Mit letzter Kraft!

Land der Tausend Elefanten, 18.02. bis 11.03.2012

92,5 km von Kasi nach Kiu Kacham, angenehm warm mit einer leichten Brise

6 Uhr morgens. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen und es fühlt sich noch empfindlich kühl an. Nur Christian findet‘s erstaunlich warm und steht, der morgendlichen Kühle zum Trotz, mit kurzem Hemd und kurzer Hose in der Hoteleinfahrt.
Als wir die Suppenküche betreten sind die großen Feuer bereits entfacht und in gusseisernen Kesseln brodelt es schon verheißungsvoll. Zur Abwechslung gibt‘s mal Nudelsuppe zum Frühstück.
7: 10 Uhr ist allgemeiner Aufbruch. Eine lange und anstrengende Etappe steht uns bevor. Zuerst durch kleine Dörfer, wo das Leben schon in vollem Gange ist, danach erreichen wir einsamere Gegenden. Einige der Landschaften, die wir durchfahren, hätten wohl den ein oder anderen chinesischen Landschaftsmaler in Entzücken versetzt.
Die längste und anstrengendste Etappe müssen wir noch vor dem Mittagessen bewältigen. Fünfzehn Kilometer immer bergauf. (An dieser Stelle heißen Dank an David für die neue Beastie Boys Platte, die mich den Berg hinaufgezogen hat!)
Kurz vor Mittagessen gelingt es Peter beinahe, ein Huhn über den Haufen zu fahren. Ob er wohl deshalb zum ersten Mal Nudelsuppe ohne Fleisch isst?

Gegen 11:30 erreichen wir die angepeilte Mittags-Station. Tho ist völlig aus dem Häuschen, so zeitig wäre er noch nie mit einer Gruppe (zu Rad) hier gewesen. Darauf gönnen wir uns erstmal eine ordentliche Nudelsuppe!

Nach der Mittagspause geht‘s flux weiter. Jetzt mischt sich auch wieder Markus unter das radfahrende Volk. Um sein Knie zu schonen, ist er bis hierher im Auto mitgefahren. Vorher muss noch schnell sein Hinterrad gewechselt werden – Markus hat sich gestern Platten Numero zwei eingefahren.
Nach einem kurzen Anstieg erstmal fünf Kilometer Abfahrt. Doch zu früh gefreut! offensichtlich ist die Strecke kurz vor unserer Ankunft neu aufgeschottert worden. Schotterabschnitt reiht sich an Schotterabschnitt, einer übler als der andere. Ich bin nicht die einzige die Probleme hat, und nur knapp einem Sturz entgeht.

Der Rest der Strecke ist aber mit eindeutig besseren Straßenverhältnissen ausgestattet. Sie führt uns wieder durch Dörfer, wo anscheinend gerade großer Waschtag angesagt ist. Ob jung oder alt, groß oder klein – alles tummelt sich an der lokalen Waschgelegenheit und ist mit der Körperhygiene beschäftigt.

In der nachmittäglichen Sonne, begleitet von einer leichten Brise, geht die Fahrt gut an. Nur die letzten drei Kilometer Anstieg ziehen sich bis ins Unerträgliche. Eigentlich gut zu fahren, doch alle sind von den bereits bewältigten annähernd neunzig Kilometern ziemlich erschöpft. Peter fährt natürlich voran. Ich folge ihm, verliere ihn aber bald aus den Augen. Muss immer wieder anhalten. Ich bin so hungrig, dass ich nicht mal mehr in der Lage bin, schlechte Laune zu entwickeln. Aller zweihundert Meter bleibe ich in der Hoffnung stehen, irgendwer kommt mit etwas Essbarem angefahren. Aber keiner zu sehen weit und breit. Also quäle ich mich zum letzten Pass hinauf und verfluche alle Nudelsuppen dieser Welt! Ich will Schnitzel, Steak, Schweinebraten!

Oben angekommen liegt Peter bequem auf einem Stapel Betonpfeiler und versorgt mich erstmal mit einem Müsli-Riegel. Im Laufe der nächsten halben Stunde trudeln alle nacheinander ein. Markus, wer sonst, hatte zwischenzeitlich noch mit Reifenpanne Nummer drei zu kämpfen.

Gemeinsam fahren wir die letzten Meter zum „Hotel“. Zum ersten Mal wird direkt nach der Ankunft nach Bier verlangt. Es ist 17 Uhr und alle sind ganz „enttäuscht“, dass sie ihr Fahrradlicht umsonst mitgenommen haben. Alle außer Tho natürlich.


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Endlich wieder Sättel putzen

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Der heutige Eintrag ist von Mutti, nicht zu verwechseln mit Mama, das ist für unsere Guides Karin. Sie hat ihn in den Mittagsstunden geschrieben, abends haben wir dann noch Bleiklopfern und Papierschöpfern bei der Arbeit zugesehen, interessant aber auch deprimierend. Kyaukme ist landesweit bekannt für diese Spezialisten, sie arbeiten in kleinen Betrieben für sehr wenig Geld, vor allem zur Herstellung von Opfergeld. Das geht dann nach China, wohin sonst…also, besten Dank, liebe Mutti:

„Heute geht’s uns gut – was nicht heißen soll, dass es uns sonst schlecht geht ! Wir dürfen ausschlafen und wieder aufs Rad – Juhu! – Erst um 10 Uhr soll unsere moderate Radetappe beginnen. Genüsslich liegt man im Bett und lauscht den vielfältigen Geräuschen die in und ums Haus spätestens ab 6 Uhr den neuen Tag verkünden. Vögel zwitschern mit den fleißigen Schwatzwaschfrauen im Hof um die Wette, nebenan sind Handwerker beim Hausbau, die ersten Guesthouse-Gäste knallen die Türen, Hähne krähen und bald schon beginnt der Singsang der Schulkinder ganz in der Nähe : Vorsingen – nachsingen, vorsingen – nachsingen, die nachsingende Schar wird immer ungeduldiger, lauter und schneller. Interessant, denkt man – welch ein Unterschied zu deutschen Schulen…. Wer nun aber meint, erst um 9 Uhr frühstücken zu können, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Alles abgeräumt. Mit Müh und Not ergattert man (in diesem Fall ich) noch einen Instantkaffee und drei Scheiben Toast. No eggs

Dann geht’s endlich nach vier Faulenzertagen wieder aufs Rad, jeder ist gierig. Nur rund 36 km und etwa 500 Höhenmeter, aber immerhin. Ideale Temperatur jetzt hier auf dem Shan-Plateau. Maungmaung schießt in seiner unverkennbaren Technik, Knie ausgestellt, locker drauflos, wir keuchen hinterher, den Blick fest auf das Hinterrad des Vorderen und den Straßenbelag gezurrt – es gilt Schlaglöchern und Unebenheiten auszuweichen. Wir sind auf der legendären Burmastraße, der wichtigsten Verbindungsstraße zwischen China und Burma, Handelsweg, was heißt, dass wir den heißen Atem und das laute Hupen der dicken Laster im Rücken spüren. Die schwarzen Dieselwolken verärgern unsere Lungen. Hin und wieder gelingt es jedoch, einen Blick auf Umgebung, Land und Leute zu werfen. Reisfelder, hohe Teakholzbäume, der allgegenwärtige hohe Bambus, Bananenstauden, hohe ausladende Baumkronen , Gemüse- und Obstplantagen säumen den Weg. Dazwischen immer wieder kleine Dörfer, die meisten bestehend aus einfachen Einraum-Holzhäusern auf Pfählen mit Blätterdach. Luxus ist, einen Brunnen in erreichbarer Nähe zu haben, ansonsten wird Wasser oft mit zwei Eimern und Stange auf der Schulter herangeschleppt.

Als Kuriosum entdeckt man (neben vielen anderen Kuriositäten) den Motorradsupermarkt (hunderte von kleinen Beutelchen hängen an allen Seiten des Vehikels, umringt von neugierigen Käufern) oder den freihändig fahrenden Mönch auf dem Motorrad, seinen Helm schwenkend. Nach dem gestrigen Klostererlebnis sind wir etwas desillusioniert , was unsere Vorstellung vom erhabenen, meditativen klösterlichen Leben angeht . Immer wieder winken uns lachende Menschen zu. Unterwegs eine relaxte Kaffeepause mit dem süßen Kondensmilch- Instantkaffee und schon sind wir, eigentlich noch energiegeladen, in unserem nächsten sauberen Domizil – in Kyaukme. Die obligatorische Nudelsuppe und das Schmutzbier warten. Morgen soll es als Ausgleich den ultimativen Härtetest geben: 110 km, 1500 Höhenmeter!?“


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