Auge an Hirn, Hirn an Hände – Schalten!

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Trisuli nach Kathmandu, 53 km, 1.493 m Aufstieg, teils sehr steil

Die Hände die meiste Zeit am Lenker, blieb nicht viel Zeit für Fotos. Das Frühstück auf der Terrasse hatten wir für halb sieben angesetzt, was uns angesichts der mit 53 km recht kurzen Etappe sehr früh vorkam. Aber um sechs Uhr wird es hell und 53 nepalesische Kilometer können es schon in sich haben.

Die ersten 18 km folgen wir einem Flusslauf, auf abwechselnd sandiger schlammiger und steiniger Piste, mal im Dschungel, mal an Reisfeldern vorbei, immer mal wieder ein Dorf und der Verkehr hält sich in Grenzen. Trotzdem wird man arg durchgeschüttelt. Nach unserer Erfahrung sind die ebenen Strecken in schlechtem Zustand, sobald es in die Hügel geht, wird es besser. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch dort Abschnitte mit groben Steinen, Schlamm oder Sand zu überwinden gäbe, aber tendenziell bessert sich der Belag.

Wir haben die kurze Route nach Kathmandu gewählt, weil Baskhar uns dringend von der ursprünglichen abrät, der Zustand sei sehr schlecht. Also klettern wir nicht auf 30, sondern auf 20 km Länge den Anstieg von knapp 1.500m hoch. Klettern trifft es ganz gut, denn hier sind alle Fahrkünste gefragt, und Ramons Anzeige steht nicht selten auf 18 Prozent Steigung. Das eine oder andere Mal war es steiler, aber da blieb keine Zeit zum Gucken. Da heißt es nur: so schnell wie möglich runterschalten, ganz nach vorn lehnen und treten, treten, treten. Nach dem Höhentraining in Tibet ist es nicht mehr wirklich anstrengend, aber anspruchsvoll, mir macht es Spaß. Oben auf 1.863m angekommen, treffen wir auf den Schrauber, der unsere Fahrräder in Kathmandu wartet. Ich hätte ihn nicht erkannt, aber er kennt unsere Kogas – und so kommen wir ins Gespräch – eine lustige Begegnung. Die Landschaft ist übrigens grandios, die steilen Hügel scheinen bis in den Himmel zu reichen.

Nach einer kurzen Abfahrt sind wir auch schon im Kathmandu Valley angekommen. Die Straße führt zunächst kurvenreich durch Reisfelder, bevor wir uns schließlich der 3-Millionen-Stadt nähern. Motorräder, Kleinbusse und Taxen drängen sich durch die engen Gassen, zu hunderten, es ist wie in einem Fischbecken, finde ich. Wir sind einfach langsam unterwegs und die Stadteinfahrt gestaltet sich nicht so schlimm wie befürchtet. Es ist nur ein sehr kurzes Stück an der Ringstraße zu fahren, wo der Verkehr schneller fließt, das macht es uns einfacher (ich erinnere mich an die vielen scheußlichen Kilometer Stadteinfahrt auf der Schnellstraße vor sechs Jahren und bin froh über die neue Route).

Am Zielort angekommen ist es wieder Zeit für ein Schmutzbier, und schmutzig, verschwitzt und staubig sind wir heute wirklich!


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Ein Tropfen Regen

80 km nach Puge mit einem angenehmen Pass. Von Katharina Wenzel.

So. Seit gestern wissen wir wie es ist wenn im Süden Chinas die Sonne scheint. Warm und schön. Jetzt kann es los gehen, denke ich und hole aus den Untiefen meiner Reisetasche die Sonnencreme hervor und verstaue sie in meiner Radtasche. In kurzen Hosen und T-Shirt trotze ich der morgendlichen Kühle und stapfe mit der Truppe in Richtung Frühstücksbude. Die Wirtin erwartet uns bereits, weiß was und wie wir es wollen und so ist hier also in weniger als zwei Tagen eine gewisse Routine eingekehrt. Nachdem Frühstück gehts auch schon auf die gestern frisch präparierten Räder in Richtung Puge, Sichuan.

Platsch macht es und eine Regentropfen landet auf meiner Nase. Das ist der eine Tropfen aus Christines Wetter-App. Dann radeln wir durch den erstaunlich entspannten Morgenverkehr aus Yibin. Zum Einfahren sind die ersten 13 km der heutigen Strecke absolut flach, erst dann beginnt allmählich der Anstieg. In weiten Serpentinen zieht er sich über eine Länge von etwas mehr als 20 km den Berg hinauf. Die Temperaturen sind angenehm kühl. Die Wolken hängen tief. Immer wieder öffnet sich der Nadelwald und gibt den Blick frei über eine wunderbar weite Landschaft. Der See vor Yibin wird kleiner und kleiner und ist irgendwann ganz aus unserem Blickfeld verschwunden. Ganz vereinzelt finden sich Stände am Straßenrand, wo die Bewohner der umliegenden Dörfer Pilze, Obst und frisch zubereitete Speisen zum Verkauf anbieten. Ab und an sitzt ein Mensch in der Landschaft und blickt über die weiten Berge. Wasserbüffel grasen gemächlich zwischen den Bäumen. Wir fahren den Berg hinauf, jeder in seinem Rhythmus und sammeln uns hin und wieder an der Versorgungsstation: Xiao Luo.

Als wir den Gipfel erreichen hat es sich merklich abgekühlt und auf der rasanten Abfahrt wird es so richtig kalt, so dass es manchmal schwierig wird die Schönheit der Szenerie zu erfassen. Gottseidank erwarte uns auf halber Strecke eine kräftige, heiße Suppe. Und…Ein heißer Grog. Die geniale Idee von Jan. Auf der zweiten Hälfte der Talfahrt geraten wir auch noch in einen kräftigen Regenschauer. Das sind dann also die zwei Tropfen von Puge aus Christines Wetter-App. Wir präparieren uns mit Regenkleidung und Plastiktüten (über Helmen und Schuhen) und fahren schnell weiter. Ein wenig Sonne hätte an dieser Stelle nicht geschadet. So hätte man tatsächlich in Muse und Entspannung auf gemächlicher Fahrt die Schönheit der Landschaft genießen können.


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Das Tal der Kaiser

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Tagesausflug zu den Minggräbern, 320 Höhenmeter

Der Tag begann wie so viele Tage mit dem Frühstück. Die Auswahl war reichlich, doch nicht alles erwies sich letztlich als essbar. Christiane machte Bekanntschaft mit Lao Gan Ma, was ich frei als “alte trockene Großmutter” übersetzte und was wohl auch danach schmeckte. Ich hatte keine Gelegenheit gehabt, sie davor zu warnen. Es handelt sich dabei um eine Art fermentierten Tofu. In geringer Menge einer Speise beigemischt, kann es sie durchaus veredeln. Allerdings ist es ein sehr schmaler Grat auf dem man da wandert. Ich freute mich über frittierten Kartoffelbrei, der sich in Form von lustigen Smileys präsentierte und einer Schüssel Mayonnaise. Die Frage warum ich auf der Reise kaum abnehme, hat sich mir mittlerweile beantwortet.

Die heutige Tour sollte uns einmal um einen großen Stausee herumführen, vorbei an mehreren Kaisern der Ming Dynastie. Dieses Tal wurde einst vom dritten Ming Kaiser Yong Le als seine ewige Ruhestätte erkoren und fast alle Ming Kaiser folgten ihm hierhin. In China nennt man dieses Tal schlichtweg “Die Dreizehn Gräber”.

Erfrischt und erholt schwangen wir uns auf die Räder und machten einen ersten Zwischenstopp am Staudamm. Dort kauften wir einer Händlerin einen Apfel ab. Der Apfel war so groß, dass fünf Leute ohne weiteres davon satt werden konnten, was sich später auch bestätigte.

Wir kämpften uns danach über die ersten Höhenmeter und erreichten unser erstes Zwischenziel den Seelenweg. Eine lange Passage gesäumt von imposanten Steinfiguren, die vermutlich als Wächter fungieren sollten. Kamele, Pferde, Krieger und Gelehrte (in der Reihenfolge) und weil er uns so gut gefiel, gingen wir ihn auch gleich wieder zurück.

Am Ausgang freute sich eine ältere Dame darüber uns ihr selbst erlerntes Englisch vorzutragen. Ich versichterte ihr, dass es ganz hervorragend sei. Es waren zwar nur ein paar Sätze, doch ihre Aussprache war tadellos.

Wir fuhren weiter, durch etwas unaufgeräumt wirkende Dörfer und Industrieruinen. An einer Biegung konnten wir begutachten, wie ein frisch geschlachtetes Schwein auseinander genommen wurde. Da fuhr ich glatt etwas schneller, passte nicht auf und bog auf die falsche Straße ab. Also umdrehen und die andere Straße nehmen. Die sah jedoch auch nicht so aus, als ob sie befahrbar wäre, ging sie doch in einen Wanderpfad über. Aber das GPS hat immer Recht, also weiterfahren. Und siehe da: Auf einmal waren wir an einem weiteren Grabhügel. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Nur ein Häuschen stand da, das wir für eine Art Touristeninformation hielten. Als Anke zur Tür vorgehen wollte um zu klopfen, gab es ein lautes Klingeln und eine Computerstimme ertönte. Sie kam von einer Überwachungskamera, die uns die ganze Zeit im Blick hatte. Was genau sie sagte, konnten wir nicht verstehen, aber eine Einladung zum Kaffe war es vermutlich nicht, weswegen wir uns entschieden schleunigst das Weite zu suchen.

Kurz darauf erreichten eine der Hauptgrabstätten, das Ding Ling. Es herrschte heute eine wunderbare Ruhe. Nur eine einzige größere Reisegruppe besuchte das unterirdisch liegende Grab. Gerne übersetzte ich die Erklärungen des chinesischen Tourguides ins Deutsche.

Allzuviel zu sehen gab es im Grab tatsächlich nicht, die Särge und Truhen für die Grabbeigaben waren zumeist Kopien. Zu dem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass das Ding Ling ein Beispiel dafür ist, wie man eine verschlossene Grabstätte nicht öffnen soll. Die Öffnung geschah im Jahr 1966 und viele der Schätze sowie die sterblichen Überreste der Kaiser gingen in den Wirren der Kulturrevolution verloren. Letztlich hat man daraus gelernt und ist beispielsweise bei der Öffnung der Grabstätte von Qin Shi Huang Di und der Terrakotta-Armee weitaus behutsamer vorgegangen.

Wir genoßen weiterhin das gute Wetter, das nur durch einen ganz kurzen Nieselschauer unterbrochen wurde und machten uns langsam auf den Rückweg. Auf der anderen Seite des Stausees angekommen, betrachteten wir nochmal die Schönheit des Sees. Der Wind fegte durch das Tal und ein leichter Wellengang bewegte die Wasseroberfläche. Eine grüne Insel in der Mitte, auf der sich eine Pagode im chinesischen Stil befand. Im Hintergrund ein majestätisches Gebirge. Einfach wunderbar. Ein wenig getrübt wurde die Freude dadurch, dass der Stausee Besuchern nicht zugänglich ist.

Aber da waren doch Menschen unten am Ufer. Wie kamen die denn dahin? Sind die geklettert? Haben sie vielleicht einen Schlüssel? Wir werden es nicht mehr erfahren.

Zurück in die Stadt also um unser Abendessen zu uns zu nehmen. Auch hier blieben wir der Tradition treu und bestellten das Palasthühnchen. Immer wieder anders und doch irgendwie gleich. Bei den vielen kulinarischen Experimenten braucht man etwas, auf das man sich verlassen kann.

Aus Sorge vor dem späten Heißhunger kauften wir noch ein paar Kleinigkeiten im Supermarkt und begaben uns dann zurück. Unser Fazit: Ein toller Ausflug.