Schollen gucken

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Mandalay, „where the old flotilla lay“ usw. usf., immer wird das Kipling-Gedicht im Zusammenhang mit Mandalay zitiert, noch immer muss das arme Mandalay alte Kolonialphantasien bedienen. Dabei war Kipling nicht mal in der Stadt der letzten burmesischen Könige, ich glaube er war überhaupt insgesamt nur drei Tage in Burma oder so. Da sind wir ja schon länger hier, vielleicht sollten wir anfangen, Gedichte zu schreiben. Einen guten Einblick haben wir heute wieder bekommen, und zwar nicht geschenkt. Im Vergleich zur letzten Bahnfahrt war das heute Magnetschwebebahn, damit es nicht zu einfach wird haben wir einfach die Länge ausgedehnt, 15 Stunden sind wir im Zug gesessen.

Von Niederburma nach Oberburma, längs durch die Tiefebene, wie die Briten damals. Dabei haben wir auch einige Teakwälder und Sägewerke vorbeifahren sehen, das Holz hat das Empire im 19. Jahrhundert besonders gereizt, aber der wichtigste Grund für die Eroberung dieser Gegenden war wohl der Zugang nach China, durch die Hintertür. Ein ständiger Wettlauf mit Frankreich, welches das gleiche Ziel über Vietnam zu erreichen versuchte. Jetzt hat sich alles umgekehrt, China kommt massiv nach Burma und zeigt vor allem in Mandalay Präsenz. Es geht um Edelsteine, Jade und Heroin, und auf staatlicher Ebene um Erdöl und Erdgas. Der chinesische Einfluss ist wohl auch einer der Hauptgründe der vorsichtigen Öffnung des Landes, selbst die Generäle empfinden die Abhängigkeit als zu einseitig und zu erdrückend.

Der Titel des heutigen Blogs kommt von Karin, es ging über plattestes Land, das dürfte ihr als Hamburgerin natürlich besonders gefallen haben. Gegen Mittag hat sich dann rechterhand das Shan-Plateau erhoben, da werden wir irgendwann hochmüssen, ob Karin will oder nicht. Es war vor allem eine kontemplative Sache, diese Zugfahrt, entspanntes Geratter und weite Blicke. Das Warenangebot im Zug war gut, wenn auch etwas redundant, ein Mädchen dürfte mit ihren Maiskolben auf dem Kopf fünf Stunden hin-und hergelaufen sein, was für ein Job. Auch Klamotten und Körperlotionen wurden verkauft, also alles, was das Herz begehrt.

Surreal war vor allem die neue Hauptstadt des Landes anzuschauen, nebst 8-spuriger, komplett verlassener Zufahrtstraße. Die Juntaregierung ist 2005 in diese „Stadt der Könige“ (Nay Pyi Taw) umgezogen, seit 2000 wurde daran heimlich gebaut, niemand weiß genau warum. Die Botschaften weigern sich jedenfalls bisher, aus Yangon wegzuziehen, jetzt sitzen 35 000 Menschen in einer Kunstwelt, die einem Reiseführer zufolge die fünffache Fläche von Berlin haben soll.

Viel Zeit heute, auch Mutti hat sich ihre Gedanken gemacht, tapfer war sie wie alle anderen auch!

„Inzwischen sind wir zu alten Hasen im Zugwesen mutiert. wir reisen upper class und das will was heißen: Nicht auf ordinären Holzbänken sondern in Salonsesseln versuchen wir uns zu räkeln, wenn wir auch hin und wieder zum Schunkeln oder Hüpfen gezwungen werden, folgen den schnellen Gangüberquerungen der niedlichen, huschenden Mäuslein, genießen den Charme eines total abgewohnten Zugabteils mit Ventilatorenatrappen an der Decke. Doch der Zugwind durchs offene Fenster ( Scheiben zeigen sich uns nicht, nur schwer gangbare Rolläden) hält unsere Hitzewallungen in Grenzen, auch wenn die Mittagshitze über der Landschaft wabert. Immerhin befinden wir uns im Expresszug von Myanmar mit sage und schreibe fast 55 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit. Und das bedeutet eben gucken, staunen, fotoshooting, essen, trinken, schlafen, lesen von 8 Uhr morgens bis 22 Uhr abends : taram taram taram taram – unser Mantra.
Immer wieder babylonisches lautes Stimmengewirr an den kleinen Durchgangsbahnhöfen, auf denen Familien ihre Siesta abzuhalten scheinen, friedlich auf den Gleisen ihr Vesper verzehren, Unmengen von Körben, Säcken, Tüten… warten. Sobald der Zug einfährt, stürmt es von allen Seiten in und an den Zug, Sprachgewirr, Babylon eben und jeder will uns und allen anderen Reisenden was Gutes tun.“

Zum Abschluss Folge 6 unserer Rubrik Wir Grüßen: Bernd grüßt alle die sich heute den Arsch abfrieren in Deutschland. Bitte nicht böse sein, denn das ist Bernds Humor, und uns ist hier fast ZU heiß.

Print Friendly, PDF & Email

Ein Kommentar:

  1. Gisela John-Hettich

    Es macht Spass, die Reise zu verfolgen !
    Karin unter dem Lager Beer – Schild – das
    passt ! Schicke neue Bluse !
    Euch allen noch viele tolle Erlebnisse in
    einem wunderbaren Land wünschen Dieter und
    Gisela aus Hamburg

Kommentare sind geschlossen