Wie aus Farangs Falangs werden

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
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Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
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Heute ist wieder Kilometerfressen angesagt. Unser Ziel ist ein Hotel vor den Toren des Phu Chong Na Yoi Nationalparks. Bis dahin sind es aber noch etwas mehr als 90 km. Seit Tagen radeln wir parallel zur kambodschanischen Grenze, die mal mehr, mal weniger als 10 km von unserer Straße entfernt ist. Westliche Touristen tauchen hier nur äußerst spärlich auf; kaum Sehenswürdigkeiten sowie eine rauhe Kulturlandschaft (Reis, Zuckerrohr, Kautschuk, Maniok), die über hunderte von Kilometer gleich bleibt, sorgen dafür. Daher ist unsere Gruppe – zwölf Langnasen auf Rädern – natürlich immer wieder ein Blickfang auf der Straße. Waren wir zu Beginn unserer Tour noch Farangs – thailändisch für Ausländer – so hören wir jetzt nur noch das Wort Falang. So nennen die Laoten uns Ausländer. Wir nähern uns dem Nachbarland, auch sprachlich

Ständig werden wir begrüßt: Mit lauten Rufen in der Landessprache, aber auch gerne mit Winken und Hello. Schön ist der hochgereckte Daumen, der einem vom vorbeiziehenden Moped entgegengereckt wird, lästig die Hupe, die uns immer wieder aus unserer Radl-Meditation weckt. Während wir an einer Schulmauer Fotos machen, ist das Interesse der Kleinen an uns umgekehrt so groß, daß innerhalb von Minuten fast 50 Kinder an das Tor kommen und uns freudig zuwinken.

Auf unserer Strecke streifen wir zwischendurch kleinere Orte, die entlang der Straße aufgefädelt sind. Die meist einfachen Holzhäuser werden fast immer durch ein offenes „Zimmer“ zur Straße hin erweitert: Unter einem Sonnendach steht oft eine Holzpritsche, manchmal sogar mit einer zusätzlichen Hängematte, oft umgeben mit einem natürlichen Schutz aus Blumen und kleineren Sträuchern gegen Staub und Sonne. Hier wird nicht nur gegessen, gespielt und gedöst, sondern es werden auch Mopeds repariert, Haare geschnitten und Getränke und kleine Snacks angeboten.


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Sonne-Mond-See

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Text von Monika, zum Teil neben wilden Männern beim Würfeln verfasst, den Rest jedenfalls gerade heiser und nach gesungenen Höchstleistungen:

“… always look on the bright side of life… es gibt viel Positives zu vermelden.
Zuerst einmal das Frühstück. Praktischerweise gibt es diesmal keinen Kaffeeautomaten den wir zerstören können. Im großen Plastikkanister ist Kaffee mit Milch und Zucker zusammengemischt. Das erspart langes Suchen der einzelnen Zutaten, kann zügig in Pappbecher gezapft werden und alle die den Kaffee sonst anders trinken haben die Chance etwas Neues auszuprobieren. Heiko grübelt vor dem Tofu mit Sojasoße. Sieht ein bisschen so aus als ob es Creme Breulè wenn die nicht flambiert wäre. Er entscheidet sich dann doch für Toast mit Erdnussbutter und geröstete Knoblauch-Chilierdnüsse. Die Dampfbrötchen sind in Farbe und Geschmack dezent aber die poröse Konsistenz hilft beim Eintunken in die Marmelade. Man braucht kein Messer, die Fruchtmasse bleibt sofort kleben und rutscht nicht ab. Hans hat versehentlich das Einwickelpapier mit verspeist, was geschmacklich keine Ausschläge nach oben oder unten verzeichnen lässt. Ludwig ist auch selig – er hat mit dem Küchenpersonal geflirtet und eine halbe Tasse Zucker für seinen Reisbrei erbeutet.

Und positiv geht es weiter. Unser Giant-Bike Team ist zum perfekten Zeitpunkt da und stellt uns die Räder bereit. Es sind die bekannten Renner. Wir freuen uns Mingfang wiederzusehe Fit und gutaussehend mit neuer Frisur strahlt sie uns an. Und der Name des neuen zweiten Begleiters ist leicht zu merken: Kimmy. Feuchtigkeit ist gut für die Haut und die bunte Regekleidung sieht fröhlich aus. Die Wolken geben der schönen Landschaft eine räumliche Tiefe. Und sie geben bald auf, noch weitere Feuchtigkeit abzusondern. Beim ersten Tempel lugt schon die Sonne durch und lässt diejenigen unter uns triumphieren, die Sonnenbrille und –milch in die schmalen Lenkertäschchen gequetscht haben. Wir radeln freudig in eine Eisdiele und stapeln Schokolade, Mango und Teeis-Kugeln übereinander.

Der Sonne-Mond-See ist ein beliebter Hochzeitsort in Taiwan. Er liegt romantisch eingebettet in den grünen Hügeln und hat kleine Inselchen. Der See ist verästelt, hat viele Buchten und eine hügelige Uferstraße. Rauf auf einen Buckel – Aussicht genießen, die ist großartig: Berge mit Tempel darauf, der türkisfarbene See in dem sich Wolkenfetzen spiegeln – dann wieder runterrollen lassen. Eine Runde um den See sind etwa 35 Kilometer. Das schaffen wir locker. Manche von uns auch zweimal. Eine kleine Truppe macht sich am Nachmittag noch auf eine Sonderfahrt. 20 Kilometer talwärts. Runter – runter – runter. Gott sei Dank – denn die Landschaft klaut uns den Atem. Immer an einem Fluss entlang, durch Dörfchen in denen uns der Gesang aus Karaokebars begleitet, dann wieder alles grün. Palmen, Orchideen, Bananen, blühenden Hibiskus, hohe üppige Farne. Inzwischen regnet es wieder, was die Fahrt aber nur noch schöner macht – es fühlt sich an wie eine warme, sanfte Dusche auf der Haut.

Ganz unten im Tal liegen zwei smaragdgrüne Seen. Unsere Endstation ist ein kleines Dörfchen das gerade ein Tempelfest vorbereitet. Ein alter Puppenspieler übt auf einer Bühne mit prachtvollen Figuren und lässt uns hinter der Bühne zusehen. Noch einen Kaffee beim 7 Eleven, wir werfen die Regenjacken ab und radeln zurück. 20 Kilometer zurück zum Sonne-Mond-See. Rauf – rauf – rauf. Jetzt klaut uns die Steigung den Atem. Oben, komplett durchnässt, das letzte Schmutzbier – für eine der schönsten Fahrten dieser Reise. Wir bekommen trockene T-Shirts und feuchte Augen – müssen uns endgültig von den Rädern und unseren GIANT-Begleitern verabschieden. Morgen geht es zurück nach Taipeh, per Bus und Schnellzug. Seltsamerweise hat sich unser Gepäck vermehrt. Im GIANT Laden waren wir ja auch noch einkaufen. Wir versuchen uns so zu strukturieren, dass die nasse Radlkleidung nicht gleich die schönen Mitbringsel im Koffer umarmt oder die leckeren Wasabinüsse durchfeuchtet. Hans kann so etwas am besten und gibt gerne Nachhilfeunterricht wie man faltet, schichtet und ordnet. Heiko hat sein neues, rotes Teeservice kurzerhand in eine stabile Tüte ausgelagert. Abendessen, Kniffelspiele – endlich verliert Lutz auch mal.“

Nudelfrühstück

Goldenes Dreieck, 05.11. bis 30.11.2011

Heute ist es nun soweit und es gibt unser erstes Nudelsuppenfrühstück auf den Fliesen vor dem Supermarkt – ein Schälchen mit Reisnudeln, darauf gibt die Köchin eine kleine Kelle Hackfleisch und eine große Kelle Hühnerbrühe, dann noch ein Spiegelei und den Rest kann jeder nach eigenem Geschmack hinzufügen. Ein bisschen Lauch und Koriander, etwas sauer oder salzig eingelegtes Gemüse, Chillis frisch oder getrocknet, Salz, Glutamat, Essig und Sojasauce. In der Nacht hat es geregnet und es ist noch etwas kühl und so wärmt die Suppe gut von innen und gibt Kraft bis zum ersten Pass.

Die Strecke ist einfach heute, 20 km hoch, 20 km runter und oben auf dem ‚Ananasberg‘ ein Obststand. Unterwegs gibt’s für uns chinesisches Landleben in Reinkultur – Bananenplantagen ohne Ende, dazwischen Fischteiche und Gemüsebeete, Garküchen, Motorräder, Trecker, kleine Kinder auf dem Schulweg, zwei Streithähne und faule Hunde, die am Straßenrand dösen.

Am Nachmittag erwartet uns in Menglun der größte botanische Garten Chinas mit einer riesigen Auswahl an tropischen Pflanzen. Ein wahres Fest für die Augen und was bei uns zuhause als Zimmerpflanze auf dem Fensterbrett steht, wächst uns hier in dreifacher Höhe über den Kopf. Der Garten liegt auf einer Insel in einem Zufluss des Mekong, ist sehr gut gepflegt und man kann hier problemlos einen ganzen Nachmittag verbringen.


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