Am Kanal entlang

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Fahrt nach Changping, Besuch des Sommerpalastes, 66 km, 18 Höhenmeter

Heute hieß es Abschied nehmen vom wunderbaren Lü Song Yuan Hotel in Peking. Den anderen Teilnehmern fiel der Abschied sicherlich etwas leichter als mir. Immerhin hatte ich mehr als eine Woche dort verbracht und mich dort schon fast eingelebt. Eine förmliche Verabschiedung vom Hotel fand nicht statt. Gerne hätte ich nocheinmal die Hotelkatze geknuddelt, doch sie war nirgends aufzufinden. Nur ein grimmiger Parkplatzwächter, dem eher nicht nach Knuddeln zumute war, brummte uns noch ein Zai Jian (Auf Wiedersehen) hinterher. Kurz vor neun fuhren wir los, erstmal zum Fahrradladen um dort noch einige Einstellungen vorzunehmen. Einer der Lenker musste etwas höher gestellt werden. Erst einmal kam der Einwand der Mitarbeiter des Fahrradladens: “Das geht nicht höher.” Ich konnte sie jedoch überreden, es trotzdem einmal zu probieren. Und wie durch ein Wunder waren doch noch ein paar Zentimeter drin.

Der Weg aus der Stadt heraus erschien unendlich lang, zieht sich die Hauptstadt doch über etliche Kilometer. Auf dem Weg kamen wir auch noch am berühmten “Vogelnest” vorbei. Dem Olympiastadion, das eigens für die olympischen Spiele 2008 gebaut wurde und durch seine eigentümliche Bauweise besticht. Einfach so an das Stadion heranfahren war jedoch keine Option, schließlich sorgt auch hier ein Checkpoint für die nötige Sicherheit. Christianes Messer, welches uns schon den Eintritt in die Verbotene Stadt erschwert hatte, ging hier jedoch unbemerkt durch den Scanner.

Auf den breiten Fahrradwegen ging es dann immer weiter, vorbei an Gebäuden, die teils nicht weniger bizarr als das Vogelnest waren, bis wir am Sommerpalast eintrafen. Der Sommerpalast ist eine große Gartenanlage, die vielen als Meisterstück der chinesischen Gartenbaukunst gilt. Neben den Bepflanzungen findet man hier viele architektonisch wertvolle Gebäude. Besonders alt ist jedoch keines von ihnen. Der Garten fiel mehrere Male der Zerstörungswut englischer Soldaten zum Opfer. Das erste Mal 1860 nachdem die Briten die Chinesen in den Opiumkriegen bezwungen hatten.

Die Opiumkriege waren eine Reihe von Konflikten, deren Hauptanlass war, dass die Briten eine negative Handelsbilanz hatten und massenweise Silber aus der damaligen Kolonie Indien nach China im Austausch für den so wertvollen Tee. Da sich die Chinesen partout nicht bereit erklärten, im Gegenzug Waren aus dem dem Britischen Kolonialreich einzuführen, begannen die Engländer Opium ins Land zu schmuggeln. Innerhalb weniger Jahre war ein Großteil der Bevölkerung dem Kraut verfallen und dem Kaiserhof blieb nichts anderes übrig als die Droge zu verbieten. Opiumlieferungen wurden beschlagnahmt, verbrannt und ins Meer geworfen und Händler die es gewagt hatten, das Verbot zu umgehen wurden auf das Härteste bestraft. Die Briten nahmen das zum Anlass China den Krieg zu erklären. Aufgrund der technologischen Überlegenheit besiegten die Briten die Chinesen und zwangen sie, ihre Häfen dem internationalen Handel zu äußerst unfairen Bedingungen zu öffnen. Gewissermaßen als Vergeltungsmaßnahme wurde der Sommerpalast niedergebrannt.

Die Kaiserinwitwe Cixi ließ ihn wieder aufbauen, aber im Jahr 1900 wurder er wiederum von ausländischen Truppen im Zuge des Boxeraufstandes zerstört.

Die meisten Gebäude wurden sorgfältig restauriert, sodass der Park wieder in seiner alten Pracht erscheint. Unser kleiner Ausflug in den Park war aufgrund der Erklimmung des Hügels in der Mitte doch recht erschöpfend, und so konnte von einer Pause nicht unbedingt die Rede sein.

Die Tagesstrecke von etwa 66km erschien uns deswegen auch eher wie 80 oder 100. Kurz nachdem Sommerpalast erblickten wir auch schon das Gebirge nördlich von Peking. Massiv und wunderschön, der Blick einzig und allein gestört durch die vielen Hochhäuser, die davor stehen. Immerhin haben die Bewohner eine schöne Aussicht, so sollte man meinen.

An einem stillen Kanal entlang fuhren wir nach Changping, einem Vorort von Peking. Beim Abendessen wagten wir uns wiederum auf kulinarisches Neuland, probierten die berühmten Hundertjährigen Eier (konservierte Gänseeier), die trotz ihres bizarren Aussehens (das Eiweiß wird zu einer Art schwarzen Gelatine, das Eigelb färbt sich grün), doch wirklich sehr gut schmecken. Zumindest 80% der Gruppenmitglieder sehen das so.^Abgerundet wurde das ganze noch mit einem ordentlichen Schnaps und vollkommen erschöpft begaben wir uns dann in unsere Gemächer.

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