Ankunft

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Flug nach Xining

Unsere Wege kreuzen sich in Beijing, Flughafen, Terminal 2, Gate 63. Trotz recht knapper Umsteigezeit in Istanbul hat es Sven als erster geschafft. Ich, obwohl viel Puffer eingeplant – weil extra einen Tag früher angereist- scheitere am Check-in. Mein zum Bersten gefüllter Koffer muss geöffnet werden. Das Werkzeug hat Misstrauen erregt. Also alles raus, denn das schwere ist – klar – ganz unten und alles wieder rein. Quetschen, drücken, ziehen, schwitzen – Koffer zu. Dann nochmal, die Kontroll-Maschine hupt – Mein kleines Batterie Experiment ist aufgeflogen. Ganze Prozedur nochmal…

Naja, selbst schuld! Als ich dann meinen Koffer das dritte Mal öffnen soll, reicht es selbst der Security-Dame und ich werde in die Sicherheitskontrolle entlassen. Hier muss ich Gott sei Dank nur einmal die Schuhe ausziehen. Am Gate angekommen laufe ich Sven direkt in die Arme. Nun warten wir noch auf René und Susann. Die kommen und kommen nicht. Wie sich später herausstellt, war auch hier der Check-in die „Stolperstelle“. Batteriebetriebene Handschuhe für die kalten tibetischen Abfahrten. Drei Versuche hat’s gebraucht den Übeltäter ausfindig zu machen. Zu guter Letzt sitzen wir aber alle glücklich und wohlbehalten im Flieger nach Xining und kommen kurz nach Mitternacht planmäßig im Hotel an. Die geplante erste Stadterkundung verschieben wir auf morgen.

Runter zum Jangtse

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Shangrila nach Balagezhong, 86 km, 886 Höhenmeter

Eine fantastische Radstrecke. Von kühl und regnerisch bis sonnig und heiß war alles dabei. Jetzt sitze ich auf den Treppen des Hotels, neben mir rauscht der Fluss, vor mir die steilen Wände der Schlucht am Eingang zum Naturschutzgebiet Balagezhong. Die Temperaturen sind angenehm warm.

Heute früh hätte man sich das nicht vorstellen können. Um sieben, als wir zum Frühstück aufbrechen wollten, war es noch dunkel und es hatte sich eingeregnet. In der Lobby des alten tibetischen Holzhauses war niemand, dafür aber Tür und Tor verschlossen. Nach etwas Suchen im Schlüsselkasten war das Problem gelöst. Das ist dann der erste richtige Radtag, Abfahrt im Regen, durch den Stadtverkehr von Shangrila.

Doch schon bald wird es malerisch: Berge, Wolkenfetzen, hier und da ein Tempel und wir haben die kleine Nebenstraße für uns allein. Na ja fast. Nach jeder Kurve muss man mit Kühen rechnen, die es sich auf der Straße gemütlich gemacht haben. Für das Mittagessen ist es um elf Uhr eigentlich zu früh, deswegen bestellen wir nur eine große Suppe für alle und Reis dazu. Denn einen anderen Ort mit Restaurant gibt es unterwegs nicht. Dieser hier heißt Nixi und ist anscheinend bekannt für seine Hühnerzucht. 

1.000 Höhenmeter tiefer. „Wir haben jetzt 32 Grad“, meint Claudia nach einem Blick auf ihre Anzeige. Wir erreichen zum ersten Mal den Jangste, naja fast, wir landen in einem nahen Nebental, an den Hängen blühen Kakteen, und hier und da steht ein Bananenbaum. T-Shirt-Wetter. Größer könnten die Unterschiede kaum sein in den gut fünf Stunden, in denen wir 1.750 m Abfahrt genossen haben. Um kurz nach drei Uhr erreichen wir unser Hotel am Eingangstor von Balagezhong. Nach dem ersten Schmutzbier will ich Eintrittskarten für den nächsten Tag kaufen, denn morgen setzen wir uns in den Touristenbus und machen einen Halbtagesausflug in die Schlucht. Statt der Eintrittskarten treffe ich Lucy, die Tochter des Hüttenwirts von Walnut Garden, eines der ersten Gästehäuser in der Tigersprungschlucht. Ich habe sie seit bestimmt sieben Jahren nicht mehr gesehen, und nun hier.

Vor dem Duschen haben wir beschlossen, noch zum Aussichtstempel auf einen Felsvorsprung zu gehen. Ganz schön steil und rutschig, mit einem Tunnel und einigen gefährlich niedrig hängenden Felsen in Kopfhöhe. Beim Blogschreiben habe ich dann auch noch Yang Hongyan, die Chefin vom Radladen in Kunming getroffen, die auch gerade hier unterwegs ist.

Hier die Eindrücke des Tages.


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Triathlon in Shangrila

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Mit dem Rad zu den heißen Quellen und einige Treppen unterwegs

Zugegeben, der Blogtitel ist geklaut. Von Harald, der den Vorschlag wiederum von Klaus übernommen hat.

Gefrühstückt haben wir in einem Besen, wie man in der Umgebung Stuttgart wohl sagen würde. Im Wohnzimmer einer tibetischen Familie gibt es für Reisende auch Frühstück. Während die Omi des Hauses Nudelsuppe zubereitet, hat Klaus die Rolle der Ayi, also der Kinderfrau, übernommen.

Die Suppe ist süß (sehr ungewöhnlich), und als wir Chilli dazu nehmen, guckt unsere Köchin sehr skeptisch. Also, wenn sie eine süße Suppe essen würde, käme da keine Schärfe dazu. Sehr ungewöhnlich. Sie ist in ihrer Küchenehre verletzt und holt uns noch eingelegten Rettich, schneidet eine Möhre dazu und bietet uns Yakjoghurt in einem kleinen Tässchen an. Schmeckt ungewöhnlich, aber lecker.

„Irgendwas eiert an meinem Fahrrad“ meint Harald. Die Pedale hatte sich herausgedreht und verklemmt, aber mein Schraubenschlüssel war heute im Hotelzimmer geblieben. In der Umgebung gibt es nur Gehöfte, die aber allesamt verlassen scheinen. In einem Straßenkiosk sitzt eine alte Dame, davor steht ein Motoorrad. Wo ein Motorrad steht, gibt es auch Werkzeuug, denke ich mir und frage danach. Nachdem die Dame kramt in einem alten Säckchen herum, aber die passende Größe ist nicht dabei. „Ich wohne drüben, zu Hause haben wir Werkzeug.“ war der Kommentar, „Aber einer von euch muss auf mein Kiosk aufpassen“. Ok, kein Problem. Claudia und Klaus übernehmen mal eben den Laden. Ich gehe mit Ulrike und Harald zur Hausbesichigung. Das Haus der alten Dame ist stattlich, mit hohen breiten Holzpfeilern, davor ein Wintergarten, der als Gewächshaus genutzt wird. Ich darf selbst in einem alten Werkzeugkasten nach dem richtigen Schraubenschlüssel suchen, und schon ist die Pedale wieder drin. Die alte Dame ist ganz glüklich über die 10 Yuan Leihgebühr für das Werkzeug, und hat sicher noch lange etwas zu erzählen. Wie wir auch.

Danach stand ein Besuch im Dabao Tempel an. Der liegt in einem Seitental versteckt im Wald und wird eher von Pilgern als von Touristen frequentiert. Eine schöne ruhige Stimmung, in der wir unsere mitgebrachten Gebetsfahnen aufhängen.

Das Baden in den heißen Quellen ist ein Genuss. Die Anlage ist etwas basic, wie ich auf Neudeutsch sagen würde. Die Kulisse, der Blick auf eine Natursteinbrücke, die sich ein Fluss im Laufe vieler Jahrtausende durch die Felswände gegraben hat, ist aber unschlagbar. Im Schwimmbad möchte ich eigentlich nicht fotografiert werden, also habe ich auch selbst auf Bilder verzichtet.

Gesehen haben wir unterwegs viele weidende Schafe, Yak (oder die hiesige Kreuzung aus Yak und Rind), Pferde, Schweine, dazu jede Menge Edelweiss und ein paar andere hübsche Pflanzen. Und viele Treppen zum Tempel und zu den heißen Quellen mussten wir auch gehen. Dabei merkt man dann doch noch die Höhe. Mehr Zeilen bleiben nicht für den Blog, weil es geich Abendessen gibt und das Internet abends abgeschaltet wird.


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Der verlorene Horizont

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Flug nach Shangrila und Besichtigung des Songzanlin Klosters

Heute sind wir im Hochland angekommen, auf knapp 3.300 m Höhe. Die Wolken hängen tief, mal fühlt es sich an wie feiner Landregen, dann ein kurzer Schauer. Shangrila heißt eigentlich Zhongdian und wurde aus Marketinggründen in den mystischen Ort aus dem Roman Lost Horizon von James Hilton benannt. Lost Horizon passt irgendwie, bei der Ankunft suchen wir vergeblich hinter den Wolken- und Nebelfetzen nach dem Horizont

Nach einem Mondkuchen-Frühstück um 5 Uhr früh in der Hotellobby und reibungslosem Flug nach Shangrila warten die Räder auf uns. Das heißt zusammenbauen, schrauben und Probe fahren. Unser Ziel ist der Songzanlin Tempel, einer der großen tibetisch buddhistischen Tempel in Yunnan. Außer uns steigen noch einige chinesische Reisegruppen die vielen steilen Treppen zur Haupthalle hinauf, gar nicht so einfach in der Höhe. Die Sauerstoffsättigung im Blut hatten wir schon gemessen, zwischen 87 und 97 war alles dabei (in der Ebene sind Werte von 98 oder 99 Prozent üblich). Wir brauchen also noch etwas Zeit, uns an die Höhe zu gewöhnen.

Ich streife gern durch die Hallen, im Obergeschoss üben die Mönche Rezitieren und die Aussicht in die Umgebung ist selbst bei Regen schön. Ein Besucher aus den Philippinen erkennt uns als Radfahrer, verwickelt Harald ins Gespräch und ist völlig begeistert von unserer Tour. Er selbst sei lange Jahre gern und viel Rad gefahren, jetzt aber aus Genussgründe aufs E-Bike umgestiegen. Solche kurzen Begegnungen machen Laune. Wir verbringen viel Zeit in Songzanlin, bevor es zum Abendessen und Spaziergang durch die Altstadt von Shangrila geht.

Die Altstadt erstrahlt in neuem Glanz. Anfang 2014 war sie vollkommen abgebrannt, jetzt reiht sich ein Holzhaus mit kunstvoll geschnitzten Fensterläden und Türen neben dem anderen, alles im alten Stil. Mit Kreistanz auf dem Hauptplatz und Live Musik in den kleinen Bars. Für heute begnügen wir uns jedoch mit dem Rundgang, der Tag war lang und es gibt einiges an Schafdefizit nachzuholen.


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Akklimatisieren für Mythos Mekong

Die Oberen Schluchten des Mekong, 12.09. bis 02.10.2019

Anderthalb Tage in Kunming

Endlich, nach einer langen Anreise, mehrmaligem Umsteigen, vielen Gepäckkontrollen und schließlich Abnahme der Fingerabrücke bei der Einreise, sind wir zu fünft in Kunming angekommen. Etwas gerädert finden wir uns in einem Café wieder, und während Claudia, Ulrike, Harald, Klaus und ich noch auf Emmerich warten, überlegen wir, ob die drei fehlenden Koffer wirklich heute Abend wie versprochen ins Hotel geliefert werden. Das Hotel liegt genau zwischen der West- und der Ostpagode in einer kleinen Fußgängerzone im Süden der Stadt. Bei der Naherkundung sind wir auch schon mitten drin: kleine Garküchen, unzählige Gerichte, viele kleine Läden und überall Elektroroller.

Mit Emmerich waren wir dann einige Stunden später vollständig, zu sechst geht es los. In Kunming, der Provinzhauptstadt Yunnans, sind wir vor allem, um uns zu akklimatisieren. Denn der Anfangsort der langen Reise Mythos Mekong liegt auf etwa 3.300 m Höhe, danach folgen noch einige 4.000er Pässe. Die Stadt des ewigen Frühlings ist ideal zum langsamen Akklimatisieren. Sie liegt auf knapp 2.000 m, ist für eine chinesische Großstadt eher klein und beschaulich, und lädt mit einigen Tempeln, Parks und Fußgängerzonen zum Flanieren ein.

Und zum Essen. Das Abendessen genießen wir im Lao Fangzi, einem der schönen traditionellen Holzhäuser mit gemütlichem Innenhof. Am nächsten Morgen wählen wir die erste Nudelsuppe, viele weitere werden noch folgen. So gestärkt fahren wir mit dem Taxi zum Yuantongtempel. Heute ist Mondfest, schon gestern gab es zu diesem Anlass Tanz- und Gesangaufführungen auf der großen Bühne im Stadtzentrum. Heute strömt die halbe Stadt zum Tempel, um Räucherstäbchen anzuzünden. So voll habe ich den Tempel noch nicht erlebt. Wir kommen gerade rechtzeitig zur buddhistischen Messe, viele Gläubige beten und singen mit, nicht alle haben in der großen Haupthalle Platz gefunden und draußen auf Gebetshockern Platz genommen. Am Ende wirft ein Mönch noch eingepackte Kekse in die Menge. Mich erinnert das an Karneval, und auch wir bekommen genügend Päckchen ab. „Staubtrocken“, meint Claudia, die sich als Erste an die Kekse wagt. Also brauchen wir Flüssigkeit, am besten Tee. Den finden wir nach einem Rundgang durch den Cuihu-Park in einem ruhigen schattigen Innenhof. Der Cuihu hat sich in ein Lotusmeer verwandelt, und nach und nach finden sich immer mehr Gruppen ein zum Tanzen, Musizieren oder um chinesische Kampfkunst zu üben. Eine gute Stunde plaudern wir bei vielen kleinen Tässchen Puer-Tee über Gott und die Welt, bevor wir uns auf den Rückweg zum Hotel machen.

„Ihr habt Glück,“ meint Yang Hongyan, die Chefin vom Radladen, der unsere Räder wartet und dem wir einen spontanen Besuch abstatten. „Seid gestern hat es aufgehört zu regnen. Vorher war es total nass und es hat sehr heftige Regengüsse gegeben.“ Jetzt ist es warm, in der Sonne richtig heiß. Hoffentlich bleibt uns der Wettergott, der Klimawandel oder wer auch immer gnädig, so könnte es gut weitergehen. Nach einer guten Portion Jiaozi finden wir uns wieder im Hotel ein. Kurze Pause vor dem Abendessen. Morgen geht es in aller Frühe weiter mit dem Flieger nach Shangrila, und endlich auf die Räder. Die Koffer sind gestern abend übrigens wie versprochen und rechtzeitig bevor uns nach dem langen Tag die Augen zugefallen sind, wohlbehalten angekommen.

Kaiser, Kanäle, Komplimente!

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 04. bis 25.05.2019

Kleines Resümee unserer Reise

Beim letzten gemeinsamen Abendessen lassen wir die gesamte Tour noch einmal Revue passieren – wie immer ist es gar nicht so einfach, sich die einzelnen Tage und Übernachtungsstätten wieder ins Gedächtnis zu rufen. Worauf wir uns alle ohne Schwierigkeiten einigen können: Es war eine schöne Tour und wir hatten viel Spaß zusammen.

Zwischen uns allen hat die Chemie gestimmt, gerade bei einer kleinen Gruppe ist das wichtig. Da ich als Reiseleiter die Tour zum ersten Mal begleitet habe, sind wir vielerorts wirklich gemeinsam auf Entdeckungstour gegangen. Dafür, dass sich die Gruppe einerseits über die ungeplanten Erlebnisse gefreut hat und andererseits niemand nachtragend war, wenn wir mal den einen oder anderen Kilometer umsonst gelaufen sind, möchte ich mich noch einmal bedanken 🙂 .

Ein weiteres Kompliment soll an Volker gehen, der sich die Reise vor vier Jahren ausgedacht hat. Die Tour bietet eine schöne Mischung an historischen Stätten und Erfahrung des einfachen Stadt- und Landlebens im Han-Chinesischen Kernland. Durch die recht einfachen Etappen (alle flach und bis auf eine Ausnahme unter 70 km) bleibt viel Spielraum, um sich etwas treiben zu lassen und richtig einzutauchen in Alltagskultur der Provinzen Shandong und Jiangsu. Und dadurch, dass die Route an vielen Ecken auf sehr kleinen Straßen quer durch Felder und entlang der kleinen Kanäle verläuft, lässt sich das Radfahren auch richtig genießen.

Begünstigt durch gutes Wetter und sommerliche Temperaturen haben wir uns an der flachen Landschaft erfreuen können, die durch die vielen Kanäle, nette Dörfchen und verschiedene landschaftliche Nutzung deutlich vielseitiger ist, als wir das erwartet hatten. Auch kulinarisch hatte die Reise viel zu bieten – allem voran durch Knoblauch, Fisch und Meeresfrüchte, die hier köstlich kombiniert werden.

Das Einzige, was wir den nach uns kommenden Reisegruppen zu bedenken geben: Der Frühjahrstermin der Tour liegt mitten in der Pollenflugsaison der Pappel, die hier überall zu finden ist. Die umherfliegenden Flusen waren an manchen Tagen schon verdammt nervig, verklebten wunderbar mit unserer Sonnencreme im Gesicht. Den Termin der Tour zu verschieben scheint uns aber keine Option, da es vorher wohl zu kalt, und nachher sicherlich zu heiß wäre. Irgendwie sind wir damit auch klargekommen, aber für einen Pappel-Allergiker hätte der Spaß wohl schnell aufgehört. Dies war aber auch der einzige kleine Wermutstropfen, den wir auf der Reise schlucken mussten. Wir verabschieden uns nach drei schönen und ereignisreichen Wochen voneinander und von Kaisern, Kanälen und Konfuzius. Auf bald, schön war‘s mit euch!

Sind wir jetzt drin oder was? Wir sind drin!

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 04. bis 25.05.2019

Zwei Besichtigungstage in Nanjing, weiterhin sonnig und heiß.

Nanjing, das in seiner langen Geschichte gleich mehrmals Hauptstadt des Kaiserreiches (und später dann der Republik China) war, hat natürlich auch einiges an Sehenswürdigkeiten zu bieten. Unsere Auswahl für die letzten zwei Tage unserer Reise sind der Konfuzius-Tempel, das Brokat- und Handwerkskunstmuseum, das Beamtenprüfungsmuseum, und das Sun-Yatsen Mausoleum.

Unser hübsches Hotel liegt direkt an einem Kanal und unweit der neuen Altstadt Nanjings, in der sich auch der Konfuzius-Tempel befindet. Nach dessen Besichtigung machen wir uns auf in die Innenstadt. Kerstin hat irgendwo gelesen, dass Nanjing berühmt ist für seinen „Wolkenmuster-Brokat“. Davon hatte ich noch nichts gewusst, aber als ich mich informiere, finde ich ein Museum, indem man etwas über dieses traditionelle Kunsthandwerk erfahren kann. Also nichts wie hin! Das spannendste Objekt der Ausstellung erwartet uns gleich am Anfang. Wir sehen ein Brokat-Webstuhl in Aktion: Zwei Frauen arbeiten gleichzeitig an einem Webstuhl. Während die eine vergleichsweise konventionell unten sitzt und über Fußpedale und verschiedenste Mechaniken die seidenen Fäden anhebt, unter denen das Schiffchen dann hin und her saust, sitzt eine zweite wie eine Trapezartistin weit oben am anderen Ende der Webstuhlanlage und ordnet und zieht mit der bloßen Hand verschiedene dicke weiße Fäden. Wir beobachten den Prozess lange und fasziniert, verständlicher wird er uns dadurch allerdings nicht. Es wächst allerdings der Respekt vor den traditionellen Handwerkskünsten des alten China.

Neben dem großen und sehr modern eingerichteten Beamtenprüfungsmuseum ist am nächsten Tag wollen wir uns das große Sun Yatsen Mausoleum anschauen. Als wir vor den Toren des Mausoleums stehen, dass inmitten eines großen Waldgeländes im Norden der Stadt liegt, müssen wir allerdings erfahren, dass wir den Weg hierher wohl umsonst gemacht haben: Ohne online Vorreservierung ist uns der Zutritt verwehrt! Man schlägt uns vor, die Reservierung jetzt nachzuholen und dann zum nächstmöglichen Termin um 14.00 Uhr auf das Gelände zu gelangen. Darauf, hier vier Stunden zu warten, haben wir allerdings keine Lust und so wird beschlossen, dass wir uns statt dessen das kleine Sun Yatsen Gedenkmuseum hier in der Nähe anschauen. Nach Besichtigung des Museums machen wir uns auf die Suche nach einer Bushaltestelle, um weiter zum Grab des ersten Ming-Kaisers zu fahren, das sich ebenfalls hier im Wald befindet. Wir finden die Haltestelle allerdings nicht gleich, ich gehe noch einmal zum Kassenhäuschen, um nachzufragen, während die Gruppe schon mal vorläuft, und um die nächste Ecke schaut. Als ich folgen will, hält mich jedoch ein Wächter auf. Diesem Weg dürfe ich nicht folgen. Dass meine Reisegruppe gerade eben auch hier langspaziert ist, ist ihm egal. Mist. Ich rufe Hansi an und erfahre, dass die vier quasi durch den Hintereingang auf dem Gelände des Mausoleums gelandet sind! Der Wächter muss wohl einen Moment nicht da gewesen sein. Wir vereinbaren, dass die Gruppe sich die Chance nicht entgehen lassen soll, und ohne mich in Ruhe besichtigt. So bleibe ich also am Wächterhäuschen zurück und warte auf die Rückkehr der vier. Irgendwann wird der Wächter dann aber doch weich und lässt mich ausnahmsweise doch noch hinein. Puh! Auf diese Weise kommen wir also doch alle noch in den Genuss, den Marmorsarg des Republikvaters einmal aus der Nähe zu betrachten. Viel schöner ist da dann doch die schöne Aussicht über Nanjing, die sich uns vom Mausoleum aus bietet.

Dies war es dann auch schon, das letzte kleine Abenteuer unserer gemeinsamen Tour durch die nordostchinesischen Küstenprovinzen. Ein kleines Resümee soll in einem separaten Blog-Eintrag folgen.

Wir haben den (Kaiser-) Kanal voll

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 04. bis 25.05.2019

Besichtigungstag in Yangzhou, die Sonne brennt!

Mit den Rädern fahren wir heute Vormittag durch Yangzhou und besichtigen die Gärten, für die die Stadt so berühmt ist. Kerstin macht heute Pause und erholt sich von den Blessuren des Sturzes.

Als erstes steht der He-Garten auf dem Programm, der ehemalige Privatgarten der reichen Handelsfamilie He. Ein typischer chinesischer Stadtgarten, von vielen Mauern durchzogen, durch deren Durchbrüche und Fenster wir wohl komponierte Bilder aus künstlichen Felsgebilden, zierlichen Bäumchen, Teichen und Pavillons sehen können.

Weiter geht‘s zum Daming Si, einer großen buddhistischen Tempelanlage nordöstlich der Innenstadt. Der Ausblick vom großen Turm dort bestätigt noch einmal unseren Eindruck von der Stadt Yangzhou: Es gibt viel Grün und große Parkanlagen hier!

Bei 34 Grad um die Mittagszeit Sightseeing zu machen schlaucht aber auch ordentlich. Wir versuchen unsere Körper mit Speiseeis herunterzukühlen, das hilft zwar, aber auch nur temporär. Beim anschließenden Besuch des großen und schönen Parks am schlanken Westsee sind wir uns einig, dass wir uns lieber mit dem Elektromobil durch die Anlage fahren lassen wollen, als uns zu Fuß weiter zu schleppen. Auch auf den Ge-Garten verzichten wir im Anschluss, also geht es sofort weiter zum Radladen, bei dem wir unsere Fahrräder abgeben. Bilanz: Bis auf Kerstins Sturz und einen einzigen Platten (beim Reiseleiterrad) sind wir gut durch die Tour gekommen – mit nur einer Kettenölung in Huai‘an haben uns die Räder ohne murren bis zum Ziel getragen.

Der angenehmste Teil des Tages ist dann unser Abendprogramm: Direkt vor der Haustür unseres Hotels befindet sich der alte Kaiserkanal. Schon gestern hatten wir gesehen, wie hier die Touristen auf Sightseeing-Booten durch die schöne Kulisse schippern. Heute wollen wir das selbst ausprobieren. Kerstin hat sich gut erholt und so gehen wir in voller Besetzung an Bord. Wir fahren noch im Hellen los, doch es wird dunkler, und schon bald erstrahlt die Uferböschung in prächtiger Beleuchtung.Wir durchfahren viele historische und modernere Brücken, und beobachten, wie sich die Stadtbevölkerung in den Parks um Ufer bei Musik, Gesang und Tanz amüsiert. Nach der Bootstour sind wir uns einig: Es hat sich sehr gelohnt – diese Abendgestaltung können wir unserer Nachfolgegruppe nachdrücklich empfehlen.

Nachdem wir den Kaiserkanal nun über eine Woche lang begleitet haben und ihn nun, zum krönenden Abschluss, auch noch einmal vom Boot aus erleben durften, haben wir nun aber den Kanal voll. Auf‘s vollste genossen haben wir es nämlich, durch die von Kanälen bestimmte Landschaft zu radeln, die abwechslungsreicher und schöner ist, als wir es uns anfänglich vorstellen konnten. Morgen früh verabschieden wir uns dann allerdings von unserem treuen Begleiter, denn dann geht es nach Nanjing, der letzten Station unserer Reise.

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Yangzhou – unverhofft schön!

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 04. bis 25.05.2019

64 km von Gaoyou nach Yangzhou, sonnige letzte Radeletappe unserer Tour und Erkundung der Altstadt

Während unsere Vorgängertruppe noch in die Sackgasse des Überflutungsgebietes südwestlich von Gaoyou gefahren sind und dann einen größeren Umweg in Kauf nehmen mussten, um nach Yangzhou zu kommen, haben wir Glück und können dem Track heute ganz normal folgen. Gerade das Stück durch das Feuchtgebiet ist landschaftlich noch einmal besonders schön – wir blicken weit ins Land hinein, in dem sich sumpfige Wiesen und Fischzuchtteiche abwechseln.

Es ist ziemlich heiß heute, da machen wir ein paar zusätzliche Trink- und Eis-Ess-Pausen unterwegs. Alles läuft wie am Schnürchen, bis wir kurz vor Yangzhou sind und uns ein recht langes Elektrogefährt auf dem Radweg die Vorfahrt nimmt – leider mit der unschönen Konsequenz, dass Kerstin stürzt. Zum Glück ist nichts wirklich Schlimmes passiert, aber auf die Schürfwunden an Knie und Ellenbogen und den stattlichen blauen Fleck am Oberschenkel hätte Kerstin gerne verzichtet. Die restlichen sieben Kilometer bis zum Hotel schaffen wir trotzdem noch, und nach Schmutzbier und Ruhepause geht es dann los zur Stadterkundung.

Mal ehrlich – ist irgend jemandem, der diese Tour noch nicht gefahren ist, die Stadt Yangzhou ein Begriff? Auch mir als Sinologe war bis vor Kurzem nur der Name geläufig, ein näheres Bild von der Stadt hatte ich nicht. Das sollte sich heute ändern, und ich bin – wie wir alle – sehr positiv überrascht! Schon bei der Einfahrt in die Stadt fahren wir an vielen Grünflächen, Kanälen und ansprechend gestalteten modernen Gebäudekomplexen vorbei. Unser Spaziergang führt uns dann entlang eines Kanals in Richtung der touristischen Altstadt. Doch gerade der Weg in die vermeintliche Altstadt ist sehr charmant. Der gesamte Bereich der Innenstadt besteht nämlich noch aus den ursprünglichen verwinkelten Gässchen und eingeschossigen Häusern, die so typisch für die traditionellen chinesischen Städte ist. Allerdings wurden diese Strukturen – wie etwa die berühmten Hutongs in Beijing – in den meisten Städten des Landes dem Erdboden gleich gemacht und durch moderne mehrgeschossige Wohnkomplexe ersetzt. Nicht so hier! Während wir durch das Labyrinth der Gassen laufen, fühlen wir uns etwas ins alte Zeiten zurückversetzt. Die Gassen sind so schmal, dass hier keine Autos fahren können. Es ist schön ruhig, auffallend sauber, und wir erhaschen immer mal wieder Blicke in hübsch begrünte Innenhöfe und einfache Behausungen.

Wir freuen uns, dass wir noch einen ganzen weiteren Tag in dieser schönen Stadt verbringen können. Morgen stehen dann die berühmten Gärten der Stadt auf dem Besichtigungsprogramm.


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Unterwegs auf neuen Wegen

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 04. bis 25.05.2019

63 km von Baoying nach Gaoyou, 26 Grad und viel Sonne.

Die Strecke von Baoying nach Gaoyou wartet gleich am Anfang mit einer Überraschung auf: Direkt am Kaiserkanal, an dessen Ufer wir heute radeln, verläuft ein nagelneuer Radweg! In den Genuss, darauf zu radeln, ist unsere Vorgängergruppe noch nicht gekommen. In vielen Ecken Chinas werden zur Zeit Radwege gebaut – eine Entwicklung, die natürlich äußerst begrüßenswert ist. Wir freuen uns sehr darüber, dass wir etwas abseits der Landstraße und mit schönem Blick auf den Kanal auf dem glatten Radweg dahinrollen können. Ein paar Kinderkrankheiten muss man da jetzt noch in Kauf nehmen: Gerne stellen zum Beispiel Straßenarbeiter ihre Karren quer über den Radweg. Auch der Normalbürger parkt sein Auto vorzugsweise schön mittig auf dem Weg, sodass man als Radler recht umständlich ins Gelände ausweichen muss. Und der Klassiker natürlich: (trifft auf mindestens 50% der Radwege zu, die ich im ländlichen China bisher beradelt habe) Der Weg endet irgendwo in einer Sackgasse. Das passiert uns heute gleich zwei Mal. Trotzdem bleiben wir dabei: Es ist gut, dass die chinesische Regierung sich bemüht, das Radfahren in der Natur zu fördern.

Als der Radweg irgendwann gänzlich aufhört, fahren wir wieder auf schönen kleinen Betonwegen durch die Felder. Die Sonne scheint und der Wind kommt von hinten – was kann ein Radfahrer mehr wollen?

In Gaoyou angekommen besichtigen wir erst noch die Altstadt und die historische Poststation, und trinken dann noch ein besonders schmackhaftes Schmutzbier (lokal gebrautes Weißbier) in einem zufällig gefundenen, hübschen Biergarten. So lässt‘s sich‘s leben!

Dass sich unsere Reise langsam dem Ende neigt, zeigt sich daran, dass der erste Abschied naht. Morgen wird unsere letzte Radeletappe sein, danach verlässt uns Fahrer Herr Yang und wir müssen uns die verbleibenden Tage ohne seine Fürsorge durchschlagen. Er hat seine Aufgabe mehr als gut gemacht – sich rührend um uns gekümmert und uns stets mit den besten lokalen Köstlichkeiten versorgt. Wir laden ihn heute zum Essen ein und loben uns für seine herausragende Begleitung. Danke, Meister Yang!


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