Happy birthday, Emmerich

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Nanjian nach Jingdong, 108 Kilometer, etwa 1.200 HM

Heute sind wir über 100 Kilometer zu Emmerichs Geburtstagsfeier gefahren. Dafür stehen wir früh auf, um viertel vor sieben wird es gerade hell, als uns die Hotelchefin verabschiedet. Sie hat uns noch gekochte Eier und Joghurt mit auf den Weg gegeben. Unterwegs essen wir die obligatorische Nudelsuppe, dann geht es los. Auf halben Weg zum heutigen Pass hält ein Auto, die Hotelchefin steigt aus und überreicht Emmerich selbst angebauten Tee. Sie hatte heute früh von dem Geburtstag erfahren und war uns kurzerhand hinterher gefahren. Nach dem Aufstieg durch die grünen Hügel geht es viel bergab, die Vegetation wird üppig. Riesiger Bambus, Bananen und Papaya säumen schon den Weg, auch die ersten kleinen Teeplantagen sind zu sehen. Leider wird gerade eine neue Autobahn gebaut, das liebliche Flusstal ist an einigen Stellen arg geschunden und die Baulaster wirbeln Staub auf. Harald ist angeschlagen und hat sich heute für das Auto entschieden, so dass wir ohne die kleinen Renneinlagen zwischen ihm und Emmerich gemütlich radeln. Gemütlich ist relativ, denn wir kommen schon um halb drei im Hotel von Xiao Luos Schwester an. So haben wir noch etwas Zeit zum Ausruhen.

Um fünf Uhr beginnt die Geburtstagsfeier. Wir sind in Jingdong, Xiao Luos Heimatstadt, und sie hat sich sehr gefreut, dass Emmerich gerade an diesem Tag Geburtstag hat und eine Feier angekündigt. So ganz genau wissen wir noch nicht, was uns erwartet, wir lassen uns überraschen. Zuerst fahren wir zum Abendessen. Xiao Luo hat Pilze gesammelt, und dazu gibt es so viele Gerichte, dass wir sie selbst mit Hilfe der herbeigerufenen Freunde nicht bewältigen. Dabei sollte das nur der Auftakt sein. „Wir machen einen Verdauungsspaziergang am Fluss entlang, dann grillen wir und essen Kuchen“ war die Ansage. Unsere Bäuche sind kugelrund, wie soll da noch etwas reinpassen? Dann knistert das Feuer vor Xiao Dings Werkstatt, die er zur Party ausgeräumt hat. Nach und nach landen weitere Unmengen an Fleisch und Gemüse auf dem Grill und bei uns auf dem Tisch. Dazu Obst und Schnaps. Glücklicherweise sind noch viele chinesische Freunde eingeladen, so dass die Essensfrage gelöst ist. Wilfried beschäftigt die vielen Kinder mit seinem Chinesisch-Lernbuch, wir unterhalten uns, probieren doch noch vom Gegrillten und genießen den Abend und die gelöste Stimmung. Um halb neun gibt es dann ein Ständchen von den Kindern, und den Kuchen. Darauf haben sich Emmerich und die Kinder schon den ganzen Abend lang gefreut. Danke, Xiao Luo und Xiao Ding! Diesen Geburtstag werden Emmerich und wir wohl nicht so schnell vergessen.


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Leichtes Radeln am Schwarzen Fluss

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Weishan nach Nanjian, 40 km, stetig bergab

Das ist wieder so ein Tag, der für drei reicht. Die Strecke nach Nanjian ist mit 40 km sehr kurz, dazu geht es immer leicht bergab. Also fahren wir erst gegen ein Uhr ab. Am Mogen ist Weishan voller als sonst. Wir kommen gerade rechtzeitig in die Nudelbude, danach wird es voll und die hungrigen Spätaufsteher warten schon auf unsere Plätze. Da ist das Frühstück schon fast stressig. Auch auf dem Markt herrscht reges Treiben, wir decken uns nur schnell mit kleinen süßen Bananen ein, dann geht es weiter in den Park. Hier zwitschern die Vögel um die Wette. Ihre Besitzer, alles ältere Herren, bringen sie jeden Tag in Käfigen an diesen Ort, damit Mensch und Tier ihre sozialen Kontakte pflegen können. Käfig ist zwar Käfig, aber wahrscheinlich leben diese Vögel vergleichsweise gut.

Es ist mittlerweile halb elf, da kann man sich eine Kaffeepause gönnen. In einem Hotel in der Fußgängerzone, kurz hinter der traditionellen Nudelherstellung, werden wir fündig, und Wilfried nimmt einen längeren Weg in Kauf, um einen halben Kuchen aus unserer Lieblingsbäckerei zu holen. Die Frau Bäckerin kennt uns schon, wir treffen sie später auf der Straße und werden natürlich als Stammgäste begrüßt. Es ist ein kleiner Ort und wir sind die einzigen Langnasen weit und breit. In Weishan gibt es eine Art Museum für Lokalgeschichte, das in ein restauriertes Tempelgelände eingebaut ist. Dort schlendern wir durch Malerei- und Fotoausstellungen und in die Hallen zur Nanzhao-Zeit. Einiges haben wir schon in natura gesehen, wie die berühmten Höhlengrotten mit der „Mona Lisa“ vom Steinschatzberg. Fast verlieren wir uns, als Emmerich, Wilfried und ich in eine der engen Gassen abbiegen. Dann wird es Zeit, auf die Räder zu steigen. Aufgehalten werden wir aber von einem Beerdigungszug, der direkt an der Herberge vorbeizieht. Begleitet von Musikinstrumenten wie der charakteristischen Suona-Tröte, Papierkränzen und unzähligen Trauergästen wird ein Sarg durch die Straßen getragen. Jetzt haben wir eine weitere chinesische Tradition kennen gelernt, von der ich aber keine Fotos gemacht habe.

Die 40 Kilometer am Schwarzen Fluss entlang rollen wie von selbst. Mit einem 25er Schnitt geht es vorbei an Feldern, grünen Hügeln, vielen Eukalyptusbäumen und den ersten Drachenfruchtplantagen der Tour. Wir halten nur einmal, um Fotos zu machen, dann sind wir schon in Nanjian und trinken Tee in der Hotellobby.

Hier empfängt uns später die Hotelchefin, um uns kurzerhand zu ihrem Lieblingsrestaurant zu fahren. Dazu muss man sagen, dass Nanjian ein lang gezogener Ort ist, wir übernachten am hinteren Ende, die Restaurants sind eher am Ortsanfang angesiedelt. Also quetschen wir uns zu sechst zur Hotelchefin ins Auto. Ich war schon einmal in dem Lokal, aber es ist mittlerweile umgezogen. Trotzdem erkenne ich die Inhaber wieder, und nach einem üppigen Abendessen bekommen wir noch Tee aus Nanjian geschenkt. An der Gastfreundschaft hier kann man sich ein Beispiel nehmen. Wasserspiele gab es auch noch zu sehen, und während der Rückfahrt im kleinen offenen Elektrostadtbus rutschen wir zusammen, es weht ein laues Lüftchen – für heute reicht das. Ab jetzt folgen „richtige“ Radtage, morgen steht eine lange Etappe an und wir wollen nicht zu spät im Heimatort von Xiao Luo ankommen.

PS: Es ist gerade ausgehede Pilzzeit in Yunnan. Die Hochsaison für Pilze ist im August, aber auch jetzt noch sind die Märkte und Speisekarten voller Pilzgerichte, durch die wir uns fast täglich durchtesten. Also, wer im August bis Oktober nach Yunnan fährt, unbedingt probieren.


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Die Entdeckung von Weishan

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Ruhetag in Weishan mit Besichtigung des Weibaoshans

Für mich war es ein echter Ruhetag. Denn wegen der Erkältung bin ich von den anderen zu einem Tag Radpause verdonnert worden. Na ja, nicht wirklich verdonnert, sondern gut beraten, was ich gern angenommen habe. Das war wohl das Beste, denn mittlerweile geht es mir wieder gut. So habe ich diesmal die Bilder von Klaus und die Erzählungen der anderen. Den knapp 700 m Aufstieg mit dem Rad haben sie locker in einer Stunde zehn Minuten gemeistert, auf teils staubiger Piste, und von den 22 daoistischen Tempeln des Weibaoshans bestimmt sechs angesehen. Gegen halb zwei waren die Herren auch schon vom Ausflug zurück. Ich wäre gern dabei gewesen, hier die Eindrücke:

Beim zweiten Teil des Tages bin ich wieder dabei. Freizeit stand auf dem Programm, die haben wir mit einem Kuchen im Innenhof und einem Friseurbesuch für Klaus und Emmerich gefüllt. „Ich bin schon 30 Jahre hier in Weishan im Geschäft“ meint der Friseurmeister in der Fußgängerzone. „Ich habe euch gestern schon hier vorbei spazieren gesehen, aber da ward ihr euch wohl noch nicht sicher“. Recht hat er, wir haben gestern abend schon Ausschau nach guten Friseursalons gehalten. Nach vielen Fotos und einigen Videos sind Emmerich und Klaus zufrieden, und der Friseurmeister und seine Lehrlinge auch.

„Etwas zum Trinken wäre jetzt fein“, meint Emmerich. Weil wir noch Zeit bis zum Abendessen haben, gesellen wir uns zur teetrinkenden Bevölkerung von Weishan dazu. Die ganze Straßenecke ist voller Teetische und Liegestühle, die Stimmung feiertagsentspannt, die Temperaturen mild, es ist einfach gemütlich. Beim Abendessen kämpft Harald tapfer mit dem Fisch, der im Gegensatz zu gestern nicht sauer-scharf, sondern Chilli- und Sichuanpfeffer-scharf ist. Beim Flanieren stoßen wir zufälllig noch auf eine Art Biergarten mit Livemusik, in dem wir den restlichen Abend verbringen, nur die Trinkspiele des Animateurs scheinen weder uns noch die restlichen Gäste wirklich anzusprechen. Auch beim Feiertagsspecial, 12 Flaschen Bier für 78 Yuan, passen wir heute. Trotzdem, Weishan gefällt uns immer besser.

PS: Heute nacht tönte ein Schrei aus Emmerichs Zimmer: er hatte nächtliche Besucher, denn das offene Dach des rustikalen Holzhauses lässt genügend Platz für neugierige Nagetiere. Also folgt ein Umzug in den unteren Stock, der ist sicher. Hm, dass Emmerich da so empfindlich ist, dachte ich noch bei mir. Etwas später werde ich eines Besseren belehrt. Denn auch bei mir gibt es auf dem Dach Getrappel, und eine Nasenspitze lugt aus den Dachbalken hervor. Das geht viermal so, dann habe auch ich genug, kann Emmerich verstehen, packe meine sieben Sachen und schlafe friedlich im unteren Stockwerk weiter.


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Da waren`s nur noch fünf

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Dali nach Weishan,72 km, ein Anstieg, etwa 600 HM insgesamt

Das ist wieder so in Tag, an dem die Bildauswahl schwer fällt. Zuerst die Verabschiedung von Claudia und Ulrike, die ihren langen Heimweg antreten. Wir wünschen Euch eine gute Reise und ein schönes Ankommen zu Hause. Es war eine sehr schöne Zeit mit Euch. Xiao Luo und die kleine WenWen werden heute auch noch nach Hause fahren und in ihrer Heimatstadt Jingdong auf uns warten. Ab jetzt sind wir noch zu fünft auf dem Rad unterwegs, und zwar „Entlang der Teestraße“, dem jetztigen Abschnitt der langen Reise Mythos Mekong.

Zuerst radeln wir noch etwas schweigsam vor uns hin. Ich habe Claudias Rad übernommen und den Eindruck, es fährt fast von allein. Die Straße nach Dali Neustadt ist vierspurig, der Verkehr hält sich für die Feiertagswoche aber in Grenzen. Sicher sind alle schon am See und machen Fotos. Hinter Dali Neustadt beginnt unser heutiger Anstieg. Auch der fährt sich gut, denn der Belag ist neu und der Schwerverkehr nimmt die parallel verlaufende Hauptstraße. Dafür besteht der Belag der alten Straße abwärts noch aus Staub, Schotter und Schlamm, so dass wir etwas langsamer am Stausee und den vielen Reisfeldern vorankommen. Unten angekommen fahren wir durch Dörfer der muslimischen Minderheit, hier und da steht eine Moschee und die Frauen tragen Kopftuch. Auf der Passhöhe hatten wir noch mit Regen gerechnet, der Wind war kühl, aber so langsam wird es warm und in der Sonne heiß. Im Vergleich zu den Dörfern am See ist dies eine echte Landpartie, überall wird Mais getrocknet und Reisstroh aufgestellt, vom hippen Leben am nahen Ohrensee bei Dali ist hier nichts zu spüren.

Auch an unserem Zielort Weishan, eine einst blühende Karawanserei auf der Teestraße, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Keine Hochglanzläden, keine sich durch die alten Gassen schiebenden Massen. Heute ist der 21. Reisetag, wir haben schon unglaublich viel gesehen, denke ich so bei mir. Etwas lustlos wandern wir durch Weishan. Zumindest mir geht es anfangs so. Vielleicht waren es nicht genügend Radkilometer, oder es ist einfach zu heiß und die neue Gruppengröße noch zu ungewöhnlich, villeicht drückt die Erkältung auf die Stimmung, wahrscheinlich war von jedem etwas dabei. Nach und nach zieht Weishan mich aber wieder in seinen Bann. Immer mehr Chinesen wollen Fotos mit uns machen und ihr Englisch testen. Am Abend sitzt der Frauenchor vor dem Trommelturm und singt das Geburtstagslied der Volksrepublik in Dauerscheife. Der Dirigent, wahrscheinlich ein pensionierter Lehrer, versucht ein Gespräch mit uns und singt ein paar Zeilen, sichtlich stolz auf seinen Chor.

Was mich aber am meisten fasziniert ist das Restaurant in der Nähe unserer Herberge. Es ist wie bei meinem letzten Besuch hier in Weishan. Noch nie habe ich einen so gut organisierten Laden gesehen. Gekocht wird im Akkord, jeder Handgriff sitzt, die Einheimischen strömen in Scharen herein und ein Gericht nach dem anderem geht über die Ladentheke. Na ja, eine Ladentheke gibt es nicht, denn gekocht wird im Eingangsbereich draußen: drei Woks werden von zwei Köchen bedient, vor ihnen sind die Zutaten schon aus der Auslage ausgewählt und vorbereitet, wofür wieder eine Person zuständig ist. Im Eingangsbereich, wo zwei Frauen die kalten Salate zubereiten, wird auch bestellt und abgerechnet, dort drängen sich die Gäste. Etwas abseits gibt es dann Woks für Suppen und Gemüse. Harald steht eine ganze Weile im Weg und filmt, was den Koch aber nicht im Geringsten zu stören scheint. Dazwischen laute Rufe zur Veständigung, welche Gerichte noch anstehen… hier zuzusehen und auf die Stichflammen zu warten, die in unregelmäßigen Abständen hochschießen, ist einfach ein Genuss. Irgendwann machen wir dann noch einen kleinen Spaziergang und landen schließlich wieder im gemütlichen Innenhof der Herberge.


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Happy Birthday, China

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Ruhetag in Dali

Heute wird die Volksrepublik 70 Jahre alt. Wir entschließen uns, an diesem Feiertag die Drei Pagoden von Dali zu besuchen. Um die Pagoden wurde eine große Tempelanlage gebaut, die sich in die Cangshan-Berge hinaufzieht. Ein Tempel nach dem anderen, es nimmt schier kein Ende. Das Wetter ist gut, und hier verteilen sich die Touristen, es ist angenehm ruhig. Wir machen noch kurz Pause unter einem der vielen Bäume, dann stürzen wir uns zurück ins Getümmel.

In Dalis Gassen wird es voll und voller. Wir verbringen den Tag in der Bakery 88, bei der Massage und mit individuellem Shoppen. Weil es ein echter Ruhetag ist, und ich mir pünktlich zum Ruhetag eine Erkältung zugezogen habe, soll das für den Blog heute genügen. Morgen enden die „Oberen Schluchten des Mekong“ und Claudia und Ulrike müssen nach Hause fliegen. Es war total schön mit Euch, was sollen wir nur ohne Euch machen?


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Ruhetag um den See herum

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Wase nach Dali, 78 km, flach

Warum hatte ich nur eine so frühe Abfahrt angesagt. Gegen acht Uhr sind wir auf den Rädern. Ich nenne es mal einen Ruhetag auf dem Fahrrad. Denn 78 km flach um den See herum zählen eigentlich nicht. Da kann man schön auf den See starren und vor sich hinträumen. Morgens ist das Licht fantastisch und der Kamm des Cangshan-Gebirges zeigt sich wolkenfrei. Es ist kaum ein Auto auf der Straße, also ideale Bedingungen zum Radeln. Außerdem ist es der letzte Radtag für Claudia und Ulrike, den wollen wir genießen. Aber zuerst stoppen wir am Markt, um unsere Nudelsuppe zu schlürfen. Nebenbei kommen wir in den Genuss einer kleinen Gesangseinlage der Bai-Frauen. Sie essen einen Monat lang kein Fleisch und treffen sich jeden Morgen am Tempel zum Singen und Beten. Soviel zum traditionellen China.

Was dann kommt, wird immer skurriler. Aber zuerst gönnen wir uns den ersten richtigen Kaffeestopp der Tour. Nicht irgendwo, sondern an der Uferpromenade von Shuanglang.

Langsam füllen sich die Gassen und die fotowütigen Urlauber übernehmen. Damit will ich uns gar nicht ausschließen… aber ob Jeepkolonne, Fotos auf Autodächern, in Herzen oder in den angesagten transparenten Schaukeln… die meist sehr jungen Paare machen Bilder, was das Zeug hält. „Emmerich, geh mal aus dem Bild“ ist einer der Rufe von heute, denn Emmerich taucht gern mal dort auf, wo Klaus gern ablichten möchte. Jedenfalls kommen wir immer nur bis zum nächsten Fotopoint der chinesischen Touristen, es ist einfach zu gut anzuschauen. Den Montagsmarkt in Shaping und die alten Gassen von Xizhou haben wir auch noch absolviert. Leider ist die Westliche See-Ringstraße irgendwann gesperrt, so dass wir die letzten Kilometer nach Dali auf der Hauptstraße zurücklegen. Trotzdem war es heute eine gemütliche Radrunde am Ohrensee.

In Dali ist dann wie erwartet viel los. Morgen beginnen die Feiertage, und die kleinen Gassen sind übervoll. Ich erkenne fast nichts mehr wieder, sämtliche Läden, Hotels und ganze Straßenzüge sind neu, und mein Lieblingsfamilienrestaurant, das ich schon seit Jahren besuche, existiert auch nicht mehr. Dafür finden wir im Café de Jack eine ruhige Oase und zumindest gibt es noch einige Massageläden, die wir morgen auf jeden Fall aufsuchen werden. Nach den drei Wochen haben wir uns das wohl verdient.


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Vom staubigen Hinterland an den See der Träume

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Yangbi nach Wase am Ohrensee, 74 km, 770 HM

Harald hat es die Hitzeschlacht auf der Burmastraße genannt. Das kommt schon hin, denn auf der staubigen, teils steilen Straße haben die Temperaturen ganz schön angezogen. Von der Schlacht selbst habe ich nicht viel mitbekommen, weil Emmerich, Harald und Klaus einfach zu schnell in die luftigen Höhen abrauschen. Von diesem Teil der Strecke habe ich keine Bilder gemacht, da waren mir zu viele Laster unterwegs. Etwa 700 HM weiter oben tauchen plötzlich Hochhäuser auf. Dali Neustadt. Wenn man die Stadt und den See eigentlich nach einer wohlverdienten Abfahrt erwartet, hat man sich getäuscht. Man bleibt auf der Höhe. Dali Neustadt ist entspannt, und der Verkehr hält sich sehr in Grenzen. Nur Emmerich ist sichtlich überfordert, in Lichtenstein geht es wohl ruhiger zu. 

Der Ohrensee ist eine Art Sehnsuchtsziel für junge chinesische Päarchen. An jeder Ecke werden Hochzeitsbilder gemacht, das ist aber an anderen Orten ähnlich. Von den letzten Jahren her kannte ich die zahlreichen Elektro-Leihmopeds, die in Scharen um den See fuhren. Das ist schon fast wieder out. Heutzutage muss es schon der pinke Beatle, oder besser noch eine Art Safarijeep sein. Die Hotels haben sich neuerdings eine besondere Ausstattung für die jungen Besucher aus der Stadt zugelegt: der Jeep auf dem Dach oder eine transparente Halbkugel-Schaukel für Traumbilder am See. Puh.

Apropos Hotels, das Ostufer des etwa 50 km langen Ohrensees ist schon fast mit niegelnagel neuen Hotels zugepflastert. Zugegeben, unsere Zimmer sind geschmackvoll eingerichtet. Und weil wir wieder einmal recht früh, um halb drei, am Ziel sind, bleibt genügend Zeit für ein Schmutzbier am Seeufer und ein gemütliches Abendessen auf der Dachterrasse eines Uferrestaurants. Im T-Shirt, und das auf einer Höhe von knapp 2.000 Metern. Am Abend haben sich die Touristenmassen wahrscheinlich wieder nach Dali verzogen und es ist angenehm ruhig geworden. So lässt es sich leben.

PS: Heute hat Xiao Luo uns Fähnchen für die Räder besorgt, weil China ja bald Geburtstag hat.


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Der Weg ist das Ziel

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Shaxi nach Yangbi, 108 km, über 1.000 HM

Ein Radtag wie im Bilderbuch. Strahlend blauer Himmel, sanfte Hügel, Reisfelder und immer am Heihui Fluss entlang. Mal unten und mal auch ein paar Meter weiter oben, sonst wären wir nicht auf unsere Höhenmeter gekommen.

In Shaxi war es noch kühl nach dem nächtlichen Gewitter. „Morgen fahren wir über 100 Kilometer mit dem Fahrrad“, hatte ich gestern in der Herberge erzählt, bei der Frage nach der frühesten Frühstücksmöglichkeit. Anscheinend war das das Stichwort. Denn das Western Breakfast hatte ich ziemlich undemokratisch abbestellt und gegen die chinesische Nudeluppe umgetauscht. „Weil es länger anhält und schneller geht“. Die beiden Chefs des Catos Inn, sie sind übrigens Rentner aus Peking, die sich den Tag auch mal gern mit Kalligrapie in Shaxi vertreiben oder auf Englisch mit Westlern plaudern, zaubern daraufhin die bisher größte Nudelsuppe der Tour. Und bringen sie stolz selbst an den Tisch. Wow, lange angehalten hat sie, die Suppe, schneller als das Western Breakfast war es nicht, denn wir haben alle tapfer bis zur letzten Nudel gekämpft, nur Klaus hat die Vernunft siegen lassen und einen Anstandsrest übrig gelassen. Vielen Dank nochmal für diese Bewirtung.

Schnell wird es warm und es ist eigentlich nicht viel zu diesem Radeltag hinzuzufügen:

Weil dies eine recht schnelle Gruppe ist, kommen wir auch schon um halb fünf an. Obwohl heute der Weg das Ziel war, denn die Landschaft in diesem Nebental von Dali ist unschlagbar. Eigentlich ist der Tag aus der Not geboren, weil die Hauptroute nach Dali mittlerweile stark befahren ist und vor einiger Zeit eine Alternative her mussste.

20 Kilometer vor dem Zielort haben wir uns doch noch für eine richtige Pause entschieden. Es gab Nudeln, Jiaozi und Juanfen, ein mit Erdnusspaste und scharf eingelegtem Gemüse bestrichener Crêpe aus Reismehl, der zusammengerollt, kleingeschnitten und kalt gegessen wird. Lecker. Was im Bild aussieht wie Farbtöpfe und Pinsel sind die unterschiedlichsten Zutaten für eine gute Suppe, wie gehackte Erdnüsse, Knoblauch, frische Kräuter oder Sichuanpfeffer. Je weiter man nach Süden kommt, desto besser werden die Suppen.

Mein Garmin, es ist ein Oregon, hat nach zwei Tagen einwandfreier Funktion heute beschlossen, erst kurz vor Ziel, gegen vier Uhr nachmittags, zur Arbeit zu erscheinen. Es wird wohl Zeit für ein neues Gerät. Hier die Eindrücke vom heutigen Tag.

PS: Xiao Luo, die Frau unseres Fahrers, schlägt bei der letzten Pause einmal mehr die Hände über dem Kopf zusammen: „Das ist ja das reinste Radrennnen, wir konnten Harald und Emmerich kaum mit dem Auto einholen“. Ich erzähle, dass Harald zu Hause am Sonntag auch gern mal weit über 100 Kilometer fährt. Unser Fahrer Xiao Ding grinst daraufhin nur unbeeindruckt: „Na dann muss er aber morgen eine ordentliche Extrarunde einlegen.“

Wander- und Ruhetag am Steinschatzberg

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Ruhetag in Shaxi

Ein echter Ruhetag war es nicht. Nach dem Besuch des Freitagsmarkts in Shaxi statten wir zu fünft dem Steinschatzberg einen Besuch ab. Der Markt ist einer der größten der wandernden Wochenmärkte, die ganze Umgebung strömt nach und nach hierher, um sich mit frischem Obst und Gemüse einzudecken, zu plaudern und zu essen. Die Verlockungen sind groß, es gibt große Baozi, Stände mit Nudelgerichten und süße Teigwaren. Dabei haben wir schon gefrühstückt. Western Breakfast in unseren Herberge, mit Toast und Ei, mal etwas anderes, aber ein wenig vermisse ich die warme dampfende Nudelsuppe. „Trachten werden wohl nicht mehr getragen“ bemerkt Wilfried. Sah man vor ein paar Jahren die Frauen in ihren bunten Trachtenkleidern auf dem Markt flanieren, so ist es heute eine Seltenheit. Alles ändert sich.

Zum Steinschatzberg haben wir uns fahren lassen. Am ersten Punkt, dem Baoxiang Tempel, war es angenehm leer. Außer uns waren fast nur die kleinen Affen zu sehen und die wenigen Verkäuferinnen, die sich mit Stöcken gegen die kleinen, und oft erfolgreichen „Diebe“ zu wehren versuchen. Der Steinschatzberg ist ein großes Areal: in den grünen mit Kiefern bewachsenen Hügeln liegen verstreut kleine und größere Tempelchen, dazu einige Höhlengrotten wie am Dazhong Tempel, die Zeugnis von der Zeit der Nanzhao-Königreiche abgeben. Denn bis zum Einfall der Mongolen gab es in diesem Gebiet unabhängige Königreiche, die ihre Hauptstadt mal in Dali und mal hier in der Gegend hatten. Die älteste Grotte zeigt Hofszenen des Nanzhaokönigs um 800 n.Chr., eine andere die „Mona Lisa“ von Jianchuan, eine besonders ausdrucksstarke Darstellung der Göttin der Barmherzigkeit Avaloketishvara, oder Guanyin, wie sie in China heißt.

Die Steinformationen und Hügel sind aber mindestes so beeindrucktend wie die Tempel und Höhlen, wahrscheinlich könnte man tagelang hier wandern, und hätte immernoch nicht alles gesehen. Darum machen wir uns zu Fuß auf den Weg zurück nach Shaxi, wo der Kaffee im Gästehaus ruft und Ulrike und Claudia schon entspanen, denn die beiden haben sich für einen echten Ruhetag entsschieden. Eine Stunde und vierzig Minuten benötigt man für den Fußweg zurück. Erst führt ein gut angelegter Weg durch den Kiefernwald, doch bald zweigen wir auf die Abkürzung ab, die uns auch über die Friedhöfe der Umgebung führt. Unten angekommen nehmen wir noch die Dorfstraßen, bewundern die stattlichen Häuser, in denen Chilli verkauft wird oder die verdienten Kader beim Mahjong-Spiel zusammensitzen. War es den ganzen Tag lang warm und sonnig, so windet, regnet, donnert und blitzt es schon wieder. Na ja, solange sich die Unwetter auf den Abend fixieren, soll`s uns recht sein.


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Sonne satt, sanfte Hügel und … Straße weg

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Shigu nach Shaxi, 87 km, knapp über 1.000 HM

Mittlerweile haben wir uns alle in unsere gemütlichen Zimmer zurückgezogen. Es regnet, donnert und blitzt. Das kann uns im Moment nicht stören, denn es war ein schön sonniger Radtag und Shaxi ist immer wieder ein herrlich entspannter Ort (und es gibt richtigen Kaffee in der Herberge). Eigentlich ist Shaxi nur eine kleine Karawanserei auf der alten Teestraße, die aber in einem Kooperationsprojekt mit der Schweiz restauriert wurde. Es ist nicht so quietschbunt und blinkend wir in anderen Altstädten der Gegend, und auch noch sehr ruhig. Das kann sich bald ändern, denn in der Feiertagswoche ab dem 1. Oktober dürfte es überall voll werden.

Den Tag haben wir mit einer riesigen Portion Nudelsuppe im heißen Topf gestartet. Die war so reichhaltig, dass wir das Mitttagessen gegen ein Picknick in der Altstadt von Jianchuan eintauschen konnten. Vorher gab es eine kleine Schrecksekunde: die alte Straße, die sich in Serpentinen durch die grünen Hügel schlängelte, war weg. Die neue Straße wurde einfach über die alte drübergebaut, jedenfalls in Teilen. Gut, dass sich der Verkehr bald legt, denn die meisten Reisenden biegen direkt nach Lijiang ab oder nehmen die Autobahn Richtung Dali. Wir haben noch mehr Glück, denn die Spitzen des Jadedrachen-Schneeberges – der Hausberg von Lijiang ist immerhin ein 5.000er – sind von der neuen Route aus wunderbar zu sehen. Es folgt eine Fahrt durch ein Tal von Reisfeldern, die Frauen der hiesigen Volksgruppe der Yi und Bai tragen Trachten und wir kommen gut voran. Statt Mittagessen machen wir ein Obst- und Keckspicknick in der Altsadt von Jianchuan, bevor es von der Hauptstraße ab und über eine Hügelkette in Richtung Shaxi weitergeht. Ich vermute, der recht steile Schlussanstieg kommt einigen ganz gelegen, um sich wenigstens noch ein bisschen auf dem Rad auszutoben, bevor wir einen Ruhetag in Shaxi einlegen.

PS: Ab heute sind wir zu siebt, Wilfried ist nach einer langen Anreise und einem Flughafenwechsel in Shanghai gut angekommen.


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