Solange es sie noch gibt

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

92 Kilometer von Angye nach Yeongcheon. Eigentlich sollten es mehr werden. T-Shirt Wetter in der zweiten Tageshälfte.

Südkoreanische Frauen bekommen durchschnittlich 1,25 Kinder, damit hat Südkorea eine der niedrigsten Geburtenraten der Welt. Man hat errechnet, dass die Gesamtbevölkerung von heute 50 Millionen im Jahr 2136 auf nur noch 10 Millionen zusammengeschrumpft ist. Und, jetzt halten Sie sich fest, im Jahre 2505 wird der letzte Südkoreaner überhaupt geboren. Man weiß auch schon wo, nämlich in Seoul. Die zweitgrößte Stadt des Landes, Busan, verabschiedet sich bereits 2413 von seinen Einwohnern. Also besuchen Sie die Südkoreaner, solange es sie noch gibt! Und besuchen Sie sie mit uns, dann haben Sie mehr davon 😉

Die Auswirkungen des Geburtenrückgangs haben wir heute während unserer Mittagsrast erleben dürfen. Da haben wir nämlich eine Grundschule besichtigt, die mangels Nachwuchs in ein Museum umgestaltet wurde. Ein Museum für Alltagskultur der Nachkriegszeit. Die Exponate waren also Alt-Tags-Gegenstände. Zum Beispiel Röhrenradios. Oder Walkmans. Wer kann sich noch an diese tragbaren Kassettenabspielgeräte erinnern? Im und um das Museum herum tobte das Leben. Heute schien man eine Art Dorffest zu veranstalten. Viele Aktivitäten für die ganz Kleinen waren dabei. Hüpfburg und so, man kennt das auch aus Deutschland. Das Volk strömte in Scharen und in Massen von Autos herbei. Erst dadurch sind wir auf das Museum / ex Schule aufmerksam geworden. Geplant war der Besuch im Örtchen Nae-myeon nicht.

Der Tag begann mal wieder nebelig und kühl. Und mit einer Aufholjagd auf der Autobahn. Eigentlich wollte ich diesen Eintrag mit „Auf dem Highway ist die Hölle los“ betiteln. Denn die ersten 20 Kilometer sind wir über eine zweispurige Autobahn gebrettert. Auch das war nicht geplant. Als die Vorhut (Eric, Susanne und Thomas) die Abzweigung auf die Nebenstraße verpasste musste die Nachhut (Eberhard und ich) irgendwann hinterher. Auf so einer Autobahn kann man nämlich nicht einfach mal wieder die Seite wechseln und zurück fahren. Schön war es nicht mit dem ganzen Schnellverkehr, aber wir haben es überlebt, sind um eine Erfahrung auf den Straßen Koreas reicher und die nächste Gruppe wird dann die Nebenstraße nehmen. Think positive!

Die Reststrecke hingegen war beschaulicher. Auch hier und da mit viel Verkehr, aber lange nicht so schnell. Die letzten fünf Kilometer haben wir sogar wieder auf einem der koreanischen Flussradwanderwegen hinter uns gelassen. Außerdem wurde es angenehm warm ab der Autobahn.

(Fotos von Susanne, Eric und Eberhard)


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Einmal mit der Kirche ums Dorf

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

70 Kilometer von Andong nach Angye, dazwischen Dorfschlendern.

Was mir in Korea besonders aufgefallen ist sind die vielen Kirchen. In jedem noch so kleinen Dorf gibt es mindestens eine, in Angye, dem Ziel unserer heutigen Etappe, haben wir zwei entdeckt. Und Angye hat gerade mal knapp 6.000 Bewohner, die umliegenden Dörfchen mit eingerechnet.

Ende des 18. Jahrhunderts hat sich das Christentum in Korea ausgebreitet. In China sind koreanische Intellektuelle damit in Berührung gekommen und haben den Glauben mit in ihr Land gebracht. Am Anfang mussten die Anhänger noch im Verborgenen beten, da die konfuzianische Monarchie keine andere Religion duldete. Aber im Jahre 1882 wurde die Religionsfreiheit eingeführt und es konnten ganz offiziell Gemeinden gegründet und Kirchen gebaut werden. 23,8 % aller Koreaner bekennen sich zum Christentum, Korea ist damit neben den Philippinen und Osttimor das ostasiatische Land mit dem höchsten Anteil an Christen.

Trotzdem haben wir heute keine Kirche besichtigt, sondern ein Folkloredorf auf dem Weg zu unserem Übernachtungsort Angye. Das Dorf heißt Hahoe und zeigt nicht nur ländliche koreanische Kultur, sondern ist außerdem geschichtsbeladen. Der Gründungsclan der Siedlung spielt auch heute noch eine große Rolle in der koreanischen Politik. Details dazu müssen Sie vor Ort erkunden. Gut zwei Stunden sind wir durch Hahoe geschlendert, haben uns einige Anwesen angesehen und den Erklärungen von Sugi zugehört. Hahoe gehört zu den touristischen Highlights Südkoreas, daher kennt sie sich hier aus wie in ihrer Westentasche.

Die Fahrt von Andong nach Hahoe und auch die weiteren 20 Kilometer danach wieder Radwanderwege vom feinsten. Das ist eine sehr willkommene Abwechslung, wir waren über Stunden nur unter uns. Entweder haben wir den falschen Weg genommen oder der Radweg wird nur zu bestimmten Tages- bzw. Jahreszeiten in Anspruch genommen. Schade eigentlich.

Kurz vor unserem Ziel haben wir Eric verloren. Irgendwie hat er die Kurve nicht gekriegt und ist einfach geradeaus gefahren. Oder rechts abgebogen, so genau können wir das nicht mehr rekonstruieren. Jedenfalls war er weg. Hektische Telefonate zwischen Sugi aus dem Begleitfahrzeug, inzwischen am Ziel in Angye angekommen, und mir, irgendwo in der Pampa. Wo steckt der Kerl? Ich hatte keine Ahnung, aber ich hatte Susanne bei mir. Und wusste genau: Wo Susanne ist kann Eric nicht weit sein! Genau so war es dann auch, auf der Zielgerade nach Angye kam Eric angedüst. Wir kamen von links, er von rechts. Hier geht niemand verloren!

(Fotos von Susanne, Eric und Eberhard)


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In Andong und um Andong herum

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

Ruhetag für die Räder, 80 Kilometer mit dem Bus. Sonnig.

Am Vormittag sind wir zur Schule gegangen und haben anschließend eine Ausbildung zum Papierschöpfer absolviert. Am Nachmittag durften wir ins Theater. Das haben wir dann mit einem Schnaps begossen und sind am Abend auf eigene Faust durch Andong getorkelt.

Reicht eigentlich als Beschreibung für den heutigen Tag. Oder wollen Sie etwa noch mehr Details wissen? Also gut.

Die Schule war natürlich keine ordinäre Schule, sondern eine konfuzianische Lern- und Lehreinrichtung. Dorthin sind wir auch nicht gegangen, sondern mit dem Bus gefahren worden. Die Dosan Seowon Akademie liegt nämlich einige Kilometer außerhalb von Andong. Und so richtig aktiv ist sie auch nicht mehr, hier wird nicht mehr unterrichtet, sondern nur noch besichtigt. Bedeutend war die Schule während der letzten koreanischen Dynastie, der Joseon (1392 bis 1910) und wurde 1574 errichtet. Damit aber genug Jahreszahlen und Geschichte. Wie schon gesagt kann man hier „nur“ noch besichtigen. Nämlich traditionelle koreanische Architektur eingebettet in einer lieblichen Landschaft.

Ganz anders die nächste Station auf unserer Besichtigungsfahrt. Da wird nämlich unter modernen Dächern ein traditionelles Handwerk verrichtet. Die Herstellung von Papier aus der Rinde des Maulbeerbaumes ist in Korea uralt. Jedenfalls viel älter als ich es bin. Der komplexe Prozess vom Verarbeiten der Rinde bis hin zum fertigen Papier wurde uns in einer Papiermühle gezeigt. Nicht nur gezeigt, wir durften sogar selber schöpfen!

Genug gelernt und geschuftet, Zeit für eine Dosis Entertainment. Um die Ecke der Papierfabrik liegt ein Folkloredorf. Nicht irgendein Folkloredorf, sondern das Folkloredorf in Korea schlechthin. Das hatte ich eigentlich für den morgigen Tag als Besichtigungspunkt auf das Programm gesetzt, aber das Maskentheater findet immer um 14 Uhr statt und morgen haben wir dafür vielleicht keine Zeit. Daher heute die Masken und morgen das Dorf in Ruhe.

Wir kamen etwas spät in die Arena, da das Spektakel die Location gewechselt hatte. Die Vorstellung hatte bereits begonnen und wir mussten uns mit den hinteren Plätzen begnügen. Auch nicht schlecht, denn von dort hatten wir nicht nur einen guten Blick auf die Charaktere, sondern auch gleich auf die ganzen Zuschauer. Viel Jungvolk in den Rängen, aber auch eine Gruppe von christlichen Nonnen war darunter. Leider ist in der Galerie da unten kein Bild von ihnen zu sehen. Muss ich wohl gelöscht haben.

Letzter gemeinsamer Programmpunkt: Eine Soju Destille mit angeschlossenem Museum. Soju ist koreanischer Schnaps. Ein hochprozentiges Getränk aus Reis und mehr. Der nicht wirklich komplexe Prozess der Herstellung wurde uns in einer Soju-Fabrik gezeigt. Außerdem andere Artefakte aus dem koreanischen Leben der letzten hundert Jahre.

Egal ob Schule, Papierfabrik und Soju Brauerei, unsere Sugi hat perfekt organisiert und immer stand eine Fachfrau oder ein Fachmann zur Seite, die/der uns mit Hintergrundwissen fütterte. Ich zumindest habe vieles mitgenommen, muss manches aber erst noch verarbeiten bzw. nachbereiten.

Letzter Programmpunkt war dann Andong auf eigene Faust. Ab 17 Uhr trennten sich unsere Wege, jeder bekam die Aufgabe selbst für Unterhaltung und das leibliche Wohl zu sorgen. Hat funktioniert, am nächsten Morgen waren alle wieder da.

(Fotos von Susanne, Eric und Eberhard. Leider wieder nicht chronologisch)


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Geschlaucht

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

113 Kilometer von Taebaek nach Andong. Dazu kumulierte 1.470 Höhenmeter, aber immerhin tendenziell bergab. Wettermäßig abgesehen von Schnee alles da.

Mal wieder eine Frage an die Linguisten: Woher kommt eigentlich der Ausdruck „geschlaucht“? Kann doch eigentlich nur aus dem Radsport stammen, denn dort ist der Schlauch, also dieser aufblasbare Gummiring zwischen Felge und Mantel, ziemlich essentiell. Oder stehe ich da gerade auf dem Schlauch?

Ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet, dass wir die heutige Etappe nur auf dem Rad sitzend bewältigen würden. Ich war noch am Morgen davon ausgegangen, dass uns vor dem Ziel die Dunkelheit einholt und wir daher die letzten Kilometer mit dem Begleitbus überbrücken müssen. Jedoch meinen der Gruppe gegenüber nicht laut ausgesprochenen Unkenrufen (und woher kommt dieser Ausdruck?) zum Trotz, wir haben es geschafft!

Die Abfahrt in Taebaek hatten wir bereits entgegen unserer bisherigen Gewohnheit um eine Stunde nach vorne verlegt. Also um acht Uhr statt um neun Uhr. Das Frühstück hat jeder zuvor individuell auf seinem Zimmern absolviert. Bei mir gab es eine Lage Sandwiches, was sich die anderen eingeworfen haben weiß ich nicht so genau.

Und dann war es auch noch kühl und bedeckt am Vormittag. Nicht gerade die idealen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Königsetappe. Die Ausfahrt aus Taebaek gestaltete sich etwas abenteuerlich. Wieso befand sich die Straße, in die wir links einbiegen mussten, 20 Meter über uns? So ist das halt, wenn man eine Route nur anhand von irgendwelchen 2D Landkarten ausarbeitet. Da sieht immer alles so schön flach aus. Vor Ort macht einem aber manchmal die dritte Dimension einen Strich durch die Rechnung. Da kann man nämlich nicht einfach so links oder rechts abbiegen, sondern muss zunächst drunter durch oder oben drüber. Und einen anderen Zugang zur beabsichtigten Route finden.

Nach unserer kleinen Irrfahrt gleich zu Beginn wurde es besser. Denn endlich waren wir auf der anvisierten Schnellstraße angekommen. Kein Radweg, keine ruhige Nebenstraße, sondern Autoverkehr satt. Alles donnerte an uns vorbei, PKW, LKW und noch mehr motorisiertes Gefährt mit einem W am Ende. Wir armen Wichte (also die mit einem W am Anfang) mitten drin bzw. immer ganz rechts der Fahrbahn. Das war –äh– aufregend. Aber nicht schön.

Nach acht Kilometer auf der Schnellstraße hatte der starke Verkehr zum Glück ein Ende, wir bogen links ab und wir befanden uns wieder auf gewohntem Terrain: Nämlich auf einer nahezu unbefahrenen Nebenstraße. Hatte ich schon geschrieben, dass wir überwiegend auf Straßen unterwegs sind, die eine sehr geringe Verkehrsdichte aufweisen? Traumhaft für Fahrradfahrer!

Bei Kilometer 42, da hatten wir den höchsten Pass auf der heutigen Strecke bereits hinter uns, ein jäher Wolkenbruch. Nicht lange, aber heftig genug um Susanne, Eberhard und mich komplett zu durchnässen. Eric und Thomas waren weit vorne, nämlich schon beim Partyzelt für unsere Mittagspause. Diese Glückspilze! Auch dort dachte ich wieder daran den Bus für die Weiterfahrt zu nehmen, denn es sah zunächst nicht so aus als würde der Regen für den Rest des Tages aufhören. Aber die Laune des Wetters war eine andere, Noch während wir unsere Instandnudeln schlürften klarte es auf und die Sonne kam wieder zum Vorschein.

Also zügig weiter zu den nächsten beiden Pässen für heute. Nicht wirklich hoch, unter 200 Höhenmeter, aber beide wieder schön steil. Das kostet Kraft. Nach dem zweiten Pass begann der Wettlauf mit der Zeit. Wir wollten es einfach schaffen! Das Höhenprofil gab für die letzten 30 Kilometer noch ein Paar Hügel an. Easy, dachten wir. Aber wenn es auf diese Hügel mit jeweils 10% geht ist das alles andere als easy nach so einer langen Strecke. Was habe ich geflucht und geschwitzt. Am Ende dieser dreißig Kilometer hatte ich neun steile Anstiege als Wegpunkte in meinem Navi markiert.

Mit den letzten Sonnenstrahlen sind wir in Andong eingerollt. Reife Leistung!

(Fotos von Susanne, Eric und Eberhard)


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Und jetzt bitte alle mal „Kimchiiiii“!

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

62 Kilometer von Jeongseon nach Taebaek, tendenziell bergauf bei blauem Himmel.

Warum gibt es im Deutschen kein Wort welches man laut aussprechen muss wenn man fotografiert wird und dadurch ein besonders breites Grinsen ins Gesicht gemogelt wird? Auf Englisch sagt man Cheeeese, in China qie zi (Aubergine) und in Korea eben Kimchi.

Kein Zweifel, Kimchi ist das Nationalgericht Koreas schlechthin und fast jeder, der an koreanisches Essen denkt, denkt zuerst an Kimchi. Gemüse mittels Milchsäuregärung für den Winter haltbar zu machen und so auch in der kalten Jahreszeit, wo es kein frisches Grünzeug gibt, dem Körper genügend Vitamin C und A zuführen zu können, hat in Korea eine sehr lange Tradition. Man vermutet, dass schon vor 2.600 bis 3.000 Jahren Gemüse auf diese Art eingelegt wurde.

Kimchi gehört in Korea zu jeder Mahlzeit, also Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Egal was an Hauptspeise auf den Tisch kommt, eine Schale mit Kimchi gibt es immer dazu. Ohnehin gibt es zum Essen immer mehrere Kaltgerichte. Da bestellt man eine harmlose Nudelsuppe und schwupps, ist der Tisch zugestellt mit kleinen Schalen eingelegter Leckerreien.

Sugi erzählt uns, dass es über 200 verschiedene Arten Kimchi gibt. Da nicht nur Chinakohl, die wohl bekannteste Zutat von Kimchi, eingemacht werden kann, sondern praktisch jedes Gemüse, ist das absolut verständlich. Wir hatten schon viel verschiedenes Kimchi, mir persönlich hat der Rettich neben dem Chinakohl immer am besten geschmeckt.

Kimchi ist nicht nur eine Speise, es ist eine Art soziales Happening für jede Familie. Einmal im Jahr treffen sich alle Frauen einer Familie um gemeinsam Kimchi zuzubereiten. An dem Tag müssen sich die Männer zum Teufel scheren, damit die Frauen in aller Ruhe tratschen können, während sie die einzelnen Arbeitsschritte für die Herstellung vor sich nehmen. Kimchi damggi heißt dieser Tag und ist 2013 von der UNESCO in die Liste der Immateriellen Kulturerben aufgenommen worden. Was es nicht alles gibt!

Kimchi kann man übrigens sehr einfach selber machen. Ein Rezept finden Sie zum Beispiel auf Seite 22 im Tourenprogramm 2015 von China By Bike, welches in den nächsten Tagen aus dem Druck kommen wird.

Heute sind wir an etlichen Feldern mit Chinakohl vorbei gefahren. Daher komme ich überhaupt auf dieses Thema. Es ist Erntezeit und auf vielen Feldern wurde fleißig gepflückt. Andere waren bereits abgeerntet oder warteten noch darauf.

Frühstück im Café chez Sugi. Am Vorabend hatten wir uns in einer Bäckerei mit Nahrungsmitteln für den westlichen Gaumen eingedeckt und uns damit heute Morgen in Sugis Hotelzimmer getroffen. Also mal kein Kimchi zum Frühstück. Dagegen Toast, Marmelade, Butter, Sandwiches und Kaffee. Letzterer aufgebrüht auf Sugis neu erstandenem Campinggaskocher.

Abfahrt wie gewohnt um neun Uhr. Wieder wie gestern durch ein Flusstal, nur dass wir heute dem Fluss in Richtung Quelle folgten. Sprich nach oben mussten. Und gegen Ende der Etappe zwei Pässe hatten. Kein Problem, inzwischen sind wir gut eingeradelt.

Zum Abendessen in Teabaek, einer Bergarbeitersiedlung, gab es die lokale Spezialität schlechthin, nämlich zartes Rindfleisch vom Tischgrill. Und natürlich wieder Kimchiiiii!

(Fotos von Eberhard und Eric. Leider nicht chronologisch sortiert)


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Sonntagsfahrer

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

43 Kilometer von Jinbu nach Jeongseon, überwiegend rollen lassen und das schöne Wetter genießen.

Heute ist gar nicht Sonntag, sondern Dienstag. Um das zu überprüfen musste ich auf den Kalender schauen. Auf Reisen verliere ich nämlich immer den Überblick über die Wochentage. Gefühlt war für mich aber heute Sonntag, denn Sonntag ist für mich Sonne, lange schlafen, wenig Stress und viel Nichtstun. Wenn es nach mir ginge sollte man den Sonntag in „Faultag“ umbenennen. Aber auf mich hört ja niemand 🙁

Mal meine Vorstellung von einem Sonntag überprüfen:
1.) Sonne. Ja, die hatten wir heute satt. Nicht gleich am Anfang, aber um 9:30 kam sie heraus und hat uns gut gewärmt. Eigentlich erstaunlich, nach dem trüben Tag gestern.
2.) Lange schlafen. Passt, ich hatte die morgendliche Abfahrt angesichts der kurzen Strecke auf 10 Uhr angesetzt.
3.) Wenig Stress. Stimmt! Aber um ehrlich zu sein trifft „wenig Stress“ schon seit mehreren Tagen zu.
4.) Viel Nichtstun. Stimmt natürlich nicht. Fast vier Stunden auf dem Rad ist nicht wirklich „Nichtstun“.

Soweit die überwiegend positive Bilanz. Ankunft in Jeongseon bereits um kurz nach Mittag. Das war auch gut so, denn hier gibt es einiges zu sehen. Wir haben eine Fahrt zum Ecoland inklusive Ausblick auf Kleinkorea unternommen und Ararichon Folk Village besichtigt. Also reichlich Unternehmungen für eine Gruppe von Sonntagsfahrern.

(Fotos von Eberhard, Eric und Susanne)


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Howdy Hardy

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

85 Kilometer von Girin nach Jinbu, wieder ein paar knackige Steigungen dabei. Schlechtwettertag.

An dieser Stelle möchte ich mal einen meiner Teilnehmer vorstellen. Er heißt Eberhard, auch Hardy genannt, und ist ein ganz alter China By Bike Hase. Wie viele Touren er schon mit uns gemacht hat weiß er gar nicht mehr so genau. Mit Korea sind es nun acht, ich habe im Büro nachzählen lassen.

Aber Hardy reist natürlich noch mit anderen Veranstaltern und auch gerne mal allein. Und meistens mit dem Fahrrad. So hat er zum Beispiel den Jakobsweg beradelt, ab Berlin auf 4.000 Kilometer. Reisen ist seine Leidenschaft, er erzählt gerne von den Ländern die er bereits besucht hat. Das sind so viele, dass Eric mal meinte es gäbe für Hardy nicht mehr viele weiße Flecken auf der Weltkarte. Ich nannte spontan und scherzhaft den Nord- und Südpol. Aber Fehlanzeige, auch dort ist er bereits gewesen.

Von Haus aus ist Hardy Sprachwissenschaftler, hat in Berlin studiert. Nach dem Studium ging er nach Japan, um im Rahmen des DAAD Deutsch und Englisch zu unterrichten. Er hat dort viele Jahre gelebt, sowohl in Großstädten als auch auf dem flachen Land. Jetzt frönt er seiner Reiseleidenschaft und schreibt nebenbei Bücher mit sehr originellen Titeln. Sein letztes Buch hat er mir vor der Reise zukommen lassen und ich muss zugeben, schwere Kost für mich. Dabei fällt mir ein, dass ich mich bei ihm noch gar nicht für das Buch bedankt habe 🙁

Dieses Jahr ist Eberhard 70 geworden. Er fährt auf unserer Tour selten vorne weg, aber er hält gut mit. Sollte ich mal 70 Jahre alt werden hätte ich garantiert nicht mehr seine Kondition. In diesem Sinne: Auf deine nächten 70 Jahre Eberhard! Prost, Cheers, Kanpei, Salud, Ganbei, Sokdee und Wihajo (oder wie auch immer das koreanische Wort dafür umschriftet wird).

Der koreanische Wetterdienst hatte für heute eine Regenwahrscheinlichkeit von 68% voraus gesagt. Kaum zu glauben nach dem so sonnigen Tag gestern. Der Wetterdienst sollte zunächst Recht behalten, zum Frühstück in unserer Herberge fegten Regenböen an den Fenstern vorbei. Aber zur Abfahrt, wie gewohnt um neun Uhr, war es zwar recht kühl, jedoch erstaunlich trocken von oben herab. So ist es dann auch die ganze Fahrt über geblieben, nur vereinzelt hatten wir kurz leichten Nieselregen.

Was außerdem blieb war der teilweise sehr böige Wind. Sehr zu unserer Freude, denn wir hatten ihn meistens im Rücken. Das ist dann wie Pedelec fahren mit nachhaltiger Energie. Die war willkommen, denn die Strecke war relativ lang und die Steigungen oft fies. Gerne um die 10%. Nur der vorletzte und höchste Pass bei Kilometer 64, bei dem wir die 1.000 Meter-Marke geknackt haben, war überwiegend geruhsam zu erklimmen.

(Fotos von Eberhard, Eric und Susanne)


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Taufrisch und backfrisch

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

70 Kilometer von Haean nach Girin. Onduliert und schön sonnig.

Endlich wieder ein Tag auf den Rädern. Schon gestern hatten wir viel Sonnenschein, also ganz anders als bei unserer Einfahrt in die Punchbowl vor zwei Tagen. Und heute wieder. Bei der Abfahrt um neun Uhr war es noch nebelig und sehr frisch. Das „Land der Morgenfrische“ macht seinem Namen also alle Ehre. Aber schon eine halbe Stunde später ist die Sonne hoch und stark genug, um den Nebel aufzulösen. Die Temperatur steigt schlagartig und mit ihr lassen wir unsere Hüllen fallen, soweit es der Anstand gebietet. Eben noch mit Pullover und langer Hose unterwegs, fahren wir ab Kilometer 20 in T-Shirt und beinfrei.

Wir hügeln uns auf der einzigen Straße, die nicht über hohe Berge geht, aus der Punchbowl heraus, und das nahezu ohne motorisierten Mitverkehr. Lustige Installation am Wegesrand: Beim Örtchen Seohwa steht ein Pfosten ähnlich einem Laternenpfahl mit zwei Überwachungskameras und einem Kasten darunter. In dem Kasten ist ein Bewegungsmelder und anderer elektronische Schnickschnack untergebracht. Nähert man sich dem Pfosten macht eine freundliche Stimme darauf aufmerksam, dass man nun unter Videoüberwachung steht und tunlichst vermeiden soll hier Müll in die Gegend zu werfen. Andernfalls droht eine Geldbuße von 1.000.000 Won (umgerechnet etwa 750 Euro). Eine stattliche Summe! Schade, niemand von uns hat ein Foto von der Einrichtung gemacht. Oder gar einen Mitschnitt der netten Stimme aus dem off.

Frühe Mittagspause in Wontong bei Kilometer 30 um kurz nach 11 Uhr. Das Frühstück in unserer Herberge war nicht das Ergiebigste, daher war jetzt schon Zeit für neue Kohlenhydrate. Zugeführt haben wir sie in einem Supermarkt mit Sitzgelegenheiten, es gab Instantnudeln und andere Köstlichkeiten aus dem Regal.

Hinter Wontong einmal über die Schnellstraße und nun in einem Flusstal entlang in Richtung Girin, unserem Etappenziel. Das haben wir so früh erreicht, dass wir vor dem Beziehen der Herberge, einem Minbak etwas außerhalb des Ortes, noch die Stadt bzw. das Dörfchen unsicher gemacht haben. Geplündert wurde dabei eine Bäckerei und der Supermarkt direkt gegenüber.

Jeder Ort, durch den wir bisher gekommen sind, hat mindestens eine Bäckerei. Die größeren Orte ab 2.000 Einwohner auch mal fünf oder mehr. Jede Bäckerei bietet eine große Auswahl an süßen und herzhaften Erzeugnissen an. Für mich ist das eine recht neue Erfahrung, denn auf meinen Touren durch Asien waren Bäckereien eher spärlich gesät. Brot und Kuchen sind eben keine Nahrungsmittel, die ihren Ursprung in Asien haben. Klar gibt es inzwischen auch Bäckereine in den anderen Ländern Asiens, in denen ich bereits unterwegs war. Aber nicht in dieser Fülle wie in Korea, meist sind es Exotengeschäfte wie bei uns in Deutschland die Asienläden.

Plünderung erfolgreich beendet, weiter auf den Rädern zum Minbak. Dort war die Küche bereits kalt, daher sind wir nach dem Beziehen der Zimmer nochmals Downtown gefahren. Diesmal jedoch mit dem Bus.

(Fotos von Eberhard, Eric und Susanne)


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Schweinefriedlich

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

Ruhetag für die Räder, dafür 85 Kilometer mit dem Bus rumgegurkt.

Seit gestern befinden wir uns in der Punchbowl (zu deutsch Bowle Schüssel). Dabei handelt es sich um eine durch Erosion entstandene kraterförmige Vertiefung mit einem Durchmesser von rund Kilometer und umgeben von einem Ring aus Bergen, welcher teilweise über 1.000 Meter hoch ist. Den Namen Punchbowl, welcher nicht wirklich koreanisch klingt, verdankt die Senke UN Beobachtern während des Koreakrieges. Hier wurde erbittert gekämpft, praktisch um jeden Hügel und jede Anhöhe. Was für ein sinnloses Gemetzel!

Heute bilden die nördlichen Ausläufer der Punchbowl die Grenze zwischen Nord- und Südkorea. Unsere Unterkunft, eine kleine familiengeführte Pension, liegt nur acht Kilometer von der demilitarisierten Zone (DMZ) entfernt. Die DMZ ist ein 248 Kilometer langer und vier Kilometer breiter Streifen Niemandsland, laut Abkommen zwischen den beiden Ländern darf dieser ohne Genehmigung nicht betreten werden.

Innerhalb der Punschbowl leben rund 1.500 Menschen. Nicht eingerechnet die vielen Soldaten, die hier in etlichen Kasernen ihren Militärdienst ableisten. Die meisten Einheimischen leben im Örtchen Haean, welches gleich um die Ecke von unserer Unterkunft liegt. Der Legende nach soll es in der Bowle Schüssel mal viele Schlangen gegeben haben, die es ihren menschlichen Mitbewohnern oft nicht leicht machten ein sorgloses Leben zu genießen. Aber dann hat man die Schweinezucht eingeführt und fortan war Schluss mit Schlange.

So ganz habe ich das nicht verstanden, denn Schlangen gehören meines Wissens nicht auf den Speiseplan von intelligenten Hausschweinen. Aber es ist ja auch nur eine Legende, die in erster Linie die Herkunft des Namens Haean erklären soll. Hae bedeutet nämlich Schwein, und an bedeutet Frieden´. Also Schweinefriedlich.

Wie schon geschrieben ging es hier im Koreakrieg alles andere als friedlich zu. Und auch danach nicht wirklich. Aber daraus schlägt die Punchbowl enorm touristisches Kapital. Es gibt drei Attraktionen hier, das Kriegsmuseum, eine Aussichtsplattform, von der man einen Blick auf Nordkorea erhaschen kann, und einen der vier entdeckten Tunnel, welche die nordkoreanische Armee wegen Invasionsgelüste in Richtung Südkorea getrieben haben. Diese Attraktionen standen in genau dieser Reihenfolge auf unserem Vormittagsprogramm. Absolviert haben wir es mit dem Bus, da Fahrräder zumindest bis zu der Plattform und dem Tunnel nicht erlaubt und die Wege dorthin ohnehin viel zu steil für ein Velo sind.

Also erst das Museum. Viel altes und schweres Kriegsgerät am Eingang, innerhalb dann Exponate der Infanterie und ein Überblick über den gesamten Kriegsablauf. Beklemmend! Was für mich am meisten beklemmend war: Ich habe bereits ein sehr ähnliches Museum besucht. Das war 2004 in Dandong, einer chinesischen Grenzstadt zu Nordkorea. Dort wird einem der Krieg nämlich aus einer ganz anderen Perspektive vermittelt. Wem soll ich denn nun glauben? Hüben oder drüben? Ich habe mich für keine der beiden Seiten entschieden und überlasse es dem Leser, welche Seite ich mit hüben und drüben meine.

Nach dem Museum der Tunnel und die Aussichtsplattform. Über beide Attraktionen hatte ich bereits 2012 berichtet, das muss ich hier nicht nochmals wiederholen. Besichtigungen abgeschlossen, aber es war erst Mittagszeit. Und wieder hatte Sugi eine Idee für den Rest des Tages. In der Nähe von Haean gäbe es ein Festival, dessen letzter Tag heute ist und welches wir doch in Augenschein nehmen könnten. Keine Frage, das nehmen wir natürlich mit! Also nach dem Mittagessen wieder rein in den Bus. Schnell stellte sich heraus, dass „in der Nähe“ eine einfache Fahrt von über 30 Kilometer bedeutete, wir fast die ganze Strecke des gestrigen Tages nochmal aus der Busperspektive erleben konnten und am Ende in Yanggu enden. Yanggu ist Hauptstadt des gleichnamigen Kreises, in dem sich Haean befindet. Oder Bangsan, wo wir vorgestern waren.

Reichliches Gewimmel auf dem Sportplatz von Yanggu. Wie sich heraus stellte ist das Fest eine Art Wettbewerb unter den Orten des Landkreises. In verschiedenen sportlichen Disziplinen wurde gegeneinander angetreten. Aber heute war schon alles gelaufen und es gab lediglich eine Gesangsdarbietung. Ein etwas skurril kostümierter Mann heizte der älteren Generation kräftig ein (siehe Bilder unten). Vor dem Sportplatz gab es Marktstände und das Militär präsentierte sich. Gepanzerte Fahrzeuge durften ausgiebig inspiziert werden, sehr zur Freude der Kiddies. Und man konnte mit Sturmgewehren Platzpatronen auf Pappkameraden verballern. Sehr zur Freude von Eric, der mehrmals anlegte und sich dabei an seine Zeit beim Militär zurück erinnerte. Keine Frage, die Armee besitzt in Südkorea einen hohen Stellenwert und ein hohes Ansehen in der Bevölkerung. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass das Land vor und lange Zeit nach dem Krieg keineswegs eine Demokratie war, sondern eine Militärdiktatur.

Wir hatten uns satt gesehen und gehört, aber noch nichts zu Abend gegessen. Daher Rückfahrt nach Haean, wo unsere Gastfamilie zum Abendessen ins Wohnzimmer einlud. Das haben wir mal wieder auf dem Boden sitzend an den niedrigen Tischen zu uns genommen. Nach der Völlerei hatten wir die nötige Bettschwere erreicht. Also Matratzen auf dem beheizten Boden ausrollen und gute Nacht!

(Fotos von Eberhard und Eric)


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Die deutsche Patientin

Land der Morgenfrische, 04. bis 23.10.2014

36,5 km von Bangsan nach Haean. Schneller als geplant.

Das war der Plan: Von Bangsan nach Haean, mitten in der Punchbowl, radeln und dabei den mit fast 1.000 Meter über NN höchsten Pass der ganzen Tour mitnehmen. Klingt doch gut, oder? Bis Kilometer 24 verlief auch alles nach Plan, da hatten wir bereits drei kleinere Pässe mit den in Korea üblichen steilen Anstiegen von bis zu 10% hinter uns. Das Wetter war bei der Abfahrt in Bangsan am Morgen noch recht freundlich zu uns, sonnig mit ein paar Wölkchen am Himmel und eine angenehme Temperatur. Später zog es sich ein wenig zu, jedoch alles noch im grünen Bereich. Aber dann fand der Plan ein jähes Ende.

Kilometer 24 markiert den Punkt, an dem es hinauf zu dem letzten, dem 972 Meter hohen Pass geht. Gegenwind ist ja schon fies, aber heftiger Gegenwind UND bergan mit 10% ist einfach nur ätzend! Mit Ausnahme von Thomas, der ohnehin schon längst im grünen, gelben und rot gepunktetem Trikot fährt, sind alle ziemlich zu Beginn der Steigung vom Rad gestiegen und haben schiebend gegen Steigung und Windböen angekämpft. Ein Blick hoch in Richtung Pass: Regenwolken!

Vor einigen Jahren hat man einen Tunnel durch den Berg getrieben, damit bequeme Menschen schneller auf die andere Seite kommen. Die alte Straße über den Berg blieb trotzdem bestehen. Wir wollten natürlich unbequem sein, wollten uns der Herausforderung stellen und über den Berg statt durch den Berg fahren. Außerdem wollten wir eine drei Kilometer lange Röhre mit all ihren Gefahren meiden. Aber wenn in Aussicht steht, dass man sich 500 Höhenmeter bei heftigem Gegenwind und 10% Steigung hoch quälen muss und oben auch noch eine Wolkendecke mit viel Niederschlag, niedrigen Temperaturen und ohne Ausblicke zu erwarten ist, genau dann ist so ein Tunnel doch nicht so verkehrt. Selbst nicht für unbequeme Menschen.

Bei Kilometer 27 hatten wir den Eingang zum Tunnel erreicht. Keine Frage, da mussten wir jetzt durch. War dann auch gar nicht so schlimm, der Verkehr im Tunnel war sparsam (nur zwei Autos von hinten, ca. acht von vorne), die Röhre gut beleuchtet und das Begleitfahrzeug fuhr als Rückendeckung immer hinter uns her. Auf der anderen Seite ein ganz anderes Wetter. Wir wurden von Nieselregen und kühlen Temperaturen empfangen. Aber egal, ab dort waren es ohnehin nur noch fünf Kilometer bis zu unserer Übernachtungsstation.

Um 9 Kilometer und 480 Höhenmeter betrogen saßen wir bereits zu Mittag über eine Schale Nudeln gebeugt in einem Restaurant neben unserer Herberge in Haean. Der Tag war noch jung und wir beratschlagten, was wir mit der neu gewonnenen Freizeit anstellen sollten. Der beste Vorschlag kam von Susanne: einen Doktor aufsuchen. Susanne plagte nämlich ein leichtes Leiden im linken Knie, und dagegen hilft doch sicherlich eine kleine Akkupunktur-Sitzung bestens. Die Wirtin des Restaurants wusste auch genau den richtigen Mann für diese Aufgabe, einen blinden Heiler, welcher nur 15 Kilometer von Haean entfernt praktiziert.

Eine Fahrt im Begleitbus war daher angesagt. Rund eine Stunde später sitzen deutsche Männer im Warte- gleich Wohnzimmer des blinden Doktors, während nebenan eine deutsche Dame behandelt wird. Leider habe ich mir den Namen des guten Mannes nicht notiert, aber er ist ein wahrer Meister der Heilkunst. Susanne wird zunächst fachmännisch abgetastet und dadurch eine Diagnose erstellt. Danach geht es zur Sache, es folgen eine Massage und eine Art Aderlass, bei der das ungesunde Blut per Vakuumglocke aus der betroffenen Stelle heraus gesaugt wird. Alles fast schmerzfrei und Susanne fühlt sich nach der Behandlung viel besser. Als Bonus bekommen wir Wartenden noch eine Kurzmassage für den Kopf- und Schulterbereich verabreicht. Bei mir endete die Knetorgie mit der alten koreanischen Weisheit „Schmerz bekämpft man durch Gegenschmerz„.

Völlig entspannt war dann aber wieder das Abendessen. Das hat unsere Herbergsfamilie in einem ihrer Gewächshäuser ausgerichtet. Koreanisches BBQ, viel Fleisch, aber auch Kartoffeln und Pilze auf einem runden Rost über glühenden Kohlen. Wir lernen fleißig jeden Tag Koreanisch. Heute hat Eric das Wort für Hammer gelernt. Und er hat gelernt, dass Hammer etwas anders betont Schmeckt super! heißen kann.

(Fotos von Eric und Eberhard)


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