Taifun in Taibei

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Taipeh, die Hauptstadt Taiwans. Eingerahmt in grüne Berge, sauber, ruhig, ordentlich. In der U-Bahn ist essen, trinken, rauchen, auch Kaugummi kauen bei hohen Strafen verboten. Man sieht kaum Müll auf den Straßen, keine frei laufenden Hunde.

Wir sind zu siebt. Sechs Teilnehmer und Rudi, unser Guide. Hugo ist der letzte der ankommt – etwas verspätet, denn das Fahrzeug, das ihn zum Hotel bringen soll, gerät mitten in eine Free Hongkong-Demo.

Für den ersten Tag war geplant, die Stadt zu besichtigen. Den 828 m hohen Taipei 101, den Lanshang-Tempel, das alte Viertel, Märkte. Ein Taifun machte alle Pläne zunichte. Zwar streiften uns nur die Ausläufers des Taifuns, trotzdem blieben viele Geschäfte, Banken und Sehenswürdigkeiten geschlossen, die U-Bahn fuhr in reduziertem Betrieb. So blieb uns nur ein Spaziergang bei Regen durch das alte Viertel Taiwans, denn auch der taifunsichere Taipei 101 war für Touristen gesperrt. Der Kaffee im 47. Stock des Nachbargebäudes bot uns aber auch einen schönen Blick auf die Stadt – und auf den Taipei 101.

Heute, das Wetter ist, als wäre nichts gewesen. An den Wind und den Regen erinnert nur der Müll und Dreck am Ufer des Danshui-Flusses. Entsprechend riecht es auch.
Unsere 22 km kurze Tour von Taipei nach Tamsui führt bei strahlendem Sonnenschein größtenteils entlang des Flusses. Die Radwege sind gut ausgebaut, hier und da liegt außer Müll noch etwas Matsch, den das Hochwasser zurückgelassen hat. Die Skyline von Taipei City liegt bald hinter uns, vor uns sehen wir schon die Skyline von Tamsui. Links neben uns der Fluss, im Hintergrund die grünbewachsenen Berge. Wir fahren vorbei an Mangroven-Bäumen, Palmen, Bäumen mit Papayas und Bäumen mit Drachenfrüchten.

Nach unsere Ankunft in Tamsui checken wir kurz im Hotel ein, essen eine Kleinigkeit, dann bringt uns Wei Xin, unser netter Fahrer, zum Nationalen Palastmuseum. Das Museum beherbergt die weltweit größte Sammlung chinesischer Kunstwerke, die die 8.000-jährige Geschichte Kontinentalostasiens umspannt.

Durch den Feierabendverkehr geht es zurück nach Tamsui und einem leckeren Abendessen in einem burmesischen Restaurant mit Papayasalat, Hähnchen in Zitronensoße, Spinat und anderen Leckereien.

Berge, Berge, Berge, Berge, Berge, Berge….

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

82 km nach Baiba

Es ist 8 Uhr, wir sitzen bei Toast und Tee im Frühstücksraum und die Welt schläft noch. 1. Oktober – Feiertagsstimmung. Die Straßen sind wie leer gefegt. Wir radeln durch den Sonnenschein immer in Richtung Mt. Everest.

Es geht leicht bergan, aber es lässt sich gut fahren. So kann es die nächsten 32 km weitergehen bis zum Gyatso La, dem mit 5248m höchsten Pass des Friendship-Highway. Wir biegen in eine karge dunkle Schlucht. Es ist kalt hier und einsam. Die hohen Felsen beiderseits der Strasse lassen womöglich nur mittags ein wenig Sonne in das stille Tal. Ein Bach plätschert vor sich hin. In der Ferne bellt ein Hund.

Je höher wir kommen, des steiler scheint die Straße und desto kälter wird es. Irgendwann bemerke ich den Schnee am Straßenrand. Unser Fahrer hat direkt einen Schneemann gebaut. Drei Pausen gönnen wir uns bis zum Gipfel. Und zumindest bei der ersten Pause sind wir noch recht fröhlich.

In mir weckt die schneebedeckte Landschaft ungute Kindheitserinnerungen: Im knatternden Trabbi Richtung Fichtelberg. Je näher wir dem Ziel kamen, desto weißer wurde die Landschaft. Und desto kälter wurden auch meine Füße. Skier anschnallen, Berg hochlatschen, runterfahren. Danach mit tauben Eisklötzen anstatt Füßen im Auto sitzen, die werden gerieben bis das Gefühl wieder zurückkehrt, ein widerlich stechendes Gefühl.
Je näher ich dem heutigen Ziel komme, desto mehr schwindet meine Lust weiterzufahren. Etwa 5 km vorm Pass, steigt Susann ab und beginnt zu schieben. Ja, frohlocke ich, jetzt steigen wir ins Auto! Aber Susann will nicht im Auto nach oben und so bleibt mir nichts anderes übrig als zähneknirschend in den sauren Apfel zu beißen.

Oben angekommen ist die Stimmung bei jedermann euphorisch. Uli und Andrea waren mal wieder die ersten und machen fröhlich Fotos von uns „Neuankömmlingen“. Ich versuche meine Gesichtszüge fürs Foto wieder einigermaßen in Form zu bringen. Wir hängen Gebetsfahnen auf und verziehen uns dann schnurstracks in den warmen Bus, wo wir mit Nudelsuppe beglückt werden. So aufgewärmt geht es an die letzte Etappe. 50 km bergab, aber mit Gegenwind. Vollkommen knülle landen wir abends im Hotel.

Happy Birthday, China

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Ruhetag in Dali

Heute wird die Volksrepublik 70 Jahre alt. Wir entschließen uns, an diesem Feiertag die Drei Pagoden von Dali zu besuchen. Um die Pagoden wurde eine große Tempelanlage gebaut, die sich in die Cangshan-Berge hinaufzieht. Ein Tempel nach dem anderen, es nimmt schier kein Ende. Das Wetter ist gut, und hier verteilen sich die Touristen, es ist angenehm ruhig. Wir machen noch kurz Pause unter einem der vielen Bäume, dann stürzen wir uns zurück ins Getümmel.

In Dalis Gassen wird es voll und voller. Wir verbringen den Tag in der Bakery 88, bei der Massage und mit individuellem Shoppen. Weil es ein echter Ruhetag ist, und ich mir pünktlich zum Ruhetag eine Erkältung zugezogen habe, soll das für den Blog heute genügen. Morgen enden die „Oberen Schluchten des Mekong“ und Claudia und Ulrike müssen nach Hause fliegen. Es war total schön mit Euch, was sollen wir nur ohne Euch machen?


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Ruhetag um den See herum

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Wase nach Dali, 78 km, flach

Warum hatte ich nur eine so frühe Abfahrt angesagt. Gegen acht Uhr sind wir auf den Rädern. Ich nenne es mal einen Ruhetag auf dem Fahrrad. Denn 78 km flach um den See herum zählen eigentlich nicht. Da kann man schön auf den See starren und vor sich hinträumen. Morgens ist das Licht fantastisch und der Kamm des Cangshan-Gebirges zeigt sich wolkenfrei. Es ist kaum ein Auto auf der Straße, also ideale Bedingungen zum Radeln. Außerdem ist es der letzte Radtag für Claudia und Ulrike, den wollen wir genießen. Aber zuerst stoppen wir am Markt, um unsere Nudelsuppe zu schlürfen. Nebenbei kommen wir in den Genuss einer kleinen Gesangseinlage der Bai-Frauen. Sie essen einen Monat lang kein Fleisch und treffen sich jeden Morgen am Tempel zum Singen und Beten. Soviel zum traditionellen China.

Was dann kommt, wird immer skurriler. Aber zuerst gönnen wir uns den ersten richtigen Kaffeestopp der Tour. Nicht irgendwo, sondern an der Uferpromenade von Shuanglang.

Langsam füllen sich die Gassen und die fotowütigen Urlauber übernehmen. Damit will ich uns gar nicht ausschließen… aber ob Jeepkolonne, Fotos auf Autodächern, in Herzen oder in den angesagten transparenten Schaukeln… die meist sehr jungen Paare machen Bilder, was das Zeug hält. „Emmerich, geh mal aus dem Bild“ ist einer der Rufe von heute, denn Emmerich taucht gern mal dort auf, wo Klaus gern ablichten möchte. Jedenfalls kommen wir immer nur bis zum nächsten Fotopoint der chinesischen Touristen, es ist einfach zu gut anzuschauen. Den Montagsmarkt in Shaping und die alten Gassen von Xizhou haben wir auch noch absolviert. Leider ist die Westliche See-Ringstraße irgendwann gesperrt, so dass wir die letzten Kilometer nach Dali auf der Hauptstraße zurücklegen. Trotzdem war es heute eine gemütliche Radrunde am Ohrensee.

In Dali ist dann wie erwartet viel los. Morgen beginnen die Feiertage, und die kleinen Gassen sind übervoll. Ich erkenne fast nichts mehr wieder, sämtliche Läden, Hotels und ganze Straßenzüge sind neu, und mein Lieblingsfamilienrestaurant, das ich schon seit Jahren besuche, existiert auch nicht mehr. Dafür finden wir im Café de Jack eine ruhige Oase und zumindest gibt es noch einige Massageläden, die wir morgen auf jeden Fall aufsuchen werden. Nach den drei Wochen haben wir uns das wohl verdient.


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Am Montag ist in Tibet zu!

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

91 km nach Lhaze

Montag, 30.9., Ruhe vor dem Sturm. Ab morgen beginnt die goldene Woche – Feiertagswoche und Hauptreisezeit in China. Gut die Touri-Hotspots genau dann zu meiden.

Aber erstmal heute. Montag. 30.9. Erste Nacht für uns in einer tibetischen Sammelunterkunft direkt an der Hauptstraße. Aber die Betten in unserem Sechs-Bett-Zimmer waren warm und gemütlich und am Morgen werden wir von blauem Himmel und Sonnenschein begrüßt. Die Temperaturen sind angenehm mild. Kein Wind, kein Regen in Sicht.

Zum Frühstück gibt es eine kräftige Nudelsuppe, die macht von Innen warm und gibt Kraft! Zwar geht es stetig bergan aber es fährt sich leicht und gut, das Auto ist vollgepackt mit Gebäck,Nudelsuppen und Trockenobst, was soll uns also passieren? Der kleine Pass ist eine gute Vorbereitung auf morgen, wo es ein bisschen knackiger zur Sache gehen wird.

So, Pass bewältigt, Tagesziel erreicht – nun geht es an dei angenehmen Seiten des Tages. Mittagessen! Nach der Abfahrt in etwa 10 km wird uns ein Restaurant angekündigt. Sehr gut! Erwartungsfroh schwingen wir uns aufs Rad. Unten angekommen erwartet uns anstatt eines Restaurants nur ein Trümmerhaufen. Das Haus wird gerade abgerissen und dann wieder neu aufgebaut. Nichts neues in China, nur für uns etwas doof. Naja, die Ortsansässigen schicken uns 2 km weiter, da sei wohl noch ein Restaurant. Dort angekommen, stellen wir fest, dass auch dieses geschlossen hat. Wir wollen schon die Instant-Nudeln auspacken, da erreicht uns die frohe Kunde eines weiteren Gasthauses unweit diesen Ortes. Na los, auf die Räder geschwungen und nichts wie hin. Aber auch da GESCHLOSSEN!
Jetzt haben wir auch keine Lust auf Instant-Suppen mehr und die Stadt ist auch nicht mehr weit. Der Entschluss ist schnell gefasst: Erstmal ins Hotel, dann sehen wir weiter.
Und wir werden nicht enttäuscht. Hier gibt es einen sonnigen Innenhof. Da wird der Kaffee ausgepackt, Kekse und Kuchen geholt und gegenüber gibt es auch einen kleinen Markt, der Eis im Angebot hat. Also kein Mittag heute, sondern eine ausgedehnte Kaffeepause.

Vom staubigen Hinterland an den See der Träume

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Yangbi nach Wase am Ohrensee, 74 km, 770 HM

Harald hat es die Hitzeschlacht auf der Burmastraße genannt. Das kommt schon hin, denn auf der staubigen, teils steilen Straße haben die Temperaturen ganz schön angezogen. Von der Schlacht selbst habe ich nicht viel mitbekommen, weil Emmerich, Harald und Klaus einfach zu schnell in die luftigen Höhen abrauschen. Von diesem Teil der Strecke habe ich keine Bilder gemacht, da waren mir zu viele Laster unterwegs. Etwa 700 HM weiter oben tauchen plötzlich Hochhäuser auf. Dali Neustadt. Wenn man die Stadt und den See eigentlich nach einer wohlverdienten Abfahrt erwartet, hat man sich getäuscht. Man bleibt auf der Höhe. Dali Neustadt ist entspannt, und der Verkehr hält sich sehr in Grenzen. Nur Emmerich ist sichtlich überfordert, in Lichtenstein geht es wohl ruhiger zu. 

Der Ohrensee ist eine Art Sehnsuchtsziel für junge chinesische Päarchen. An jeder Ecke werden Hochzeitsbilder gemacht, das ist aber an anderen Orten ähnlich. Von den letzten Jahren her kannte ich die zahlreichen Elektro-Leihmopeds, die in Scharen um den See fuhren. Das ist schon fast wieder out. Heutzutage muss es schon der pinke Beatle, oder besser noch eine Art Safarijeep sein. Die Hotels haben sich neuerdings eine besondere Ausstattung für die jungen Besucher aus der Stadt zugelegt: der Jeep auf dem Dach oder eine transparente Halbkugel-Schaukel für Traumbilder am See. Puh.

Apropos Hotels, das Ostufer des etwa 50 km langen Ohrensees ist schon fast mit niegelnagel neuen Hotels zugepflastert. Zugegeben, unsere Zimmer sind geschmackvoll eingerichtet. Und weil wir wieder einmal recht früh, um halb drei, am Ziel sind, bleibt genügend Zeit für ein Schmutzbier am Seeufer und ein gemütliches Abendessen auf der Dachterrasse eines Uferrestaurants. Im T-Shirt, und das auf einer Höhe von knapp 2.000 Metern. Am Abend haben sich die Touristenmassen wahrscheinlich wieder nach Dali verzogen und es ist angenehm ruhig geworden. So lässt es sich leben.

PS: Heute hat Xiao Luo uns Fähnchen für die Räder besorgt, weil China ja bald Geburtstag hat.


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Ein Klo und W-Lan oder der kürzeste Blog aller Zeiten

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

82 km nach Liushang

Jetzt sitzen wir im Gastraum der kleinen Herberge vor uns die leeren Teller und Schalen unseres Abendessens. Sven schüttelt auf Ulis Anweisung sinnvoll die Thermoskanne um noch etwas Geschmack aus dem Ingwer heraus zu kitzeln. Wir befinden uns auf über 4.000 m, haben astreines W-Lan und seit diesem Jahr sogar ein Klo. Das gab es letztes Jahr noch nicht. Der Fernseher läuft die ganze Zeit, da in zwei Tagen die Republik 70 wird, läuft hier gerade ein sehr pathetische Abhandlung über die Gründung der Volksrepublik. Unsere tibetische Crew ist bereits in die Schlafkojen verschwunden. Wir scheuen noch ein wenig das kalte Wasser und die Dunkelheit im „stillen Örtchen“. Draußen geht das Gewitter nieder und Sven zählt den Abstand zwischen Blitz und Donner.

Wir hatten eine entspannte Radetappe. Regenfrei. Pannenfrei. Fast windstill. Dazu die Schneeberge in Sicht. Immer der Nase nach. Beobachtungen über die Landwirtschaft wurden angestellt. Hier wird noch mit Ochsen im Joch gepflügt und zwar, wie ich jetzt Dank Uli weiß, mit dem Einschar-Eisenpflug. Nach unserer Ankunft und einem kleinen Spaziergang machen wir es uns in der Gaststube gemütlich bis zur Schlafenszeit.

Verbummelt

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Zu Gast beim Panchen Lama

Unser Wettermeister hat mal wieder recht gehabt: Die ganze Nacht hat es geregnet, jetzt ist es trübe, ab und an nieselt es.
Trotzdem raffen wir uns auf, verlassen unser gemütliches Hotel und wandern zum Tashilhunpo, Sitz des Panchen Lama. Lassen uns mit den Pilgern treiben, von Halle zu Halle, von Buddha zu Buddha. Mönche schöpfen Butter aus fast überlaufenden Kerzen, Novizen wienern die Treppen und Böden.Wieder und wieder. Summend, sich in den Hüften wiegend wird Opfergeld gezählt und geordnet. Irgendwann werden wir aus dieser Klostermaschine ausgespuckt wie aus einer riesigen Gebetsmühle. Der Kopf schwirrt von den vielen Wandelgängen, den unzähligen Buddhas und Bodhisattvas, den Gerüchen von Sandelholz, Yakbutter und Rauchwerk.

Der Regen ist stärker geworden und wir beschließen die Kora um das Kloster nicht zu laufen, sondern, durchgefroren wie wir sind, in einem Kaffee oder Teehaus Unterschlupf zu finden. Wir haben etwas Pech. In dem einen Laden gibt es die Törtchen, in dem anderen den Kaffee. Beides gemeinsam – Fehlanzeige.

Wir schlendern zurück in Richtung Hotel. Und das artet in einen regelrechten Einkaufsbummel aus. Zuerst entern wir einen örtlichen Markt, wo wir uns erstaunlicherweise noch ganz gut beherrschen können. Dann kommen die Klamottenläden mit feinen Mänteln und chicen Anzügen. Da beginnt es langsam gefährlich zu werden. Haushaltswarenläden mit Gummihandschuhen, nicht für den Abwasch, sondern die regenreichen Etappen, die laut Sven vor uns liegen. Obst- und Bäckerladen für den Proviant. Und dann: der Teeladen! Zuerst will man uns abwimmeln, aber da wir unsere Kaufabsichten klar und deutlich formulieren, kommen wir dann doch in den Genuss einer fachgerechten Teeverkostung. Mit vollen Blasen erreichen wir endlich gegen halb sechs das Hotel. Der Tag ist fast vorbei. Abendessen und dann noch ein Abstecher zum Friseur. Svens Haupthaar wir gekürzt und mir mal wieder eine Rita-Süßmuth-Gedächtnisfrisur verpasst. Na dann – Gute Nacht!

Der Weg ist das Ziel

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Shaxi nach Yangbi, 108 km, über 1.000 HM

Ein Radtag wie im Bilderbuch. Strahlend blauer Himmel, sanfte Hügel, Reisfelder und immer am Heihui Fluss entlang. Mal unten und mal auch ein paar Meter weiter oben, sonst wären wir nicht auf unsere Höhenmeter gekommen.

In Shaxi war es noch kühl nach dem nächtlichen Gewitter. „Morgen fahren wir über 100 Kilometer mit dem Fahrrad“, hatte ich gestern in der Herberge erzählt, bei der Frage nach der frühesten Frühstücksmöglichkeit. Anscheinend war das das Stichwort. Denn das Western Breakfast hatte ich ziemlich undemokratisch abbestellt und gegen die chinesische Nudeluppe umgetauscht. „Weil es länger anhält und schneller geht“. Die beiden Chefs des Catos Inn, sie sind übrigens Rentner aus Peking, die sich den Tag auch mal gern mit Kalligrapie in Shaxi vertreiben oder auf Englisch mit Westlern plaudern, zaubern daraufhin die bisher größte Nudelsuppe der Tour. Und bringen sie stolz selbst an den Tisch. Wow, lange angehalten hat sie, die Suppe, schneller als das Western Breakfast war es nicht, denn wir haben alle tapfer bis zur letzten Nudel gekämpft, nur Klaus hat die Vernunft siegen lassen und einen Anstandsrest übrig gelassen. Vielen Dank nochmal für diese Bewirtung.

Schnell wird es warm und es ist eigentlich nicht viel zu diesem Radeltag hinzuzufügen:

Weil dies eine recht schnelle Gruppe ist, kommen wir auch schon um halb fünf an. Obwohl heute der Weg das Ziel war, denn die Landschaft in diesem Nebental von Dali ist unschlagbar. Eigentlich ist der Tag aus der Not geboren, weil die Hauptroute nach Dali mittlerweile stark befahren ist und vor einiger Zeit eine Alternative her mussste.

20 Kilometer vor dem Zielort haben wir uns doch noch für eine richtige Pause entschieden. Es gab Nudeln, Jiaozi und Juanfen, ein mit Erdnusspaste und scharf eingelegtem Gemüse bestrichener Crêpe aus Reismehl, der zusammengerollt, kleingeschnitten und kalt gegessen wird. Lecker. Was im Bild aussieht wie Farbtöpfe und Pinsel sind die unterschiedlichsten Zutaten für eine gute Suppe, wie gehackte Erdnüsse, Knoblauch, frische Kräuter oder Sichuanpfeffer. Je weiter man nach Süden kommt, desto besser werden die Suppen.

Mein Garmin, es ist ein Oregon, hat nach zwei Tagen einwandfreier Funktion heute beschlossen, erst kurz vor Ziel, gegen vier Uhr nachmittags, zur Arbeit zu erscheinen. Es wird wohl Zeit für ein neues Gerät. Hier die Eindrücke vom heutigen Tag.

PS: Xiao Luo, die Frau unseres Fahrers, schlägt bei der letzten Pause einmal mehr die Hände über dem Kopf zusammen: „Das ist ja das reinste Radrennnen, wir konnten Harald und Emmerich kaum mit dem Auto einholen“. Ich erzähle, dass Harald zu Hause am Sonntag auch gern mal weit über 100 Kilometer fährt. Unser Fahrer Xiao Ding grinst daraufhin nur unbeeindruckt: „Na dann muss er aber morgen eine ordentliche Extrarunde einlegen.“

Wander- und Ruhetag am Steinschatzberg

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Ruhetag in Shaxi

Ein echter Ruhetag war es nicht. Nach dem Besuch des Freitagsmarkts in Shaxi statten wir zu fünft dem Steinschatzberg einen Besuch ab. Der Markt ist einer der größten der wandernden Wochenmärkte, die ganze Umgebung strömt nach und nach hierher, um sich mit frischem Obst und Gemüse einzudecken, zu plaudern und zu essen. Die Verlockungen sind groß, es gibt große Baozi, Stände mit Nudelgerichten und süße Teigwaren. Dabei haben wir schon gefrühstückt. Western Breakfast in unseren Herberge, mit Toast und Ei, mal etwas anderes, aber ein wenig vermisse ich die warme dampfende Nudelsuppe. „Trachten werden wohl nicht mehr getragen“ bemerkt Wilfried. Sah man vor ein paar Jahren die Frauen in ihren bunten Trachtenkleidern auf dem Markt flanieren, so ist es heute eine Seltenheit. Alles ändert sich.

Zum Steinschatzberg haben wir uns fahren lassen. Am ersten Punkt, dem Baoxiang Tempel, war es angenehm leer. Außer uns waren fast nur die kleinen Affen zu sehen und die wenigen Verkäuferinnen, die sich mit Stöcken gegen die kleinen, und oft erfolgreichen „Diebe“ zu wehren versuchen. Der Steinschatzberg ist ein großes Areal: in den grünen mit Kiefern bewachsenen Hügeln liegen verstreut kleine und größere Tempelchen, dazu einige Höhlengrotten wie am Dazhong Tempel, die Zeugnis von der Zeit der Nanzhao-Königreiche abgeben. Denn bis zum Einfall der Mongolen gab es in diesem Gebiet unabhängige Königreiche, die ihre Hauptstadt mal in Dali und mal hier in der Gegend hatten. Die älteste Grotte zeigt Hofszenen des Nanzhaokönigs um 800 n.Chr., eine andere die „Mona Lisa“ von Jianchuan, eine besonders ausdrucksstarke Darstellung der Göttin der Barmherzigkeit Avaloketishvara, oder Guanyin, wie sie in China heißt.

Die Steinformationen und Hügel sind aber mindestes so beeindrucktend wie die Tempel und Höhlen, wahrscheinlich könnte man tagelang hier wandern, und hätte immernoch nicht alles gesehen. Darum machen wir uns zu Fuß auf den Weg zurück nach Shaxi, wo der Kaffee im Gästehaus ruft und Ulrike und Claudia schon entspanen, denn die beiden haben sich für einen echten Ruhetag entsschieden. Eine Stunde und vierzig Minuten benötigt man für den Fußweg zurück. Erst führt ein gut angelegter Weg durch den Kiefernwald, doch bald zweigen wir auf die Abkürzung ab, die uns auch über die Friedhöfe der Umgebung führt. Unten angekommen nehmen wir noch die Dorfstraßen, bewundern die stattlichen Häuser, in denen Chilli verkauft wird oder die verdienten Kader beim Mahjong-Spiel zusammensitzen. War es den ganzen Tag lang warm und sonnig, so windet, regnet, donnert und blitzt es schon wieder. Na ja, solange sich die Unwetter auf den Abend fixieren, soll`s uns recht sein.


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