organisiert und sind dann vom letzten Pass nach Deqin abgefahren.
Die Geschichte dazu gibt es hier: Ein Bus namens Wanda

2013 stand ich aus eigener Kraft auf der letzten Passhöhe, bin 5 Kilometer abgefahren und dann zum Rest der Gruppe ins Auto gestiegen, weil es zu spät wurde.
Nachzulesen unter: Auf den Spuren von Wanda

Nun würde ich schon gerne einmal die ganze Strecke mit dem Rad absolvieren. Habe aber wie jedes Mal einen Heidenrespekt vor der Tour. Diesen Teile ich mit meinen Mitradlern. Als wir in Benzilan unsere Räder aufsatteln, meine ich ein dreistimmiges mentales Seufzen zu hören, von Anton, Michael und Rüdiger. Doch die vorsichtige Skepsis weicht schnell einer freudigen Zuversicht! Das Wetter zeigt sich von der besten Seite, obwohl es einen Tick zu heiß ist. Aber das ist Krise auf höchstem Niveau!

Wie die Nähmaschinen schnurren wir über die Serpentinen, hinauf zum ersten Stopp, der „Großen Biegung des Yangzi“. Die „Erste Biegung des Yangzi“ war als Name schon vergeben und schwer ideologisch belastet (mehr dazu in einer Woche!), blieb wohl nur noch „Die Allererste Biegung des Yangzi“ als unzureichende Alternative. Die „Große Biegung des Yangzi“ also. Wie auch immer: Höchst spektakulär!

Ein paar Kilometer weiter erwartet uns dann im Dongzhulin-Kloster eine weitere Inkarnation eines Bundeswehr-Spießes in tibetischer Mönchsrobe (s. Balagezong, Balagezong). „Zusammenbleiben! Keine Fotos!“ ruft er ohne Pause, bis mir höflich der Kragen platzt und ich ihn entsprechend darauf hinweise, dass er als buddhistischer Mönch doch ein wenig Gelassenheit an den Tag legen sollte. Xiao Luo, die Frau unseres Begleitfahrers, eigentlich eine Seele von Mensch, legt dann noch nach und fragt den Mönch Löcher in den Bauch. „Was, ihr esst Fleisch? Dürft ihr das denn als Mönche?“

Wie auch immer, wir genießen den Klosterbesuch und treten frohen Mutes in die Pedalen. Rüdiger so froh, dass die Kette reißt. Warum meine Kettenschlösser tief im Koffer vergraben sind, weiß ich nicht, vielleicht ein Anfall von Optimismus. Als ich sie dann endlich im hintersten Eck meines Gepäcks gefunden habe, ist die Kette schnell repariert. Der Berg ruft!

Und der Ruf des Berges ist laut! Eigentlich hatten wir eine Übernachtung in Shusong geplant, da gibt es ein tibetisches Guesthouse, das sich auf Reiseradler auf dem Weg nach Lhasa spezialisiert hat. Sah im Internet schick aus, ist real aber eher hip als sauber. Xiao Ding und Xiao Luo, unsere Begleitmann- und frauschaft entdecken ein Werbeplakat für eine neue Unterkunft vier Kilometer entfernt. Rufen an, es gibt Zimmer! Ich schicke die beiden mit dem Auto vor und warte auf die Gruppe. Als die drei in Shusong ankommen, fängt es an zu regnen. Vielleicht doch eine Nacht bei Hip und Dirty?

Glücklicherweise ruft Xiao Luo an und gibt grünes Licht. „Tolle Unterkunft!“, sagt sie. „Schau mal nach oben, ich winke Euch zu!“

Ich sehe keine Xiao Luo winken, nur ein Gebäude, hoch oben am Berg, zwischen Nebel und Regenwolken. Ein Blick auf meine Mitradler.
Ein offenes Wort.
Wollen wir es wagen?

Wir wollen. Der Regen ist intensiv, aber immerhin warm. Erstaunlich auf fast 2.800 Metern Höhe. Als mein GPS annähernd 3.200 Meter anzeigt, hört der Regen fast auf. Sechs Kilometer sind wir im strömenden Regen geradelt und die Erwartungen sind hoch. Hat es sich gelohnt?

Auf jeden Fall! Vor allem für das reichliche Abendessen aus eigenem Garten und Stall, alles Bio, wie mir die Chefin versichert!

In der Nacht öffnet der Himmel seine Schleusen. Am Morgen hängen die Wolken noch tief, aber es ist trocken und angenehm frisch. Wir sind froh, die Etappe um 15 Kilometer und 400 Höhenmeter abgekürzt zu haben. Gegen 14:30 Uhr stehen wir dann auf dem letzten von drei 4.000er-Pässen. Die Wolken brechen auf, die Sonne taucht die Berge in ein unwirkliches Licht. Es gibt Gipfelbier und Gipfelschnaps. Auf der Passhöhe treffen wir ein Pärchen aus Jena. Mit Wohnlastwagen. Auf dem Weg nach Singapur. Das beeindruckt auch eine tibetische Reisegruppe, die uns zur ausgedehnten Fotosession lädt. Die zwei holländischen Motorradfahrer waren da schon abgefahren.

Auch wir lassen es nach einer Stunde auf der Passhöhe rollen, fahren durch eine Märchenlandschaft und bremsen alle paar Meter, um Fotos zu machen.

„Gegenanstieg kurz vor Deqin!“, hatte ich die Gruppe vorgewarnt. Nix da! Der Tunnel kurz vor Deqin, schon 2005 bei unserer Erkundungstour im Bau, ist nun endlich fertig! Kürzt die Strecke um 10 Kilometer und 200 Höhenmeter ab. Bei allem Puritanismus und Radenthusiasmus: Die Einladung nehmen wir an! Zumal der Tunnel gut beleuchtet ist.

Am Abend sitzen wir dann in dem Restaurant, das uns auch schon vor zwei Jahren begeistert hat. Der Sohn der Chefin hat den Laden inzwischen übernommen. Lecker ist es immer noch!

Strecke 22.09.2015. Benzilan – Shusong

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Strecke 23.09.2015 Shusong – Deqin

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Von Altstadt zu Altstadt

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Von Manchuan nach Shuhe – über die letzten Bergrücken des Qinling-Gebirges bis hinunter an den Han-Fluss

Die historischen Altstädte scheinen in China nur so aus dem Boden zu sprießen. Bis heute früh waren wir noch in Manchuan mit seinen alten Gildenhäusern, gleich 10 km weiter folgt Shangjin am Wegesrand und am Ende unserer Fahrt, wenn wir Shuhe erreichen, wird neuerdings Ähnliches angeboten. Wir sind zwar gerade erst richtig in Schwung gekommen und haben soeben die Provinzgrenze nach Hubei passiert, aber den Stopp in Shangjin lassen wir uns trotzdem nicht entgehen. Hinein durchs Westtor und dann ein Blick von der alten Stadtmauer in die Hinterhöfe und anschließend durch die „Stadt“ zurück. Zu sehen gibt es neben der Stadtmauer alte Lehmhäuser und eine kleine katholische Kirche und alles ist im Gegensatz zu Manchuan noch nicht so offensichtlich für den Tourismus hergerichtet.

Wir folgen noch ein wenig weiter dem Tal und dem Fluss und biegen schließlich in ein Seitental ab, das uns hinauf zum Pass führt. Bisher haben uns als typisches Bild vor allem die Maisfelder begleitet, aber ab jetzt kommt nun auch der Reis mit dazu. Es ist Erntezeit und die Felder liegen in einem kräftigen Gelb unter uns und wechseln sich mit dem Grün von Bäumen, Gemüse- oder Maispflanzen ab. Auf der anderen Seite des Passes geht es ähnlich weiter. Nach einer schnellen Abfahrt biegen wir in ein neues Seitental mit einer kleinen Betonstraße, auf der man gut die täglichen Arbeiten der Bauern während der Erntezeit beobachten kann. Nach gut 30 km erreichen wir schließlich den Han-Fluss, der als größter Zufluss in südöstlicher Richtung dem Yangzi zustrebt.

Nur noch ein Stückchen weiter entlang des Han-Flusses und wir erreichen Shuhe, das sich intern bereits einen ziemlich miserablen Ruf erworben hat. Auch bei den Teilnehmern unserer Tour gewinnt Shuhe keinen Schönheitspreis. Mit seinen auf Betonstelzen stehenden und an die steinigen Ufer des Han-Flusses gepressten Wohnblöcken vermittelt es einen recht trostlosen Eindruck. Xiao Yang hat ein neues Hotel ausfindig gemacht, welches wir heute mal antesten und die Chefin lässt es sich nicht nehmen, uns gleich noch durch die „alten“ Gassen zu führen, die praktisch gleich hinter unserem Hotel beginnen. Wir können also hiermit die Existenz einer weiteren Altstadt in Shuhe bestätigen, die im Wesentlichen aus einigen wiederhergestellten Gildenhäusern besteht – eine Mischung aus Klub und Andachtsstätte, im vorderen Teil die Bühne und im hinteren Teil der Tempel. Was außerdem noch auffällt, ist die häufige Verwendung von Schiefergestein beim Bau. Geht man noch ein bisschen weiter, entdeckt man sogar noch ein paar alte Häuser, ganz aus übereinandergelegten Schiefersteinen gebaut. So hatten wir in der trüben Stadt doch noch einen ganz netten Spaziergang und auch noch ein paar nette Begegnungen mit Mensch und Tier, wie sich auf den Fotos erkennen lässt.


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Balagezong, Balagezong

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Von Zhongdian zum Yangzi. Ideales Radfahrwetter

Balagezong, Balagezong…

Rhythmisch brettern unsere Reifen über die kleinen Unebenheiten der Straße.

Balagezong, Balagezong…

Die ersten Steigungen haben wir hinter uns, es rollt gut und die Aussichten sind fantastisch!

Die Ausfahrt aus Zhongdian ist wie vor zwei Jahren eher trist und staubig. Doch schon hinter der ersten Kuppe beruhigt sich der Verkehr und wir rollen mit leichtem Rückenwind durch ein liebliches Tal.

Balagezong, Balagezong…

Vor zwei Jahren wollten wir die gerade für den Tourismus erschlossene Region Balagezong besuchen. Bei den Planungen für „Auf den Spuren von Wanda“ war mir auf der ITB ein Stand aufgefallen, der Balagezong vorstellte. Enge Schluchten, unberührte Natur, Schneeberge. Das überzeugte.

Zwei Wochen vor der Tour verwüstete ein Erdbeben die Region. Balagezong war unzugänglich und wir wurden auf der Tour Zeuge der Verwüstungen, die auch Benzilan, unser nächstes Ziel am Yangzi getroffen hatten.

Zwei Jahre später waren wir dann endlich da. Es hat sich gelohnt!

Vor allem der Weg nach Balagezong begeistert uns. Schon die Strecke von Zhongdian bis zum Yangzi ist fantastisch, erst einige Höhenmeter nach oben, dann eine kleine Abfahrt, wieder gut 200 Höhenmeter bis zum Ort Nixi und dann: Schussfahrt! 1.300 Höhenmeter auf knapp 40 Kilometer! Und das alles bei bestem Radwetter, 25 Grad und Sonne, die immer wieder zwischen den spektakulären Wolken hervorkommt.

Da hat ein 20 Kilometer langer Schlussanstieg mit mehr als 400 Höhenmetern in der Regel etwas nervtötendes, vor allem am Ende einer Etappe. Nicht so der Weg nach Balagezong! Erst leicht, dann stärker ansteigend windet sich die schmale, fast autofreie Straße durch eine immer enger werdende Schlucht, durch die ein wilder Bergbach tobt. Dort, wo die Straße endet, steht auch unser Hotel. Praktisch!

Am nächsten Tag bekommen wir dann eine Lektion in Sachen chinesischem Tourismus. Balagezong darf man nur in der Gruppe und mit lokalem Reiseführer besichtigen. Und dann auch nur nach festem, auf die Minute festgelegtem Programm. Und Tashi, unser tibetischer Guide für den halben Tag, war im letzten Leben wohl Spieß bei der Bundeswehr. Jedenfalls wenn es um die Gäste, sprich uns geht. Dann heißt es zehn Minuten hier, nicht zu weit weggehen, Punkt 12:50 wieder aus der Schlucht zurück. Wenn er uns nicht gerade herumkommandiert, dann flätzt er sich faul auf seinen Autositz.

Schön war es trotzdem, auch wenn wir den namensgebenden Balagezong-Schneeberg nicht sehen konnten, der sich hinter den Wolken versteckte. Nach insgesamt fast acht Kilometern Wanderung durch zwei durchaus eindrucksvolle Schluchten sind wir froh, wieder auf den Rädern zu sitzen. Nach knapp 40 Kilometern erreichen wir Benzilan. Von den Erdbebenschäden ist kaum noch etwas zu sehen.

Die Fahrt durch das Yangzi-Tal, der hier noch Goldsandfluss heißt, macht Lust auf mehr. Wer weiß, vielleicht probieren wir in ein paar Jahren mal die Route von Benzilan nach Sichuan aus, die noch ein Stück den Yangzi entlang führt!

Strecke 20.09.2015, Zhongdian – Balagezong

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Strecke 21.09.2015, Balagezong – Benzilan

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Die ausländischen Freunde

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Von Shanyang nach Manchuan – 60 km Einrollen für 6 km Anstieg in der Mittagshitze, dann 20 km Ausrollen bis zum Ziel

Heute morgen stehen wir zeitiger auf, damit wir noch in Ruhe etwas von der Altstadt in unserem Zielort Manchuan, einem alten Handelsflecken mit langer Geschichte und einer kürzlich wieder instandgesetzten Altstadt zu sehen bekommen. Der Himmel ist noch recht trüb heute früh und Xiao Yang verkündet schon mit besorgter Miene, dass es heute Nachmittag noch regnen könne. Aber nichts da – wir segeln den ganzen Vormittag mit ständigem leichtem Gefälle ein ruhiges Tal hinunter und nachdem wir in einem kleinen Dorf an der Straße unsere Mittagsrast gemacht haben, kommt die Sonne hervor und heizt uns auf unserem heutigen Anstieg mächtig ein.

Es ist Erntezeit und die Fahrt ist recht kurzweilig, denn es gibt viel zu sehen unterwegs. Im Gegenzug unterhält dafür Elly beim Mittagstisch die Kinder mit ihrem Handy. Nach einer erstklassigen Serpentinenabfahrt geht es mit Karacho in das Tal auf der anderen Seite des Passes hinein und die letzten Kilometer bis nach Manchuan sind schnell zurückgelegt. Das Timing stimmt und es ist noch ausreichend Zeit für einen Bummel durch die Altstadt, wo es u.a. verschiedene Gildenhäuser und zwei Theaterbühnen zu sehen gibt. Manchuan befand sich schon immer in einer Grenzregion und das Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Kulturen des Nordens und des Südens wird hier z.B. durch beiden Theaterbühnen symbolisiert, die in jeweils unterschiedlichen Stilen gestaltet sind.

Als nichtchinesischer Tourist im Reich der Mitte fällt man grundsätzlich in die Kategorie der 外国朋友, der „ausländischen Freunde“ und rückt insbesondere in weniger frequentierten Gegenden schnell ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Häufig wollen dann Erinnerungsfotos geschossen werden und bald ist man wieder entlassen. Manchmal wird man aber auch zum Essen eingeladen und dann kann es etwas länger dauern, wie wir schon erlebt haben. Der Ort Manchuan soll für den Tourismus auf Vordermann gebracht werden und auch für solche Zwecke sind die ausländischen Freunde gern gesehen und so bekamen wir vor zwei Jahren auf der gleichen Tour eine Gratisführung durch die Altstadt von der örtlichen Parteisekretärin, begleitet von einem Fernsehteam. Das Ergebnis lässt sich jetzt in der Tourismusbroschüre von Manchuan anschauen.

Auch der Wirt unseres Restaurants lässt sich die Gelegenheit nicht entgehen, ausgiebigst Fotos mit uns und der Familie zu machen und die Nachbarn schauen auch gleich noch mit vorbei. Er hatte schon mehrfach Gruppen von China By Bike zu Gast und zeigt uns stolz sein Fotoalbum, wo diese sich in würdiger Gesellschaft mit dem stellvertretenden Provinzchef wiederfinden. Fast haben wir Mühe uns loszueisen und endlich wieder ins Hotel zu kommen. Mittlerweile sind wir doch alle schon etwas müde. Nur noch eine kleine Tanzeinlage auf dem Platz vor dem Hotel, dann fallen wir ins Bett.

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It’s Bicycle Repair Man!

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Tagesausflug in Zhongdian. 42 km bei idealem Radwetter. Arbeitseinsatz im Grasland!

Der übrig gelassene Hühnerkopf zeigt keine negativen Auswirkungen. Das Wetter bleibt schön!

Fast können wir unser Glück nicht fassen: Laut Wetterbericht hat es 16 Grad und Regen. Laut eigener Wahrnehmung und Messung 21 Grad und Sonnenschein. Zum ersten Mal, seit ich in Zhongdian bin, steige ich entspannt aus den heißen Quellen, die der tradtitionelle Abschluß unserer Radtour in die Umgebung Zhongdians sind.

Um die 45 Grad hat das Heilwasser. Da kommt einem schon bei dem Gedanken, das Bad zu verlassen, das kalte Bibbern. Heute steigen wir alle entspannt aus der öffentlichen Badewanne, die heute eine lärmende Schulklasse bei Laune hält und genießen die spätsommerliche Wärme.

Am Vormittag sind wir zum Dabao Si geradelt, einem heiligen Hein knapp 20 Kilometer von Zhongdian entfernt. Noch bei meinem letzten Besuch erzählte einer der Mönche, dass der Tempel schon seit Jahrhunderten eine Schutzfunktion für Tiere hätte. Hühner, Ziegen, sogar Kühe kämen hierher, um ihren Frieden und vor allem Gnade beim Schlachter zu finden, sagte der Mönch, und zeigte mit ausladender Geste auf die Ziegenherde, die Kühe, die Hühner, die es sich auf dem Tempelgelände gemütlich gemacht hatten.

Nun umfasst ein hoher Zaun das Tempelgelände. Die Gebetsfahnen, einst unkoordiniert kreuz und quer zwischen den Bäumen gespannt, wirken seltsam geordnet. Die mystische Stimmung, die den Tempel immer ausgemacht hat, ist ebenso verschwunden wie die Tiere, die nun vor verschlossener Tür mähen, muhen und gackern. Eine versprengte Ziege, die den Sprung über den Zaun gewagt hat, wird von einem jungen Mönch an einem Strick zum Tor heraus gezerrt. Kein Paradies für Tiere mehr!

Ob das gut für das Karma der Mönche ist? Die, so der tibetische Glaube, bei einem verfehlten Mönchsleben als Hund wiedergeboren werden?

Aber wir tun etwas für unser Karma, oder zumindest für die Völkerverständigung. Auf dem Hinweg zum Dabao Si hatten wir eine kurze Rast in einem tibetischen Dorf gemacht. Die Dorfjugend, besser gesagt, ein halbes Dutzend Jungs umkurvte uns mit ihren Rädern. Vor allem der Jüngste hatte sichtlich Spaß daran, den Langnasen seine Radkünste vorzuführen.

Auf dem Rückweg saß er traurig neben seinem Fahrrad auf der Straße. So bunt und doch fahruntüchtig!

Langsam fahre ich an ihm vorbei, denke an meine beiden Kinder. Dem Jungen kann doch sicherlich geholfen werden!

„Stopp!“, rufe ich nach vorne. Drehe um, schaue mir den Schaden an. Die Kette, besser gesagt, lose verbundene Kettenglieder, die von getrocknetem Lehm zusammengehalten werden, ist vom Ritzel gesprungen.

Klarer Fall: Hinterrad lockern, Rad nach untern schieben und die Kette wieder aufziehen. Rüdiger hat glücklicherweise eine Kombizange dabei, die ich auf Tagesausflügen in der Regel im Hotel lasse. Zehn Minuten schrauben und drehen, ziehen und spannen Rüdiger und ich am Rad, unter dem skeptischen Blick der Dorfjugend.

Anton und Michael dokumentieren den Vorgang fotografisch und dann blicken wir in ein strahlendes Gesicht: Die Kette sitzt wieder auf dem Ritzel und die Dorfjugend kramt in ihren Englisch-Kenntnisse: „Thank you very much!“

Gern geschehen!

Nichts kann uns aufhalten

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Fahrt von Shangluo nach Shanyang bei wechselnder Bewölkung – 30 km hinauf, 30 km herunter

Nichts kann uns aufhalten – nicht mal ein Erdrutsch. So ungefähr sollte ich das hier wiedergeben. Stimmt aber auch. Kaum haben wir die letzten Häuser von Shangluo hinter uns gelassen, stehen wir auch schon wieder. Über die Straße ist eine Mauer gebaut, mit einem blauen Tor drin. Hier ist unübersehbar geschlossen. Dahinter ist die Straße auf einer längeren Strecke unter einem Stück Abhang verschwunden. Etwa 200 m weiter oben steht ein Bagger auf einem Felsvorsprung und baggert sich seinen Standplatz weg. Große Felsbrocken poltern zu Tal. Xiao Yang steht auch schon da und telefoniert mit einem Kumpel aus der Stadt. Da sei wohl nichts zu machen, meint er und wir müssten mit dem Auto eine Umfahrung über die Autobahn nehmen, was außerdem bedeutet, dass wir zweimal fahren müssen, weil nicht alle Platz haben. Xiao Yang packt gleich an und schnappt sich ein Rad, um es auf den neuen Heckgepäckträger zu wuchten. Daraus entwickelt sich etwa folgender Dialog:

Chinese: Ok, wir packen die Räder rauf. Komm hilf mir mal.
Deutscher: Na warte mal kurz. Wir gucken uns das lieber erstmal an. Wie macht man das überhaupt fest?
Chinese: Oh. Das weiß ich auch nicht. Hab ich vergessen. Na wir tun‘s erstmal rauf.
Deutscher: Hmm, gibt’s nicht ne Bedienungsanleitung dazu? Dann könnten wir mal nachsehen.
Chinese: Ja schon, aber hab ich vergessen. Irgendwie mit den Bändern hier. Wir probieren das einfach mal.
Deutscher: Hmm, also gut, probieren wir’s mal…

Das mit dem Probieren funktioniert dann auch tatsächlich und es war auch gar nicht besonders kompliziert. Das erste Rad ist schon fast befestigt, als sich plötzlich eine neue Möglichkeit auftut. Ein Mann aus dem Dorf sagt uns, dass die Straße nur an dieser Stelle gesperrt ist und man das aber umgehen kann, wenn man über die kleine Brücke gleich nebenan geht und dann dem Fußpfad an der Staumauer entlang folgt. Es wäre ganz einfach zu finden und er muss auch gleich da lang. Nur die Räder müsse man tragen. Da wir alle keine richtige Lust auf Autofahren haben, schicken wir Xiao Yang alleine auf die Autobahn und nehmen den Weg über die Brücke. Zu Beginn kann man noch fahren, bald schieben wir aber und zu guter Letzt müssen wir unsere Räder dann tragen. Radfahren und Wandern hatten wir schon jetzt wird es also zur Abwechslung mal Rad-Wandern. Als wir uns unterhalb der Staumauer vorbeimühen sind wir recht froh, dass uns die Bauern behilflich sind und auch dass offenbar gerade Niedrigwasser herrscht und die Staumauer geschlossen bleibt.

Danach haben wir die Straße erstmal ein Stückchen für uns alleine und können in aller Ruhe den Anstieg bis zum einzigen Pass heute beginnen. Es folgen 30 km Abfahrt bis zum Hotel, ein kurzes Erfrischungsgetränk und dann geht es gleich nochmal los auf einen kurzen Ausflug zu einer alten Pagode aus der Tangzeit, die sich ganz in der Nähe befindet. Die wird aus allen erdenklichen Richtungen abgelichtet, außerdem entdecken wir noch ein paar versprengte Terrakottakrieger, die hier hinter Schloss und Riegel gebracht wurden und genießen die Aussicht über die Stadt. Am großen Platz vor dem Hotel finden wir einen ganze Reihe von merkwürdigen Spielzeuggefährten, die auf willige Benutzer warten und aussehen wie Strandkörbe mit überdimensionierten Rädern. Leider ist mir die korrekte Bezeichnung unbekannt, aber ich fände Rollatoren ganz passend, wenn der Begriff nicht schon vergeben wäre. Wir probieren also mal einen aus und im Nu sind auch die anderen alle ganz plötzlich besetzt. Man möchte uns wohl ganz gerne noch eine Weile länger dabehalten, was wahrscheinlich den Tagesumsatz um 500 % steigern würde, aber wir wollten noch nach etwas Gegrilltem Ausschau halten, nachdem uns das gestern nicht vergönnt war. Also verabschieden wir uns vom Platz des Volkes und machen uns auf den Weg zum Nachtmarkt, wo wir dann auch schließlich fündig werden.

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