Legen, waschen, schneiden bei den Blindfischern

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

16. Tag, 31.12.2011
Luang Namtha

Heute steht wieder einmal das allseits beliebte fakultative Programm an. Da der Abend lang zu werden verspricht (Weihnachten ist noch gut in Erinnerung, und schließlich ist Silvester), entscheiden sich Thomas, Claudia, Matthias und Sylvia für einen lazy day. Wir verständigen uns mittlerweile in einer gruppeneigenen Sprache, die als Mischung aus Deutsch, Englisch und Lao unserem Reisegefühl am besten entspricht. Deutsch können wir am besten, Englisch sprechen wir meistens mit Yong, und das Laotische steuert ein paar entschleunigende Anhängsel wie lai lai bei. Besonders begeistert, dass die Laoten sogar ein wenig Deutsch verstehen: Mit ‚Fleischsalat, Fleischsalat‘-Rufen kommen wir überall gut an und lösen herzliches Lachen aus. Natürlich sind wir nicht selbst darauf gekommen, sondern haben uns das Wort von ein paar buddhistischen Mönchen abgelauscht. Yong erklärt, das hieße soviel wie ‚am Markt vorbeifahren‘. Völlig einleuchtend: zum Markt, um Fleischsalat zu kaufen. Es muss allerdings ein sehr spezieller Markt sein, denn wir haben auf den Marktständen entlang unserer Route schon viele außergewöhnliche Waren ausliegen gesehen, aber Fleischsalat war noch keiner dabei. Egal, die Wirkung zählt, und so behalten wir die erheiternde Begrüßungsformel einfach bei.

Jutta, Albin, Ramón, Yong und ich unternehmen bis zum Mittagessen mit den Rädern eine kurze Genußtour durch die Umgebung. Staunend beobachten wir das Neujahrsfischen am und im Fluss: Dicht an dicht stehen die Fischer im seichten Flusswasser; im Gleichtakt heben und senken sie ihre Netze, die an kreuzweise verbundenen, langen Bambusstangen aufgehängt sind. Andere tauchen ganz unter und versuchen offenbar, mit der bloßen Hand Fische zu fangen. Wie hier überhaupt jemand etwas fangen kann, ist uns unbegreiflich. Jeder auch nur mittelmäßig intelligente Fisch dürfte bei dem Trubel im Wasser längst drei Flussbiegungen weiter sein, und die Taucher gehen in der aufgewühlten braunen Brühe bestenfalls als Blindfischer durch.

Wir radeln über Schotterwege durch Dörfer, besichtigen eine Seidenweberei und werfen einen Blick auf die skurrilen Friedhöfe der Karen, die ihren Verblichenen große Geisterpuppenhäuser errichten, welche mit deren wichtigsten Habseligkeiten ausgestattet werden: Gehstock, Schuhe, Kleidung, Fotos, Kochutensilien oder auch eine halbe Flasche Beerlao. Wichtige Persönlichkeiten sind an Schmuckfahnen zu erkennen. Wir runden die Tour mit einer abenteuerlichen Brückenpassage über den Nam Tha und einem Besuch der neuerrichteten Stupa am Berghang ab. Dort treffen wir ein Hmong-Paar, sie 14, er 16 Jahre alt, die auf eine Spritztour mit dem Mofa heraufgekommen sind. Das Ballspiel ist also endlich entschieden, jedenfalls für diese beiden.
Der Lazy-Trupp erlebt derweil urbane Abenteuer: Die altbekannte Friseurformel Waschen, schneiden, legen wird von den örtlichen Haarkünstlern angenehm umgedeutet zum Legen, Waschen, schneiden: Der Kunde genießt seine Haarwäsche in der entspannt gestreckten Horizontalen – hier offenbar ein Standardservice.

Die zweite Sensation, auf die uns kein Reiseführer vorbereitet hat, ist der als Kellner getarnte Fakir, der beim Abendessen die Gluttöpfe für unser Fondue in die kreisrunden Aussparungen der Tische wuchtet: Die Kübel mit bloßer Hand an einem Metalldraht haltend – knappe fünfzehn (!) Zentimeter über der rotglühenden Kohle -, lässt er es sich nicht nehmen, in aller Gemächlichkeit so lange den Draht zu halten und zu rütteln und zu drehen, bis die Heizelemente endlich perfekt in ihren Vertiefungen stehen. Uns wird heiß. Kurz darauf ergibt alles einen Sinn: Unser Hunger ist heute abend mächtig, so dass er ein ums andere Mal tief in die Kühltruhe greifen muss, um den Nachschub an Grillgut zu sichern. Kein Wunder, dass er sich da zwischendurch gerne die Finger etwas aufwärmt.

Beim Silvesterfeiern besteht in Luang Namtha noch Entwicklungspotential: Nicht nur fehlt es trotz allgegenwärtiger chinesischer Händler am Feuerwerk. Auch ein zünftiges Feierambiente zum Jahreswechsel zu finden, stellt uns vor Schwierigkeiten: Die ausländischen Rucksackreisenden hängen bräsig bei elektronischen Beats auf den Sofas, die lokale Jugend bei ohrenzersetzenden Wummerbässen an Stehtischen, zwischen denen Uniformierte patroullieren. Die Einladung zu einer laotischen Freiluftfeier bei ohrenbetäubender Synthesizer-Beschallung lehnen wir ebenfalls dankend ab und entscheiden uns, einfach mit Getränken und Musik die Sitzgruppe an der Rezeption unseres Bungalowdörfchens zu befeiern. So beginnt denn 2012 für uns in Laos lang sam und entspannt – wie auch sonst?


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Happy New Year Kaaaaaaaaaaa!

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Die letzte Etappe in diesem Jahr stand heute bevor. Und es sollte keine einfache werden. Die Strecke verlief fast komplett, entlang der 107. Eine an sich, für thailändische Verhältnisse, nicht allzu befahrene Straße. Silvester und Neujahr zählen in Thailand allerdings diesmal zu den längeren Feiertagen. Ganze 2 Tage hat man hier zusätzlich frei. Und dass, weil sowohl der 31.12. als auch der 1.1. auf ein Wochenende fallen. Denn das Anhängen von Ersatzfeiertage sind in Thailand Pflicht. Der Norden gilt dazu als DAS Erholungsgebiet in der „kühlen“ Jahreszeit. Wenn man Glück hat, kann man sogar mal die langärmligen Sachen aus dem Kleiderschrank holen. Auch wenn das Fahrradfahren auch unter Thailändern im Kommen und der Norden die beliebteste Radelgegend ist, sind es immer noch geschätzte, zu vernachlässigende 0,00001% die hier mit ihren Mountainbikes unterwegs sind. Der Rest verlässt sich lieber auf ihre SUVs. Bei dem Verkehr heute, kann man es ihnen auch nicht wirklich übel nehmen.

Der erste Teil verlief durch mehr oder weniger zivilisierte Ortschaften, die entlang der Straße gelegen sind und einfach nicht aufhören wollten. Als die Serpentinen im Grünen anfingen, hatte man kurz die Hoffnung, es könnte ruhiger werden. Doch immer noch genug Leute waren unterwegs auf der Suche nach einer Bleibe zu Silvester, so dass man kaum eine ruhige Minute hatte um die schöne Landschaft um sich herum zu genießen.

Als sich die Gruppe oben auf dem Gipfel wieder zusammengefunden hatte, wollten Martin und Dirk nur noch runter von der Straße und so schnell wie möglich ins Hotel. Der Rest dackelte hinterher… immer schön hintereinander. Erst nach der Abbiegung 2 km vor dem Hotel kehrte endlich wieder Ruhe ein auf den Straßen.

Die Resortanlage hatte ein ähnliches Flair wie das gestrige, nur in etwas pompöserem Stil mit einem hübschen Restaurant auf dem Wasser. Das Silvesteressen dort allerdings war ein großer Reinfall. Das Bestellen dauerte 1,5 Stunden, das Essen selber eine halbe Stunde und das Bezahlen auch noch einmal eine Stunde. Dazu gab es nicht mal einen Entschuldigungsschnaps, wie etwa in Laos.

Um 10 Uhr abends schmiss man uns raus und Silvester 2011/12 drohte zu einem Desaster zu werden. Entmutigt setzten sich Martin, Frank und ich in das hauseigene Abendcafé, wo eine spärlich bekleidete Dame vor gähnenden 4 Thailändern Volkslieder über verlorene Liebe und Glück auf einer Bühne mit Agogo-Stange sang. Aufgeben war dennoch keine Option. Zum Neujahr gingen wir resigniert zu unserem Riesenbungalow zurück und zündeten Papierballons an und hofften, dass sie nicht brennend auf alte Holzhütten abstürzen würden. Wir packten unseren letzten Mut zusammen, gaben dem Silvester noch eine letzte Chance und kehrten ohne eine Alternative zu dem Café zurück. 2012 scheint ein verrücktes Jahr zu werden, denn pünktlich auf die Minute hat sich der Laden bis zum Rande gefüllt und drinnen ging die Post ab. Als dann auch noch die hübschen Dorf-Ladyboys dazu stießen, bebte der Schuppen. Wir blieben, tranken auf ein frohes Neues und tanzten mit den hübschen Frauen und Männern, bis der Frust einer neuen Hoffnung gewichen war. Bis es irgendwann um kurz vor drei hieß… „Morgen 85 km, ja??“


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Die letzten Plätze im Nirvana

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Unser Tag begann mit der letzten Bootstour auf der Reise. Wir fuhren den Mae Kok aufwärts nach Mae Salak. Zwischen drin stand ein Stopp in einem Karen-Dorf auf dem Programm. Dass die Karen-Völker sich dem Touristenansturm von Nordthailand stark angepasst haben, weiß man von den Langhals-Karen, die in Mae Hong Son ihren Körperkult zur Touristenattraktion ausgebaut haben – sei es freiwillig oder unfreiwillig. Hier war es nicht groß anders. An der Bootsanlegestelle stand ein großes Schild mit der Aufschrift „Big Snake“. Das funktioniert als Touristenfalle aber wohl immer noch besser als „authentic Karen Village“. Die paar Touristen, die sich noch hierher verirren, haben die Möglichkeit ein Bild mit den Riesen -Boas zu machen, die die Bewohner wie ihre Kuscheltiere halten. Also tranken wir unseren obligatorischen Kaffee und machten uns wieder schnell auf die Socken.

In Mae Salak warteten unsere Räder wieder auf uns und es konnte auf ruhigen Nebenstraßen weitergehen in Richtung Thaton. Gemütliche 20 km standen auf dem Programm, inklusive Zwischenstopp bei einer Orangenplantage mit frischgepresstem O-Saft. Da muss man auch nicht hetzen. Unser Durchschnittstempo wurde auch ganz schön gedrosselt, von dem in Thailand urplötzlichen Temperaturanstieg. Man könnte meinen die Laoten hätten ihre Heizungsrechnung nicht bezahlt und Thailand gleich 30 Jahre im Voraus. In Thaton kamen wir in einem kleinen netten Resort an, das idyllisch an einer Flussbiegung des Mae Koks gelegen war. Der Rasen war frisch gemäht, die Bäume sauber beschnitten, rustikale Holzmöbel aus Beton luden zum Sitzen ein und im Hintergrund lief aus versteckten Lautsprechern im Garten einlullende Thai-Klassikmusik. So stellt sich der Thailänder seinen Natururlaub vor.

Vor dem Abendessen ließen wir uns auf den Hügel zum nahegelegenen Prah Maha Jedi Kaew fahren, um den Sonnenuntergang noch von oben sehen zu können. Leider waren wir 5 Minuten zu spät und die Sonnenspitze stürzte hinter den Berg, bevor wir die Stupa erklommen haben. Der Prah Maha Jedi Kaew ist eine riesige Stupa der Extraklasse, erbaut von einem Geschäftsmann aus Singapur und großzügigen Spenden anderer wohlhabenden Gläubigen. Entlang den Wänden des Gebäudes sind einige Namen der Spender aufgelistet zusammen mit den jeweiligen schwindelerregenden Summen. Selbst der Wendelgang zur höchsten Ebene hinauf ist in Form eines Drachenkörpers gebaut und die einzelnen Schuppen aus purem Silber wurden alle einzeln gespendet. Auf jeder Schuppe steht der Name des jeweiligen Gutmenschen, damit man ja eine Referenz hat, wenn es dann bei der Abrechnung vor der Himmelspforte mal hart auf hart kommt. Das Ergebnis ist eine beeindruckende fünf Sterne Stupa. Allerdings kam sie leider nicht zu ihrem verdienten Ruhm, da sie etwa zeitgleich mit dem Wat Rong Khun, der ja eigentlich noch im Bau ist, eröffnet wurde. Googeln nach Bildern lohnt sich. Der wilde Traum in Weiß, stiehlt der (im Vergleich) kleinen Stupa eindeutig die Show. Aber das lag leider nicht auf unserem Weg.

Wieder unten in unserem kleinen Resort plätscherte immer noch die gleiche CD vor sich hin und die einheimischen Touristen testeten schon mal das Feuerwerk für den morgigen Silvesterabend.


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Die üble Palastwache des Paralleluniversums

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

15. Tag, 30.12.2011
Von Na Mawn nach Luang Namtha

Wo sich 2008 noch eine staubige Piste durch Na Mawn schlängelte, kündet jetzt eine noch recht frische Asphaltdecke vom Wirken chinesischer Baufirmen. Kein Wunder, denn die Straße, auf der wir heute den Ort verlassen, führt direkt zum laotisch-chinesischen Grenzübergang Boten nördlich von hier. Doch wir wollen diesmal in Laos bleiben und biegen vorher in Richtung Südwesten ab. Eine der am besten ausgebauten Straßen des Landes verbindet hier auf dem kürzestmöglichen Weg (ca. 250km) China mit Thailand. Für uns heißt das: Bis jetzt war der Untergrund nicht übel – jetzt wird es traumhaft. Zumal der Asphalt nicht irgendwo liegt, sondern sich durch ein wunderschönes malerisches Tal schlängelt, dessen seltsam verschlafene Dörfer in einem skurrilen Verhältnis zur breit ausgebauten Straße stehen. Von Verkehr kann übrigens keine Rede sein, wir sind quasi auf dem bestausgebauten Radweg des Landes unterwegs.

Das Mittagspicknick findet heute in einem sonnengeschützten und auch sonst luxuriösen Bambus-Unterstand statt und ist damit dem extravaganten Speiseangebot angemessen: Auf der Tafel treffen sich Salami und Schwarzbrot mit Mangostane und gerösteten schwarzen Pilzen mit Limette und Chili. Fast niemand kann sich ein heimliches Kichern verkneifen, als es nach schon fast zwei Wochen einmal nicht wir sind, die kritisch das Essen beäugen und mit fremden Geschmäckern konfrontiert werden: Yong kaut skeptisch auf seiner Mini-Salami herum und sieht so aus, als wünschte er sich gerade sehnlichst eine Chilischote mit Krabbenpaste herbei, um den absonderlichen Geschmack zu neutralisieren. Wir tun unser Bestes, um ihn mit aufmunternden Blicken und Bemerkungen im Kampf mit der Mini-Salami zu unterstützen.

Durch die weite Ebene des Nam Tha erreichen wir Luang Namtha, eine überdimensionierte Reißbrettstadt, geboren in den 70er Jahren aus bisher uneingelöstem Entwicklungsoptimismus. Ein wahres Paralleluniversum: Die Stadt besteht aus ganzen drei Parallelstraßen. Doch auch wenn das urbane Schachbrettmuster und die Rollbahn des Flughafens längs der Hauptstraße eine andere Sprache sprechen – die meisten Besucher zieht es aus anderen Gründen nach Luang Namtha. Mit Rucksack, Mückenspray und Kamera wandern sie in die Wälder der Umgebung und lassen sich von ortskundigen Begleitern durch die Bergdörfer führen. Man mag von der Suche nach dem ursprünglichen, einfachen Leben halten, was man will: Der sanfte Tourismus scheint zu den wenigen großen ökonomischen Erfolgsgeschichten des heutigen Laos zu gehören.

Nach der Schmutzbier-Siesta machen wir – in perfektem Einklang mit den lokalen Gepflogenheiteen – eine kurze Schachbrett-Spritztour mit unserem Begleitwagen. Zugegeben – man ist schnell durch mit der Neustadt, in der unsere Unterkunft liegt. Einmal hin, einmal her, um Ecke – gar nicht schwer. Immerhin lockern einige annehmbare Lokalitäten die Strenge der Längs- und Querstraßen auf, wo sich geruhsam dem Abendessen entgegenfreuen läßt. Chinesisch zum Dritten, heute mit authentischem Trinkgelage am Nachbartisch. Wir haben fast alle in China schon mit ähnlichen Tischgesellschaften zu tun gehabt und kennen die Verhaltensregeln: Freundlich lächeln und sich begriffsstutzig stellen, wenn die Aufforderungen zum Mittrinken forscher werden. Zur Not ad hoc eine temporäre Alkoholallergie entwickeln. Wir kommen unbehelligt davon – sieht man einmal von dem ebenfalls schwer angetrunkenen Kellner ab, der uns Tee nachschenken möchte und dabei hauptsächlich meine unbestrumpften Füße überbrüht. Das Essen ist immerhin lecker, wenn auch mit einer Einschränkung: Hier wird nach meiner Wenigkeit das übelste Hühnchen nach Art der Palastwache Asiens serviert. Wenn es denn überhaupt Hühnchen war. Ich überreiche deshalb (leider nur in meiner Phantasie) mit Hinweis auf Seite 28 höflich einen CBB-Katalog 2012, mit dessen Hilfe das Gericht beim nächsten Mal besser gelingen sollte. Ansonsten: ein würdiger Abschluss unserer chinesischen Trilogie, nach der wir bereit sind, uns wieder intensiver ortstypischen Aromen zu widmen.


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Highway to Hell

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Heute Morgen verabschiedeten wir uns von der Langsamkeit, von dem Kommunismus, von den vielen Kindern am Wegesrand, vom besten Bier Südostasien, von Laos. Bei dem kleinen Grenzübergang zwischen Huay Xai (Laos) und Chiang Khong (Thailand) ist zwar eine Brücke in Planung. Aber mit thailändischen und laotischen Bauarbeitern kann das Ganze noch ein Weilchen dauern. Es wäre die 4. Brücke, die Thailand mit Laos über den Mekong verbindet. Auf einer Länge der gemeinsamen Grenze von etwa 850 km entlang des Mekongs, sind die 3,5 Thai-Laotische-Freundschaftsbrücken ein gutes Symbol für die politische Beziehung der beiden Länder. Auch die 4. Brücke ist eher von Thailand und China geplant worden. Laos ist da nur Nebendarsteller. Also heißt es für uns noch mal Bootfahren, wenn auch nur für 2 Minuten.

Auf der anderen Seite des Flusses erwartet uns Dtaw, der thailändische Reiseleiter mit Loung (Onkel) Tawin, dem Fahrer. Die Einreise ging etwas flotter als in Laos und wir konnten schon bald auf der linken Straßenseite unsere Tour de Thailande norde beginnen. Leichter gesagt als getan. Denn gleich nach der ersten Kreuzung, bin selbst ich, als geübter Linksfahrer, auf die falsche Straßenseite abgebogen. Wir verabschiedeten uns vom Mekong und von Laos und verspürten schon bald darauf ein kleinen Anflug von Heimweh, nach dem Schmuseasphalt mit den wadenschmeichelnden Ondulationen, als die ersten Steigungen in Thailand anfingen. Bei den Steigungen hier kommt man genau so schnell den Berg hinauf wie schieben. Das hat man halt davon, wenn Pickups vor dem Straßenausbau in Massen importiert werden. Das Leid haben dann die Radfahrer zu tragen. An die hat natürlich keiner gedacht.

Oben auf dem Gipfel angekommen, kamen wir gerade rechtzeitig zu einer Hmong-Neujahrsfeier. Hierzu werfen sich die in Trachten gekleideten Dorfbewohner Stoff- und Tennisbälle zu. Das soll der Kommunikation dienen und erinnert etwas an ein Kennenlernspiel aus der Waldorfschule. Allerdings mit schwerwiegenderen Konsequenzen, wie etwa einer Hochzeit. Anders als noch in Laos haben die Bergvölker hier hochhackige Schuhe, Handys und Spiegelreflexkameras. Der Fortschritt ist wesentlich fortgeschrittener in Thailand. Was für uns Fahrradfahrer aber auch heißt, dass sich fast jeder ein Auto leisten kann und die Straßen wieder lauter und, be- und abgefahrener sind.

Eine Ahnung davon, wie viele Autos in Thailand wirklich unterwegs sind bekamen wir, als wir etwa 15 km vor unserem Zeil auf die Hauptstraße Nummer 1 stoßen. Der Name ist Programm, die Phahonyothin ist die 2. Längste Straße Thailands und ich könnte sie etwa 900 km immer weiter geradeaus fahren und käme dann bei meinen Eltern in Bangkok an. Nach Chiang Rai rein hat sie teilweise 8 Spuren und wir gehen regelrecht unter in dem Meer von Fahrzeugen. Nach der Entspannungskur in Laos sind die Hauptstraßen hier ziemlich respekteinflößend, um es vorsichtig auszudrücken.

Zum Abendessen bot sich zur Begrüßung von Thailand das „Sawasdee“-Restaurant an, was „guten Tag“ auf thailändisch bedeutet. Es begrüßte uns gebührend mit thailändischen Curry-Suppen, Hähnchen mit Cashewnüssen und anderen Leckereien.


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Die Ziege der Na Mawn All Stars

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

Von Oudomxay nach Na Mawn

Ein paar Früchte vom Markt in Oudomxay, und schon sind wir unterwegs nach Na Mawn. Ein kleiner Ort, den ich wegen seiner freundlichen, gelassenen Atmosphäre in guter Erinnerung habe: Am späten Nachmittag, vor Sonnenuntergang, kann man gemeinsam mit dem ganzen Dorf im Fluss baden – eine schöne Abwechslung von der üblichen Dusche danach. Im Laufe eines langen sonnigen Radfahrtages auf laotischen Straßen mischt sich der Schweiß mit einer stattlichen Schicht roten Staubs, der sich auf uns ebenso beiläufig ablagert wie auf all den Pflanzen, Autos und Häusern, denen man unterwegs häufig insgeheim eine riesige Putzfrau wünscht, die mit einem überdimensionalen Staubwedel mal kräftig über die ganze Landschaft wedeln möge.

Kurz hinter unserem Pass des Tages machen wir uns an einem schattigen Plätzchen auf der Picknickdecke aus Bananenblättern über die chinesischen Köstlichkeiten her, die wir im Versorgungsmobil aus Uodomxay mitgenommen haben. Ein paar Kekse und Obst dazu, und schon geht der Stäbchenwettkampf los. Die geschmorten Auberginen sind beliebt, während das doch arg knochige scharfe Huhn nur selten den ungestüm zuschnappenden Hölzchen ausgesetzt ist. Zum Dessert gibt es heute eine hübsche kleine Verdauungsabfahrt.

Wir passieren einige Dörfer der Hmong und kommen gerade richtig, um einen alten Neujahrsbrauch aus der Nähe erleben zu können: Ein Ballspiel zwischen jungen Männern und Mädchen, bei dem der Ball zur Partnerwahl eingesetzt wird: Wer sich mag, wirft sich den Ball zu. Aber ganz so einfach ist es doch nicht, denn das Ganze dauert stundenlang, und nur wer es schafft, bis zum Schluss keinen steifen Arm zu bekommen, hat Chancen auf die Gunst des Gegenübers. Eine interessante und preiswere Balzmethode, aber doch ein wenig mühsam.

Am Ortseingang von Na Mawn passieren wir den Markt und erbeuten eine 10kg-Kiste mit importierten chinesischen Mini-Mandarinen, die für uns die nächsten Tage für saftige Pausenstopps garantieren. Geschmacklich die besten Mandarinen überhaupt, süß, saftig und mit einer locker sitzenden, leicht abzupellenden Schale. Nur eben sehr klein, so dass man sie gleich im Dutzend essen möchte.

Na Mawn überrascht: Eine widerspenstige Ziege, bei deren Zähmung Albin tatkräftig mit Hand anlegt, weist uns den direkten Weg vom Schmutzbier zu einer rauschenden laotischen Boule-Party. Wir werden johlend und mit gefüllten Gläsern und amtlichem soundsystem lao auf einem Hinterhof begrüßt, wo den Trikots nach zu urteilen gerade die Na Mawn All Stars sich im präzisen Kugelwurf üben. Die große Beliebtheit des Boulespiels in Laos ist wie Baguette und Crèpes ein Erbe der französischen Kolonialherrschaft. Wenn man es recht bedenkt, hätte es auch genau andersherum sein können: Ein so gemächliches Spiel könnte durchaus glaubwürdig in Laos erfunden und erst von den französischen Kolonialherren in ihr Mutterland gebracht worden sein. Man wirft ab und an eine Kugel, zwischendurch bleibt viel Zeit zum Essen, Trinken und Diskutieren des besten Armschwungs.

Das soundsystem lao ist übrigens eine beliebte batteriebetriebene Verstärker-Lautsprecher-Kombination, mit der man mühelos ganze Dörfer beschallen kann – was die Nachbarschaft selten daran hindert, ebenfalls die eigene Anlage bis zur Verzerrung aufzudrehen. Ganz zu schweigen von den restlichen Familien im Dorf.

Erfreut stellen wir heute fest, dass die Musik aus den Lautsprechern viel weniger peinigend in den Ohren klingt, wenn man selbst mittendrin mittanzt. Wir lernen auch ein neues Trinksystem kennen, denn bei den Boulespielern gibt es für 25 Personen nur ein Dutzend Gläser. Das System ist schnell verstanden: Anstoßen, austrinken und dann schnellstens das Glas an den Nachbarn weitergeben. Wer zu langsam ist und sein Glas nicht rechtzeitig los wird, riskiert, die nächste Runde Beerlao gleich wieder mittrinken zu müssen – auf Ex, Ehrensache. Die Gläser füllen sich, einmal ausgetrunken, in bester Füllhorn-Manier quasi augenblicklich wie von selbst wieder.

Wir steuern auch ein paar Getränke bei und wenden uns der Boule-Bahn zu, um bei der nächsten Gelegenheit mit einzusteigen. Wahrscheinlich um uns eine schmachvolle Niederlage zu ersparen, bieten unsere aufmerksamen Gastgeber nicht gerade die erste Garde zum Wettkampf auf, sondern stellen als Kanonenfutter ein Team zusammen, dessen Virtuosität im Umgang mit den Metallkugeln insgesamt wenig einschüchternd ausfällt. Wir erweisen uns als gute Gäste und gewinnen (wie vorgesehen) souverän.

Die Ziege hat man in der Nähe an einem Baum angebunden. Sie schaut uns interessiert zu, über den Verlauf dieses Tages sicher nicht weniger erstaunt als wir.


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Der Appetit nach dem Wellenreiten

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

Von Muang Khua nach Oudomxay

Unsere Tour über den Ou hat uns den Grenzen zu den vietnamesischen und chinesischen Nachbarn sehr nahe gebracht; entsprechend viele dieser Landsleute trifft man hier in der nördlichsten Provinz Phongsali, es gibt vietnamesische Märkte, chinesisch anmutende Hotels und vieles mehr. Das hat sein Gutes, denn unsere heutige Fahrradetappe ist zwar lang, aber wir radeln mit der Kraft zuversichtlicher Waden: Zum Abendessen werden wir uns Chinesisch bekochen lassen! Klebereis und Salat aus Gehacktem mit Kräutern, Chili und Limette sowie die anderen fünf oder sechs Paradegerichte der laotischen Kochkunst haben wir schon eingehend verkostet und sind mehr als bereit für eine Abwechslung. Die meisten aus der Gruppe haben mit China by Bike auch schon einmal China beradelt und wissen deshalb genau, worauf sie sich freuen dürfen.

Um zum Festbankett zu gelangen, das uns in Oudomxay erwartet, gilt es sich in einer neuen Disziplin zu beweisen, dem Wellenreiten. Die kaum befahrene Straße 2E schlängelt sich über 100 km immer am Nam Thag entlang in die Nachbarprovinz Oudomxay und ist mächtig gewellt. Sie überbietet mit Leichtigkeit die mickrigen Wellen, die der Fluss aufwirft und stellt uns eine echte Ausdaueraufgabe: Die ersten 20 km hat man noch seine Freude am ständigen Auf und Ab, langweilig ist das auf keinen Fall. Je mehr Kilometer man jedoch sammelt, desto mehr spürt man, dass die kleinen Anstiege ein klein wenig zu lang sind, um mit dem Schwung des letzten Gefälles bequem hochzurollen. Es wird mühsam. Und immer mühsamer. Von jeder Kuppe sieht man schon hämisch den nächsten Mikroanstieg herüberwinken. Und spürt mittlerweile immer deutlicher, dass es nicht einfach nur auf und ab, sondern in der Summe sogar stetig aufwärts geht. Es sind nur wenige Dutzend Meter, aber was verstehen verkrampfende Waden schon von Zahlen?

Fast schon möchte man aufatmen, als wir nach dem wilden Ritt auf den Wellen zu guter Letzt noch zwei richtige Anstiege erklimmen dürfen, bevor wir uns bei der heldenhaften Einfahrt in die Provinzhauptstadt von den Massen bejubeln lassen dürfen, die die Straße säumen und frenetisch kleine Deutschland-Fähnchen schwenken. Wie bitte? Ob dort wirklich so viele Menschen von uns Notiz genommen haben? Also ICH jedenfalls habe sie gesehen UND gehört.

Gerührt stellen wir am Ziel beim routinierten Griff in den Schmutzbier-Kühlschrank fest, dass auch unsere heutigen Gastgeber sich für uns etwas Besonderes überlegt haben: Wir dürfen zwischen sage und schreibe drei Beerlao-Variationen wählen, : Das altbewährte Lager, dazu Beerlao Gold und das Kleine Schwarze. Festlich gestimmt fiebern wir unserem Abendmahl entgegen.

Dieses fällt tatsächlich denkwürdig üppig aus, denn als ich mit dem Koch (und Besitzer in Personalunion) vor seinem Kühlschrank stehe und seine Frischware begutachte, um das Menü zusammenzustellen, unterläuft mir eine Art chinesisch-laotische Bestellverwirrung. Ich gebe wie gewohnt den Hinweis, dass von jedem Gericht zwei Portionen aufgetischt werden sollen. Das hat sich bei der überschaubaren laotischen Küche bisher so bewährt, weil wir sonst an zwei oder drei Abenden bereits das gesamte Repertoire ausgeschöpft hätten. Im Verlauf des Bestellvorgangs schalte ich aber unwillkürlich auf die chinesische Methode um – die funktioniert nach der Daumenregel Zahl der bestellten Gerichte = Personenzahl+1, allerdings ohne doppelte Portionen – um die Vielfalt chinesischer Gerichte bestmöglich auskosten zu können. Muss wohl an der Sprache gelegen haben, denn wir waren beide froh, uns miteinander Chinesisch verständigen zu können. Erst viel später zurück im Hotel dämmert mir, dass ich im Schwung des Gefechts die Zwei-Portionen-Anweisung überhaupt nicht zurückgenommen habe und wir uns daher abends am Tisch der doppelten chinesischen Portion gegenübersehen dürften. Zum Glück habe ich die Telefonnummer des Kochs da und rufe gleich an, um ihn zu bremsen. Der ist jedoch – wie nicht anders zu erwarten – ganz chinesischer Geschäftsmann und behauptet standhaft, sämtliche bestellten Gerichte bereits vorbereitet zu haben (obwohl es noch fast zwei Stunden hin sind). Ein Abspecken der Bestellung sei deswegen völlig ausgeschlossen. Ich lasse es wohl oder übel erst einmal auf uns zukommen.

Tatsächlich wird die Tafel mit großen Ohs und Ahs quittiert; die Teller stehen übereinandergestapelt, weil selbst der großzügige chinesische Tisch mit der berühmten faulen Susanne nicht genug Platz bietet für die enorme Üppigkeit der Auberginen, Hühnchen, Bohnen, Kartoffelstreifen, Süßkartoffeln und und und. Wir zücken die Stäbchen, legen los und – oh Wunder – eine halbe Stunde später ist nahezu der gesamte Tisch geräumt. Die überschaubaren Reste werden für die morgige Mittagspause in Picknickboxen verstaut.

Mir gibt das Wunder dieses grenzenlosen Appetits noch lange Rätsel auf, dessen Zeuge ich soeben geworden bin. Sollte das etwa der sagenhafte Appetit nach dem Wellenreiten sein?

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Beine hoch, Bauch raus, Augen zu

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Die nächsten 3 Tage waren der Entspannung gewidmet. Als erstes hatten wir einen freien Tag in Luang Prabang, an dem jeder noch die Möglichkeit hatte Souvenirs einzukaufen, zur Massage zu gehen, weitere Tempels zu besichtigen und andere Dinge zu erledigen, die man als Tourist in Luang Prabang so machen kann. Ich nutze die Gelegenheit und lud Hamm zu einem letzten gemeinsamen Essen ein. Wir hatten uns während der Tour sehr gut verstanden und ich wollte ihm nochmal für seine gute Leistung und den (wenn auch verspäteten) Reiswein danken. Begleitet von einem der schönsten Sonnenuntergänge am Mekong tranken wir auf die Thai-Laotische-Freundschaft. Wie so oft, hatte ich bei der Gelegenheit auf eines der schönsten Motive meine Kamera nicht dabei.

Am nächsten Tag ging es dann auf unsere private Yacht, die uns den Mekong hinauf bis an die thailändische Grenze bringen sollte. Morgens mussten wir beide Tage recht zeitig los, denn Flussaufwärts geht es wesentlich langsamer. Unser Kapitän Kwai (wortwörtlich Käptn Wasserbüffel), ein echter China-By-Bike-Veteran, wie die Aufkleber an seiner Windschutzscheibe vermuten lassen, begrüßte uns an Bord der Wan Thong Jaroen, ein geräumiges Boot mit viel Platz zum Sitzen, Liegen, Stehen, Essen, Lesen, Räder reparieren. Endlich mal nichts tun. Die Landschaft fährt langsam an einem vorbei und man schaut einfach nur zu. Zu Schade nur, dass sie irgendwann seinen Reiz verliert. Nicht das die Ufer des Mekongs langweilig werden. Im Gegenteil, im Detail gibt es viele Kleinigkeiten zu entdecken: Goldwäscher am Ufer, 10 Meter hohe Sandbänke, bizarre Felsformationen, die nur in der Trockenzeit sichtbar sind, leere Marktstände vom monatlichen Ufermarkt, immer wieder kleinere Stromschnellen. Das Allgemeinbild blieb jedoch das gleiche: Vor und hinter uns war der Fluss, links und rechts waren kleinere Hügel, die das Tal umschloss. Das Boot glitt gleichmäßig auf dem teils unruhigen Wasser Stromaufwärts. Der Holzrumpf knarzte und das Blechdach ächzte bei jeder kleineren auf und ab Bewegung des Schiffes. Einige von uns schliefen, anderen lasen in der Sonne ein Buch, hörten Musik oder blickten einfach nur in die Ferne.

Das Highlight auf unserer Schifffahrt war eindeutig das Essen, dass die Frau des Käptn Wasserbüffels, Nang (wortwörtlich Frau Frau) uns zur Mittagszeit immer zubereitete. Die Gerichte waren dermaßen schmackhaft, dass wir unsere Fressgier kaum bremsen und abends kaum noch etwas essen konnten.

Die Unterkünfte an Land haben keine besondere Erwähnung verdient. Vor allem Pakbeng ist lediglich eine Durchfahrtstation und Raststätte für diejenigen, die nicht mit dem Schnellboot unter einem Motorradhelm in 6 Stunden von Luang Prabang nach Huay Xai durchbrettern wollen: Guesthouse, Massage, Indische Restaurants, Bäckereien und alles was der Ausländer in Laos halt noch so braucht. Aber mehr eben auch nicht.

Am Nachmittag unseres 2. Bootstages tippte mich Frau Frau leicht an der Schulter und zeigte in Richtung Backbord. „Hier fängt die Thailändische Grenze an.“ Prompt stand an der Grenze ein ansehnliches kleines Resort direkt an der Grenze mit einer thailändischen Fahne. Mein patriotisches Herz fängt wieder an stärker zu klopfen. Jetzt bloß objektiv bleiben, Niti!

Wir verbrachten unsere letzte Nacht in Laos direkt an der Grenze, fast mit Blickkontakt mit Thailand. Das letzte Beer Lao wurde gebührend am Ufer des Mekongs verabschiedet mit Aussicht auf die nächtliche, thailändische „Skyline“ von Chiang Khong. Die ganzen bunten Lichter da drüben waren natürlich powered by Lao electricity. Denn Elektrizität ist Laos zweitgrößtes Exportgut und Thailand der größte Abnehmer. Insofern wird also auch noch in den thailändischen Stromadern Laotisches Blut fließen. Papaya Salat wird auch in den Restaurants noch omnipräsent sein. Laos bleibt somit zumindest im Geiste bei uns und wird uns bis weit über die andere Seite des Mekongs noch begleiten.


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Ou ou!

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

Von Luang Prabang über Muang Ngoi nach Muang Khua

Nachdem wir uns in den letzten Tagen mit Radeln und Feiern so gefordert haben, kommt eine Entspannungspause sehr gelegen. Wir lassen also heute fahren und nehmen auf den bequemen Reisebussitzen Platz, die auf dem schmalen Langboot unseres Kapitäns ein neues Zuhause gefunden haben. Die solide Bauweise des hölzernen Dachaufbaus mit markant nach innen hervorstehenden Querbalken macht schon das Einsteigen für uns Langbeine zum Abenteuer: Das Boot ist lang, aber nicht sehr hoch – nur ein in angemessener Demut gesenkter Kopf garantiert beulenfreies Passieren. Ramón bietet der Gefahr furchtlos die verlängerte Stirn und landet einen Volltreffer.

Es geht zuerst zur Bootstankstelle, dann ein paar Kilometer den Mekong hinauf bis zur Mündung des Nam Ou, des längsten Binnenflusses von Laos. Wir biegen sodann in den Ou ab und halten direkt auf eine gewaltige Wand aus Kalkstein zu. Um diese Jahreszeit (dem ersten, kühleren Teil der Trockenzeit) ist der Wasserstand niedrig, aber der Fluss noch auf seiner ganzen Länge schiffbar. Die nächsten sieben Stunden pflügen wir stromaufwärts durch die Wellen in Richtung Muang Ngoi, durch Stromschnellen und im Zickzack herum um aus dem Wasser hervor ragende, bizarre Felsformationen.

Anfangs erscheint das eine oder andere Manöver unseres Bootsmannes halsbrecherisch: Es wirkt, als hielte er verwegen direkt auf die Felsen zu, so als wolle er absichtlich einen Zusammenstoß provozieren. Aber nachdem uns die Strömungen, in die er das Boot auf diese Weise hineinsteuert, ein ums andere Mal mit unsichtbarer Hand sicher um die Blöcke herumspülen, wächst unsere Zuversicht, dass der Mann (wie zu erwarten) genau weiß, was er tut. Für ihn birgt der Fluss schon lange keine Überraschungen mehr. Wir entspannen uns also allmählich und schauen in die Landschaft. Die Berge zu beiden Seiten sind mit Wald bedeckt: lianenbehangene Urwaldriesen durchmischt mit Bambushainen, Papayas, Bananen und unzähligen anderen tropischen Pflanzenarten, die unseren botanischen Sachverstand äußerst beschränkt erscheinen lassen.

Der nicht wilden, aber noch weniger beschaulichen Fahrt entsprechend sind wir mit Windjacken, Fahrrad- und Sonnenbrillen und Regenhosen gerüstet. Nicht zu vergessen unsere kleine blaue Verpflegungskiste, in der sich (noch) die Leckereien stapeln. Regelmäßig werden die Kameras aufregenden Fotomotiven an dem einen der beiden Ufer entgegengereckt und stellen uns vor kleine Teamaufgaben, wenn durch die einseitige Gewichtsverlagerung die prekäre Balance des schmalen Kahns gefährdet ist. Alle Aufregung hindert uns immerhin nicht daran, bisweilen in tiefe Meditation zu verfallen.

Zu Mittag picknicken wir heute ausgiebig auf einer Sandbank mitten im Fluss, es gibt Indisches und Quiche. Nach gut acht Stunden mit straffem Fahrtwind und dem mit der Zeit leicht monotonem Geräuschteppich aus Motorenknattern und Wasserplätschern erreichen wir dann Muang Ngoi, wo uns auf dem Weg zu den Bungalows die Mutterschalen begrüßen, die hier als Eingangstor arrangiert von den US-amerikanischen Segnungen künden, mit denen Laos im Zweiten Indochinakrieg zwischen 1964 und 1973 aus der Luft bedacht wurde. Offiziell wird bis heute daran festgehalten, es sei hier von den USA kein Krieg geführt worden – während die Spuren eben jenes Krieges noch immer und nur allmählich bereinigt werden können.

Am Namen unsereres Gästehauses zeigt sich, dass völlig zu unrecht typischerweise Japaner und Chinesen zu Zielscheiben von L-R-Witzen werden. Lattanavongsa? Rattanavongsa? Der unbefangene Wechsel zwischen den Schreibweisen auf den Hinweisschildern und Informationstafeln selbst innerhalb der Bungalows zeigt, dass auch die Laoten große Freude daran haben können, den (für sie) unerheblichen Unterschied zwischen beiden Lauten demonstrativ mit cooler Indifferenz zu behandeln.

Muang Ngoi hat sich in den letzten Jahren dem wachsenden Strom der Flussbefahrer aus aller Welt perfekt angepasst, ohne jedoch den Charme des verschlafenen Bauerndorfes eingebüßt zu haben. Auch einige Auswärtige haben sich bereits hier niedergelassen und verleihen dem Ort Eine kosmopolitische Note. Die von einem Schweden betriebene Wellness-Oase mit Dampfsauna und Massage ist aber äußerlich nicht zu unterscheiden von den Einrichtungen des laotischen Roten Kreuzes, wie sie in vielen Städten zu finden sind. Whisky-Eimer und Stampfbässe sind bis auf Weiteres nicht in Sicht. Der klassische Aufenthalt hier findet hauptsächlich auf einer der Restaurant-Terrassen statt, von denen sich der malerische Fluss und das weitere Umland überblicken lassen. Eine einzige vollwertige Dorfstraße bietet der Bummellust Auslauf, und so verbummeln die meisten aus der Gruppe die Zeit bis zum Abendessen.

Der zweite Tag unserer Flussfahrt ist kürzer, das Ziel nicht annähernd so charmant – wir lassen uns mit dem Aufbruch also soviel Zeit wie möglich und tanken gegen den kühlen Fahrtwind erst einmal Sonne. Abgesehen von einem halbstündigen Stopp im ebenso berühmten wie sympathischen Schnappsbrennerdorf (wo allerdings gerade Ebbe in den Tonkrügen herrscht) widmen wir uns heute noch intensiver der Meditation. Denn: Für das kommende 100-km-Tagespensum ist die richtige mentale Vorbereitung das A und O(u)!

Kaffee-Lümmelei

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

Luang Prabang

Zum Besichtigungsprogramm in Luang Prabang ist in den Blogs der Kollegen schon alles gesagt worden. Bemerkenswert an unserem heutigen Kulturteil ist lediglich, dass die Ausfallquote gemessen am gestrigen Beerlao-Verbrauch erstaunlich niedrig ausfällt. Der abschließende Fußweg zum Wat Xieng Thong fühlt sich vielleicht etwas länger an als üblich, aber unsere neugierigen Augen sind immerhin trotz gnadenlosen Sonnenscheins nicht zu klein, das älteste und schönste Kloster der Stadt gebührend zu würdigen. Für soviel vormittägliche Tapferkeit belohnen wir uns mit entspannter individueller Nachmittagslümmelei. Es ist ja kein Geheimnis, dass die Stadt seit ihrem neuerlichen Aufblühen selten einen Besucher gesehen hat, der standhaft genug gewesen wäre, den Verlockungen der gastronomischen Angebote zu widerstehen. Nach Tagen des Gewöhnaromas (dank an Thomas für die treffende Wortschöpfung) – verfeinert mit gesüßter Kondensmilch – schlägt die Sehnsucht nach einem Kaffee europäischer Machart nun mit Gewalt durch. Widerstand zwecklos.

Zum Abendessen verwöhnt uns heute Nisha, der beste Inder am Platz, bei dem wir uns auch gleich für den nächsten Tag mit Picknickverpflegung eindecken.

So lümmelt sich denn auch der Blog heute eins! Wer sich mehr Lesefutter wünscht, kann ja zu Nitis Eintrag rüberlesen.

Als Foto des Tages hat Ramón einen wunderschönen Sonnenuntergang beigesteuert, aufgenommen von einer Sandbank an der Mündung des Nam Khan in den Mekong.