Lutz gibt sein Bestes

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Reist man mit Lutz, dann wird gezockt, da gibt es nichts. In unserem Fall Würfeln oder Fußballwette. Sein Ergebnis aus drei Wochen Nepalurlaub war leider ziemlich lau: einmal durfte er sich den Sieg beim Würfeln teilen, einmal zweiter Sieger bei der Bundesliga-Spieltagswette, da hätten wir mehr erwartet, lieber Lutz (die große Überraschung war Bhaskar, unser nepalesischer Guide, denn er hat heute den Jackpot abgeräumt). Dabei sein ist natürlich alles und die Einsätze sind überschaubar, wir hatten einige sehr lustige Abende und danken Lutz für seinen Enthusiasmus und seinen Würfelbecher!

Heute hatten wir Zeit für gepflegten Müßiggang, zwischen und nach dem klassischen Touriprogramm im Chitwan-Nationalpark. Morgens früh aufstehen, zu fünfzehnt rein ins Einbaum-Kanu und dann schön durch den Morgennebel auf den Flüssen gestakt werden. Krokodile: abgehakt. Dann kurze Wanderung durch den Dschungel mit naturkundlicher Führung, fantastische Schlingpflanzen und Termitenbauten. Kurz zu den Elefanten rüber: rührend wie immer, einzig das Elefantenbaden war etwas befremdlich. Massig Leute und Kameras drum herum und wer will, darf sich mit Schwimmweste auf die Elefanten setzen (der Fluss ist vielleicht einen Meter tief) und sich zum Affen machen, d.h. sich von den Tieren unter Gejohle vollspritzen und ab und zu mal abwerfen lassen. Von uns wollte niemand, war aber lustig anzuschauen. Pause.

Nachmittags dann Elefantenreiten – wie einst Grzimek und Sielmann auf der Suche nach den legendären und urzeitlichen Panzernashörnern, für die der Nationalpark bekannt ist. Mit großer Geduld und Entdeckergeist haben wir zwei von ihnen aufgestöbert, eine Mutter und ihr Junges, possierliche Tierchen! Wir standen mit etwa 15 Elefanten um die beiden herum, die völlig unberührt vor sich hin gefuttert haben. Nashörner: abgehakt. Tiger waren leider etwas scheu heute und wollten sich nicht zeigen.

Tage wie dieser sind vielleicht nicht sonderlich originell, aber großen Spaß gemacht hat es trotzdem! Und wenn man abends durch die Gegend um unsere Lodge spaziert, dann ist man in einer besonderen Welt: in jedem zweiten Hinterhof steht ein Elefant und alles ist tropisch.

Schizophrene Wanderung

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Wanderung auf Hongkong Island. Gutes Wetter. Hin und wieder leicht diesig.

Die Aussicht auf die heutige Wanderung hat anscheinend gut die Hälfte der Gruppe abgeschreckt, die dann sich selber in Hongkong vergnügen wollten. Wie dem auch sei. Zu 9 sind wir mit leckerer Reissuppe in den Tag gestartet und konnten uns gar nicht so richtig vorstellen, dass wir in der Natur wandern sollten, als wir in der Rushhour in der Hongkonger U-Bahn saßen. Auch die Fähre nach Lamma-Island war gefüllt mit ca. 200 Schülerinnen, die auf der Insel ihren Picknick-day hatten. Sobald wir aber ankamen und loszogen wurde alles auf einmal ganz still. Auf einmal fand man sich auf dem Lamma-Family-Trail wieder und spazierte über die Insel. Das Kraftwerk störte hin und wieder die Insel-Idylle, dennoch waren wir mitten in der Natur mit wunderschönem Ausblick auf den Ozean. Vereinzelt kamen uns Einheimische oder Expats mit ihren Hunden entgegen.

Am Ende kamen wir an eine Seafood-Restaurant-Straße am Pier, bei dem die Angebote der Läden gerade zu groteske Züge annahmen. Z.B. gab es einen Riesenzackenbarsch, der mindestens 1 Meter lang war. Oder etwa ein riesiger bunter Hummer, angeblich aus Malaysien für ca. 4000 HKD. Mich hätte es auch nicht mehr gewundert, wenn ein Blauwal in einem der Restaurants im Angebot stünde. Zwecks Artenerhaltung, aber vor allem weil es nicht unserem Mittagsgeldbeutel entsprach, nahmen wir die gemütliche kleine Tucker-Fähre nach Aberdeen und verspeisten dort BBQ Gänse- oder Schweinereis… Hongkonger Fastfood. Aberdeen liegt auf der Südseite von Hongkong Island und ist der hiesige Namensgeber: übersetzt „der duftende Hafen“. Denn hier gab es wohl mal eine große Räucherstäbchenfabrik, die ihren Duft über das ganze Gebiet verteilte. Nachtrauern tut der Fabrik glaube ich aber keiner.

Von Aberdeen ging es eine große Runde um die Westseite der Insel bevor man immer mehr und mehr vom Hongkonger Finanzviertel, Central, zu Gesicht bekam. Eindrucksvoll war, dass man eigentlich die ganze Zeit im Pflanzen-Dschungel wanderte, jedoch ständig einen grandiosen Blick auf den Beton-Dschungel hatte. Die Stadt hört einfach da auf wo die Steigung anfängt. Und ab da fängt dann der Urwald an. Allerdings sind auch von der Wandergruppe nicht mehr alle mit den langen Weg gegangen, als es sich herausstellte, dass es eine Abkürzung gab. Doch, wie auch immer man seinen Tag verbracht hat, auf dem Peak oben, mit dem besten Blick auf die Hongkonger Hochhäuser, war heute jeder. Unvergleichlich ist der Blick auf das Häusermeer, dahinter der Ozean und um einen herum Urwald… Wow! Hongkong, du bist wirklich sehr unberechenbar und schizophren. Aber das macht dich irgendwie auch so sympatisch.

Jens sammelt erfolgreich Fahnen

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: ca. 140km, Wetter: sehr angenehm

Heute die längste Etappe, 140km in Südnepal, von West nach Ost und immer in Reichweite der indischen Grenze. Wir sind sie ähnlich angegangen wie den letzten Klops von Pokhara nach Tansen: ein Teil der Gruppe um 7 Uhr morgens vorneweg, der Rest um 9 Uhr im Bus hinterher, und irgendwann war man wieder beisammen und radelte zusammen weiter. Es muss hier gesagt werden: leider hat die Bus-Crew den schönsten Teil verpasst, denn morgens war es ruhig und ätherisch, die Sonne schien durch die Wälder und die Leute machten sich gemächlich auf den Weg, noch ganz verschlafen. Eigentlich sind die Morgenstunden in Süd- und Südostasien ganz besonders schön, dann, wenn die Menschen auf die Felder gehen und das Leben beginnt. Aber wer will seine Gruppe schon ständig um 7 Uhr rausscheuchen? Es bleiben aber lohnenswerte Ausnahmen.

Wir sind super vorangekommen, zu Mittag waren es schon fast 100km und der Verkehr war absolut erträglich wenn man bedenkt, daß dies eine von zwei Straßen ist, die den Westen mit dem Osten des Landes verbindet. Später kam die Hauptstraße von Kathmandu in Richtung Osten dazu, dann wurde es etwas heftiger, aber nur für etwa 15km. Der Rest zum Chitwan Nationalpark führte über Feldwege und das Parkland Hotel kam dann sehr überraschend, irgendwo im Nirgendwo und trotzdem sehr komfortabel. Jetzt wird hier gerade gesungen, getanzt und getrommelt, aber an Folklore haben wir glaube ich erstmal genug.

Die Gruppe fuhr zügig und trainiert voran, nur Jens, der fuhr öfters mal hin- und her. Jens hat einen Fetisch für nepalesische Parteifahnen entwickelt, jetzt hat er sich schon fast 20 Fahnen verschiedener Parteien erbeutet. Die Perlen seiner Sammlung: die Regenschirm-Partei, die Häuslebauer-Partei und die Fahne der „Sozialen Nationalen des Flachlandes“, dargestellt durch ein Fahrrad. Knapp 30 Parteien werden hier bald zur Wahl antreten, mal schauen wie weit er kommt, er hat ja noch ein paar Tage. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

P.S. diese Etappe widmen wir mit herzlichsten Grüßen (vor allem natürlich von den Nachbarn in München, den Mayers) unserem CBB-Ältesten: Walter Bloos, und fragen uns, wann er wieder mal mitkommt?!!!

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Kleine Goldfische im Haifischbecken

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Fähre nach Hongkong. Stadtspaziergang. Wetter wieder besser.

Mit der Fähre verließen wir heute „das eigentliche China“ und reisten ein nach Hongkong. Die Ausreise gestaltete sich bürokratisch, wie man es von China gewohnt ist: „Bitte hier warten…“ „Bitte Koffer hier hinstellen…“ „Bitte anstellen…“ „Bitte einen Moment noch…“ „Bitte nicht weggehen…“. Und alles völlig unnötig. Denn außer uns waren nur ca. 20 weitere Passagiere hier, die in das „westliche China“ wollten. Aber es soll ja alles seine Ordnung haben. Nach einem kurzen Sitzstreik von mir ging es dann aber bald los. Wir düsten mit ca. 60 km/h aus dem Delta des Perlflusses in Richtung chinesischem Meer. Nach etwa 2 Stunden kamen die ersten Hochhäuser in den Blick und wir konnten in Kowloon (Neun-Drachen) an Land gehen.

Eigentlich sind wir nach unseren Stationen auf dieser Tour ja lange keine Landeier mehr: Shanghai, Xiamen, Guangzhou. Man sollte meinen wir sind mittlerweile Großstädte gewohnt. Auch wenn Hongkong weniger Einwohner als all die aufgezählten Städte hat ist man einfach nicht vorbereitet auf die Hochhausschluchten von Hongkong Central. Zugegeben hatte ich mich ein wenig verloren gefühlt hier. Man verliert ein wenig die Orientierung, wenn der Horizont nur der kleine Himmelsschlitz hunderte von Metern über einem ist. Ich bin ja in Bangkok aufgewachsen und fühle mich in der einzigen thailändischen Metropole ganz wohl. Allerdings kommt das nur durch jahrelanges Kennenlernen, das Nachvollziehen und Akzeptieren der Ecken und Kanten. Bei jedem Besuch fühle ich mich aufs Neue verloren und brauche meist 2-3 Tage bis man sich wieder als ein funktionierendes Teil dieses riesen Stadtsystems fühlt. Hongkong ist quasi die Essenz der Urbanität. So haben sich die Science-Fiction Autoren der 50er das Leben im 21. Jahrhundert vorgestellt. Ein Mix aus architektonisch feuchten Träumen und Städteplaners Nachtmare… Dazwischen verstecken sich vereinzelt noch alte Kolonialgebäude, die an anderer Stelle geradezu pompös wirken würden, in Hongkong aber zu kleinen Puppenhäusern reduziert werden.

Der Plan war, dass wir uns das nächtliche Lichtermeer vom allüberschauenden Peak anschauen wollten. Nur hatten wir doch ein wenig Panik, als wir die Schlange für die Bergbahn sahen. Wenn wir heute noch hoch wollen würden, müssten wir wohl auf das Abendessen verzichten. Vermutlich wäre es nicht ganz so schlimm gewesen. Aber auf ein 1-2 stündiges Anstellen hatte ich mich nicht eingestellt. So fuhren wir mit der berühmten Star-Ferry auf das Festland zurück und betrachteten das Lichtermeer von der Uferpromenade aus.

Auch Abendessen ist als eine große Gruppe in Hongkong nicht ganz einfach. Die meisten Restaurants beschränken sich auf Grund der hohen Mieten, anders als in Festland-China, auf das Erdgeschoss. Und da war leider selten für uns alle Platz. Aber das ist ja immer noch Hongkong Kowloon hier. Letztendlich dreht sich hier alles ums Essen… Irgendwann findet man schon irgendwas.

Zurück am Mekong (Kikirikiiii!)

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

84 km vom Homestay nach Luang Prabang, teilweise Rückenwind, Tendenz bergab

„“Kikirikiiii!“

Um halb vier wacht der erste Schreihals auf. Eine halbe Stunde später folgt der nächste. Gegen halb sechs dann Hahnenkonzert in unserem Hof. Zeit, aufzustehen! Warum sollten wir Radler aus Deutschland auch einen anderen Rhythmus an den Tag legen als unsere Gastfamilie, die auch schon seit fünf Uhr fegt, kocht und mit Töpfen scheppert.
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Die Graue-Grüne-Stadt

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Guangzhou Stadtbesichtigung. Erst Regen dann bewölkt.

In der Früh wurden wir heute mit einem gut gemeintem Brüllen von der Schaffnerin geweckt: „Guangzhou-Ost, Endstation!“. So beginnt man doch gern einen Tag. Den Regen haben wir anscheinend mitgebracht. Unser Fahrer besteht auf der Strecke zum Hotel darauf, uns noch das Guangzhouer Vorzeigeviertel zu präsentieren. Also hatten wir noch einen obligatorischen Fotostopp vor dem Guangzhou Fersehturm mit Blick auf das Olympiastadion, Guangzhou Museum und Bibliothek. Wirkt stark so, als hätte man hier Shanghai als Vorbild. Dabei hat es Guangzhou gar nicht nötig. Denn historisch gesehen sind die Shanghaier eigentlich die blöden Neureichen, die es nicht besser wissen. In Kanton floss schon immer das Geld. Es ging immer um Geschäfte und Essen hier. Schon in während der Tang-Dynastie hatte Kanton den größten Handelshafen. Was will da Shanghai mithalten mit dem vergleichsweise neuzeitlichen Bund!

Unser Hotel lag sozusagen auf dem Guangzhouer Bund, der Shamian Insel. Hier bauten die Briten und Franzosen ihre Warenhäuser auf und es kamen Konsulate und ausländische Herrenhäuser hinzu. Im Grunde genommen hat sich nichts geändert. Die meisten Ausländer übernachten in einen der Hotels auf der Insel. Nun zahlen sie wenigstens Steuern und die Chinesen profitieren ein bisschen mehr von dem Aufenthalt.

Es regnete also immer noch, daher beschlossen wir im Hotelrestaurant erst einmal chinesisch zu brunchen: Morning-Tea. Hierzu gibt es Tee und kleine gedämpfte Kostbarkeiten. Wieder einmal hatte ich die Gruppengröße ein wenig überschätzt und übertrug dabei meine Magengröße auf alle anderen. Aber Ralph war ja auch noch da! Auch nach dem Brunch ließ der Regen nicht nach. Obwohl wir schon früh einchecken durften wollten wir nicht schon wieder einen Vormittag lang in den Hotelzimmern versauern und fuhren zur Akademie des Chen Clans. Die Anlage diente als Beamtenschule/Geschäftshaus/Ahnentempel derjenigen, die den Nachnamen Chen trugen. Jackie Chan z.B. gehört auch dazu. Die Dächer waren eindrucksvoll verziert und die Kunsthandwerk-Ausstellungen waren durchaus sehenswert. Vor allem die Elfenbein- und Kamelknochenschnitzerei war wahnsinnig beeindruckend. Man konnte viele der Ausstellungsstücke auch erwerben. 180‘000 Yuan hatte ich aber nicht mal ebenso in dem Portemonnaie.

Anschließend ließ der Regen etwas nach und wir schlenderten durch die Straßen und besichtigten noch den „Tempel der leuchtenden Kindespietät“ (frei übersetzt). Angenehm war hier, dass es kaum einen Touristen gab, der die mystische Stimmung störte. Die Anlage gibt es wohl schon seit dem 5. Jahrhundert. Das älteste Überbleibsel war jedoch eine eiserne Pagode aus dem 10. Jahrhundert.

Nun konnte es jedoch kaum noch einer abwarten endlich den Qingping-Markt zu erkundschaften. Der Markt erstreckt sich fast über das gesamte Altstadt-Gebiet und ist eigentlich eine Ansammlung von Märkten. Wir verliefen uns vorwiegend im chinesischen Kräuter-Markt, wo 100 verschiedene Wurzeln, Pilze und getrocknete Kleintiere angeboten wurden. Vergeblich suchte ich die Schlangen, die es hier wohl auch noch geben soll. Mittlerweile sind aber anscheinend alle mehr oder weniger hygienisch in einer der vielen Läden mit einem riesigen Kühlraum verstaut. Gefunden haben wir nur getrocknete.

Rolf, der mittlerweile heile und mehr oder weniger gesund ebenfalls angekommen ist, erzählte von einem riesigen Fischmarkt, an dem so wie es schien, der halbe chinesische Ozean verscherbelt wird. Ein wirkliches touristisches Ziel ist Guangzhou nicht. Aber gerade das macht die Stadt erst spannend und authentisch.

Vier Plattentode und ein Homestay

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

58 km von Nong Kiao zu unserem Homestay, perfektes Wetter

Bisher sind wir von Pannen verschont geblieben. Nun trifft es uns gleich viermal. To entdeckt bei seinem Rad (das China-By-Bike-Urmodell von 2003, von ihm liebevoll gepflegt und gehegt!) schon vor dem Losfahren ein plattes Hinterrad. Christine liefert dann gleich drei Platten am Stück. Gut so, wenigstens ein wenig Adrenalin an einem ansonsten perfekten Tag.
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Krishna zieht nach Baden-Baden

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: ca. 75 km, Wetter: sonnig, etwas diesig

Text von Monika, die für Albin den kleinen Krishna erhandelt hat

Albin sucht … nein falsch, Albin hat sie gefunden. Die Statue, die er gerne mit nach Hause nehmen möchte. Der Gott Krishna soll mit nach Baden-Baden. Bereits gestern Abend ist er zusammen mit Jutta in einem kleinen, verwinkelten Straßenladen fündig geworden. Trotzdem rührt er jetzt unwillig in seinem Bananen-Porridge herum. Die Verhandlungen vor dem Frühstück waren zäh. Kein Discount wird eingeräumt. So nicht, Albin ist schließlich Schwabe.

Unsere Betreuungscrew hat die Fahrräder direkt vor dem Hoteleingang aufgereiht. Statt fünfzig Meter, müssen wir jetzt nur fünf Meter gehen. Frische Wasserflaschen sind in der Halterung eingeklemmt. Nur radeln müssen wir noch selber. Wir wollen noch etwas Zeit in Lumbini verbringen und versammeln uns vor einer Umgebungstafel. 9:00 Fertig zur Abfahrt. 9:01 Ansage von Jan. 9:02 Los geht’s.

Albin fehlt, er steht schon wieder im kleinen Laden. Auf dem Weg zur ersten Besichtigungsstation kommen wir ihm zu Hilfe und erreichen gemeinsam den gewünschten Verkaufspreis.

Obwohl das Örtchen der anerkannte Geburtsort von Buddha ist, sind wir heute Morgen praktisch die einzigen Touristen. Die World Peace Pagode leuchtet in frischem strahlenden Weiß. Einige offene Farbtöpfe stehen noch herum. Vier goldenen Buddhas zeigen die Himmelsrichtungen. Jede hat eine andere Sitz- und Handhaltung. Streng werden wir von Jan abgefragt. Schon x-mal hat er alles erklärt und immer noch rätseln wir und schauen und gegenseitig hilfesuchend an. Eine Handhaltung ist aber auch ihm unbekannt. Sie sieht ein bisschen aus wie der hochgereckte Vettel-Finger nach einem gewonnenen Formel 1 Rennen.

Seltene Graureiher fliegen über uns hinweg. Wir haben eine Stunde Freizeit um uns den Park mit den Buddha-Pavillons aus allen Ländern anzusehen. Zuerst interessieren uns die Verkaufsstände, schließlich driften wir auf unseren Rädern durch die weite Anlage.
Ein bisschen surreal ist dieser Expo-Buddhismus-Park. Der deutsche Pavillon ist fertig, darf besichtigt werden und hat wirklich schöne Deckengemälde. Der chinesische Bau ist besonders groß, fast protzig, am koreanischen wird noch gebaut. Schilder weisen den Weg. Links Vietnam, rechts Österreich. Der Bau von Kambodscha hat sich an Angkor Wat orientiert, die Thai-Pagode hat das typische Staffeldach.

Normalerweise stecken wir immer unsere Köpfe über Juttas Packtasche zusammen. Sie hat das jeweilige Tages-Höhenprofil ausgedruckt und der begehrte Zettel wandert dann durch die verschwitzen Hände mit den Radlhandschuhen: Wo sind wir, was kommt noch? Heute nicht. Heute gibt es eine Streckenänderung. Wir wollen eine kleine Nebenstraße erkunden. Mal sehen ob der Bus mitfahren kann – unsere Fahrer sind wild entschlossen uns nicht alleine in die Wildnis zu entlassen und starten den Motor. Gemeinsam biegen wir in die schmale Straße ein.

Der Trip ist ein Gewinn. Am Anfang ist es topfeben und nahezu still. Auf den Reisfeldern hört man hin und wieder ein paar Zurufe, Kinderlachen, Hundegebell. Sonst nichts. Das drängelnde Hupen der Busse und LKWs ist weg. Gelegentlich ein Moped ansonsten, sind nur Fahrräder unterwegs. Sie transportieren landwirtschaftliches Gerät, Reissäcke, den kleinen Bruder oder auch mal eine ganze Familie. Wir fühlen uns wie in Indien, aber auch Frauen in Burkas sind unterwegs. Stopp in einem winzigen Dorf. In einer Hütte werden Fahrräder repariert, daneben ein Barbier. In dem engen Bretterverschlag hat nur ein Hocker, ein Spiegel, ein Kamm und einen Schere Platz. Akkurat wird der Scheitel vom Friseur gezogen und eine Kopfmassage ausgeführt. Daneben eine Versammlung von Frauen in bunten Saris. Erst auf den zweiten Blick erkennen wir den Grund. Ein Toter wird sorgsam in farbige Tücher gehüllt und für die Feierlichkeiten vorbereitet. Wieder daneben werden Hirsesäcke auf einer alten Waage mit Eisengewichten bemessen. Ein wackeliges Gespann mit zwei Ochsen beladen mit Reisstroh biegt ums Eck.

Weiter geht es durch Sal-Wälder zurück in Richtung Berge. Wir freuen uns auf sie. Auf der Straße sind viele kleine Körbchen gestellt. Geflochten aus Blättern und gefüllt mit Blüten, Obst, Reis und Schmalzgebäck. Heute ist der letzte und wichtigsten Tag des Lichterfestes und die Opfergaben sollen die Götter außer Haus beschenken. Nach dem Tag der Krähe, des Hundes und des Ochsen werden heute die Geschwister mit Blumenketten um den Hals gefeiert.

Eine Auswirkung dieses Festes bekommen wir am und im Magen zu spüren. Alle Geschäfte und Küchen haben geschlossen. Wie Deutschland an Weihnachten. Keine Chance – nix zu kriegen. Noch eineinhalb Stunden bis Butwal. Wir halten kurz um Wasser aufzufüllen. Jeder kramt in den Packtaschen und die letzten Vorräte kommen zum Vorschein. Obst, Erdnüsse, Kekse und Kartoffelchips in seltsamen Geschmacksrichtungen werden geteilt.

In Butwal finden wir eine kleine Garküche die uns Teigtaschen und Chapati-Brot zubereitet.
Wir kennen die hektische Stadt ganz anders. Heute sind überall sind die Rollläden heruntergelassen. Menschen tanzen auf den Straßen. Vor unserem winzigen Restaurant singen Kinder. Ein kleiner Kerl mit Gitarre und Gelfrisur ist begeistert von Martins Bariton. Dann kommt eine Jugendgruppe, zapft Strom, stellt große Boxen auf und rollt einen Teppich aus. Ein wirres Kabelgewurstel, kreischende Rückkopplungen, freudige Erregung bei den Jugendlichen. Die Jungs und Mädels sind gestylt und elektrisiert, sie haben geübt. Wir sind eingekeilt und können nicht mehr rechtzeitig fliehen, Sigi setzt sich seufzend wieder hin. Die Stadtbewohner ballen sich um uns herum. Die Teens tanzen eine Mixtur zwischen nepalischen Volkstänzen und dem Michael-Jackson-Moonwalk. Kurz vor Sonnenuntergang radeln wir noch die letzten Kilometer in das ‚Dreamland Golden Resort‘.

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Süßes oder Saures

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: ca. 85 km, Wetter: sonnig

Im Terai, dem südlichen Teil von Nepal, ist plötzlich alles anders: flach und indisch, viele Radfahrer und Lastenradfahrer, die sich nie in die Hügelketten des Landesinneren verlieren würden, geschweige denn ins Hochgebirge. Die westliche Himalaya-Kette hatten wir heute noch gehofft zu sehen, deshalb sind wir in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, aber wieder alles suppig. Tat der Laune keinen Abbruch, fahren wir halt nach Süden, und jetzt sind wir wieder in einer ganz anderen Welt. Die Yaks vom tibetischen Anfang sind Wasserbüffeln gewichen und inzwischen zu Zebu-Rindern geworden, vom Hochland zum Mittelgebirge zur Tiefebene.

In eigener Sache: einer guten Welt für Liebhaber der Betelnuss, sie zu kauen ist ein apartes, erfrischendes Vergnügen. Meine Gruppe kann ich dafür nicht begeistern, denn es ist außerdem sehr ekelhaft. Am Straßenrand bekommt man die Nüsse der Arekapalme kleingehackt, mit Kalk bestrichen und in Betelblätter gewickelt, meist mit leckeren Zusätzen wie Kautabak, Anis oder Minze. Dann kaut man das Paket ein paar Minuten vor sich hin und spuckt blutrot aus, lecker lecker, alles freut sich. Betel ist aber extrem beliebt in Süd- und Südostasien (vor allem in Indien und Burma). In Nepal gibt es außer im Süden eine ganz seltsame Abart: dort wird die Betelnuss herzlos geschreddert und mit Tabak- und Kalküberzug in kleinen Packungen verkauft (3 Packungen = umgerechnet 10 Cent). Die Zähne und Auswürfe mögen vielleicht nicht so rot sein, aber eigentlich ist es noch stilloser, wenn, dann richtig. Aber diese Packungen liegen überall rum und jeder kaut das Zeug vor sich hin (eingeschlossen unseres Begleitteams), das muss die einzige Industrie sein, die in Nepal so richtig gut läuft.

Wir sind in Lumbini, dem Geburtsort des historischen Buddha Siddhartha Gautama, wo man solcherlei Gelüsten eigentlich nicht nachgeben sollte (siehe: die Vier Edlen Wahrheiten). Es herrscht eine nette, gelassene Atmosphäre, Pilger pilgern dahin, die Infrastruktur ist des Ortes ist unfertig und ziemlich chaotisch. Hierher sind wir über den Siddhartha-Highway gekommen, eine formidable, lange Abfahrt hinunter, bis kurz vor die indische Grenze, dann sind wir rechts abgebogen. An den Straßen spielen Kapellen zum Tihar-Fest, deshalb ist auch relativ wenig Verkehr. Außerdem singen sich Kinder von Tür zu Tür, Süßes oder Saures auf Nepalesisch.

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