Good old Shanghai

Die Drei Schluchten des Yangzi, 11.04. bis 05.05.2019

Nach Shanghai

Wir sitzen im Zug nach Shanghai. Ich zwischen Rainer und Peter, beide schlafen. Hinter uns Hans. Schläft. Auf der anderen Seite vom Gang Diana und Thilo. Schlafen auch. Vor meinen Füßen befindet sich eine halbe Staude Bananen, die noch von unserer Fahrt in Xiao Yangs Auto übrig geblieben ist. Während der Zufahrt werde ich Peter und Rainer solange nerven, bis sie mir bis auf zwei alle abgenommen haben. Mehr bleibt nicht zu sagen, der Rhythmus bleibt: Schlafen, gucken, Schlafen, Essen, Schlafen, in der Endlosschleife. Nach dem ausschweifenden Festmahl gestern Abend und dem Kräuterschnaps, den Xiao Yang noch spendiert hat, der nachfolgenden Massage und den gerade mal vier Stunden Schlaf kein Wunder.

Verwunderlich ist nur, dass unser Zug sich selbst im Stand mit 219 km/h bewegt. Laut Anzeige zumindest. Ein Highspeed-Zug eben.
Hans kann im Wach-Zustand noch das Entertainment-Programm seines Sitz-Nachbarn genießen, Peter ist ungewöhnlich entspannt, was wohl daran liegt, dass sein Rad nicht wie geplant mit der Post, sondern mit uns im Zug, quasi in Sichtweite, unterwegs ist. Also alles am Mann. Rainer wiederum bereitet sich schon seelisch und moralisch auf seine Heimreise vor, er wird uns heute als Erster verlassen und schon zwei Tage vor uns nach Deutschland zurückfliegen. Thilo und Diana planen sicher schon ihren Aufenthalt in der Mega-City.

Angekommen. Wir landen nach weiteren 45 Minuten Autofahrt staufrei im Hotel, wo wir uns endgültig von Rainer verabschieden. Dann geht es nach einem kleinen Päuschen für uns verbliebenen Fünf zu einem Bummel über den Bund, der berühmten Uferpromenade Shanghais mit Blick auf Pudong mit seinen buntschillernden Wolkenkratzern.

Wir kämpfen uns durch die wogende Masse, die Mai-Feiertage dauern noch an, das ist überdeutlich zu spüren, wir sind ein Organismus mit all den Menschen hier. Aber irgendwann reicht uns das. Wir brechen aus. Thilo und Diana ziehen auf eigene Faust los um das nächtliche Shanghai zu erkunden, Peter, Hans und ich begeben uns auf Nahrungssuche. Sicherheitskräfte organisieren in Marschordnung die Regelung des Verkehrs. Wir sind hungrig und betreten direkt das erste Restaurant, was uns über den Weg läuft, danach schlagen wir uns durch die Altstadt-Gassen zurück zum Hotel, machen in einer Kaschemme einen letzten Bierstop für den Abend. Im Hotel angekommen, entschließen wir uns den restlichen Schnaps von Peter zu verbrauchen. In alter Gewohnheit gießt Peter vier Becher voll. Den Rainer-Gedenk-Becher, in Gedanken ist er noch bei uns, also Prost Rainer!

Endstation Radladen

Die Drei Schluchten des Yangzi, 11.04. bis 05.05.2019

60 km von Zigui nach Yichang

Wir verlassen heute den ländlichen Teil unserer Reise. Unsere letzte Rad-Etappe führt uns durch die letzte der drei Schluchten des Yangtse, der Xiling-Schlucht, in die Millionenstadt Yichang. Hier verabschieden wir uns von unseren Rädern, das geht recht leidenschaftslos, und von unserem immer fröhlichen Fahrer und Begleiter Xiao Yang. Er erwartet uns um sieben und hat auch schon ein Restaurant im Visier. Vor Vorfreude auf das leckere Essen, das es da wohl gibt, strahlt er gleich noch mehr als sonst. Danach wird dann hoffentlich das Feuerwerk gezündet, das wir seit Tagen durchs Land transportieren.

Aber von Anfang an: Der letzte Radtag steht an und die Vorzeichen sind günstig. Heißt: das Wetter ist gut – trocken und es soll warm werden und die Strecke ist wider erwarten durchgängig befahrbar. Wir spekulieren also für den letzten Pass auf gut geteerte Straßen und fantastische Ausblicke, wie wir das eben gewohnt sind. Und wenn, es geht natürlich noch eine wilde Abfahrt.

Wir beginnen den Tag stilecht mit einer kräftigen Nudelsuppe und frischen Baozi, dann fahren wir zum Hafen und lassen uns mit der Fähre auf die andere Flussseite übersetzen. Haben wir das also auch abgehakt. Dort erwartet uns Xiao Yang und mit ihm ein chinesischer Radfahrer mit … einem Platten. Schnell packen wir an: Hans, Peter und ich – und in Nullkommanix kann der junge Mann sein fachmännisch repariertes Rad besteigen. Es wird das letzte Loch sein, was wir auf dieser Tour flicken werden. Dann geht es weiter. Alle sind noch ein bisschen verschlafen von den beiden müßigen Ruhetagen, aber der Anstieg naht und wir bringen uns schon mal in Form und stehen pünktlich nach den ersten Höhenmeter in einem handfesten Stau. Alles ist verstopft. Hier ist die Hölle los. Die chinesische Reise-Hölle.

Die Mai-Feiertage sind angebrochen und ganz China ist in Bewegung. Und reist natürlich auch zu den berühmten Drei-Schluchten-des-Yangtse. Die Landstraße ist plötzlich dreispurig und zwar in alle Richtungen. Reisebusse und Reisebusse und Reisebusse – eine endlose Kette. Wir schlängeln uns durch. Xiao Yang gibt auf und fährt Autobahn und mit ihm die leckeren Ananas. Sei es drum. Peter ist trotz des widrigen Verkehrs nicht klein zu kriegen. Es ist nämlich Peter-Wetter, heißt: Sonne satt. Wir kämpfen uns den Berg auch. Die Aussicht ist tatsächlich nicht zu verachten. Aber, wie gesagt, das wissen nicht nur wir, sondern auch Massen chinesischer Touristen, die von einem Aussichtspunkt zum nächsten gekarrt werden. Auf dem Pass angekommen genehmigen wir uns erstmal ein paar Erfrischungen. Schlaffen ab und beschließen, obwohl es noch früh am Tag ist, hier auch gleich Mittag zu essen. Die Sonne bretzelt. Peter freut sich.

Weiter geht’s. Xiao Yang ist bereits am Zielort. Wir sausen bergab. Leider kein Flüsterasphalt, dafür eine kostenlose Massage-Einlage, wie Hans bemerkt. Irgendwo in der Mitte treffen wir einen chinesischen Fahrrad-Club. Und Diana mittendrin. Schnell ein paar Fotos geschossen. Zack geht’s weiter. Unten erwartet uns erwartet uns ein Vergnügungspark. Wir entscheiden uns dann doch gegen einen Bungee-Jump und radeln durch den dichten Stadtverkehr Richtung Endstation Radladen.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2019-05-02_san191.gpx“]

Abwarten und Bier trinken

Die Drei Schluchten des Yangzi, 11.04. bis 05.05.2019

Der Drei-Schluchten-Staudamm

Schon der zweite Tag Müßiggang. Wir sind müde! Heute morgen gegen sieben trennen wir uns von unseren luxuriösen Hotelzimmern. Trinken noch schnell einen Kaffee und dann geht es mit dem Motorboot durch die letzten beiden Yangtse-Schluchten zum Drei-Schluchten-Damm.

Peter platziert sich alsbald auf dem Boden zwischen uns, denn die unmittelbare Nachbarschaft zu drei randvollen Benzinkanistern (das Bötchen muß zwei mal nachgetankt werden), ist ihm nicht sehr geheuer. Der Käpt’n empfiehlt uns deswegen auch, doch bitte nur im vorderen Teil des Bootes zu rauchen.

So rauschen wir die durch die Schluchten, halb Transfer, halb Bootsausflug; versuchen, die an uns vorbeirauschende Landschaft zu genießen. Der schwere Benzingeruch lullt uns langsam ein und die holprige Fahrt hat auf unser aller Blasen eine etwas ungute Wirkung, massiert aber unser durch die letzten Radtage strapaziertes Sitzfleisch ordentlich durch, wie Diana bemerkt. Vom Boot quetschen wir uns ins Auto und landen endlich im Besucher-Center des Damms. Nach einem schnellen Imbiss besichtigen wir das imposante Bauwerk. Das langsame Schlendern in der prallen Sonne sind wir nicht mehr gewohnt. Froh kommen wir in unserem Hotel im Städtchen am Fluss an. Genießen unser unschmutziges Schmutzbier und blicken mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf den letzten morgen vor uns liegenden Radtag.