Bilderbuchtag am Ohrensee

Chinesische Landpartie, 10.04. bis 02.05.2014

80 Radkilometer von Dali um den Ohrensee nach Wase und 12 Bootkilometer zurück nach Dali

Der Tag verspricht schön zu werden. Nach einem Frühstück auf der sonnigen Hotelterrasse fahren wir 80 Kilometer um den Ohrensee. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wo einst am Westufer ein schlammiger Feldweg die Dörfer verband, ist jetzt eine kleine Uferstraße angelegt worden. Wo man das Ostufer einst in die Hügel verlassen musste, kann nun auf ebener Strecke direkt am See geradelt werden.

Das Westufer hat an Schönheit gewonnen, die traditionellen Dächer der Häuser sind erneuert und die dezenten Wandmalereien strahlen in neuem Glanz, die rot-lila Blütenpracht setzt überall bunte Farbakzente – eine Bilderbuchkulisse. Es ist Erntezeit, und auf den Feldern sind die Dorffrauen ausgeschwärmt, um Knoblauch und Dicke Bohnen einzubringen. „Es gibt doch keinen autofreien Sonntag in Dali, warum ist es so leer auf der Westuferstraße?“ denke ich so bei mir. Die Antwort bekomme ich wenige Minuten später: die Ernte wird zum Trocknen auf der Fahrbahn ausgebreitet, und das Umfahren wird immer mühseliger, wahrscheinlich wählen die meisten Ausflügler daher einen anderen Weg.

An einem Tempel sitzen sich alte Frauen in Trachten auf kleinen Stühlen in Reihen gegenüber, singend und musizierend. Andere bereiten Opfergaben vor: mal ist es ein Huhn im Topf, mal sind es Fische oder einfach nur Räucherstäbchen. Immer mehr Frauen kommen zur Zeremonie, die sehr an Erntedank erinnert. Die Gruppe Westler, die in Radbekleidung dazukommt und staunt, scheint niemanden zu stören. Am Westufer erleben wir Landwirtschaft in reiner Handarbeit und Tempelszenen, die vielleicht vor hundert Jahren bereits so stattgefunden haben.

Das Ostufer ist ein Kontrastprogramm: hier hat die neue Straße den Rand der Dörfer zerschnitten, überall sind noch die Ruinen der Häuser zu sehen, die weichen mussten. In Shuanglang entdecken wir die ersten Reisegruppen mit Megafonen und einen Souvenirshop neben dem anderen. An anderen Stellen entstehen Ufervillen, Restaurants und Cafés, teils hübsch, teils überdimensioniert, die meisten jedoch fügen sich nicht so recht in die ursprüngliche Dorfstruktur ein, die ich als funktionierend und intakt in Erinnerung habe. Die ganze Gegend ist im Aufbruch, und ich bin gespannt, wie sie sich entwickeln wird.

In einer Seitengasse entdecken wir durch Zufall ein frisch eröffnetes Hotel, das direkt am Seeufer inmitten der alten Häuser liegt und nach einem neugierigen Blick werden wir zu einem Kaffee aufs Haus eingeladen.

Von Wase aus fahren wir per Boot zurück nach Dali. Wir geben die Räder ab, unsere Radtour ist heute beendet. Nur zwei Platten, unfallfrei und kein Tropfen Regen– eine ganz gute Statistik, wie ich finde!

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