Ausklang

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Kathmandu

Ausklang. So kann man es wirklich nennen. Nachdem wir nun die letzten drei Tage auf extremen Pisten in die nepalesische Hauptstadt eingeradelt sind, finden wir uns heute in der morgendlichen Hitze im Swayambhunath wieder, einer großer Tempelanlage im Westen Kathmandus, von der man, da auf eine Hügel gebaut, einen wunderbaren Blick über die Stadt hat. Gebaut ist wohl nicht das richtige Wort, denn die Legende besagt, dass der Monkey-Tempel, wie das Heiligtum wegen der vielen hier lebenden Rhesusaffen auch genannt wird, nicht von Menschenhand geschaffen wurde. Vielmehr erschuf sich dieser Ort aus sich selbst.

Jetzt stehen wir hier. In unseren Ohren erklingt das leichte Läuten der Tempelglöckchen, das hektische Flattern der Gebetsfahnen, die auch hier überall gespannt sind und nicht zuletzt das sirrende Dröhnen und Klingen der Klangschallen, die zu Hauf zum Verkauf angeboten werden. Ausklang. Eine Französische Reisegruppe älterer Damen malt und zeichnet, gescharrt um einen jugendlichen Lehrer, motiviert die zentrale Stupa ab. Wir werden sie später in der Altstadt vor dem einen oder anderen Tempel in gleicher Konstellation wieder treffen.

Hier, wie überall in Kathmandu, sind die Folgen der Erdbebens von 2015 nach wie vor unverkennbar. Auch wenn überall emsig aufgebaut und restauriert wird, zeugen eingestürzte Bauten und traurige Ruinen nicht nur vom Glanz längst vergangener Zeiten, sondern auch von der Kraft und Unbarmherzigkeit der Naturgewalten.

Wir steigen die Stufen des Tempels hinab, fahren nach Boudnath in den Nordosten Kathmandus. Einer der mit 36 m Höhe größten Stupas machen wir hier unsere Aufwartung. Traditionell umrunden wir das Gebäude im Uhrzeigersinn, tuen das gleiche nochmal auf dem Dach. Ein angenehmer Luftzug weht. Die Sonne scheint. Gestört wird das Idyll nur durch das ein oder andere Flugzeug – der Flughafen liegt recht nah, gemahnt uns an die nahende Abreise.

Die vielen Eindrücke müssen verarbeitet werden und so führte uns Bhasker, unser nepalesischer Guide, in ein Kaffee auf einern der Dachterrassen, hier genießen wir noch einmal einen schönen Blick auf die Stupa, während wir eisgekühlte Limonade und heißen Cappuccino schlürfen.

Zu guter Letzt in die Altstadt. Es ist bereits Nachmittag, wir sind schon einigermaßen geschafft, können uns aber dieses letzte Highlight nicht entgehen lassen. Leider sind die meisten Sehenswürdigkeiten heute nicht zu besichtigen. Wegen der gerade stattfindenden Feiertage laufen die Geschäfte nur auf Minimal-Betrieb, die meisten Mitarbeiter haben frei. Das wird auch deutlich, wenn man die Aufsteller vor vielen Restaurants sieht: only Beverage, no Food. Selbst die Kumari, kindliche Göttin, zeigt sich uns heute nicht. Dennoch bekommen wir einen guten Eindruck von der Stadt. Schlagen uns durch dunkle, enge Gassen ins Hotel zurück.

Es ist schon spät am Nachmittag. Letzte Einkäufe wollen besorgt werden. Gepackt muss gepackt werden. Das letzte gemeinsame Mahl – unser Abschiedsessen steht noch an.

Wir blicken auf drei Wochen gefüllt mit Erlebnissen, unvergesslichen Eindrücken und einmaligen Ausblicken zurück. Einmal von Lhasa bis Kathmandu. Einmal von der unermesslichen Weite Tibets in das bunte Chaos der nepalesischen Kultur. Mystisch anmutende Berglandschaften, deren Karg- und Klarheit fast schon im Auge schmerzt gegen quirlig, buntes, nach Gewürz duftendes Leben. Wir sind auf einige Grenzen gestoßen. Erstmal die chinesisch-tibetische. Die war schonmal sehr beeindruckend. Aber auch auf die Grenzen unserer Körper, die uns bewußt wurden mit jedem Meter, den wir über 4000 m weiter und höher und immer höher krochen. Und die Grenzen der Kulturen: Tibet – Nepal, so viele Unterschiede in so vielen Belangen.

Ich sehe den Flugzeugen nach, die über mir am Himmel kreuzen. Bald wird mich eins zurück ins kalte Europa bringen. Zeit all das Erlebte Revue passieren zu lassen Es gibt einiges zu tun.

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