Bootspartie 2

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Durch die Drei Schluchten von Wushan nach Zigui

Heute nun endlich die großen Schluchten. Allerdings nur 2 davon, da wir an der ersten schon mit dem Rad vorbeigefahren sind. Das lässt sich momentan logistisch nicht mehr anders machen. Aber es gehen ja nur 8 km verloren und uns bleiben noch über 100. Und dazu noch in unserem eigenen Boot. Es ist klein, rot-weiß und sportlich-schnittig und trägt den stolzen Namen „Flussochse 009“. Außerdem macht es einen Heidenlärm, wenn der Herr des Bootes dem Ochsen die Sporen gibt und der Außenborder zur offenen Hintertür hereinheult.

Und einen großen Durst hat es – der Käpt‘n muss mindestens dreimal nachfüllen, bevor wir unser Ziel erreichen. Anscheinend hat er es auch eilig und fährt fast die ganze Zeit mit Vollgas. Zwischendurch funkt oder telefoniert er noch einige Male, was immer eine komische Note bekommt, wenn er mit seiner etwas krächzenden Stimme und im lokalen Dialekt das Mikrofon befeuert. Als er dann dabei gleichzeitig auch noch eine Nachfüllaktion in Angriff nimmt, geschieht das Malheur und es schwappt etwas vom Benzin daneben. Im Nu stinkt es penetrant im ganzen Boot, so dass er schnell noch den Feudel aus der Ecke holen muss und den Schlamassel wegschrubben.

Aber auch das hat kaum 2 Minuten gedauert und schon heult wieder der Motor auf und gegen Mittag legen wir am kleinen Hafen oberhalb des Dreischluchtenstaudamms an. Der Himmel hat uns heute einen weiteren schönen Tag gegönnt und damit auch eine gute Aussicht auf die Schluchten. Die schönsten Stellen kommen eher zu Beginn, danach wird es etwas unspektakulärer. Auch der Staudamm selbst beeindruckt uns mit seiner Betonlandschaft nicht in vollem Maße. Aber zumindest hält sich heute der Besucheransturm noch in Grenzen und wir können in Ruhe unsere Runde drehen. Das dürfte aber nur die Ruhe vor dem Sturm sein, denn morgen bricht der Nationalfeiertag über das Land herein. Den werden wir uns dann mal von unserer letzten Radetappe aus betrachten.


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Yangzi, Yangzi!

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

108 km von Tacheng nach Shigu. Perfektes Wetter!

Blöd, wenn man das Label „Perfekter Tag“ schon gebraucht hat. Daher für heute nur ein Foto, das alles aussagt. Wir haben es genossen!

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Paschas und Patriarchen

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Ruhetag mit Bonbons!

Wenn es um Tiere geht, bin ich skeptisch. In Nepal, im Terai Nationalpark, verbrachte ich einmal zwei Stunden auf einem Elefanten-Rücken. „Chance to see a Pangolin: 70 Percent. Chance to see a tiger: 20 Percent! Chance to see an Elephant: 100 Percent!“

Auf dem Elefanten saßen wir, den haben wir gesehen und schmerzhaft gespührt, aber ansonsten kein Tiger und kein Ameisenbär. Nur ein paar Vögel und richtig große Ameisen, rot und fett. Aber dafür fahre ich nicht nach Südnepal!

Heute also Goldhaaraffen. Vor ziemlich genau 15 Jahren traf ich in Zhongdian ein Reporter-Team der Geo. Der Journalist frustriert, weil sein Auftrag war, über die mangelhaften Koservationsbemühungen der Chinesen zu berichten. „Alles perfekt!“, erzählte er mit hängenden Mundwinkeln. Die Chinesen machen, was die Bewahrung seltener Spezies angeht, einen super Job. Der Fotograph klagte derweil über schlechte Witterungsbedingungen.

Wir können nur festhalten: Den Goldhaaraffen geht es gut, sie sagen gerne auch mal auf zwei Meter Entfernung guten Tag und das Wetter war für uns Amateurknipser perfekt!

Nur der Pascha machte sich rar und scheucht lieber Artgenossen über die Bäume!

Den buddhistischen Patriarchen bekamen wir auch nicht vor die Linse, auf dem Berg mit phantastischer Aussicht wurde mehr gebaut als gebetet.

Schluchtenreigen

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Bootstour durch die drei kleinen Schluchten – die Sonne ist wieder da

Hier in Wushan hat der Chef ein besonders schickes Hotel für uns gebucht, da bleiben wir auch gerne zwei Tage, damit die Radklamotten mal wieder ein wenig auslüften können. Man muss zwar erst einen halben Kilometer zurücklegen, bis man wieder in den imposanten Eingangsbereich zurückgefunden hat, aber dafür ist das Frühstückbuffet dann auch entsprechend reichlich.

Gestern stand eine Fahrt mit chinesischem Ausflugsdampfer durch die drei kleinen Schluchten auf dem Programm. Wir befinden uns ja hier in Wushan genau zwischen der ersten und der zweiten der berühmten Drei Schluchten und da die Chinesen Analogien mögen und alles was es im Großen gibt, häufig auch im Kleinen wiederfinden, erscheint die Existenz dreier kleiner Schluchten durchaus naheliegend. Außerdem ist die Gegend hier bergig genug, so dass ausreichend Seitentäler vorhanden sind und es lassen sich gar auch noch die drei kleinen, kleinen Schluchten finden.

Den drei kleinen Schluchten wird nachgesagt, dass sie noch schöner als die drei großen sind, aber das ist sicher Geschmackssache. Auf jeden Fall haben sie alle ein bisschen verloren durch den Dreischluchtenstaudamm, der den Wasserspiegel hier um durchschnittlich 90 m angehoben hat und damit auch eine ganze Reihe von historischen Überbleibseln unter dem Wasser begraben hat. Die Bootsbegleiterin stellt für alle Ausflügler nochmal die wichtigen Stellen (meistens Felsen) der Schluchten vor – der „Glücksbuddha“, das Schwein Zhu Bajie aus der „Reise nach Westen“, die „Kröte, die in den Himmel schaut“, das „Kätzchen, das nach den Fischen hascht“ und ähnliches. Unsere Fantasie ist dafür heute aber anscheinend etwas zu träge.

Auf halbem Weg gibt es einen kurzen Stopp an einer alten Eremitenklause – heute ein Tempel mit heiliger Quelle – und schließlich steigen wir nochmal auf ein kleineres Boot um, für die drei kleinen, kleinen Schluchten. Hier gibt es ein bisschen Folklore und ein Vertreter der lokalen ethnischen Minderheit stellt etwas über deren Leben und Bräuche vor, was uns leider verschlossen bleibt, da ich seinen Dialekt nicht so richtig verstehe. Außerdem hat man hier die Gelegenheit, Fotos mit Lokalkolorit, d.h. im traditionellen Kostüm zu machen, was Herbert gleich ausnutzt, sehr zur Freude der anwesenden Chinesen.

Nach der Rückkehr machen wir noch einen kurzen Abstecher in die Stadt. Das bedeutet für uns vor allem, schweißtreibende Höhenmeter zurückzulegen, aber der Blick auf den Eingang zur zweiten der drei Schluchten, der Wu-Schlucht, der klar sichtbar in der Nachmittagssonne liegt entschädigt doch für einiges.


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Kaiserwetter

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Von Fengjie nach Wushan – Umweg über die Autobahn

Bedeckten Himmel hatte der Wetterbericht versprochen, dabei hat es über den ganzen Tag verteilt mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder geregnet. Man könnte glatt zu meckern anfangen, aber wir hatten es ja auch schon andersherum, also sagen wir mal, es gleicht sich wieder aus. Am Anfang war es noch ganz okay, da haben wir die Stadt des weißen Kaisers, eine alte Tempelanlage, besichtigt. Zu der erzählt man sich, die Gegend sei früher häufig von weißen Nebeln eingehüllt gewesen, was ihr ein mystisch-entrücktes Aussehen verliehen haben soll. Aus einem Brunnen soll der Nebel gar in Form eines Drachens emporgestiegen sein und als exklusives kaiserliches Symbol habe dieser den damals herrschenden Lokalkriegsherren dazu veranlasst, sich gleich selbst zum Kaiser zu ernennen – dem weißen Kaiser nämlich. Das mit den Nebel können wir heute sehr gut nachempfinden, und um ein paar mystisch-entrückte Fotos zu schießen eignet sich das Wetter eigentlich ganz gut.

Die Anfahrt von unserem letzten Hotel zur Stadt des weißen Kaisers war viel kürzer als ich erwartet hatte, da habe ich unseren Fahrer Xiao Yang wohl auf dem falschen Bein erwischt. Er wollte sich gerade seine Frühstücksnudeln schmecken lassen und schon klingelt wieder das Telefon, damit er umgehend bei uns vor Ort sei. In Nullkommanix kommt er uns hinterhergefahren und schon steht er auf dem Parkplatz, noch den Inhalt des Nudelbechers in sich reinschaufelnd, während hinter ihm schon das nächste Ungemach droht. Er hat natürlich den kürzesten Weg über den Parkplatz genommen und hält kundenfreundlich in der geringstmöglichen Entfernung zu unseren Rädern. Aber das gibt Ärger mit dem Parkplatzwächter, der sofort zur Stelle ist und eine Schimpftirade vom Stapel lässt. Wieder nicht in Ruhe essen. Außerdem hat er unreife Bananen gekauft und das gibt Ärger mit uns. Man sieht, er hat es nicht leicht, aber er kriegt das schon hin. Das Auto wird weisungsgemäß geparkt und als es wieder weitergeht, braucht er nur ein paar Meter und hat schon den nächsten fahrenden Gemüsehändler angehalten, der dann auch ausgereifte Bananen im Programm hat.

Uns steht heute nochmal ein langer Anstieg von über 1000 Höhenmetern bevor und die immer leicht gewellte Betonstraße ist mir noch vom letzten Mal in unguter Erinnerung. Damals waren wir die Strecke in entgegengesetzter Richtung gefahren und bei der Abfahrt ordentlich durchgeschüttelt worden. Heute geht es also aufwärts mit Regenbegleitung, eine etwas zähe Angelegenheit, aber so langsam schrauben wir uns höher und höher und erreichen schließlich den Pass auf gut 1300 m. Leider beginnt hier auch gleich eine Baustelle und die Straße ist gesperrt. Es heißt, es werden auch keine Zweiräder durchgelassen, also müssen wir wohl oder übel wieder umdrehen. Ich weiß gar nicht, was es hier zu bauen gibt – vor 2 Jahren war die Straße auf der Seite noch super, aber jetzt soll angeblich die Verbindung zwischen dem Feengipfel unten am Yangzi und dem Flughafen ausgebaut werden. Vielleicht wird die Straße dann vierspurig? Aber der Flughafen ist sicher nicht hier oben am Pass? Der genaue Zusammenhang bleibt unklar.

Die Hälfte der Gruppe steigt also um ins Auto, damit der Heckgepäckträger endlich mal zum Einsatz kommt und die andere Hälfte brettert durch den Regen wieder die Betonstraße runter. Wieder ganz unten angekommen wird ein oller Pritschenwagen angemietet, der die andere Hälfte der Gruppe aufnimmt und über die Autobahn unter den Bergen hindurch nach Wushan bringt.


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Der perfekte Tag

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

86 km von Weixi nach Tacheng. Fabelwetter!

Beim Blick aus dem morgentlichen Hotelzimmer bin ich skeptisch. Es nieselt leicht, der Himmel ist verhangen.

Aber da: Ein Stück blauer Himmel. Also hänge ich mich beim Frühstück weit aus dem Fenster. Das wird ein wunderbarer Tag, postuliere ich, und die Gruppe hängt sich mental in den Himmel und nickt skeptisch.

Glück gehabt: Es wird ein strahlender Tag, mit blauem Himmel, kaum Wind, Temperaturen um die 25 Grad (etwas 20 Grad auf der immerhin fast 3.000 Meter hohen Passhöhe!). Wir genießen die 900 Höhenmeter, die wir uns nach oben schrauben, zelebrieren unseren letzten hohen Pass mit einem Gipfelbier und rollen dann entspannt auf Flüsterasphalt nach unten. 40 Kilometer, 1.000 Höhenmeter. Ohne zu bremsen! Einfach nur geil!!!

Dann wird die Straße enger und wir nähern uns dem Yangzi. Vor zwei Jahren logierten wir hier im Damo Hotel, simpel aber gut. Das machen wir wieder, nur dass es diesmal mehr als simpel und mehr als gut ist! Zum Abendessen gibt es zwar keine Wespenlarven, wie vor zwei Jahren (leider ausverkauft!), aber immerhin Butterpilze und Schweinehack im Eimantel, frittiert. Wir können also kein Haar in der Suppe finden!

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Das Hämmern in unseren Köpfen

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

138 km von Cizhong nach Weixi. Und dann ein Ruhetag zum Mondfest!

Aus meiner Studienzeit in Peking bin ich das gewohnt: Gebaut wird vor allem nachts. Auch gerne die lärmintensiven Bauabschnitte. Auf jeden Fall hämmert bis spät in die Nacht der Bautrupp an der zwei Kilometer entfernten Hochbrücke über den Mekong. Das Hämmern in unseren Köpfen. Ist gegen zwei Uhr vorbei. Himmlische Ruhe herrscht über dem Mekong-Tal. Und obwohl wir am Abend auf das angepriesene Huhn verzichtet haben, kräht ausnahmsweise, wie sonst in China auf dem Land üblich, kein Hahn um 5 Uhr früh. Glück gehabt!

Es wird gebaut, im Mekong-Tal. Zwei Staustufen sind geplant, auf dem etwas 30 Kilometer langen Abschnitt von Cizhong flussabwärts. Für uns heißt das: Baustellenverkehr, Matsch auf der Straße und einige faszinierende Einblicke in die chinesische Baulogistik:

Hinter der zukünftigen Staumauer wird es dann ruhig, das Tal lieblich und der Verkehr sporadisch. Im kontanten Auf-und-Ab geht es das Tal hinunter, meist mit Gegenwind, aber dennoch recht flüssig. Die eigentlich geplante Zwischenübernachtung auf halber Strecke schenken wir uns und fahren einen Ruhetag in Weixi heraus. Bis wir dort sind, erwartet uns ein 30 Kilometer langer Schlussanstieg. Durchschnittlich 5 Prozent, also fahrbar, mit dem einsetzenden Rückenwind sogar recht angenehm. Gegen 18:30 sind wir dann in Weixi und stoßen mit dem obligatorischen Schmutzbier auf die längste Etappe der Tour an.

Der Ruhetag plätschert dahin, wir waschen Wäsche, schreiben Mails und spazieren durch Weixi, eine, wie wir im Katalog schreiben würden „typisch chinesische Kleinstadt“.

Nach dem Abendessen beglückt uns die Restaurant-Chefin mit einem selbstgebackenem Mondkuchen.

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Im Magen sehr solide! Es wird Zeit, dass wir morgen wieder auf die Räder kommen! 800 Höhenmeter warten auf uns.

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P.S. Der Track ist leider unvollständig, weil Garmin GPS-Geräte herstellt, die mehr Bugs als Funktionen haben. Mein GPS spinnt eigentlich seit Kauf, jetzt setzt es langsam, pünktlich zum Ablauf der Garantiezeit, fast komplett aus. Dringende Empfehlung: Garmin-Geräte vermeiden, falls es Alternativen gibt (was leider nicht der Fall ist!)

Die heimliche Königsetappe

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Von Wuxi nach Fengjie – bedeckt und später etwas Nieselregen bei ca. 23 Grad

Dass und wie wir die Königsetappe dieser Tour hinter uns gebracht haben, wurde bereits vor zwei Tagen berichtet. Dass der Rest ein Kinderspiel ist, könnte man meinen, aber manchmal gibt es da ja noch eine „heimliche“ Königsetappe, so wie heute. Damit es spannend bleibe, wurden zu den Hauptdaten der Etappe nur ungefähre Angaben gemacht (zwischen 85 km und 93 km, ca. 1900 Höhenmeter). Die Etappe ist recht neu im Programm und wurde bisher noch von keiner Gruppe vollständig mit dem Rad befahren. Beim letzten Reisetermin wurde unsere tapfere Reiseleiterin wegen schlechten Wetters schließlich von der Kundschaft in den Bus genötigt, obwohl sie wahrscheinlich nur ihrer Vermessungspflicht nachkommen wollte. Das sollen wir nun nachholen.

Wir bemühen uns also heute mal um einen richtig pünktlichen Start und rollen um 8:30 Uhr los. 2 km am Fluss entlang und noch mitten in der Stadt kommt schon die erste Rampe, was sich ohne nennenswerte Unterbrechung bis Kilometer 16 fortsetzt. Nach etwa der Hälfte wird auch der Verkehr langsam weniger und ganz oben auf über 1000 m ist von der Stadt unten im Tal nicht mehr viel zu sehen. Gleich geht es auf einer schnellen Abfahrt wieder 300 Höhenmeter nach unten, im Anschluss aber auch wieder fast genauso viel hinauf.

Dummerweise habe ich unten am zweiten großen Anstieg meine Kamera liegen lassen, was mir jetzt im oberen Drittel auffällt. Ich weiß nicht genau wo, aber ich vermute sie irgendwo 100 m weiter unten. Ist zwar eigentlich ein ziemlich altes Ding, aber so einfach will ich sie dann doch nicht aufgeben. Einen kurzen Moment ringe ich mit mir, dann drehe ich das Rad um – unten ist man ja immer schnell. Und siehe da, da liegt sie noch. Wahrscheinlich hat sie keiner erkannt. Ein Handy kann man hier ja jedem in die Hand drücken, wenn man mal ein Gruppenfoto braucht, aber eine Kamera? Viel zu umständlich, wer braucht so was schon…

Als ich wieder oben bei den anderen ankomme, ist Dietmar gerade dabei, einem chinesischen Kollegen bei der Radreparatur behilflich zu sein. Die hintere Scheibenbremse macht’s nicht mehr. Dabei ist es doch ein original BMW-Fahrrad. Bei alibaba.com bestellt. Die deutsche Markenqualität ist eben auch nicht mehr das, was sie mal war. Da ist leider nichts mehr zu machen, meint Dieter, aber er bekommt vom Kollegen trotzdem einen Beutel Kiwis geschenkt.

Insgesamt ist die heutige Etappe geprägt durch ein ständiges Auf und Ab. Nach dem zweiten Anstieg windet sich die Straße langsam durch das Bergland zwischen den großen Tälern hindurch und erreicht schließlich ein solches, wo sie sich weit oberhalb des Talgrundes an den Hang schmiegt. Sie wird zwar nun nach und nach schlechter, aber die Fahrt ist trotzdem ein Genuss, denn es bieten sich großartige Ausblicke in die Täler. Wir passieren immer wieder kleine Dörfer, Terrassenfelder, eine Begräbnisfeier am Straßenrand und wenn man mal außerhalb der Ortschaften stehenbleibt, hört man nichts außer Grillen und Vögel – nicht unbedingt typisch für China, eine solche Ruhe.

Nachmittags setzt dann leider etwas Regen ein und spätestens mit dem letzten Anstieg, der zum großen Teil über eine Baustellenschotterstraße verläuft wird es nun doch langsam anstrengend. Aber zum Glück folgt hierauf auch bald die letzte, lange Abfahrt hinunter ins Tal. Und dann nur noch ein paar Hügel entlang des Yangzi. Und nicht zu vergessen der kleine Berg hoch zum Hotel. Und leider gibt es heute keinen Lift in die 3. Etage. Wir küren die heutige Etappe einstimmig zur neuen Königsetappe.


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Im Herz des Hühnchens

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Von Zhenping nach Wuxi bei bedecktem Himmel und angenehmen Temperaturen

Die Chinesen haben es ja im Allgemeinen nicht so mit Landkarten, dafür aber umso mehr mit dem Essen. Und wenn sie doch mal auf eine Karte ihres Landes schauen, dann sehen sie vor allem Eines – ein großes Hühnchen. Oben rechts im Nordosten der Kopf, ganz weit hinten im Westen bei den Uiguren die Schwanzfedern und irgendwo unten an der vietnamesischen Grenze müssen die Füße sein. Und genau da, wo das Herz sitzt, befinden wir uns gerade, d.h. in der geografischen Mitte Chinas. Und außerdem an einer Stelle, an der die drei Provinzen Shaanxi, Hubei und Chongqing aufeinandertreffen. Dass die beiden Stellen in ein und demselben Punkt zusammenfallen, wird wohl eher der pragmatischen Ader der Chinesen als dem Zufall zu verdanken sein und praktischerweise befindet sich genau hier auch noch unser Pass für heute, so dass wir drei Fliegen mit einer Klappe schlagen können.

Das Tal in dem wir nach Zhenping gekommen sind, wurde zum Schluss langsam schmaler und im Ort selbst sind uns die Berge schon recht nahe gerückt. Da wir aber weiter in Richtung Süden und zum Yangzi wollen, folgen wir dem Tal weiter bis zum Ende und schrauben uns dann bis zum Pass in 1500 m hinauf. Unterwegs begegnet uns noch ein kleiner fahrbarer Krämerladen mit diversen wichtigen Küchenutensilien, der ebenfalls gerade einen Halt macht. Aber wir brauchen eigentlich nichts mehr, denn Xiao Yang hat schon für uns eingekauft. Vor zwei Tagen hat er irgendwoher heiße Maroni mitgebracht und die haben so großen Anklang gefunden, dass er am nächsten Tag gleich noch zwei Tüten nachkaufen musste. Damit sind wir nun noch eine Weile gut versorgt. Oben auf dem Pass wartet er an einer Aussichtsplattform auf uns und lümmelt gerade auf seinem kleinen Klappstühlchen, bis ich mit der Kamera komme und meine, ich muss doch nochmal ein Bild für den Chef machen – schnell gerade hingesetzt und das Handy versteckt 😉

Auf der anderen Seite des Passes gibt es dann eine großartige 25 km-Abfahrt bis auf 400 m und dann leicht wellig aber immer noch abwärts bis nach Wuxi. Wir genießen die Ausblicke und die Abfahrt, machen den üblichen Nudelstopp und schon geht’s weiter in schneller Fahrt Richtung Wuxi. Da es in dieser Gegend früher den Brauch gab, die Toten in Särgen hoch oben am Felsen zu bestatten (meist nur höhergestellte oder wohlhabende Leute) und sich direkt an unserer Strecke eine Fundstätte mit den meisten und ältesten solcher Särge befindet, schauen wir auch hier nochmal vorbei und lassen uns eine kurze Führung geben. Auf dem letzten Stück bis nach Wuxi wird es langsam immer voller und damit auch ein wenig ungemütlich auf der kleinen Straße, aber irgendwann sind wir in der Stadt, haben es irgendwann auch geschafft, das bei jeder zweiten Haustüre haltende Müllauto hinter uns zu lassen und erreichen nach einer kurzen Sucheinlage unser Hotel am Fluss.


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Baustellen und Flüsterasphalt

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Königsetappe mit 112 km und 1465 Höhenmetern von Pingli nach Zhenping

Heute morgen ist es zwar immer noch recht trüb, aber zumindest regnet es nicht mehr. Wir verlassen Pingli und biegen gleich am Ende des Ortes in das nächste Seitental ein, das uns auf leicht ansteigender Strecke weiter in die wolkenverhangene Berglandschaft hineinführt. Ab und zu fängt es nochmal an zu tröpfeln, aber mehr schafft der Regen heute nicht. Auch die Prognose für die nächsten Tage sieht mittlerweile wieder etwas besser aus. Dietmar verkündet ja schon seit Tagen hartnäckig gutes Wetter wie von seiner App vermeldet, aber meistens hat er dann doch das falsche Pingli, Shuhe oder Zhenping erwischt. Also keine feuchten Sachen heute – stattdessen warten wir auf kilometerlange Baustellen, die uns den Tag vermiesen wollen. Aber das wollen wir doch erstmal sehen.

Die ersten 25 km sind schnell weggerollt, danach beginnt der steilere Anstieg, wo irgendwann die Baustelle beginnen soll. Ich hatte mir endlose Kolonnen von stinkenden, bis zum Rand mit Kies und Steinbrocken beladenen LKWs und Slalomfahrten zwischen Schlammlöchern und Bulldozern vorgestellt und uns, wie wir nach den ersten 5 km kleinlaut ins Auto steigen. Tatsächlich sind auf den nächsten 20 km an 3 oder 4 Stellen am Straßenrand einige Bauarbeiter beschäftigt, aber es ist nichts in Sicht, was uns in irgendeiner Weise nennenswert behindern könnte.

Bis hinauf zum Pass ist die Straße gut wie eh und je. Auf der anderen Seite ist sie sogar noch besser. Nagelneuer Asphalt und man muss keine Angst haben, dass man auf der Abfahrt plötzlich einen Schlag bekommt, wenn man mal nicht richtig aufpasst. Später kommen dann zwar doch noch ein paar Stellen dazu, an denen die Straße noch nicht fertig ist, wo noch gebaut wird oder man noch auf der holperigen alten Straße fahren muss, aber im Großen und Ganzen ist alles gut zu fahren. Wir sind sehr froh, dass wir uns so entschieden haben und es uns nicht haben entgehen lassen, die landschaftlich sehr schöne Strecke mit dem Rad zu fahren und feiern das würdig mit einem großen Hühncheneintopf.


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