Ein neuer Renntag

Mythos Mekong, vom 14.09. bis 12.12.2016

104 km von Thakhek nach Savannakhet

Heute ist wieder Renntag angesagt, die über 100 km von Thakhek nach Savannakhet mehr oder minder parallel zum Mekong gelten für Martina, Wolfgang, Kaspar und Joachim wieder als Highspeed-Strecke. Was das heißt? Man mag’s kaum glauben, aber bei einigen Abschnitten zeigte der Tacho allen Ernstes 37-38 Km/h! Und der Durchschnitt liegt am Ende bei 23,5 Km/h! Bei kernigen 30 Grad! Wobei wir ja nicht etwa mit Renn- sondern Tourenrädern unterwegs sind. Das Schwarze vor meinen Augen sind also auch keine aufkommenden Gewitterwolken!

Jessesmariaundjosef. Radfahrerisch macht mir die Gruppe eine ordentliche Schmier, was sich als Tourenleiter ja vielleicht nicht so gut macht. Auch das spätere Aufputschen an einem kleinen mobilen Kaffeestand kann die Verhältnisse nicht grundsätzlich ändern, die vier langen ihrerseits ja auch zu. Immerhin sind sie nachsichtig und sehen mir die spätere Fahrt im begleitenden Besenwagen nach.

Hongkong macht mobil

Das Blaue China, 16.10. bis 07.11.2016

Ausflug nach Lantau zum großen Buddha

Lantau ist die größte zu Hongkong gehörige Insel. Man kann sie entweder via Fähre erreichen oder mit der U-Bahn fahren, denn der neue Flughafen ist gleich neben Lantau auf einer künstlich aufgeschütteten Insel gebaut worden und dorthin geht ein Airport-Express.

Wir fuhren also mit der U-Bahn nach Tung Chung auf der Insel Lantau und von dort mit der Seilbahn zum großen Buddha hinauf. Die Seilbahnfahrt forderte uns schon eine große buddhistische Gelassenheit ab, denn wir mussten eine Stunde anstehen um in eine der Gondeln zu kommen. Wie wir später erfuhren hatten alle Hongkonger am heutigen Tag 50% Rabatt auf alle Fahrten mit Bahnartigen Verkehrsmitteln und deshalb war wahnsinnig viel los. Auch oben am Buddha war es wie auf dem Rummel. Das letzte mal als ich hier war, regnete es und es war ein Nebel, dass man kaum sah dass dort ein gigantischer Buddha sitzt. Damals waren wir fast die einzigen hier. Heute tobten hier die Massen.

Eigentlich wollten wir noch mit dem Bus nach Muiwo um dort am Silver Mine Beach zu baden. Aber da die Verkehrswege so arg verstopft waren und alles länger dauerte als gedacht, entschieden wir uns wieder mit der Seilbahn zurück zu fahren. Für die Fahrt hinunter standen wir 1,5 Stunden an. So ist das manchmal in Asien.

Am Abend nahmen wir unser letztes gemeinsames Abendessen ein. Dazu gingen wir nochmal in ein richtig typisches chinesisches Restaurant. Es war so eingerichtet wie die Restaurants in China, es schmeckte so wie in China und es war auch so laut wie in den Restaurants in China. In einem Raum nebenan feierte offensichtlich eine chinesisch-stämmige Gesellschaft. Es wurde immens aufgetischt und es war eine Art Moderatorin, die durch den Abend führte und immer wieder gab es Gesangsdarbietungen mal mehr, mal weniger schlecht. Und alles war auf Mandarin, nicht auf kantonesisch was man hier in Hongkong eigentlich spricht. Wir waren uns einig, ein guter und passender Abschluss unserer Chinareise.

Morgen kann jeder nochmal auf eigene Faust ein wenig Hongkong erkunden und dann geht es auch schon wieder zurück nach Hause. Goodbye China und goodbye Hongkong.

Konfuzius sagt: Famous last words

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, vom 12.10. bis 03.11.2016

Nein, zu Nanjing gibt es keine Geschichtslektion mehr. Zu dieser Stadt ist schon so viel geschrieben, verfilmt und kolportiert worden! Zu recht, natürlich. Ein faszinierende Stadt, und unsere letzte Station. Bei herrlichem Herbstwetter.

Die Pilottour Kaiser, Kanäle, Konfuzius geht zu Ende. Vor einem Jahr bin ich auf ähnlicher Route mit meiner Familie, mit Tandem und Kinderanhänger geradelt.

tandem4family

Fand die Region zwischen Tai’an und Yangzhou klasse. Wollte wiederkommen. Meinen Mitradlern diesen Teil von China näherbringen, der zuweilen aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Der wie kaum eine Region Chinas von Geschichte nur so trieft. Und dennoch seltsam zurückgeblieben scheint (Shandong) oder von der Reform- und Öffnungspolitik überrollt wurde. (Jiangsu).

Aber funktioniert das als Reise, als Radtour, wenn es eventuell ein paar Tage nur Alltagsleben, Landwirtschaft und China aus den 1980ern gibt?

Die Antwort ist ein klares „Ja!“. Die Tour hat meine Erwartungen weit übertrofffen, auch dank meiner Mitradlerinnen und Mitradlern, die so ziemlich für alles zu haben waren und mir blind über die kleinen Wege durch die Felder folgten.

Herzlichen Dank an Euch alle! Ein Kilo Schlamm für lau!

Geradelt sind wir durch das Herz Chinas, auf Wegen, die weder Google Maps noch Baidu (das chinesische Pendant) oder gar eine Landkarte kennt. Weitgehend autofrei.

Und beim nächsten Mal ist uns hoffentlich auch das Wetter gnädig!

Soviel Werbung sei erlaubt: Die Reise wird nächstes Jahr wieder zweimal angeboten! Wärmste Empfehlung! 😉

Kaiser, Kanäle, Konfuzius

Auf Crashkurs

Mythos Mekong, vom 14.09. bis 12.12.2016

Transfer von Vientiane nach Thakhet

Am nächsten Morgen erleben wir dann doch noch eine andere Seite von Vientiane. Auch diese Stadt kennt inzwischen morgens und abends ihre Rush Hour, wo’s für alle nur stop-and-go gibt. Es verliert sich alles Bedächtige und Betuliche und macht einer Geschäftigkeit Platz, die keinen Unterschied mehr kennt zu dem Gewusel in anderen asiatischen Großstädten.

Bei dem sich anschließenden Transfer nach Thakhet wird das Erlebnis Laos um ein erinnerungswürdiges Kapitel erweitert. Unter freizügiger Auslegung aller Paragraphen und Vorschriften rast unser Minibus-Fahrer volles Rohr über reparaturbedürftige Landstraßen, die Unvernunft als beständigen Beifahrer dabei. Abenteuerliche Überholmanöver halten uns hellwach und eventueller Sekundenschlaf wird allein deswegen schon unterbrochen, weil der Fahrer gleich wieder durch ein Schlagloch donnern und uns senkrecht aus den Sitzen katapultieren wird.

Gemächlich die Straßen kreuzende Kühe zwingen ihn dabei gelegentlich zu Vollbremsungen, wobei, wie unser neuer und sehr netter local guide Hoi erzählt, die laotische Rechtslage im Falle eines Crashs immer dem Kuhhalter die Schuld (in Form einer 300$-Zahlung) zuweist. Leider lässt sich daraufhin nie ein Halter auftreiben… (als Entschädigung für seinen Blechschaden nimmt der Fahrer daraufhin wohl gelegentlich einfach die Kuh mit)

Dass unser Fahrer -wohl verwirrt durch die nächtliche Anfahrt – anfänglich auf einer Einbahnstraße die falsche Richtung einschlägt, ist mit im Programm. Der aufkreuzende Polizist nimmt dem Fahrer die kleine Unkorrektheit aber nicht sonderlich krumm, jedenfalls, nachdem dieser sich mit ein paar Scheinchen auf dem kleinen Dienstweg entschuldigt hat.

Erstaunlich i.ü., dass auf den Straßen (fast) alle in fetten Suffs und Pickups unterwegs sind, diese Boliden sind schließlich auch hierzulande nicht gerade billig. Mit japanisch-koreanischen Kleinwagen gibt sich keiner ab, vermutlich nicht nur der männlichen Omnipotenzphantasien wegen, sondern wohl auch, weil Kleinwagen in der Regenzeit angesichts der dann häufig sumpfig werdenden Straßen schlicht überfordert wären.

Der Abend in einem Restaurant direkt am Mekong Ufer in Thakhet (nettes Städtchen mit alter französischer Kolonialarchitektur und wenig Tourismus) heilt dann alle Wunden. Das gegenüberliegende Ufer (die Thai-Stadt Nakhon Phanom) ist hell erleuchtet und die Lichterketten werden romantisch auf der Wasserfläche des hier schon sehr breiten Mekong reflektiert. Durch ein Zahlenmissverständnis genießen wir dann auch noch den bisher besten Rotwein besonders preiswert.

Hongkongs grüne Seite

Das Blaue China, 16.10. bis 07.11.2016

Wanderung auf Lamma Island und von Aberdeen zum Victoria Peak. Rund 17 km bei gutem Wetter.

Hongkong ist grüner als mancher denkt. Bei Hongkong haben die meisten Leute einen Hochhaus-Dschungel vor Augen, den es natürlich auch gibt, aber 60% der Insel sind grün. Wir fuhren mit der Fähre nach Yung Shue Wan, ein recht mediterran wirkendes Dörfchen auf der Nachbarinsel Lamma, und wanderten in zwei Stunden einmal quer über die Insel nach Sok Kwu Wan. Dort nahmen wir eine kleine Fähre für die etwa halbstündige Überfahrt nach Aberdeen an der südlichen Seite Hongkong Islands. Joachim und Renate wollten nicht mitfahren, sondern lieber gemütlich mit der Peak Tram hinauf gondeln, also trennten sich hier unsere Wege und wir wanderten nur zur dritt los.

Schnell waren wir aus Aberdeen raus und liefen über einen riesigen Friedhof immer weiter in die Berge hinauf, immer die Hochhäuser und die Küste von Aberdeen im Blick. Irgendwann waren wir komplett im Grünen. Dort machten wir erst einmal Picknick mir Reispapierröllchen mit Shrimps gefüllt, die wir uns in Aberdeen gekauft hatten. Sie waren sogar noch warm. Unsere weitere Wanderung führte uns langsam um den Victoria Peak herum. Irgendwann waren wir ein wenig von unserem Track abgekommen als eine Engländerin, die in Hongkong ansässig zu sein schien, uns einen Tipp gab wie wir den Peak umrunden könnten um zur Peaktram Station zu gelangen. Ob dies letztlich ein kürzerer Weg war, ist schwer zu sagen, aber er war recht schön und wir trafen nur wenige Wanderer. Mehrfach hatten wir den Verdacht falsch zu sein, insbesondere weil immer wenn wir auf einen Wegweiser trafen, er die gleiche Zeit bis zum Ziel auswies. Es hieß immer ein einviertel Stunden. Das war etwas frustrierend. Irgendwann traf der Weg wieder mit unserem ursprünglichen Weg zusammen und wir erreichten noch vor Einbruch der Dunkelheit die Peaktram-Station.

Wir setzten uns in ein Kaffee mit Blick auf die Tram und tranken gemütlich Kaffee. Als wir dann mit der Tram hinunter fahren wollten, stellten wir fest, dass gefühlt etwa 1000 Menschen die gleiche Idee hatten. Wir standen etwa 45 Minuten an bis wir in die Tram hinein kamen.


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Vientiane

Mythos Mekong, vom 14.09. bis 12.12.2016

Tagesausflug in der laotischen Hauptstadt

Von allen asiatischen Hauptstädten ist Vientiane vermutlich die am wenigsten anstrengendste und geruhsamste, schon gleich, wenn man nach dem obligatorischen Besuch der Tempel Pha That Luang, Wat Si Sakhet und Wat Simueng sowie des Pratuxai abends am Mekong entlang der Verkaufsbuden, Straßenküchen und Uferrestaurants vorbei flaniert. Am besten bereits spätnachmittags, wenn die Sonne schon tiefer steht und Mekong und Uferbereich in ein warmes Licht taucht und die Händler und Straßenküchen ihre Stände aufbauen, Grillfeuer entfachen und sich auf den abendlichen Andrang vorbereiten.

Danach abends in einem Dachrestaurant mit Mekongaussicht ein mit Frühlingsrollen (in Reispapier!), scharfem Papayasalat, gebratenem Fisch, usw. gedeckter Tisch, dazu „beer lao“, – in solchen Momenten kann einem der amerikanische Wahlkampf und andere Schäbigkeiten den Buckel runter rutschen.

Goodbye China

Das Blaue China, 16.10. bis 07.11.2016

Fährfahrt nach Hongkong und kleiner Rundgang auf Hongkong Island und Kowloon.

Und wieder einmal mussten wir früh aufstehen, denn unsere Fähre nach Hongkong fuhr schon um 10:30 Uhr. Die Fahrt zum Fähranleger dauert gute 1,5 Stunden und da man in der Rushhour nie so genau weiß wie man durchkommt, holte uns unser Fahrer schon um 08:00 Uhr ab. Vorher frühstücken und Koffer packen. Aber das war das letzte mal, dass wir so früh raus mussten.

Obwohl Hongkong mittlerweile schon fast 20 Jahre wieder zu China gehört, ist der Grenzverkehr wie eh und je. Wir reisten in Guangzhou aus China aus und mussten in Hongkong wieder Grenzformalitäten erledigen. Hongkong soll ja laut Vertrag mit England 50 Jahre so bleiben wie es unter den Engländern war. Hat fast geklappt

Die Fährfahrt dauerte 2 Stunden und eine Viertelstunde. Das Boot legte in Kowloon an und wir mussten nach Hongkong Island rüber. Im Untergeschoss des Hafengebäudes gibt es einen Taxistand. Dort warteten wir auf ein Taxi, das uns nach Hongkong Island fahren würde. Die Taxen auf Kowloon fahren nämlich nicht auf die Inselseite hinüber. Also mussten wir warten, bis ein Taxi von der Insel nach Kowloon zur Harbour City kam. Das scheint auch nicht so oft zu geschehen, denn wir warteten etwa eine halbe Stunde. Als dann ein Taxi da war, fuhren Joachim und Renate mit unserer aller Gepäck ins Hotel und wir anderen drei liefen zur U-Bahnlinie 2 die auf die Insel rüber fährt. Gar nicht so leicht auf die Insel zu kommen, vor allem wenn man viel Gepäck hat.

Nach dem Einchecken machten wir eine kurze Pause und danach ging es los mit der doppelstöckigen Straßenbahn ins Zentrum von Hongkong. Als erstes fuhren wir im IFC 2 Tower in den 55 Stock. Dort liegt das Währungsmuseum von Hongkong. Der Besuch ist kostenlos und man hat von dort oben einen schönen Blick über Hongkong. Von dort fuhren wir mit der Star Ferry auf die Festlandseite Kowloon hinüber und genossen die Symphony of Lights, die beeindruckende Beleuchtung von Hongkong Island.

Langsam waren wir hungrig. Unten an der Promenade gibt es leider keine Restaurants, so fuhren wir mit der U-Bahn eine Station nach Norden und aßen in einem der Openair-Restaurants in der berühmten Tempelstreet, der Nachtmarkt-Straße von Kowloon. Für die Rückfahrt nahmen wir die U-Bahn, denn die ist am schnellsten und es war ein langer Tag.

Moloch mit Charme

Das Blaue China, 16.10. bis 07.11.2016

Ein Tag in Guanzhou ganz ohne Räder

Die Nacht endete schon sehr früh. Um 05:30 schmissen uns die Schaffner rigoros raus und machten uns klar, dass der Zug bald ankommen würde. Katzenwäsche und dann war es auch schon so weit, um 06:11 Uhr kamen wir in Guangzhou an. Unser Fahrer brachte uns ins Hotel aber leider waren noch keine Zimmer frei. Die Rezeptionistin sagte, dass sie in der Regel zwischen 10 und 11 Uhr Zimmer frei hätten. Wir wanderten um Shamian Island, die Kolonial-Insel auf der unser Hotel liegt und tranken Kaffe in einem noblen Kaffeehaus. Um 11 Uhr gingen wir zurück ins Hotel aber es gab immer noch keine freien Zimmer. Also machten wir ein kleinen Ausflug zum berühmten Qingping Markt für traditionelle Medizin und liefen eine Runde durch die Altstadt. Um kurz vor eins standen wir wieder an der Hotelrezeption. Diesmal hatten sie immerhin schon zwei Zimmer und ein drittes wurde auch gerade frei. Endlich duschen! Denn nach der Fug fühlten wir uns doch ganz schön schmuddelig.

Nachmittags fuhren wir dann mit der U-Bahn zur Akademie des Chen Klans, eine sehr opulent geschmückte Anlage, die der Nachwuchs-Ausbildung des Chen Clans diente. Ebenso diente die tempelartige Anlage der Ahnenverehrung. Heute ist dort eine Ausstellung für chinesisches Kunsthandwerk untergebracht.

Weiter ging es zum Tempel der 6 Banyan Bäume (Liu Rong Si). De Tempel war leider größtenteils in Renovierung und auch die Hauptattraktion des Tempels, die 9 stöckige Blumenpagode, war geschlossen. Auf dem Rückweg nutzten wir die Gelegenheit und machten einen ausgiebigen Geschäftsbummel. Das Abendessen nahmen wir in einem traditionellen kantonesischen Restaurant ein. Ein bisschen teurer aber gut. Aber das war ja schließlich der Abschlussabend in China. Morgen geht’s schon nach Hongkong, da reisen wir rein technisch aus der VR China aus.

Schweinsgalopp

Mythos Mekong, vom 14.09. bis 12.12.2016

95 km vom Nam Ngum Stausee nach Vientiane

Es geht (mal wieder!) im Schweinsgalopp Richtung Vientiane. Die Viererbande lässt es mal wieder ordentlich laufen. Mit 28-29 KMh/h geht’s in den Flachstrecken dahin, wobei Martina (wohl zum großen Erstaunen der heimischen Bevölkerung) häufig vorneweg die Pace macht (sie läuft regelmäßig Marathon!). Bewundernswert. Wobei auch die Männer über eine Kondition/ Konstitution verfügen, bei der ich mir nicht vorstellen kann, dass sie zum Broterwerb ihrer heimischen Ärzte viel beitragen. Immerhin kann ich nach den gefahrenen Bergetappen inzwischen besser mithalten.

Sobald wir auf die N 13 stoßen und damit Vientiane immer näher kommen, finden sich immer mehr Häuser und Geschäfte entlang der seit letztem Jahr ordentlich asphaltierten Bundesstraße. Was Wunder auch. Hauptstadt zu sein, heißt ja nun nicht nur, Zentrum des politischen, sondern eben auch des wirtschaftliches Lebens zu sein. Entsprechend also der Zuzug vom Land in die Metropole, für alle verbunden mit der Hoffnung, vielleicht hier endlich Geld zu verdienen.

Die Stadt präsentiert sich als sehr touristenfreundlich. Zahlreiche Hotels, Backpackerunterkünfte, Cafés und Restaurants bieten für westliche Geldbeutel außerordentlich attraktive Angebote. Auch geht es im Vergleich zu Bangkok, Saigon oder auch Phnom Penh deutlich entspannter zu. Natürlich hat es bereits einen ordentlichen Verkehr, aber es liegt nicht nur am Fehlen der Hundertausenden Mopeds, die in den anderen Städten die Verkehrssituation so unerträglich machen. Die Gemütslage ist einfach (noch) eine andere. Mal gucken, was der morgige Tag uns zeigen wird.

Auf Marco Polos Spuren

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, vom 12.10. bis 03.11.2016

Tagesausflug in Yangzhou, heiter bis wolkig

Natürlich sind wir nicht auf Marco Polos Spuren unterwegs. Irgendwann am Nachmittag, nachdem wir unsere Räder abgegeben haben und zu Fuß nach Hause laufen, begegnet er uns dann aber doch in Form einer überlebensgroßen Statue.

Ein wenig Geschichte:

Kaum zu glauben, daß Yangzhou über Jahrhunderte hinweg eine der wichtigsten und reichsten Städte Chinas war. Zwar ist Yangzhou in den letzten Jahren auf stolze 5 Millionen Einwohner gewachsen (als ich 1996 zum ersten mal in Yangzhou war, waren es schlappe 500.000) und macht, wie alle Großstädte im „Musterländle“ Jiangsu einen wohlhabenden Eindruck.

Dennoch, viel ist nicht von dem einstigen Glanz der Stadt zu erkennen, die Marco Polo, im 13. Jahrhundert angeblich Statthalter in Yangzhou, mit seiner Heimatstadt Venedig verglich. Im Übrigen sehr zum Verdruß der Venezianer. Bereits vor mehr als 2400 Jahren gegründet, entwickelte sich Yangzhou mit dem Bau des Kaiserkanals in der Sui-Dynastie (581-618) ab dem 7. Jahrhundert zusammen mit der Schwesterstadt Zhenjiang zum wichtigsten Verkehrsknotenpunkt in Ostchina. Etwa zehn Kilometer südlich der Stadt kreuzt der Kanal den Yangzi, die Administration der Schleusen und des boomenden Handels entlang des Wasserweges lag in der Hand des Stadt-Magistrats, dessen Kassen auf diese Weise nie leer waren. Als wichtiger Warenumschlagsplatz zog Yangzhou zuerst Händler und Handwerker, und dann, mit einem gewissen Wohlstand, auch Künstler an, die hier dank reicher Sponsoren ein gutes Auskommen hatten. Daher war Yangzhou auch immer eine Stadt der Kunst und des Handwerks, eine Tradition, die sich bis heute erhalten hat. Seidenstickerei, Scherenschnitt, Lackarbeiten, Laternen und Bonsais aus Yangzhou sind immer noch in ganz China hochgeschätzt.

Seinem Ruf als Hauptstadt der Balladenerzähler wird Yangzhou auch heute noch gerecht. Und ein Gericht aus der Stadt hat es sogar bis in die deutschen China-Restaurants gebracht: Der gebratene Reise nach Yangzhou-Art (Yangzhou Chaofan 扬州炒饭), traditionell mit Shrimps, Ei, Schinken und Erbsen zubereitet, gilt in China als eine der schmackhaftesten Arten, Reis zuzubereiten. Haben wir natürlich auch probiert!

Mit dem Bau der Eisenbahn zwischen Shanghai und Peking schwand die Bedeutung des Kaiserkanals als Nord-Süd-Verbindung und auch Yangzhou verlor damit Anfang des 20. Jahrhunderts seine hervorgehobene Stellung als Handelsmetropole und überregionales Zentrum. Heute lebt die Stadt vor allem von der Stahlindustrie, die sich wie auch einige Fahrzeughersteller in den Außenbezirken und im Umland angesiedelt haben. Trotz aller Modernisierungsanstrengungen macht die Stadt immer noch einen eher verschlafenen Eindruck.

Immerhin, zu einem weltbekannten Export hat es Yangzhou auch in den letzten Jahren noch gebracht. Jiang Zemin, ehemaliger Staats- und Parteichef Chinas und Nachfolger Deng Xiaopings als starker Mann im Reich der Mitte, ist in Yangzhou geboren und aufgewachsen. Bedenkt man die ambivalente Haltung, die die meisten Chinesen dem, aufgrund seinem Hang zur peinlichen Selbstinszenierung im Volksmund auch „Harlekin“ genannten Jiang gegenüber haben, so findet man kaum einen Bewohner Yangzhous, der dessen Herkunft an die große Glocke hängen würde. Immerhin, mit seinen mit Vorliebe auf Staatsbesuchen gesungenen Opernarien und Volksliedern steht er in der langen Theater- und Balladentradition der Stadt.

Groß ist Yangzhou also geworden, aber immer noch mit dem Charme eines Dorfes, vor allem in der Innenstadt. Natürlich drehen wir eine letzte Runde mit unseren Rädern durch Yangzhou, besichtigen den Daming-Tempel, einen der wichtigsten buddhistischen Tempel in chinesischen Geschichte. Angeblich brach von hier aus der Abt Jian Zhen nach Japan im frühen 8. Jahrhundert nach Japan auf und brachte die kulturellen Gepflogenheiten der Tang-Dynastie auf die Insel, die Japan bis heute prägen.

Auf jeden Fall angenehmes Pflichtprogramm, ebenso wie der „Schmale Westsee“, der dem Westsee in Hangzhou nachempfunden, nur, wie der Name schon sagt, etwas kleiner ausgefallen ist. Auch wenn der mit der Fünf-Pavillon-Brücke und der Angelterrasse des Kaisers Qinglong einige Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, ist die Parkanlage vor allem eine ruhige Oase in der Stadt. Die Fünf-Pavillon-Brücke liegt etwa in der Mitte des Parks und ist mit ihren fünf mit gelben Ziegeln gedeckten Pavillons, die die Brücke vollständig überdachen, ein beliebtes Fotomotiv. In Sichtweite der Brücke liegt der kleine Pavillon, in dem der Kaiser Qianlong (1711 – 1799) der Überlieferung nach des Öfteren zum Fischen weilte. Angeblich haben ihn die Einwohner Yangzhous heimlich Fische an den Haken gehängt, um ihn in der Illusion zu wiegen, Yangzhou wäre der ideale Ort zum Fischen. Der glückliche Qianlong revanchierte sich, indem er kaiserliche Gelder für den Ausbau des Parks bereit stellte. Ursprünglich in der Tang-Dynastie (618-907) angelegt, wurde in mehreren Schritten seit dem 18. Jahrhundert zu seiner jetzigen Größe ausgebaut.

Eine Investition, die sich bis heute auszahlt, denn die 150 RMB Eintritt bringen sicherlich Reichtum nach Yangzhou oder in die Taschen eines pfiffigen Investors.

Wie auch immer, wir geben unsere Räder ab, verbeugen uns kurz mental vor Marco Polo und verschwinden dann in den Altstadtgassen. Da ist China plötzlich wieder in den 1990ern oder noch früher. In anderen Städten gibt es diese Viertel nicht mehr, oder sie sind Disneyaltstädten gewichen. Sogar das Stammlokal meiner Familie existiert noch und wir beehren es an beiden Abenden.

Dann ist die Radtour zu Ende.

Doch mit Nanjing wartet am Ende der Tour noch ein Highlight.

Sonne ist angesagt!