Die Graue-Grüne-Stadt

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Guangzhou Stadtbesichtigung. Erst Regen dann bewölkt.

In der Früh wurden wir heute mit einem gut gemeintem Brüllen von der Schaffnerin geweckt: „Guangzhou-Ost, Endstation!“. So beginnt man doch gern einen Tag. Den Regen haben wir anscheinend mitgebracht. Unser Fahrer besteht auf der Strecke zum Hotel darauf, uns noch das Guangzhouer Vorzeigeviertel zu präsentieren. Also hatten wir noch einen obligatorischen Fotostopp vor dem Guangzhou Fersehturm mit Blick auf das Olympiastadion, Guangzhou Museum und Bibliothek. Wirkt stark so, als hätte man hier Shanghai als Vorbild. Dabei hat es Guangzhou gar nicht nötig. Denn historisch gesehen sind die Shanghaier eigentlich die blöden Neureichen, die es nicht besser wissen. In Kanton floss schon immer das Geld. Es ging immer um Geschäfte und Essen hier. Schon in während der Tang-Dynastie hatte Kanton den größten Handelshafen. Was will da Shanghai mithalten mit dem vergleichsweise neuzeitlichen Bund!

Unser Hotel lag sozusagen auf dem Guangzhouer Bund, der Shamian Insel. Hier bauten die Briten und Franzosen ihre Warenhäuser auf und es kamen Konsulate und ausländische Herrenhäuser hinzu. Im Grunde genommen hat sich nichts geändert. Die meisten Ausländer übernachten in einen der Hotels auf der Insel. Nun zahlen sie wenigstens Steuern und die Chinesen profitieren ein bisschen mehr von dem Aufenthalt.

Es regnete also immer noch, daher beschlossen wir im Hotelrestaurant erst einmal chinesisch zu brunchen: Morning-Tea. Hierzu gibt es Tee und kleine gedämpfte Kostbarkeiten. Wieder einmal hatte ich die Gruppengröße ein wenig überschätzt und übertrug dabei meine Magengröße auf alle anderen. Aber Ralph war ja auch noch da! Auch nach dem Brunch ließ der Regen nicht nach. Obwohl wir schon früh einchecken durften wollten wir nicht schon wieder einen Vormittag lang in den Hotelzimmern versauern und fuhren zur Akademie des Chen Clans. Die Anlage diente als Beamtenschule/Geschäftshaus/Ahnentempel derjenigen, die den Nachnamen Chen trugen. Jackie Chan z.B. gehört auch dazu. Die Dächer waren eindrucksvoll verziert und die Kunsthandwerk-Ausstellungen waren durchaus sehenswert. Vor allem die Elfenbein- und Kamelknochenschnitzerei war wahnsinnig beeindruckend. Man konnte viele der Ausstellungsstücke auch erwerben. 180‘000 Yuan hatte ich aber nicht mal ebenso in dem Portemonnaie.

Anschließend ließ der Regen etwas nach und wir schlenderten durch die Straßen und besichtigten noch den „Tempel der leuchtenden Kindespietät“ (frei übersetzt). Angenehm war hier, dass es kaum einen Touristen gab, der die mystische Stimmung störte. Die Anlage gibt es wohl schon seit dem 5. Jahrhundert. Das älteste Überbleibsel war jedoch eine eiserne Pagode aus dem 10. Jahrhundert.

Nun konnte es jedoch kaum noch einer abwarten endlich den Qingping-Markt zu erkundschaften. Der Markt erstreckt sich fast über das gesamte Altstadt-Gebiet und ist eigentlich eine Ansammlung von Märkten. Wir verliefen uns vorwiegend im chinesischen Kräuter-Markt, wo 100 verschiedene Wurzeln, Pilze und getrocknete Kleintiere angeboten wurden. Vergeblich suchte ich die Schlangen, die es hier wohl auch noch geben soll. Mittlerweile sind aber anscheinend alle mehr oder weniger hygienisch in einer der vielen Läden mit einem riesigen Kühlraum verstaut. Gefunden haben wir nur getrocknete.

Rolf, der mittlerweile heile und mehr oder weniger gesund ebenfalls angekommen ist, erzählte von einem riesigen Fischmarkt, an dem so wie es schien, der halbe chinesische Ozean verscherbelt wird. Ein wirkliches touristisches Ziel ist Guangzhou nicht. Aber gerade das macht die Stadt erst spannend und authentisch.

Vier Plattentode und ein Homestay

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

58 km von Nong Kiao zu unserem Homestay, perfektes Wetter

Bisher sind wir von Pannen verschont geblieben. Nun trifft es uns gleich viermal. To entdeckt bei seinem Rad (das China-By-Bike-Urmodell von 2003, von ihm liebevoll gepflegt und gehegt!) schon vor dem Losfahren ein plattes Hinterrad. Christine liefert dann gleich drei Platten am Stück. Gut so, wenigstens ein wenig Adrenalin an einem ansonsten perfekten Tag.
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Krishna zieht nach Baden-Baden

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: ca. 75 km, Wetter: sonnig, etwas diesig

Text von Monika, die für Albin den kleinen Krishna erhandelt hat

Albin sucht … nein falsch, Albin hat sie gefunden. Die Statue, die er gerne mit nach Hause nehmen möchte. Der Gott Krishna soll mit nach Baden-Baden. Bereits gestern Abend ist er zusammen mit Jutta in einem kleinen, verwinkelten Straßenladen fündig geworden. Trotzdem rührt er jetzt unwillig in seinem Bananen-Porridge herum. Die Verhandlungen vor dem Frühstück waren zäh. Kein Discount wird eingeräumt. So nicht, Albin ist schließlich Schwabe.

Unsere Betreuungscrew hat die Fahrräder direkt vor dem Hoteleingang aufgereiht. Statt fünfzig Meter, müssen wir jetzt nur fünf Meter gehen. Frische Wasserflaschen sind in der Halterung eingeklemmt. Nur radeln müssen wir noch selber. Wir wollen noch etwas Zeit in Lumbini verbringen und versammeln uns vor einer Umgebungstafel. 9:00 Fertig zur Abfahrt. 9:01 Ansage von Jan. 9:02 Los geht’s.

Albin fehlt, er steht schon wieder im kleinen Laden. Auf dem Weg zur ersten Besichtigungsstation kommen wir ihm zu Hilfe und erreichen gemeinsam den gewünschten Verkaufspreis.

Obwohl das Örtchen der anerkannte Geburtsort von Buddha ist, sind wir heute Morgen praktisch die einzigen Touristen. Die World Peace Pagode leuchtet in frischem strahlenden Weiß. Einige offene Farbtöpfe stehen noch herum. Vier goldenen Buddhas zeigen die Himmelsrichtungen. Jede hat eine andere Sitz- und Handhaltung. Streng werden wir von Jan abgefragt. Schon x-mal hat er alles erklärt und immer noch rätseln wir und schauen und gegenseitig hilfesuchend an. Eine Handhaltung ist aber auch ihm unbekannt. Sie sieht ein bisschen aus wie der hochgereckte Vettel-Finger nach einem gewonnenen Formel 1 Rennen.

Seltene Graureiher fliegen über uns hinweg. Wir haben eine Stunde Freizeit um uns den Park mit den Buddha-Pavillons aus allen Ländern anzusehen. Zuerst interessieren uns die Verkaufsstände, schließlich driften wir auf unseren Rädern durch die weite Anlage.
Ein bisschen surreal ist dieser Expo-Buddhismus-Park. Der deutsche Pavillon ist fertig, darf besichtigt werden und hat wirklich schöne Deckengemälde. Der chinesische Bau ist besonders groß, fast protzig, am koreanischen wird noch gebaut. Schilder weisen den Weg. Links Vietnam, rechts Österreich. Der Bau von Kambodscha hat sich an Angkor Wat orientiert, die Thai-Pagode hat das typische Staffeldach.

Normalerweise stecken wir immer unsere Köpfe über Juttas Packtasche zusammen. Sie hat das jeweilige Tages-Höhenprofil ausgedruckt und der begehrte Zettel wandert dann durch die verschwitzen Hände mit den Radlhandschuhen: Wo sind wir, was kommt noch? Heute nicht. Heute gibt es eine Streckenänderung. Wir wollen eine kleine Nebenstraße erkunden. Mal sehen ob der Bus mitfahren kann – unsere Fahrer sind wild entschlossen uns nicht alleine in die Wildnis zu entlassen und starten den Motor. Gemeinsam biegen wir in die schmale Straße ein.

Der Trip ist ein Gewinn. Am Anfang ist es topfeben und nahezu still. Auf den Reisfeldern hört man hin und wieder ein paar Zurufe, Kinderlachen, Hundegebell. Sonst nichts. Das drängelnde Hupen der Busse und LKWs ist weg. Gelegentlich ein Moped ansonsten, sind nur Fahrräder unterwegs. Sie transportieren landwirtschaftliches Gerät, Reissäcke, den kleinen Bruder oder auch mal eine ganze Familie. Wir fühlen uns wie in Indien, aber auch Frauen in Burkas sind unterwegs. Stopp in einem winzigen Dorf. In einer Hütte werden Fahrräder repariert, daneben ein Barbier. In dem engen Bretterverschlag hat nur ein Hocker, ein Spiegel, ein Kamm und einen Schere Platz. Akkurat wird der Scheitel vom Friseur gezogen und eine Kopfmassage ausgeführt. Daneben eine Versammlung von Frauen in bunten Saris. Erst auf den zweiten Blick erkennen wir den Grund. Ein Toter wird sorgsam in farbige Tücher gehüllt und für die Feierlichkeiten vorbereitet. Wieder daneben werden Hirsesäcke auf einer alten Waage mit Eisengewichten bemessen. Ein wackeliges Gespann mit zwei Ochsen beladen mit Reisstroh biegt ums Eck.

Weiter geht es durch Sal-Wälder zurück in Richtung Berge. Wir freuen uns auf sie. Auf der Straße sind viele kleine Körbchen gestellt. Geflochten aus Blättern und gefüllt mit Blüten, Obst, Reis und Schmalzgebäck. Heute ist der letzte und wichtigsten Tag des Lichterfestes und die Opfergaben sollen die Götter außer Haus beschenken. Nach dem Tag der Krähe, des Hundes und des Ochsen werden heute die Geschwister mit Blumenketten um den Hals gefeiert.

Eine Auswirkung dieses Festes bekommen wir am und im Magen zu spüren. Alle Geschäfte und Küchen haben geschlossen. Wie Deutschland an Weihnachten. Keine Chance – nix zu kriegen. Noch eineinhalb Stunden bis Butwal. Wir halten kurz um Wasser aufzufüllen. Jeder kramt in den Packtaschen und die letzten Vorräte kommen zum Vorschein. Obst, Erdnüsse, Kekse und Kartoffelchips in seltsamen Geschmacksrichtungen werden geteilt.

In Butwal finden wir eine kleine Garküche die uns Teigtaschen und Chapati-Brot zubereitet.
Wir kennen die hektische Stadt ganz anders. Heute sind überall sind die Rollläden heruntergelassen. Menschen tanzen auf den Straßen. Vor unserem winzigen Restaurant singen Kinder. Ein kleiner Kerl mit Gitarre und Gelfrisur ist begeistert von Martins Bariton. Dann kommt eine Jugendgruppe, zapft Strom, stellt große Boxen auf und rollt einen Teppich aus. Ein wirres Kabelgewurstel, kreischende Rückkopplungen, freudige Erregung bei den Jugendlichen. Die Jungs und Mädels sind gestylt und elektrisiert, sie haben geübt. Wir sind eingekeilt und können nicht mehr rechtzeitig fliehen, Sigi setzt sich seufzend wieder hin. Die Stadtbewohner ballen sich um uns herum. Die Teens tanzen eine Mixtur zwischen nepalischen Volkstänzen und dem Michael-Jackson-Moonwalk. Kurz vor Sonnenuntergang radeln wir noch die letzten Kilometer in das ‚Dreamland Golden Resort‘.

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