Die seltsame Insel

Chinesische Landpartie, 12.08. bis 03.09.2012
Unser Inselparadies Nanzhao Folk Island ist ein kruder kleiner Themenpark der chinesischen Art mit einer erklecklichen Anzahl an Großplastiken – eine monströse Guanyinstatue, martialische Kriegergestalten am Hinterausgang des Hotels plus ein paar Badenixen sowie eine Reminiszenz an die Bai-Mythologie in Leni Riefenstahl-Ästhetik.

Auf uns wirkt es ein wenig wie eine Investmentruine und an einigen Ecken schon leicht angeschimmelt, was aber dem feuchten Klima geschuldet sein kann. Das englischsprechende Faktotum des Hotels berichtet dagegen, dass in der Hauptsaison jeden Tag an die dreitausend Touristen durchgeschleust würden, generalstabsmäßig durchgeplant mit jeweils fünfzig Besichtigungsminuten ausgestattet. Angesichts solcher Fakten scheint es eine seltene Gnade zu sein, hier übernachten zu dürfen. Da wir aber außer uns nur etwa fünf weitere Gäste entdecken können, muss wohl gerade eine massive Nebensaison hereingebrochen sein. Leider wirkt sich das auch nachteilig auf das Frühstücksangebot aus und wir entschließen uns, zu diesem Zweck zum Hafen überzusetzen.

Mittlerweile ist der Morgen schon etwas fortgeschritten und die Vorräte gehen auch auf dem Festland zur Neige, so dass wir uns schließlich mit einer Pizza bescheiden müssen. So gesättigt trödeln wir noch einige Kilometer auf der Uferstraße entlang und werden per Boot über den Ohrensee zurück nach Dali chauffiert. Beim Abendessen lassen wir uns dann endlich mit lokalen Spezialitäten für die entgangenen Gaumenfreuden entschädigen – diverse Pilzgerichte, Papayahühnchen, gegrillter Ziegenkäse und endlich auch mal ein Gläschen des allen schon aus Deutschland bekannten Pflaumenweins.

Formel I an der Grenze

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Grenzübertritt von Zamin Ud in der Mongolei nach Erlian in China, vielleicht 2 km auf dem Rad, Spaziergang in dem Städtchen.

Im letzten Jahr war der Grenzübertritt ein Abenteuer der besonderen Art gewesen. Da man die Grenze nicht zu Fuß oder per Rad überqueren darf, muss man ein Fahrzeug anmieten, welches eine Lizenz für den Grenzbetrieb besitzt. Das sind einmal vollgestopfte Busse, in die man kein Fahrrad hinein bekommt und zum anderen im Grenzort zugelassene Jeeps russischer oder auch japanischer Bauart. Einen tieferen Sinn besitzt die Regel nur, wenn man sie als eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme betrachtet. Die Folge ist, dass die Plätze in den Jeeps einzeln verkauft werden und wegen der großen Zahl an Grenzgängern pro Tag ein großer Andrang entsteht und jeder Jeepfahrer will natürlich effizient arbeiten und so schnell wie möglich durchkommen.

Im letzten Jahr hatten wir daher ein absolutes Verkehrs- und Drängelchaos wahrnehmen können, mit Jeeps, dicht an dich gedrängt, die gnadenlos um die nächste Lücke und die nächsten 10 cm vorwärts kämpften.

Aufgrund dieser Erfahrung brachen wir heute gleich um 6.30 Uhr auf, luden die Räder auf den Jeep und erwarteten nun, in Richtung Grenze zu fahren. Doch es ging erst einmal in die falsche Richtung, auf eine Art verdreckten Parkplatz, wo sich unser Jeep neben drei anderen aufstellte. In der nächsten halben Stunde erschienen dann immer mehr Jeeps und stellten sich in einer Reihe nebeneinander auf. Genau um 7.20 Uhr rief dann die zum Jeep gehörende Beifahrerin ein Kommando an den Fahrer, der knallte den Gang rein und gab Vollgas, ebenso ging es bei den anderen Fahrzeugen. Das erste Nadelöhr, den Eingang zum Parkplatz passierten wir noch in der Poolposition, dann auf der Straße in Richtung des ersten Grenzpostens verloren wir ein paar Positionen gegen die japanischen Jeeps, die natürlich schneller waren. Dann ging es rechts in die Prärie, dort stand irgendwo ein Grenzsoldat mit ein paar Zetteln in der Hand. Über die Piste jagend, ohne auf teure Stoßdämpfer Rücksicht nehmen zu müssen, kämpfte sich der UAS-Jeep wieder etwas nach vorne, während der Fahrt ergatterte der Fahrer einen Zettel aus der Hand des Postens und wieder ging es auf die Straße zurück…..nur noch 800 Meter bis zum Tor und vor uns nur wenige Fahrzeuge. Dann kommt die Einfahrt in die Boxengasse, wo überholen nicht mehr möglich ist und die Fahrzeuge kommen zum Stehen. Dicht wird zusammen gerückt, die Fahrzeuge stehen Stoßstange an Stoßstange, ohne einen Millimeter Platz dazwischen. Unser Jeep läuft auf Platz 11 von vielleicht 45 Fahrzeugen im Pulk ein, kein schlechtes Resultat. Und den richtigen Stress, der sich hier in ein paar Stunden abspielt, den haben wir gut umgangen.

Alles andere läuft dann im Vergleich zum letzten Jahr zivilisiert ab, es werden immer mal wieder drei oder vier Fahrzeuge durchgewunken. Zwischendrin üben sich die Fahrer im Ringkampf, auch hier ist unser Fahrer nicht übel und drückt nach einigen Minuten seinen Gegner in den Sand. Danach klopfen sich alle den Staub aus der Jeans und klopfen sich freundschaftlich auf die Schulter. Dann kommt die mongolische Grenze, wir tragen das Gepäck durch Gebäude und werden ohne Probleme ausgestempelt, dann geht es auf die chinesische Seite und wir werden genauso ohne Probleme wieder eingestempelt und haben es damit nach China geschafft!

In Erlian werden wir dann aus dem Jeep geworfen und treffen nach einer halben Stunde auch auf unseren neuen Fahrer, Herrn Zhang und dann geht es erst einmal ins Hotel. Doch dort wollen wir nicht lange verweilen und uns natürlich erst einmal im „neuen“ Land umsehen und staunen.

Kommt man nämlich über die Grenze, dann erwartet einen der Kulturschock. Saubere Straßen, moderne Gebäude, Grünanlagen, ein paar Bäume und keine Löcher auf den Straßen und Gehwegen. Wir wandeln in der Gluthitze durchs Städtchen und staunen und der Rest des Tages ist Schlemmen. Zuerst finden wir ein Cafe mit gutem Kaffee, dann essen wir unser erstes chinesisches Mahl zu Mittag: Tofu mit hundertjährigen Eiern, sauer-scharfe Kartoffeln, chinesische Klopfgurke und frittierte Bohnen. Alles mehr als lecker und ich fühle mich fast wie zu Hause.

Während Martina und Wolfgang dann noch weiter durchs Städtchen spazieren, schreibe ich meine Berichte und dann treffen wir uns wieder zum Abendessen, welches wieder genauso lecker ist, die Pfunde, die wir in Russland und der Mongolei verloren haben, werden hier wohl recht bald wiederkommen.