Die ersten Stürze

Entspannt sah das Höhenprofil heute aus. 70 km fast nur bergab. Da lässt man sich lieber noch ein bisschen Zeit, genießt die Umgebung und besichtigt den weißen Stein, der dem Feriencamp seinen Namen gibt. Die 300 Meter konnte man auch mit mongolischen Pferden zurücklegen. Der Stein selber… nun ja… die Legende um ihn kurz zusammengefasst: Schöne Prinzessin liebt Mann. Berg-Gott wird eifersüchtig, verrichtet Unheil. Land vertrocknet. Man stirbt. Frau weint. Tränen bewässern Land. Land wieder schön. Frau stirbt neben Mann. Ein Grab wird gebaut. Blitzt schlägt ein auf Grab. Ein weißer Stein liegt da.

Heute hatten wir gleich mehrere Stürze. Es hat sich aber keiner ernsthaft verletzt. Denn es handelte sich um Höhen-, Regen-, und vor allem Temperatursturz. Gestern kämpfte man noch mit der Hitze von ca. 36 Grad im Schatten. Heute waren es teilweise nur noch 14 Grad. Über 20 Grad ist das Thermometer gefallen. Wie ein Traum erschien der gestrige sonnige Tag durch die Wüste. Man mochte kaum glauben, dass wir uns nicht mal 100 km weg von der gestrigen sengenden Hitze befanden. Damit hatte ich nicht gerechnet und war demnach auch nicht ganz dafür ausgerüstet. Der Tipp von Schwiegermama hatte sich aber schon mal bewährt: „Die Ingwer-Suppe nach dem Regen, ist gegen Erkältung ein wahrer Segen.“ Oder so… Es gibt kein Getränk der Welt, was einen innerlich so aufwärmt. Schnaps zählt jetzt mal nicht dazu. Man möchte ja noch weiterfahren. Mit frischen Sachen und hellerem Himmel ging es flott, leicht abschüssig weiter bis nach Barkul. Eine hauptsächlich von Han-Chinesen bevölkerte Stadt. Auch die fast immer identischen Bauern-Reihenhäuser ließen vermuten, dass die Regierung diese subventionierte für die Ansiedlung von Han-Chinesen in Xinjiang. Man verspricht sich damit durch kulturelle Vermischung ein homogeneres Land zu haben. Kann auch nach hinten los gehen so was.

Für die Strecke verhältnismäßig spät trafen wir in Barkul bzw. Balikun ein. Denn der Pannengott hatte zugeschlagen und mir war leider nicht bewusst, dass es unterschiedliche Felgen für französisches und Autoreifenventile gibt. Und das als Leiseleitel… Asche über mein Haupt! So musste vor Ort und Stelle geflickt werden. Die Stadt selber wirft einen nicht unbedingt vom Sattel. Eine alte gut erhaltene Stadtmauer gibt es. Aha… Sie gibt sich allerdings Mühe wie eine moderne Provinzstadt mitten im Grasland zu sein. Das kriegt sie ganz gut hin. Wir zumindest fanden die neue Fußgängerzone recht ansprechend. Auch das Abendessen konnte sich schmecken lassen. Selbst die Kasachischen Rotlicht-Disco-Bars sahenwirklich sehr verlockend aus (aus kulturellen Gründen, versteht sich…), die morgige Etappe ließ einen aber dann doch etwas Kraft anschlafen. Außerdem weiß man ja nicht, wann man wieder die nächste Dusche und ein weiches Kopfkissen bekommt.