Das Treiben am Straßenrand und die Träger

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: ca. 50km, Wetter: Morgennebel, dann sonnig und dunstig

Berganstiege sind ganz nach Monikas Geschmack, klar dass sie die Streckenprofile derzeit sehr schätzt:

Berganstiege zum Schluss der Tagesetappe sind etwas Großartiges: Man kann genussvoll im verschwitzten Hemd ein wohlverdientes Bier trinken, hat von der Unterkunft aus eine tolle Sicht und darf am anderen Morgen erst mal bequem bergab rollen.

Inzwischen haben wir uns auf die morgendlichen Fixpunkte eingestellt: 6:30 Uhr Aufstehen: Ein bisschen in den Rucksäcken stöbern und hoffen, dass die ausgewaschene Radlkleidung getrocknet ist.
7:30 Uhr Frühstück: Mal sehen was es gibt. Bhasker kommt mit einer Obsttüte vom Markt zurück und arrangiert liebevoll Äpfel, Mandarinen und Bananen auf den Tellern. 8:30 Uhr Abfahrt: alle (nicht nur Albin) suchen etwas: Wasserflasche, Helm, Handschuhe. 8:31 Uhr Ansage: wann ist der erste Treffpunkt.

Die Optimisten unter uns starten die lange Talfahrt hoffnungsfroh im Kurzarmshirt, andere haben sich bereits warm eingepackt und Lutz überlegt ob er Mütze und Handschuhe aus der Tasche holt. Wenig später haben alle eine Jacke an. Es wird frisch, wir müssen durch die Wolken fahren. Der jeweilige Vorradler ist oft nur schemenhaft zu erkennen. Unten angekommen sind wir von unserer eigenen, gestrigen Leistung beeindruckt. Wow – das sind wir gestern alles hinaufgeradelt?

Wir biegen auf die Straße nach Pokhara ein und radeln die Hügel entlang. Dabei können wir die Menschen bei allen möglichen Beschäftigungen beobachten. Hier wird ein Drahtgeflecht zusammengeschweißt, dort sitzt eine Frau an der Nähmaschine, ein Mann daneben klopft eine Sichel zurecht. Woanders werden Reifen gewechselt. Das Profil wäre in Europa so nie zugelassen. Dann immer wieder Häuser. Kleine Hütten aus Lehm mit Gemüsegarten oder große hohe Häuser. Aus dem obersten Stockwerk ragen Betonsäulen und verbogene Stahlstangen heraus – als ob morgen weitergebaut werden würde. Daneben Wäscheleinen mit Kleidung, die wie Gebetsfahnen im Wind flattert.

Und viele Menschen, die beschäftigt hin und her laufen. In Busse einsteigen oder LKWs entladen. Frauen in roten Saris mit Glitzerstreifen tragen Plastiktaschen und auf dem anderen Arm ein lachendes, winkendes Kleinkind mit Wollmütze. Männer in indischer Tracht, die müßig vor dem Ziegenstall sitzen und gelegentlich ausspucken.

Überall kleine Läden, in denen man fast alles kaufen kann. Von Seife bis Reismehl. Kalte Cola und Sesamkekse. Armbänder aus Glas und Plastikschuhe. In diesem ganzen wogenden Treiben immer wieder die Träger. Sie tragen fast alles. Männer und viele Frauen. Und alle sind klein und zart, oft schmächtig. Manchmal sieht man von weitem nur das große Fass, den Sack oder das riesige Bündel Reisstroh, das sich von selbst durch das Gewühl von Menschen und Fahrzeugen oder über das Reisfeld bewegt. Erst dann entdeckt man den Menschen darunter, fast immer nur in Flip-Flops, tragen sie geschickt ausbalanciert und mit Stirnriemen die riesige Last.Diese Menschen bringen uns immer wieder zum Erstaunen – nahezu mühelos tragen sie zwei unserer Koffer gleichzeitig und lächeln dabei.

Wir biegen nach rechts in die Berge ab. Lutz betrachtet die steile Rampe in der strahlenden Sonne und zieht den Reißverschluss seiner Fleecejacke bis zum Kinn hoch. Ein plötzlicher Kälteeinbruch bei den jetzigen 28° Grad ist ja nicht völlig auszuschließen. Dieter verteilt Kokoskekse, dann kurbeln wir uns die Serpentinen hoch. Kein Kettenabriss, kein Platten, nur Jochen springt die Kette mehrfach ab – mit seinen ölverschmierten Händen sieht er aus wie ein Bergbauarbeiter. Touristenbusse überholen uns. Aus dem Fenster werden große Objektive auf uns gerichtet. Die Steigungen sind manchmal richtig gemein. Keuchend erreichen wir das sauber ausgefegte Städtchen. Hier endet die Straße und es ist schön ruhig. Bei einem Spaziergang am Nachmittag werfen wir einen Blick zurück auf den Startpunkt, weit, weit unten – und sind richtig stolz.

Ein abendlicher Drink, dabei explodiert vor unseren Augen ein Trafokasten und schlagartig ist das Dorf dunkel. Ein beeindruckendes elektrisches Feuerwerk zerlegt die Stromleitungen. Nach einer Stunde ist der Schaden behoben und wir können unsere Kopflampen wieder absetzen und uns ins Erdgeschoß zum Abendessen vortasten.


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Gesprengte Ketten

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: ca. 85 km, Wetter: ok

Blog von Monika (bis jetzt noch ohne Kettenriss)

In der Nacht tobt sich ein heftiges Gewitter über dem kleinen Bergdorf aus. Regen tost herab und schreckt einige Radler aus dem Schlaf auf. Unser leckeres Grillhühnchen am Vorabend war ganz offensichtlich nicht der hauseigene Hahn. Der macht sich recht früh und lautstark bemerkbar.

Die Fensterläden der einzelnen Zimmer der ‚Famous Farm‘ werden aufgeklappt. Unser organic- geführtes Resort liegt weit oben. Unter uns im Tal hängen Wolkenfetzen und einige Nebelschwaden wehen träge am gestern besuchten Tempel vorbei. Es ist wohltuend still – nur ganz, ganz entfernt hört man das Mehrton-Hupen der LKWs. Martin streunt auf der Suche nach Fotomotiven durch die Anlage. Hinter dem Gänsestall wird er fündig – beste Sicht auf ein riesiges, eisiges Bergmassiv. Das ist der Langtang, nein Anapurna. Die ganze Radltruppe will es sehen und staut sich zwischen Truthahn und Pfau. Ein Pony schaut erstaunt zur Stalltür hinaus. Alles falsch, es ist die Bergkette des Ganesh Himal, knapp 7000 Meter und heilig.

Wir sammeln gebückt unsere Sachen ein. Die Zimmerdecke ist sehr niedrig und erfordert eine dauerhaft demütige Haltung. Wer sie aufgibt hat eine Beule am Kopf. Edi holt sich das nächste Hämatom.

Der heftige Regen hat die Strecke aufgeweicht und Geröll auf die Straße gespült. Gudula fegt los – die Büffelmilch zum Frühstück gibt Kraft. Wir holpern die 500 Höhenmeter über die steilen Serpentinen hinunter ins Tal und orientieren uns Richtung Fluss. Dem folgen wir heute den ganzen Tag, tendenziell bergab. Die Strecke heute hat das Profil von Wellblech – es geht eigentlich immer nur die Hügel hinauf und hinunter. Geradeaus steht heute nicht auf dem Programm.

Auf den Dörfern läuft der Bürgermeister mit Wahlzetteln von Haus zu Haus, LKWs mit laut dudelnder Musik fahren über die Bergstraßen und kleben Plakate, gelegentlich werden bunte Wahlzettel auch im hohen Bogen aus dem Auto geschleudert. Heute fahren wir einem fähnchenschwenkenden Motorradkonvoi hinterher. Jens hat sich in den Pulk eingereiht und erbeutet zwei Partei-Fahnen. Auf einer ist das Unendlichkeitszeichen in Form eines Hakenkreuzes. Bhasker schnappt sich die Fahne, – not good for Germany‘ – zückt sein Taschenmesser und schneidet das Zeichen heraus. Mit großem Loch gibt er die Fahne zurück und nickt zufrieden – besser so.

Die Reisfelder haben wir zurückgelassen – auf den Feldern wächst Gemüse und Obst. Bhasker besorgt uns fingergroße Bananen zur Pause. Nicht die EU-Norm aber doppelt lecker. Jochen ist gleich drei davon. Der Verkehr nimmt zu – die Überholmanöver waghalsiger. Lichthupe bedeutet ‚Achtung – egal was du machst, ich gebe auf keinen Fall nach‘. Auf den bunten Bussen sind Namen aufgemalt: Black Diamond hustet uns mit Ruß voll, Highway Hero drängelt uns fast in den Graben und Titanic Express ist mit einer Panne liegengeblieben. Den ersten Kettenriss hat Doris nach wenigen Kilometern.

Das Tal wird enger, fast canyonartig schmal. Am Straßenrand qualmen Müllfeuer, an den viele Wasserstellen wird gewaschen und die typischen hohen Wasserkannen gefüllt. Wir müssen auf Edi und Jan warten, der nächste Kettenriss wird repariert, diesmal hat es eine völlig neu aufgezogene Kette gesprengt. Kleine Garküchen bekochen die LKWs und Businsassen. Direkt daneben versorgen wir uns an Obstständen mit frischer Ananas und Mandarinen. Albin sucht – diesmal Orangen. Unter uns krabbelt ein Rafting Team tapfer in ein rotes Gummiboot und saust die Stromschnellen hinab. Die letzten Kilometer radeln wir gemeinsam ins Riverside View Resort. Wir müssen unser Abendessen selbst aussuchen, was einige von uns fast überfordert. Wir sind gewohnt zu essen was auf den Tisch kommt. Lutz und Jutta bestellen zu scharf, das muss Jan essen, denn sein Gericht war viel zu klein. Gewinner sind die, die ein bruzzelndes Steak ordern. Ganz so heilig sind die Kühe dann doch nicht meint Sigi

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Die schönste Bergauffahrt im Kathmandu-Tal

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: ca. 70km, Wetter: sonnig, später etwas diesig

Blog von Monika, die natürlich lange auf uns Nachzügler warten musste

Der Tag ist gestopft voll – also müssen wir früh los. Albin sucht – diesmal nicht seinen Geldbeutel oder die Frau, sondern den Rucksack. Jutta findet das Gepäckstück nach einem schnellen Blick in den Bus.

Das erste Teilstück ist schwierig – wir müssen die Räder tragen und schieben. Dann geht’s auch im Sattel weiter. Auf einem Bolzplatz spielen Kinder. ‚Where are you from‘ ist die Lieblingsfrage – oft auch die einzigen Worte, die sie können. ‚Germany‘. ‚Oh – Bayern München‘ juchzen die Jungs. Einer nimmt Anlauf und schießt den Ball auf das netzfreie Tor. Der Ball fliegt und fliegt … und Martin radelt gerade gelassen um die Ecke. Der etwas ungezielte Torschuss trifft mit voller Wucht sein Vorderrad und der anschließende Salto von Martin auf die Staubstraße ist ein beeindruckendes, gewichtiges Ereignis. In Sekundenbruchteilen sind die Kinder verschwunden, nur der Fußball rollt noch vor sich hin. Martin steht auf und klopft sich den Staub ab. Erstversorgung der kleinen Schramme und wir holpern weiter. Die Kinder sitzen vermutlich jetzt noch erschreckt noch im Gebüsch.

Bhaktapur ist die dritte Königstadt im Katmandu-Tal. Leider haben wir viel zu wenig Zeit für diese alte Stadt mit den wunderschönen holzverzierten Häusern und den dazugehörigen Geschichten. Die Stadt wirkt wie frisch durchgefegt, Händler präsentieren ihre Waren. Ein interessierter Blick auf den Schal oder die Tasche und sie kommen hoffnungsfroh aus den kleinen Geschäften gestürzt. Es ist Reisernte und auf jedem freien Flecken wird Reis zum Trocknen ausgebereitet. Ganze Straßen sind dafür blockiert. Die Beschäftigung mit dem wichtigen Nahrungsmittel ist fest in weiblicher Hand. In verschiedenen Rottönen gekleidet, stehen die Frauen auf und im Reis, sortieren, sieben und wenden ihn permanent. Auch auf dem Töpfermarkt muss sich das frisch hergestellte Tongeschirr den Platz mir den Reishäufchen teilen. Die Tonscheibe wird per Hand mit einem Stock angetrieben, geschickt werden die Schalen oder Butterlampen geformt und zum Trockenen in die Sonne gestellt. Wir schauen beim königlichen Bad samt Umkleidekabine vorbei. Nackte Körperpflege war streng verboten. Das Tor dazu ist mit üppigen Ornamenten und Figuren verziert. Dem armen Holzschnitzer hat man hinterher die Hände abgehackt, so dass es ihm nicht möglich war, die Arbeit für andere zu wiederholen.

Wir versammeln uns um unseren Reiseleiter – die Fahrt in den Norden, hoch in die Berge führt uns mitten durch Katmandu. Keine andere Möglichkeit dem Verkehr zu entgehen. Hermine, Martin und Jutta krabbeln in den Bus. Der Rest reiht sich auf, wie Gebetsfahnen auf einer Schnur. Sogar die Farben der Trikots stimmen, zumindest einigermaßen. Gelb fährt voraus (Jan) und Gelb fährt hinterher (Dieter) – beide mit GPS ausgestattet. Wir fädeln uns in den Verkehr ein. Erst etwas ruhiger auf Nebenstrecken, doch dann gibt es die volle Verkehrs-Packung. Mitten durch die brodelnde Stadt. Rechts und links überholen wir Busse oder LKWs uns. Zwischen Motorrädern, Handkarren und Rußwolken an einer großen, wild trommelnden Hahre Krishna Prozession vorbei. Die wild pfeifenden Polizisten werden einfach übertönt und ignoriert. Gelegentlich knäult sich der Verkehr zum völligen Stillstand zusammen. Es scheint dabei wichtig zu sein, jede noch so winzige Lücke als Erster zu erobern und keinesfalls nachzugeben. Wenn gar nichts mehr geht – also eigentlich ständig – werden die Fahrzeuge durch heftige Schläge auf das Blech aus der Verkeilung dirigiert.

Endlich geht’s bergauf – schlagartig nimmt der Verkehr ab. Wir schrauben uns 22 Kilometer in die Himalaya-Berge hinein. Die schmale Straße wird wenig später durch einen liegengebliebenen LKW völlig blockiert – kein Benzin mehr. Per Hand wird Kraftstoff tropfenweise nachgefüllt. Direkt daneben wird weißer Rettich frisch aus der Erde gezogen und aufgestapelt. Die Sonne steht schon schräg und wirft sanftes Licht auf die Bergstraße. Juttas Reiseführer hat die Strecke als schönste Bergstrecke im Kathmandu-Tal beschrieben. Mit Recht. Der Blick geht weit, weit ins Tal zu den Reisterrassen und Gemüsefeldern hinunter. Die Steigung ist radlfreundlich. Dieter reißt die Kette und muss in den Bus. Immer weiter. Die letzten steilen Kilometer führen mitten durch ein Militärcamp hindurch. Schlagbäume und graue-weisse Uniformen überall, aber auch eine freundliches Durchwinken.

Albin sucht – diesmal den Weg. Mit enttäuschtem Gesicht kommt er zusammen mit Frank zurückgerollt. Geknickte Mienen. Da geht es nicht weiter – ein Soldat hat sie zurückgeschickt. Kein Hotel, kein Resort, kein Weg. Wir versuchen es weiter, die Sonne schickt ihre letzten Strahlen und wir haben die Wolkengrenze erreicht. Endlich unsere Unterkunft, auf über 2000 Meter liegt das kleine Hotel am Wegesrand. Es ist kühl geworden, aber das ‚Mountain View‘ hat warme Duschen, einen Fernseher mit Live-Übertragung der Bundesliga in der Lobby. Der Herbergsbesitzer gibt sich alle Mühe, schleppt Koffer und bringt jede Flasche oder Tasse mit einem Strahlen und einer Verbeugung. Wir sind auf heißen Tee umgestiegen – zugegeben, ein klitzekleiner Schluck Rum hat auch in manchen Tassen Platz. Nur das Männerquartett, das auch im Nebenhaus zusammen übernachten darf, bleibt konsequent beim Everest-Bier. Es gibt Dal Baht und heftige Diskussionen um die Fußballergebnisse. Hertha ist gegen Bayern in Führung gegangen, wie konnte das passieren? Der heutige Hero ist Edi, trotzt gestrigem Sturz fährt er den kompletten, anstrengenden Tag mit uns durch. Von Anfang bis Ende.

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Das GPS hat immer recht

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: 27,4 Kilometer 507 Höhenmeter (gefühlte 1480 m), km, Wetter: sonnig

Unsere Edelfeder Monika ist wieder mit von der Partie und wir freuen uns, dass sie Blog schreibt!!!

Pünktlich um 5:30 klopft der Sicherheitsdienst an der Türe – Aufstehen zum Sonnenaufgang. Albin hat Magengrimmen und Geburtstag und steht trotzdem auf. Ein Guide zeigt uns den Weg auf ein kleines Hochplateau mit Opferstätte. Die Sonne schickt ihre ersten rot-orangen Strahlen. Vor uns spannt sich eine wunderschöne Kette von Siebentausender auf. Schön klar und gut zu erkennen. Pyramidenförmig steht der Langtan als höchste Erhebung in der Mitte. Die Sonne beleuchtet die ersten Spitzen, das ewige Eis leuchtet strahlt. Dann rutscht die Sonnenlinie langsam tiefer, die Berge bekommen Kontur. Im Tal liegt der Nebel, Rauch von den ersten Holzfeuern steigt senkrecht auf, die Hähne krähen, Menschen kommen aus den strohgedeckten Hütten, das Tal erwacht zum Leben. Auf der Straße ertönen die ersten drängelnden Hupen der LKWs. Wir laufen talwärts zurück zum Hotel zur Frühstücksterrasse. Müsli mit Blick auf die Himalayaberge.

Die ersten Kilometer führen uns weiter bergauf nach Dhulikel, dann abwärts in das Städtchen Banepa. Wir müssen einkaufen: Wasser und Wein. Letzteres, für Albins Geburtstagsfeier, ist schwieriger zu besorgen. Aber Jens und Siggi, die besten Weinflaschenauffinder weltweit, schaffen es auch diesmal eine Kiste im letzten Winkel eins verstaubten Ladens aufzuspüren.

Die kleine Stadt ist ein Handelsplatz, mehrere Straßen führen hier zusammen. Dicke grellbunte Decken stapeln sich neben Wassergefäßen und T-Shirts mit Britney Spears Aufdruck, Plüschtiere sind aufgereiht, dann Säcke mit Reis oder Abfall – das ist nicht genau zu erkennen. Aufgerollte Schläuche, große Schalen mit Knoblauch, Bananen schaukeln auf Rollwägen. Ein junger Mann zieht eine schwarze Ziege hinter sich her, hält einen Bus auf. Das schöne Tier wehrt sich heftig, wird aber von vier Personen in das Gepäckfach gesperrt. Eine andere Ziege hat es besser getroffen. Sie reist – versorgt mit einem Heubüschel auf dem Dach eines anderen Busses.

Doris und Jochen scharren mit den Hufen wie ungeduldige Vollblutpferde. Sie wollen weiter. Wir radeln weiter, raus aus der Stadt. Auf den Feldern wir der Reis abgeerntet. Frauen in roten Gewändern schneiden die Halme ab. In Bündel werden sie aufgestellt und sehen aus wie eine kleine Menschenarmee. Wir müssen die schmale Straße mit den Autos und Motorrädern teilen. Es gibt meist nur eine gut befahrbare Spur – wer zuerst kommt ist der Gewinner. Als Radfahrer sollte man auf das Vorrecht aber nicht immer bestehen.

Kurz darauf kommt das nächste Städtchen. Busse und LKWs haben sich verkeilt – wir schlängeln uns am rußenden Stau und vorbei und stellen die Räder am Hauptplatz ab. Bhaskar winkt und führt uns über eine Hängebrücke zu einem Tempel. Ein heiliger Fluss bahnt sich seinen Weg, Verbrennungsfeuer lodern, streng bewacht von den Unberührbaren, daneben waschen sich die Hinterbliebenen die Gesichter im träge vorbeifließenden Gewässer. Die Nepalis haben eine pragmatische Einstellung, alles spielt sich auf engstem Raum ab: wir kommen an einer abgedeckten Leiche vorbei, weniger Meter daneben wird Reis zum Trockenen ausgebreitet in dem ein Hund seine Pfotenabdrücke hinterlässt. Wäsche wird gewaschen, ein Motorrad parkt daneben. Ein Tempel, ein Museum und ein kleiner Laden mit Schmuck. Auch wir sind pragmatisch und gehen Momos und Nudeln essen.

Dann geht es auf die letzten Kilometer. Und die werden spannend. Kurze Ansage von Jan: Bleibt eng zusammen, die Wege sind nicht ganz einfach zu finden und verwirrend. Über holperige Strecken arbeiten wir uns vorwärts, der Bus fährt links – Dieter beharrt auf sein GPS, das uns nach rechts einen Hang hinauf schickt. Brav fährt ein kleiner Trupp gutgläubig hinterher. Die Strecke wird schmaler, holperiger und einsamer. Wir warten an einer Brücke vergeblich auf den Rest des Teams. Anrufe sind zwecklos – kein Netz oder auf die deutsche Mailbox umgeleitet. Wir kämpfen uns weiter vorwärts. Zweifelnde Blicke zu Dieter, der deutet auf sein GPS-Gerät – wir sind richtig. Wir vertrauen darauf und es wird mühsamer. Jutta rutscht im Schlammloch aus, nur Schmutz und kein Schmerz. Gott sei Dank. Wir schieben die Räder über große Schottersteine und steile Wegstrecken und treffen ein paar Kinder. Sie erklären uns unmissverständlich – die richtige Straße ist da unten. Wir holpern runter und wieder rauf. Jan wartet am Eingang des Resorts auf uns – Albin kommt uns auf der Suche nach Frau und Geldbeutel entgegengestürzt. Er kann alles sicher in die Arme schließen.

Schmutzbier, Sonnenuntergang, Stromausfall. Und dann ein schönes Geburtstagsabendessen mit Wein, Nepali-Rum und Lagerfeuer.

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Der Berg mit Tausenden von Stufen

Die Drei Schluchten des Yangzi, 10.04. bis 05.05.2013

Wanderausflug auf den Hua Shan. Traumhaftes Wetter.

Hua Shan ist einer der heiligen Berge des Daoismus und seinem Gründer Laotse (übersetzt „der Alte“), der am Fuß des Berges als Statue liegt. Von dort geht es in den sehr schön mit Pflanzen und Tierskulpturen gestalteten Eingangsbereich, in dem Chinesen zahlreiche Räucherstäbchen entzünden. Aber wir verweilen nicht lange: es ist heiß, wir wollen den Nordgipfel besteigen und vor der größten Hitze dort ankommen. Wieland hat seine Kappe vergessen – so verhandeln wir das erste Mal ohne Christof mit den chinesischen Handzeichen für Zahlen und haben Erfolg: 15 Kuai (ca. 1,90 Euro) für eine schwarze Mütze mit rotem Stern: die Verkäuferin ist zufrieden und wir sind stolz.

Dann geht es an den Aufstieg: Treppenstufe um Treppenstufe, ab und zu ein Absatz, ab und zu eine Art Cafete, in der es Wasser und Red Bull (?!) zu kaufen gibt. Die Männer, die das Wasser hinauftragen,tragen 96 Halbliter Flaschen!!! Uns reicht der Anstieg eigentlich schon ohne Gepäck.

Die Ausblicke sind Klasse: relativ karges Gestein, das von der Farbe her an Sandstein erinnert, schnell gewinnen wir an Höhe – es ist leider etwas diesig, so dass die Talblicke nicht so spektakulär sind. Mit regelmäßigen Pausen schrauben wir uns in die Höhe, erreichen früher als erwartet den Nordgipfel: ein totales Gewusel von Leuten, viele sind mit der Seilbahn hinaufgefahren und werden sie auch wie wir für den Abstieg nutzen. An sämtlichen Geländern gibt es tausende von Schlössern mit roten (glücksbringenden) Bändern als Treueschwüre …

Wir sind die einzigen Europäer auf dem Berg, werden häufig fotografiert und kommentiert (z.B. dass wir den Aufstieg mit Sandalen machen), einer der Träger singt noch ein Revolutionslied: „Geliebter Vorsitzender Mao, Du bist unsere rote Sonne“ übersetzt Christof – ob er das für uns als politische Agitation singt, wird nicht so recht deutlich…

Irgendwann ist klar, dass Renate und Werner „verlorengegangen“ sind: wie wir später erfahren, sind sie zum Westgipfel weitergelaufen und von dort mit der zweiten Seilbahn abgefahren. Bei unserer Gruppe besiegen Silvia und Christof ihre Höhenangst erst noch mit einem Aufstieg an einer Leiter auf dem Weg zur Himmelsleiter, dann bei der Abfahrt mit der Seilbahn.
Ein Teil der Gruppe genießt noch eine Fußmassage gegenüber vom Hotel –die bewirkt zumindest weniger Muskelkater am nächsten Tag! Nach einem leckeren Abendessen (Susan, warum dürfen wir nicht übers Essen schreiben – Ihr kocht doch selbst so lecker!!!) gehen wir frühzeitig ins Bett: die erste Bergetappe wartet.

Geschrieben von Sabine. Dafür bekommt sie ein Bienchen. Jetzt hat sie schon zwei 😀


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Märkte & der stille Amerikaner

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Unser letzter Tag in Saigon, der Hauptstadt aller Motorroller. Anarchischer, verknoteter Verkehr, der schon einer einfachen Straßenüberquerung einiges abverlangt. An den Touristen-Hotspots (z.B. Notre Dame), wo endlich mal kaum Verkehr ist, wartet die uniformierte Touristenpolizei, nimmt einen bei der Hand und führt über die leere Straße. Spannende Stadt, Monika schreibt über unseren letzten gemeinsamen Tag (den letzten Tag verbrachte jeder nach eigenem Gusto):

Wir erkunden Saigon. Zwei Pagoden und Chinatown. Die beste Nudelsuppe von Vietnam bekommt man im Chinesischen Markt. Thang führt uns dahin. Ich möchte keinen reichen asiatischen Geliebten, keinen Nobelpreis und keinen Weltfrieden. Ich möchte mir die Eindrücke eines asiatischen Marktes bewahren. Und nein, man kommt auch als Tourist nicht nackt und ausgeraubt, höchstens mit sinnfreiem, glücklichmachendem Tand aus dem Markt zurück. Für den man selbstverständlich viel zuviel Geld bezahlt hat. Lutz möchte eine Lackschachtel, macht den fatalen Fehler und zeigt ein Bündel Geldscheine. Daraufhin umschwirren ihn hübsche Mädchen wie Motten um ein Licht.

In der riesigen Betonhalle hat sich der Mief von Jahren festgesetzt, unzählige Füße haben die Treppen ausgetreten und die Wände sind speckig von den ständigen Berührungen. Das Fett aus den Garküchen hat sich an der Decke und in dem Gewirr der Spinnweben festgesetzt. Der Boden ist feucht vom Monsunregenwasser oder den Reinigungsstrahlern. Es ist ein ständiges Treiben. Und wir machen mit. Edith kauft ein Kilo getrocknete Jakefruit. Ludwig lieber Ingwer. Getrocknete Durian gibt es nicht, wie Martin bedauernd feststellt. Wir sitzen in einer Garküche zur allerletzten Nudelsuppenmahlzeit. Martin saugt an einer Kokosnuss. Jan schwitzt. Michael löffelt die Suppe. Lastwagen atmen Ruß aus. Arbeiter fallen über Ladungen her, wie Ameisen über einen toten Käfer und räumen alles auf und aus. Dicht an dicht sind die Mofas geparkt. Ein Gewirr an Rückspiegeln. Daneben wird Zuckerrohrsaft verkauft oder Socken. Der Geruch von Koriander, Durian und Räucherstäbchen hängt in der Luft. Ernst geht rauchen und ich möchte nicht weg. Verdammt.

Über der Dong Khoi, die einst Rue Catinat hieß und der Haupthandlungsort von Graham-Greens Roman ‚Der stille Amerikaner‘ ist, hängen riesige Weihnachtssterne. Die Stämme der Bäume entlang der Straße sind mit Netzen aus roten LEDs umwickelt. Mädchen mit Santa-Claus-Mützen, roten Lackstiefeln und rotem Minirock mit weißem Pelzimitat verteilen Sales-Prospekte. Es gibt 50% Discount auf alles. Und den berühmten Roman kann man gerne als Raubkopie kaufen. Trotzdem – der Distrikt ist immer noch schön. Eine Kirche, das Postamt, restaurierte Hotels, die Häuser strahlen Eleganz und Zwielichtigkeit aus. Dann die elegante Oper. Wir laufen weiter in Richtung nächsten Markt. Zerstreuen uns, finden uns wieder und sind völlig erschöpft. Saigon hat uns erwischt.

Der letzte Abend. Noch einmal versuchen wir die Plastikumrandung der Wasserflaschen und Dosenbierlaschen aufzureißen. Essen Morning Glory und Reis mit Chilisoße. Singen Karaoke. Verdammt war das schön.

Mekong Brücken & Ankunft in Saigon

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Es ist an der Zeit, die letzten Blogberichte nachzutragen (am zweiten Weihnachtsfeiertag). Ich selber war die letzten Tage der Tour etwas angeschlagen und nicht besonders aufnahmefähig, aber wozu hat man Monika? Die mich nie nervt, auch wenn sie das vielleicht meint (s.u.). Wie kann eine einzige Person so viel Energie haben?, vielen vielen Dank, Monika. Und wo wir schon dabei sind: vielen vielen Dank meinem Track-Dealer Dieter und dem unbestechlichen Lutz. Und überhaupt der ganzen Mannschaft!!! 4 Wochen zusammen auch Achse, jeder hat seine ein, zwei indisponierten Tage gehabt, die Reise war manchmal sehr fordernd und immerhin gut 1500km lang. Vielleicht gerade deshalb: wir haben fantastisch harmoniert und großen Spaß gehabt zusammen! Ich gebe ab:

Jetzt sind wir da. In Saigon oder Ho Chi Minh. Die letzte Radlstrecke abgefahren. Noch einmal fühlen wie im Botanischen Garten. Die letzte große Mekong-Brücke genommen. Ich muß jetzt mal etwas über mich schreiben. Das vermeide ich tunlichst. Aber ich möchte mich eigentlich entschuldigen. Immer wenn man mir das Rad wegnimmt reagiere ich wie ein mürrisches Kind, dem man Sandschaufel und Eimerchen wegnimmt. Uwe hat mich verstanden. Zumindest ein bisschen. Hermine nicht. Sigi hat gelacht. Jan war genervt und krank. Sorry dafür.

Thang fragte vor der letzten großen Brücke – wollt ihr drüberfahren – ansonsten könnt ihr auch ins Auto. Keine Frage, alle wollen. Wir fliegen über die letzten Kilometer. Stehen im Wind und winken ein letztes Mal dem Mekong zu. So weit liegt er unter uns. Per Bus landen wir dann in der größten Stadt von Vietnam. Schönes Hotel. Schönes Abendessen. Die ersten Sticks werden verteilt um Fotos zu tauschen. Der letzte Tag kommt.


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Guesthouse ohne Wände, Nudelsuppen und Traumfahrradfahren.

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Wurde ja mal Zeit, dass die Nudelsuppe gewürdigt wird, von Monika:

Unser Guesthaus hat keine Wände. Außer den Trennwänden zwischen den Toiletten. Ansonsten besteht es aus einem Holz-Ponton das in den Mekong reingebaut wurde, einem Dach und vielen Moskitonetzen. Am Abend bekommen wir die Anweisung von Jan: Privatsphäre gibt es nicht. Da drüben sind die Pritschen, sucht euch eine aus und legt euch rein. Wir trotten mit dem Handgepäck los und machen das. Das Aufwachen ist dann wieder mal klasse. Vom Bett aus direkt auf den Mekong schauen. Die Sterne verblassen. In zehn Meter Entfernung vom Bettrand tuckert ein Longtailboot mit Fischnetz vorbei. Hat man zu Hause in Deutschland eher selten. Zugegeben – der SPA-Bereich könnte noch etwas ausgebaut werden. Aber es gibt Erdbeermarmelade zum Frühstück.

Jetzt erkunden wir die Insel – die ist größer als gedacht. Dieter fuchtelt mit dem GPS herum. Wo sind wir bloß. Wir folgen den Guides. Gärtnereien und Baumschulen tauchen auf. Aufgereiht wie Soldaten stehen die Pflanzen da. Chrysanthemen – die pünktlich zu Neujahr gelb blühen müssen um Reichtum, Erfolg und Gesundheit abzusichern, Durianpflanzen, kleine Bananenstauden und vieles mehr. Trinkpause an einem kleinen Markt. Wir erforschen das Angebot. Lebende Krebse – paarweise zusammengebunden, Aale, ein geschlachtetes Huhn mit einer speziellen Füllung: Frosch und Tomate, gerne wird auch Schweinewange inkl. Augen gegessen. Wir schlucken und radeln weiter. Jan nimmt die Mittagsbestellung in der Garküche auf: Vegetarische Nudelsuppe – fast alle Hände gehen hoch. Wir sind nachhaltig vom Markt beeindruckt. Nur Jan bestellt unbekümmert die lokale Grillfleischplatte.

Ein paar Worte noch zu Nudelsuppen. Die lieben wir morgens, mittags, abends. Nudelsuppen gehen immer. Entweder selbstgemacht oder Instant. Ganz ehrlich. Wir lieben auch Instant. Dann bekommen wir eine Schale Brühe in der ein gepresstes Viereck von Trockennudeln schwimmt und versuchen diese mit den Stäbchen zu entwirren. Oft liegen ein paar Stück Hühnerfleisch, Sprossen und Frühlingzwiebel darauf. Wir ziehen und zerren an den Nudeln und würzen nach. Der Blick irrt über das Angebot das meist in einem Plasikkästchen sortiert ist: Essig, verklumptes Salz, Chillipaste in ungewisser Schärfe, Fischsoße die in der Hitze vor sich hingärt, Knoblauchzehen, Schoten und Limonenschnitze. Und Ketchup. Jeder findet was er mag und jeder würzt. Das endet dann mit einem zufriedenen Nicken und Weiterlöffeln oder einem erschrockenen Aufkeuchen und ein Papiertuch wird hektisch auf die brennenden Lippen gepresst. Heute bekommen wir eine hausgemachte Nudelsuppe. Alle löffeln rein. Köstlich. Erst wird das Gemüse abgefischt, dann die heißen Nudeln mit dem Stäbchen hochgezogen und nach der Hälfte abgebissen, am Schluss die scharfe Brühe mit genussvollen Schlucken direkt aus dem Plastikteller getrunken.

Auch auf die Gefahr hin, dass zukünftig hunderttausend begeisterte Radfahrer den angefügten Treck runterladen und nachradeln. Die Strecke nach der Nudelsuppe ist der Oberhammer. Der absolute Wahnsinn. Augen zu und die ideale tropisch-vietnamische Landschaft herbeiträumen – Augen auf. Da ist sie. Wir dürfen sie entlangradeln und könnten uns an jeder Ecke neu verlieben. Nachmachen. Unbedingt.

Wir trinken aus Kokosnüssen, die für uns extra vom Baum geschlagen werden. Einmal endet der Weg im Wasser und sofort kommt eine entzückende, kleine, diensteifrige Fähre angeschwommen. Dann bestaunen wir einen Schweinetransport per Boot. Einige der wehrhaften Tiere sind entkommen, schwimmen im Fluss und müssen wieder eingefangen werden. Am Ende irren wir nach einem großartigen Abendessen durch ein komfortables Hotel mit Dachterrasse und müssen fast schon überlegen wie man mit einer normalen Dusche umgeht.


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Im Mekong-Delta. Oder die Geschichte von Fähren und Brücken.

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Großes Kino hier im Mekongdelta, viel zu viel, was im Laufe eines Tages passiert. Hier ist Monikas Versuch einer Beschreibung, natürlich ist sie gelungen, mal wieder:

Wir sind umgeben von Flüssen und alles ist irgendwie ein Seitenarm des Mekong. Wie ein Spinnennetz sind sie miteinander verwoben. Das bedeutet auch, dass wir dauern das Wasser kreuzen. Dauernd. Wirklich dauernd. Dazu gibt es Fähren und Brücken. Zuerst zu den Fähren. Sie sind groß, staatlich und windschief oder klein, privat und windschief.

Bei den großen Fähren sammeln wir uns vorher im Pulk mit den Mopeds. Busse und LKWs gehen extra. Legt die Fähre an, starten alle gleichzeitig die Motoren, eine Rauchwolke von den Zweitaktmotoren steigt auf. Wir machen mit. Etwas vorrollen und damit schon wieder ein Meter gewonnen, rauf auf die Fähre und dann gruppieren wir uns rund um die LKWs und Busse. Frauen verkaufen Wasserflaschen, selbstgebackene Waffeln und Lotterielose. Mit dem Ablegen startet der Tanz der Fähren. Einmal eine komplette Drehung wie ein Walzer und dann quer rüber über den Flussarm. Längs kommen Lastkähne mit aufgemalten Augen am Bug, Wassertaxis, Longtailboote, völlig undefinierbare kaum schwimmbare, überladene Gefährte, dümpelnde Rundboote, riesige Büschel mit Wasserhyazinthen, Plastikmüll, dazwischen fischende Boote und Bagger die Ziegel-Lehm aus dem Fluss schaufeln. Aber irgendwie scheinen alle Teilnehmer in telepathischer Verbindung zueinander zu stehen und der Wasser-Quer- und Längsverkehr regelt sich selbständig.

Die kleinen Fähren haben alle vorsichtshalber einen Altar mit Räucherstäbchen und Plastikblumen an Bord, geben beim Starten seltsame gurgelnde Motor-Geräusch von sich und landen immer mit einem lauten schrammenden Laut wenn die Rampe wieder auf Land trifft. Spannend sind auch die menschlichen Begegnungen. Viele unserer Mitfahrer sind neugierig, manche schüchtern, alle freundlich. Jedes verwitterte Gesicht wäre ein Foto wert. Edith ist dauernd beschäftigt.

Wenn nicht Fähren, dann helfen Brücken über das Wasser. In allen Ausführungen. Aus Beton, Holz oder Blech. Sehr dünnes Blech. Die Beton-Brücken haben die Form eines umgedrehten U. Vor den Brücken knacken unsere Schaltungen. Schnell runter aus den großen Gängen. Es wird steil. Wer zu langsam ist, erhält ein wahlweise aufmunterndes oder panisches Go-Go-Go vom Hintermann. Zuerst kommt immer ein Brückenanfangsbuckel über den wir holpern. Die Rampe hoch. Oben schnell den Kopf hoch recken. Die Umgebung anschauen, Übersicht verschaffen. Der Ausblick lohnt sich immer. Dann die Rampe runter und über den Brückenabschlußbuckel. Meist läuft hier ein verwirrtes, orientierungsloses Huhn herum und kann sich nicht zwischen rechts und links entscheiden.

Unsere Lieblingsbrücken sind aus Holz und haben ein typisch polterndes Geräusch beim drüberfahren. Wir können also genau abschätzen wie weit der Kollege dahinter entfernt ist. Die Holzbrücken haben kein Geländer und man könnte eigentlich ganz bequem von der Brücke aus in den Fluss kippen. Was für ein großartiges Fotomotiv! Ist uns bisher nicht passiert. Um die Überfahrt interessanter zu gestalten in die Holzbrücken häufig mit größeren Löchern und losen Balken garniert. Bei Blech hilft beten. Und nicht dieselbe Blechplatte wählen wie Martin.

Ansonsten fahren wir heute durch einen immerwährenden botanischen Garten. Dann mitten durch eine Ziegelei, schauen eine Bastmattenwerkstatt an und klettern auf eine Aussichtsplattform in Baumkronenhöhe um seltenen Reihern in die Augen zu schauen. Wir radeln im Zick-Zack durch das Delta müssen zusammenbleiben und aufeinander achten. Tom steht im Sarggeschäft, regelt den Verkehr und winkt die Gruppe durch. Wir bekommen alle Aufmerksamkeit. Die Vorderen ernten ungläubiges Staunen, das sich im Laufe unserer Fahrradschlange in Heiterkeit umwandelt und die Letzten von uns werden mit lautem Lachen und Winken verabschiedet.

Die letzten Kilometer beladen wir unsere Räder mit dem Nachtgepäck. Das seltsam schwer ist, klirrt und am Vorabend panikartig im Supermarkt erstandenen wurde. Wir wollten für unseren Homestay nicht unterversorgt sein, stellen das Gepäck in den sauberen, kleinen Räumen ab und gehen kochen. Wir lernen Frühlingsrollen wickeln. Hier haben die Raucher unter uns deutliche Vorteile. Die Röllchen von Ernst sehen perfekt aus. Die von Michael eher etwas zerfleddert. Geschmacklich sind sie der Knaller. Bei Homestays muss man immer ein bisschen zusammenrutschen und teilen. Zimmer, Mückenmittel, Taschenlampen. Wir teilen die vietnamesischen Rotweine, lauschen der Ansage von Jan und kriechen unter die Moskitonetze. Ernst lässt versehentlich einen Fuß draußen und nachts können wir die Moskitos begeistert schmatzen hören.


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Losradeln ins Mekong-Delta

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Blog heute von Monika, die erste Radfahrt im Mekongdelta war eine einzige Reizüberflutung. Wir sind aber nur 40km gefahren, den Rest vom Track im Bus…

Ein Nikolaus im roten Samtanzug weist den Weg zum üppigen Frühstücksbuffet. Ludwig steht unentschlossen vor der Käseauswahl und der Rest legt vorsichtshalber einen guten Kohlehydratvorrat an. Heute wird wieder geradelt. Die Hotelcrew zählt die Handtücher in den Zimmern und hat einen Stapel Kegelhüte aufgeschichtet. Bis feststeht, dass wir keine Tuchdiebe sind, müssen wir diese für ein Gruppenfoto des Hotelmanagers aufsetzen. Seufzend wirft Sigi die Zigarette ins Orchideenbeet und setzt den Hut mit Hotelnamen auf. Wegducken gilt nicht. Jan ist streng.

Nach der Fährüberfahrt sind wir taub. Diesmal gibt es keine softpornoartigen Schmachtvideos, sondern eine vietnamesische Musikshow mit 150 Dezibel. Zweieinhalb Stunden lang. Ununterbrochen. Gnadenlos. Wer das nicht aushält kann sich wahlweise auf dem kleinen Heck von der Sonne versengen und dem Fahrtwind ordentlich durchpusten lassen.

Zurück am Festland bekommen wir unsere Räder für Vietnam. Fragen nach Größe, Zustand und – ganz wichtig – Gepäckträger, können von Jan nicht konkret beantwortet werden. Um den Spannungsbogen zu erhöhen fährt unser Guide Thang mit uns – nicht zu den Rädern – sondern zum Nudeln essen. Nach dem üppigen Frühstück und zweieinhalb Fähr-Sitzstunden, ein frühes Mittagsmahl. Hunger muss vermieden werden. Unbedingt. Und Essen können wir eigentlich immer. Ludwig betrachtet interessiert ein auf dem Tisch stehendes Schraubglas und fügt seiner Mahlzeit daraus sechs Knoblauchzehen hinzu. Als endlich alle brav aufgegessen haben, kriegen wir die Fahrräder. Wir recken die Hälse. Alle sind fertig montiert, säuberlich mit Namensschildern versehen und haben Lenkertaschen. Und … ja auch Gepäckträger. Kurzes Gemeinschaftsschrauben. Pedalwechsel. Satteltausch. GPS-Montage. Fertig.

Thang erklärt uns die wichtigsten Fahrradregeln. Erstens – es gibt keine Regeln. Zweitens, ‚Yo-Yo‘ heißt Achtung. Wir fädeln uns in den Verkehr ein. Tausende von Motorrollern, gelegentlich unterbrochen von einem LKW oder Ochsenkarren. Es geht die Straße entlang zur Fähre. Die Strom und Telefonleitungen sehen aus als hätte eine völlig konfuse Spinne ihr Netz damit gewebt. Mit der quirligen Fähre über den Seitenarm des Mekong dann link abbiegen, flussabwärts radeln und WOW….

Links der Fluss mit den Lastkähnen und schmalen, schnellen Longtailbooten, rechts weite Reisfelder mit Palmen. Dazwischen eine schmale Straße auf der wir unter Bananenstauden und Mangostanen-Bäumen entlangfahren. Zu schmal für Autos. Gesäumt von vielen schmalen Häusern, wir fahren den freundlich winkenden Vietnamesen praktisch durchs Wohnzimmer. Mofas knattern vorbei. Eines beladen mit Schweinen, kaum ist er mit der grunzenden Fracht ums Eck kommt das nächste, beladen mit Körben voller schnatternden Enten. Es duftet aus Garküchen, dann ein radelnder Bäcker mit frischem Brot. Immer wieder erklimmen wir schmale, steile Brücken. Es sind die einzigen Steigungen die wir haben und benötigen den kleinsten Gang. Eine Froschfarm kommt. In großen Wasserbassins hüpfen die Kröten herum und warten auf ihr Ende auf dem Grill. Eine Entenherde schwimmt – bewacht von einem Ruderboot – in Richtung Markt. Bei der nächsten Rast zerfällt die Gruppe in ängstliche Warmbiertrinker und mutige, die ihr Getränk über reichlich zerstoßenes Eis kippen. Mögliche Konsequenzen sind beim Schreiben dieses Blogbeitrages noch nicht eingetreten.

Wenig später balancieren wir über eine „Affenbrücke“, sie besteht aus zwei aneinandergebundenen Bambusrohren als Fußteil und jeweils ein weiteres Rohr als Geländer. Wer reinplumpst fällt in Wasserhyazinthen oder in ausgebreitete Fischernetze. Überall wächst Obst und kann fast direkt vom Fahrrad aus gepflückt werden, die Jackfruit direkt vom Stamm oder bündelweise Bananen.

Soviel zu sehen – bedauernd klettern wir in den Bus. Eigentlich wollen wir noch in ein Vogelreservat. Das schaffen wir zeitlich nicht mehr. Die seltenen Störche bleiben von uns verschont. Die Speicherkarten unserer Fotoapparate sind voll. Wir sind glücklich… und mir gehen die Adjektive für diesen großartigen Tag aus.


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