Auf Umwegen durch die Berge

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Die Einfahrt ins Qinling-Gebirge nach Luonan und am nächsten Tag weiter nach Shangluo

Der heutige Tag soll diesmal nur ganz kurz zusammengefasst und stattdessen von den gestrigen Ereignissen berichtet werden. Heute stand mit 44 km eine recht kurze Strecke auf dem Programm, die wir bei bedecktem Himmel und mittlerweile etwas kühleren Temperaturen zurückgelegt haben. Aufgrund einer geplanten Straßenerweiterung sind zwar große Teile der Strecke noch im Bau, das hat uns aber nicht allzu sehr gestört und wir hatten eine gemütliche Fahrt bis nach Shanyang, wo wir noch einen Nachmittagsspaziergang zur lokalen Marktstraße und durch die Stadt angehängt haben.

Gestern hatten wir uns vom Fuße des Huashan aufgemacht und sind direkt hinein ins Qinling-Gebirge geradelt, was einen ersten längeren Anstieg von ca. 30 km mit sich brachte. Der vorausgesagte Regen blieb uns glücklicherweise erspart und der trübe Himmel wurde zwischenzeitlich sogar etwas freundlicher. Machte das Tal im unteren Teil mit den alten Kraftwerken und dem LKW-Verkehr noch einen etwas düsteren Eindruck, so kam nach einiger Zeit doch die Sonne hervor und es zeigten sich die umliegenden Bergspitzen.

Wir machen gerade zur Dritt eine kurze Trinkpause, als ein Herr mittleren Alters aussteigt – Typ bäuerlicher Geschäftsmann – und auf uns zu kommt. Sicher sieht man nicht so oft Ausländer hier und es interessiert ihn unser Woher und Wohin, denke ich, aber er kommt gleich zur Sache. Er möchte uns gerne zum Mittagessen einladen, weil man hat ja nicht so oft die Gelegenheit und er hat da kürzlich ein kleines Restaurant eröffnet, so eine Art Sommerfrische mit Übernachtungs- und Angelmöglichkeit und die Landschaft ist auch sehr schön dort. Dann könnten wir ja vor Ort auch gleich ein Gruppenfoto machen, das später evtl. werbewirksam weiterverwendet werden könnte.

Eigentlich nehme ich ihn erst gar nicht richtig für voll, aber er bleibt ziemlich hartnäckig. Ich gebe keine klare Antwort, sondern verweise auf den Rest der Gruppe und dass wir das erstmal besprechen müssten. Da mir unsere Gruppe für heute noch einigermaßen belastbar erscheint, gebe ich die Option an alle weiter und frage ihn, ob denn sein Etablissement auch recht nahe an unserer Strecke liegt. Selbstverständlich! Kurz vor dem Pass kommt eine Abzweigung und von dort dann nur noch 3 km und die auch nur bergab. Und er zeigt uns dann noch eine Straße, die direkt und immer bergab bis nach Luonan führt!

Insgesamt finden wir es doch interessant genug, um zuzustimmen und folgen ihm samt unserem Begleitfahrzeug. Nachdem wir 2 km bergauf, 1 km durch einen Tunnel, ca. 4 km steil bergab und 300 m über einen Feldweg gefahren sind, haben wir sein Restaurant erreicht. Es sieht zwar alles recht rustikal und noch etwas provisorisch aus, aber für uns wurde schon ein feiner Tisch hergerichtet und ein großer Topf mit Schweinefleischsuppe dampft auf dem Tisch, für den es noch diverse Zutaten zum Nachfüllen gibt. Als Zugabe gibt es außerdem eine lokale Spezialität aus gestampften Kartoffeln – alles sehr lecker und dann auch noch umsonst.

Wir machen pflichtschuldig unsere Fotos und dann müssen wir aber wirklich los, denn es ist schon Nachmittag und die weitere Strecke nach Luonan noch völlig unklar. Zurück und wieder hoch zum Pass kommt gar nicht in Frage und die neue Garmin-Karte für China gibt im größerem Umkreis außer der entfernten Hauptstraße und unserem Zielort keine weiteren Details preis, also verlassen wir uns einfach mal auf den Meister und folgen ihm und seinem Vorschlag. Das beschert uns neben der zwangsläufigen, ausgiebigen Abfahrt eine Fahrt durch eine Kleinstadt mit großen Industrieanlagen und gigantischen Tagebaulöchern und Xiao Yang zwei Flussdurchfahrten mit seinem neuem Mobile, hauptsächlich aber eine sehr interessante Fahrt durch ein schönes Tal entlang des Flusses und mit vielen kleinen Dörfern. Schließlich geht es doch nochmal 2 km bergan, über eine Hochfläche („fast wie in Österreich“, schwärmt Herbert) und dann endlich ganz herunter ins Tal, wo wir schließlich kurz vor dem Dunkelwerden Luonan erreichen.


Strecke 17.09.2015:
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Strecke 18.09.2015:
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Rainman at Rest

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Kurzer Flug nach Zhongdian, Probetour zum Songzanlin-Kloster. Brilliantes Wetter!

头等舱丢土豆 Gäbe es diesen Spruch im Chinesischen, ich würde ihn mit „Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln“ übersetzen. Kartoffeln fliegen in China auf jeden Fall First Class und fallen zuweilen aus dem Sack:

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Das war dann eigentlich auch das Einzige, was am heutigen Tag schief ging. Xiao Ding und Xiao Luo, unser traditionelles Begleitteam, holt uns in Zhongdian am Flughafen ab und bringt uns ins Hotel. Dort stehen die Räder schon bereits, die die beiden direkt vom Fahrradladen in Kunming, der unseren gesamten chinesischen Fuhrpark betreut, nach Zhongdian gebracht haben.

Nach einem kurzen Mittagessen mit frittiertem Yakschinken genügen ein paar Handgriffe und schon sind wir abfahrtbereit.

Vor zwei Jahren hatte ich die Räder noch in Einzelteile zerlegt ins Hotel geliefert bekommen. Was für eine Wohltat, einfach Losradeln zu können!

An dieser Stelle ein ernstes Wort: In den letzten Jahren hatte ich mir den Titel des Regenmachers redlich erarbeitet. Wo immer ich auftauchte, es fing zu regnen an. Nicht nur einen Tag! Sondern gerne auch wochenweise. Sobald eine China-By-Bike-Gruppe in ein Regenloch fiel, riefen unsere Reiseleiter in Berlin an und erkundigten sich, ob ich in China sei.

Aus, aus, vorbei! Regenfrei und Spaß dabei!

Fast zehnmal war ich in Zhongdian, und noch nie habe ich die Stimmung am Songzanlin-Kloster, einem der größen tibetischen Klöster Chinas, so genossen. Gebannt starren wir von der Empore des Hauptgebäudes in Richtung Stadt und sind fasziniert von den Schattenspielen, die die tief hängenden Wolken und die untergehende Sonne veranstalten.

Emotional etwas angeschickert beschließen wir den Tag bei einem Hühner-Pilz-Hotpot und tibetischem Hirsebier. Letzteres findet keine Anhänger, das Huhn (ein GANZES Huhn, betont die Restaurant-Besitzerin!) wird bis auf den letzten Rest (siehe Foto) verputzt.

Schließlich soll das Wetter ja schön bleiben!

Dreimal Kunming hin und zurück

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Oh wie schön ist der Kunminger Flughafen

Wir sind wieder am Mekong unterwegs! Schon 2013 sind wir den Mekong entlang geradelt. Vom Oberlauf bis ins Delta!.

Nun also erst einmal die Oberen Schluchten des Mekongs. Mit drei Teilnehmern. Das sollte doch einfach sein! Zumindest, was die Anreise angeht. Ist es aber nicht, weil alle vier Radler, meine Wenigkeit eingeschlossen, mit unterschiedlichen Flügen ankommen. Ich bin am 15.09. bereits aus Singapur eingschwebt, wo ich für den Update meines Singapur-Buches recherchiert habe. Anton kam am Vormittag. 40 Minuten zu früh. Ursprünglich hatte ich überlegt, die Zeit bis zu Michaels Ankunft am Flughafen zu überbrücken. Das Internet zeigt aber 30 Minuten Verspätung bei Michael. Also rein ins Taxi, mit Anton ins Hotel. Mittagessen in einer Garküche um die Ecke. Dann wieder zum Flughafen. Michael ist pünktlich unpünktlich. Rüdiger kommt erst morgen. Thai Airlines war der Flug zu dürftig gebucht und sie hat ihn kurzfristig storniert. Unseren letzten Mitradler hole ich also am Folgetag ab.

Bleibender Eindruck für mich aus zwei Tagen Kunming:
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Immerhin, architektonisch durchaus interessant!

Und auch meine chinesische Lieblingsgroßstadt zeigt sich von ihrer besten Seite, zumindest kulinarisch:

Endlich vereint, sind wir dann auch noch auf Stadtbesichtigung gegangen. Unsere bewährte Route durch Kunming: Der buddhistische Yuantong-Tempel, der Cuihu-Park und die leider immer kleiner werdende Altstadt. Ein paar traurige Häuser sind noch übrig, von den traditionellen Holzbauten, die einst Kunming ausmachten. Allerdings ließ die Bausubstanz zuweilen deutlich zu wünschen übrig, und, wie Anton richtig bemerkt, ist es angesichts der Elektroinstallation eher verwunderlich, dass die Altstadt so lange überlebte.

Immerhin: Es entstehen die üblichen Disneyland-Altstadt-Straßen in Kunmings Innenstadt. Das Schöne daran: So wie in China gebaut wird, wirken die Neubauten im alten Stil nach fünf Jahren schon historisch. Der Zahn der Zeit mahlt in China ein wenig schneller!

Auf den Spuren der Eremiten

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Tageswanderung auf den Huashan

Heute wollen wir also auf schwindelerregenden Bergpfaden den Huashan, den westlichen heiligen Berg der Daoisten, erklimmen, der in ferner Vergangenheit eine Zuflucht für daoistische Einsiedler und Kräuterheilkundige gewesen sein soll. Am Fuß des Berges befindet sich auch gleich ein Tempel für eine daoistische Schule hier am Berg mit der großen liegenden Statue eines hochverehrten Weisen vor dem Eingang.

Der Huashan oder auch der westliche Hügel, wie er genannt wird, ist berühmt für seine Steilheit und Gefährlichkeit. Steil ist er auch heute noch, die Gefährlichkeit wurde mittlerweile etwas entschärft, was wohl auch ratsam ist, angesichts der Tausenden von Touristen, die täglich über den Berg strömen. Mit der Ruhe ist es natürlich jetzt vorbei, aber zumindest scheinen es die größeren Tourgruppen noch nicht bis herauf geschafft zu haben und wir teilen uns den schweißtreibenden Anstieg mit den chinesischen Individualtouristen. Im Hotelshop hat Elly noch schnell ein Wanderstöckchen (Teleskopmodell) einheimischen Fabrikats erstanden, um etwas zusätzliche Unterstützung für etwaige Bergabpassagen zu haben. Das preiswerte Modell quittiert den Dienst allerdings bereits vor dem Tickethäuschen des Huashan aufgrund eines geringfügigen Bedienfehlers und zerfällt in 2 Hälften. Nach eingehendem Studium der Konstruktion durch unsere Techniker wird der Schaden als vorerst nicht reparabel eingestuft und das Stöckchen verschwindet wieder in der Tasche.

Unsere Pässe müssen wir heute mal nicht vorweisen, dafür werden hier aber unsere Fingerabdrücke genommen, wobei der Sinn und Zweck dieser Maßnahme etwas im Unklaren bleibt. Gegen Mittag haben wir dann unser erstes Ziel, den Nordgipfel auf gut 1.600 m Höhe erreicht, wo wir zunächst ein wenig verschnaufen. Dietmar gelingt es doch tatsächlich den defekten Wanderstock wieder instandzusetzen – Elly freut sich, der Stock muss nicht reklamiert werden und alle sind zufrieden. Wir machen Gruppenfotos und die Chinesen machen Fotos in Kungfuposen, wobei der zuständige Instruktor alle Hände voll zu tun hat, die verweichlichte Stadtbevölkerung einigermaßen gut aussehen zu lassen – kein Gleichgewichtssinn, keine Körperspannung, von Gelenkigkeit ganz zu schweigen…

Die Luft ist erwartungsgemäß auch hier oben nicht besonders klar, aber um die umgebende spektakuläre Berglandschaft gut erkennen zu können reicht es allemal, und so entscheiden wir uns, noch ein paar hundert Höhenmeter draufzulegen und erklimmen auf weiteren steilen Treppen auch noch den Westgipfel. Hier essen wir unser letztes Küchlein, schießen noch einige Fotos und entschwinden schließlich durch ein Loch in der Felswand mit der angeblich längsten Seilbahn Asiens in Richtung Talgrund.

Glückstag

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

100 km durch die Dörfer bis zum Huashan

Laut dem chinesischen Mondkalender ist heute ein glücksbringender Tag und an so einem Tag wollen in China viele Leute heiraten. Karawanen von schwarzen Nobelkarossen gleiten über die Landstraßen und die Böller fliegen uns nur so um die Ohren. Xiao Yang hat mal wieder den richtigen Platz zum Halten ausgesucht und gleich bei unserer ersten Rast wird eine ganze Batterie an Knallern in die Luft gejagt. Wir schießen ein paar Fotos und machen uns dann schnell wieder aus dem Staub, bevor wir noch zum Mitfeiern eingeladen werden.

Außerdem stellt uns Xiao Yang nochmal seinen neuen Heckgepäckträger vor. Wichtigstes Extra dabei – der integrierte Flaschenöffner. Als guter Geschäftsmann weiß man selbstverständlich, was die Kundschaft wünscht. Im Wageninnern ist dann nicht nur unser Gepäck untergebracht, sondern es liegen auch diverse Kekse und Küchlein, Bananen, Äpfel, Mandarinen, chinesische Datteln und Granatäpfel als Snacks bereit, um unsere Energievorräte aufzufüllen.

Das ist heute auch nötig, denn es geht über 103 km durch die Ebene des Wei-Flusses und an den Fuß des heiligen Berges der Daoisten, des Huashan. Wobei es zu Beginn aber gar nicht so eben zugeht. Zwischen der Terrakottaarmee und Weinan geht es auf und ab durch eine grün bewachsene Lössberglandschaft mit kleinen Dörfern, Terrassenfeldern, Mais- und Kiwiplantagen und mehreren Ziegeleien. Die 5 Mio.-Einwohnerstadt Weinan streifen wir nur am Rande und im Rahmen eines Nudelsuppenimbiss und von der mindestens 2000-jährigen Geschichte der Stadt verspüren wir nicht viel, sondern bemühen uns, von knatternden LKWs umgeben, ihr möglichst schnell zu entkommen.

Bald wird es zum Glück wieder ländlich und nun auch richtig flach und auf fast schnurgerader Strecke legen wir die letzten 40 km zu unserem Zielort zurück. Die Sonne hat es wieder sehr gut mit uns gemeint und uns auf der langen Strecke alle recht müde gemacht, außer vielleicht Xiao Yang. Anscheinend hat ihn plötzlich das schlechte Gewissen gepackt – so immer nur im Auto und ohne Sport. Er schickt uns jedenfalls allein zum Abendessen und sagt, dass er heute abnehmen möchte.


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Auf tönernen Füßen

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Bei Sonnenschein von Xi’an nach Lintong und zur Terrakottaarmee

Heute starten wir nun zu unserer eigentlichen Radtour, wobei es am ersten Tag noch recht gemäßigt zugeht. Zuerst über 33 km in die Außenbezirke von Xi’an, genauer gesagt nach Lintong und danach noch ein Stückchen weiter zur Terrakottaarmee, die sich ganz in der Nähe befindet. Das bedeutet für uns vor allem erstmal viel Verkehr, Neubausiedlungen und schon ab und zu das eine oder andere Feld am Straßenrand.

In Lintong wohnen wir passenderweise im Hotel zum Qin-Kaiser (der mit der Armee), das sich im Zentrum von Lintong turmartig über der Stadt erhebt. Gleich nebenan ragen die Berge des Lishan auf, der zum Qinlingshan gehört, den wir mit unseren Rädern in den nächsten Tagen überqueren wollen und zu Füßen des Lishan hat sich Kaiser Qin Shihuang seine sagenumwobene Grabstätte errichten lassen. Diese wartet aber noch auf ihre tatsächliche Erforschung und so können wir nur an ihrer Außengrenze entlang radeln, um zu den Hallen mit den bereits ausgegrabenen Tonkriegern zu gelangen.

Da stehen sie nun in einer riesigen überdachten Grube, manche schon in Reih und Glied, in penibler Kleinarbeit wieder zusammengesetzt, andere liegen noch in Einzelteile zertrümmert am Boden. Dazwischen arbeiten noch die Archäologen oder Restauratoren, die die zigtausenden Besucher jeden Tag wahrscheinlich schon gar nicht mehr wahrnehmen. Diese werden von der großen Touristenmaschinerie kreuz und quer durch das Gelände geschleust – mit den E-Mobilen vom ersten Eingang zum zweiten Eingang, durch die drei Ausgrabungshallen, zum Kino und schließlich bis zum Restaurant und dem ausladenden Museumsshop, wo der lachende Buddha in seinem riesigen Glaskasten thront und zeigt, wer hier der Chef ist.


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Im Dunstkreis der Seidenstraße

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Im Zug haben wir eine ruhige Nacht verbracht, wobei die Betten hier auch nicht weicher als im Hotel sind, was nicht immer jedermanns Sache ist.

Unser Fahrer Xiao Yang erwartet uns pünktlich am Bahnhof mit seinem neuen Schlitten, auf den er sichtlich stolz ist und der mit allen erdenklichen Schikanen ausgestattet ist. Beim alten war der Lack schon etwas abgeblättert und durch diverse Maßnahmen hat er sich überzeugen lassen, in ein neues Transportmittel zu investieren. Mal sehen, was die Praxis zeigt, wir lassen uns erst mal gemütlich ins Hotel schaukeln.

So früh sind erwartungsgemäß unsere Zimmer noch nicht fertig, also bleibt uns noch Zeit für eine erste Nudelsuppe und anschließend weiter zum Radladen. Hier sieht alles gut aus, der Chef lässt nochmal seine Leute rotieren und die letzten Änderungswünsche sind schnell erledigt, so dass wir uns auf den Weg zum großen Südtor der alten Stadtmauer machen können, die noch vom Glanz der alten Zeiten kündet, als die Stadt das östliche Ende der Seidenstraße war.

Leider habe ich den Schlüssel für unser großes Fahrradschloss im Hotel vergessen und muss erst mal eine vorübergehenden Ersatz beschaffen, während sich die Gruppe auf der Mauer neue Räder besorgt hat und nun eine Ehrenrunde über der Stadt dreht. Aber alles fügt sich, wir bekommen auch noch unseren Kaffee, schieben uns mit den Menschenmassen durch die Gassen des muslimischen Viertels bis zur darin versteckten großen Moschee und schließlich mit unseren Rädern durch den Sonntagnachmittagsverkehr zurück zum Hotel.

Xiao Yang hat zum Abendessen schon ein leckeres Maultaschenmenü in einem feinen Restaurant für uns besorgt, das wir uns gerne schmecken lassen. Nur das Bier ist leider etwas teuer, deswegen gehen wir beim Hotel nochmal kurz um die Ecke zu den kleinen Restaurants an der Straße, wo wir mit großem Hallo begrüßt werden.

An der Mauer

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Die Sonne strahlt heute noch mehr als gestern und das passt gut, denn wir besuchen heute die Große Mauer nördlich von Peking, zumal auch noch ein Regen in der letzten Nacht die Luft reingewaschen hat. Nach zweieinhalb Stunden Fahrt sind wir in den Bergen und haben unser Mauerstück erreicht.

Die Chinesen scheinen endgültig den Sport für sich entdeckt zu haben und ganze Horden von Radfahrern und Wanderern säumen die Straßen. Da wollen wir auch nicht faul sein und über einen Staudamm, kleine Bergpfade und eine eiserne Leiter verschaffen wir uns Zugang zu dem jahrhundertealten Bauwerk, wo es steil und steinig weitergeht. Nach anderthalb Stunden Kraxelei haben wir einen ansehnliche Menge an Höhenmetern unter uns gelassen und erreichen langsam das Ende des ausgetreteneren Teils, wo die Steinstufen brüchiger werden und die Seitenwände abbröckeln.

Gerne würden wir noch weiter gehen, aber der Nachtzug nach Xi’an wartet nicht, also schnell wieder nach unten und auf die andere Seite zum Mauerrestaurant, wo es wieder ein sehr leckeres und ausgiebiges Mittagessen gibt. Unter anderem wachsen hier in der Gegend Walnüsse, Kastanien und chinesische Datteln, die unseren Essenstisch bereichern, außerdem gibt es gegrillten Fisch und Schweinebauch – das Abendessen im Zug wird ja schließlich auch wieder etwas bescheidener werden. Ein bisschen Obst zum Bier muss es diesmal tun.

Wir haben heute großzügig geplant oder einfach Glück mit dem Stau und sind schon fast 2 Stunden vor Abfahrt am Bahnhof. Ob das ein Glück ist, ist eher fraglich, aber so wird eben noch eine Runde über den Westbahnhof gedreht und wir kommen entspannt in den Zug.

Nachtrag: An dieser Stelle nochmal einen besonderen Dank an Dietmar und Herbert, die die heutigen Fotos beigesteuert haben.

Neuerungen

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Das Wetter hat sich heute tatsächlich deutlich gebessert, kein Regen und häufig kommt auch mal die Sonne hinter den Wolken vor. Wir genießen ein reichhaltiges Frühstück und entscheiden uns heute statt wie normalerweise den Himmelstempel zuerst die Verbotene Stadt in Angriff zu nehmen. Ich glaube mich noch daran zu erinnern, dass mir jemand erzählt hat, dass neuerdings die Anzahl der pro Tag verkauften Tickets limitiert werden. Da sich hier der vorhergehende Besuch des Tiananmenplatzes anbietet, nehmen wir die entsprechende U-Bahn, um zunächst einen Blick auf Maos Konterfei zu richten, das am Tor des Himmlischen Friedens prangt.

Leider gibt es mal wieder unvorhergesehene Änderungen und kaum sind wir aus der U-Bahn gestiegen, stehen wir schon vor einer ansehnlichen mehrreihigen Schlange für den Sicherheitscheck, obwohl der Tiananmenplatz noch nicht mal zu sehen ist. Ob‘s noch mit den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Kriegsendes zu tun hat wissen wir nicht – wir müssen uns auf jeden Fall mit einreihen. Das allein wäre ja noch zu verkraften, aber dass man die Tickets für die Verbotene Stadt jetzt nur noch mit Reisepass bekommt, ist wirklich unangenehm. Die Hälfte muss also nochmal zurück ins Hotel, aber dafür bekommen wir eine lustige Fahrt im Mopedtaxi und haben am Ende gar nicht so viel Zeit eingebüßt (leider fehlt mir der passende Selfiestick für eine professionelle Aufnahme).

Trotzdem sind wir natürlich in Zeitverzug und auf allgemeinen Wunsch wird das Mittagessen gecancelt und direkt der Himmelstempel angesteuert. Kurz vor Schalterschluss noch ein paar Eintrittskarten ergattert und dann in verkehrter Richtung durch die Tempelanlagen – der Kaiser würde sich sicher im Grabe wälzen. Nachdem wir nun uns so verausgabt haben, steuern wir aber nun gleich direkt das Restaurant mit der Pekingente an und lassen uns kräftig auftischen. Ein guter Abschluss.

Peking in grau

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Ankunft in Beijing.

Beinahe hätte sich der Blog zur diesjährigen Herbsttour durch die drei Schluchten heimlich verkrümelt, aber Dietmars Fangemeinde hat aufgepasst und ihn hartnäckig eingefordert, so dass er jetzt hier pflichtschuldig am Start steht, um von den Ereignissen zu berichten.

Trotz einigen Durcheinanders wegen des Pilotenstreiks sind alle wohlbehalten und planmäßig in Peking angekommen. Das Wetter lässt noch etwas zu wünschen übrig und es ist einigermaßen verregnet, aber heute entkommen wir ihm noch ohne große Mühe und für die nächsten Tage ist wieder Besserung versprochen.

Momentan ist es aber noch grau in Peking. Grau der Himmel und grau die Ziegelwände der Hutongs, der traditionellen Altstadtgassen und so bummeln wir als erstes über die Nanluoguxiang, eine schmale Einkaufsstraße mit einer alten Geschichte, die bereits zur Zeit der Mongolen existiert haben soll. Sie wurde vor einiger Zeit wiederentdeckt und beginnt nun ihre Arme immer weiter in die umliegenden Hutongs auszustrecken.

Dort kosten wir ein wenig die vorhandenen Kaffee- und Gebäckspezialitäten, deren Angebot wie mir scheint überproportional zugenommen hat und begeben uns im langsam stärker werdenden Regen zu Trommelturm und Glockenturm, den beiden Zeitanzeigern des öffentlichen Lebens in der Vergangenheit, wo wir pünktlich eintreffen, um noch die für heute letzten Schläge der großen Trommel zu vernehmen.

Nachdem wir jetzt auch wissen, was die Stunde geschlagen hat – in alter Zeit wurden jetzt die Stadttore geschlossen – machen wir uns auf den Weg zu einem frühen Abendessen und flüchten schließlich vor dem Regen in unser Hotel.