Loveparade im Isaan

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
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Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
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Laute, sehr rhythmische Musik stoppt uns auf der Landstraße. Auf der Ladefläche eines Pickups werden wir von einer siebenköpfigen Band mit Isaan-Musik und begeistertem Hallo begrüßt. Die Boxen sind auf Anschlag gedreht, so daß jeder Käfer und jeder Wasserbüffel im Umkreis von mehreren Kilometern ebenfalls die Hüften mitschwingen lassen kann. Wie sich schnell herausstellt, hören wir aber gar keine Livemusik, sondern werden von der Konserve beschallt. Die Anlage dazu befindet sich auf einem großen, halboffenen LKW mit Riesenlautsprechern nach allen Seiten, ähnlich wie bei der Loveparade. Beide Wagen gehören zu einer kleinen Karawane von mehreren Autos, extra angeführt von einem Polizeifahrzeug. Alle Wageninsassen sind auf dem Weg zu der Weihe eines buddhistischen Mönchs, der mit ihnen verwandt ist oder aus dem gleichen Dorf stammt. Da eine der Regeln – es gibt 227 davon! – für die Mönche ihnen verbietet, Geld anzufassen, ist es üblich, zur Weihe zu schenken, was sie zukünftig brauchen: Ein safrangelbes Gewand, Schreibzeug, Bücher. Zum Fest werden die dazu benötigten Scheine als Geldbäume übergeben. Der moderne Mönch nutzt aber durchaus auch einen iPod (selber gesehen) oder auch mal eine Kreditkarte (sagt Tommy).

Wir begleiten die Karawane mehrere Kilometer, die mitreißende Musik geht in die Beine und die Räder rollen selbst bei kleineren Anstiegen ganz von allein. Deshalb Khmer 114 an die Zentrale in Berlin: Zukünftig radeln wir nur noch mit Begleitmusik!!!

Einige Kilometer weiter hören die Ersten von uns wieder Musik. Als auch der Rest der Gruppe bei dem Zelt anlangt, vor dem die Musiker spielen, ist die Versammlung gerade dabei sich aufzulösen. Etwa 50m entfernt sehen wir vier betende und singende Mönche und mehrere Gläubige – eine Beerdigung. Auch hier gibt es feste Regeln: Eine Beerdigung wird immer von vier, eine Hauseinweihung immer von neun Mönchen begleitet.

Nach mehr als 80 km kommen wir schließlich in Kap Choeng an. Obwohl dieser Ort nahe der kambodschanischen Grenze eigentlich sehr abgelegen liegt, reißt der Strom der Autos, die uns überholen, nicht ab. Des Rätsels Lösung: Ein großes, illegales Spielcasino, das anscheinend magische Anziehungskraft ausübt und offensichtlich von der Polizei geduldet wird. Spielhöllen dieser Art gibt es mehrfach entlang der Grenze und sie bringen wohl gutes Geld. Wer verdient alles mit daran?

Hier sind wir endgültig im „Wilden Fernosten“ gelandet. Unser heutiges Quartier fordert Demut von uns, die Einrichtung der Zimmer ist auf das Nötigste beschränkt (das kann man wörtlich nehmen) und über der ganzen Stadt hängt ein hartnäckiger Rauch, der sich auch bis zum nächsten Morgen nicht verflüchtigt hat.

Heute Nacht habe ich die Zimmernummer 8. In Thailand steht die 8 für das „Glück“. Hätte ich lieber ins Casino gehen sollen, anstatt mich auf’s Ohr zu hauen? Wie passend, daß sogar der Anhänger meines Zimmerschlüssels eine Spielkarte ist.


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Österreich

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Das buddhistische Kloster Foguangshan ist nichts für Puristen. Es liegt in Süd-Taiwan, in der Nähe der Stadt Kaohsiung, man zieht hier alle Register: Foguangshan ist Mutter von fast 200 internationalen Ablegern und 3 buddhistischen Universitäten, die „Merit Times“ mit einer Auflage von 200 000 täglichen Exemplaren wird hier herausgegeben, Beautiful Life Television hat seine Sendestation auf dem Gelände. Wir werden vom Mönch Hue Shou durch das ausufernde Gelände geführt, in seinem früheren Leben Österreicher. Der schwarze und immer leicht angewiderte Humor seiner Landleute ist im geblieben, der Rundgang gerät kurzweilig, er schont nichts und niemanden.

Man weiß nicht, was man von diesem Kloster halten soll, von dieser enormen Wohltätigkeitsmaschine. Sein Gründer Hsing Yun hat jedenfalls eine sehr pragmatische Herangehensweise, wenn es darum geht, den Menschen seinen Glauben näherzubringen: nachdem er Disneyland in Florida besucht hatte, wurde die „Höhle des Reinen Landes“ auf dem Foguangshan-Gelände in Auftrag gegeben. So etwas hat man noch nicht gesehen, das Vorbild wirkt dagegen hyperrealistisch. Schwer da eine Meinung zu haben, muss man ja auch nicht immer, interessant war der Besuch in jedem Fall. Wenn er sich nicht sehr täusche, dann wäre es das nach dieser Wiedergeburt und er müsse sich mit dem ganzen Humbug nicht mehr herumschlagen, meinte Hue Shou zum Abschluss.

Die Räder haben wir ja nun zurückgelassen und sind zu faulen Bustouristen mutiert. Bis nach Tainan sind wir inzwischen chauffiert worden (anstrengender als Radfahren, das war der allgemeine Tenor). Tainan gefällt auf Anhieb, es ist dunstig und lebendig, auf den Straßen wird gesessen und gegessen, viele alte Tempel und altes Leben. Der Huayuan-Nachtmarkt gestern Abend war orgiastisch, man darf sich bei solchen Gelegenheiten nicht schonen sondern sollte sich bis zum Anschlag durch die Stände futtern. Triumphal war die Ausbeute bei den Glücksspielen vor Ort: Monika freut sich, dass sie ihrem Gepäck jetzt auch noch einen überdimensionierten Snoopy zufügen konnte. Jens hat ein tolles ferngesteuertes Auto gewonnen, Glückwunsch!

Das nimmt er jetzt nach Shanghai mit und wird dafür Respekt ernten, heute hat er schon wieder den Abflug gemacht. In Shanghai arbeite er seit einem Jahr für sein großes französisches Unternehmen. Mittlerweile als Direktor („Jingli“, hat ihn selber überrascht, als ich ihm das auf seiner Visitenkarte übersetzt habe…jaja, die Chinesen und ihre Titel).