Dosenbier und Humus-Klo

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Ich werde mich jetzt mit Monika abwechseln, sie stellt ihre Reiseaufzeichnungen zur Verfügung. Die können schon mal länger sein, sind aber umso lohnenswerter. Der Track unten zeigt im Übrigen nur die Radfahrt. Unser Inselchen halten wir unter Verschluss 😉

Nudelsuppen-Frühstück als Fahrradfahrer-Doping: Sigi fischt aus seinem Topf einen Hühnerschnabel und überlegt ob ein Verspeisen dieses Fundes die Kondition maßgeblich unterstützt. Wieder ist der ganze Regen vom Himmel gefallen und die Sonne brennt. Die ersten 19 Kilometer kennen wir schon vom gestrigen Ausflug an den Wasserfall. Ein paar langgezogene Berge rauf und runter. Trinkstopp am Fluss. Die kleinen Lädchen sind eine Kombination aus Kiosk und Tankstelle. Neben der Kühlbox mit Eis und Getränkedosen brüten offene Kanister mit Sprit in der heißen Sonne – bestenfalls geschützt von einem zerfledderten Sonnenschirm. Ernst betrachtet den explosiven Platz und geht sorgsam ein paar Schritte mit der Zigarette weiter.

Ein riesengroßer Laster voll beladen mit Yamwurzeln hustet eine große, schwarze Rußwolke aus und versucht den anstehenden Berg zu erklimmen. Wir radeln alle locker an ihm vorbei. Naja nicht locker, aber vorbei. Dann geht es gut fünf Kilometer bergauf. Und dann wieder bergab. Um uns herum nur grüne, wilde Vegetation. Soweit das Auge reicht – und es reicht weit. Keine Menschen, keine Gebäude. Nur diese eine Straße auf der wir entlangradeln. Wenig Verkehr – und die Laster auf die wir treffen, haben fast alle eine Panne. Teilweise liegt der Motor ausgeschlachtet daneben, das wenige Werkzeug sorgfältig daneben aufgereiht und man sieht nur ein paar Füße unter dem Motorblock hervorragen. Tagelang wird repariert bevor es weitergeht. Kleine Schutzzelte sind um die havarierten Gefährte aufgebaut. Wir hoffen, dass unsere Kleinbusse durchhalten. Kurve rechts, Kurve links, Berg rauf, Berg runter, ein Verkehrsschild warnt vor wilden Elefanten die evtl. über die Straße laufen.

Fernfahrerkneipen haben einem Buffet gleich ihre Kochtöpfe auf einem Tisch am Straßenrand aufgereiht. Ludwig inspiziert die Töpfe und gibt Auskunft: Suppe, Reis, Gemüse, Eintopf. Jeder nimmt sich eine Schale. Dann noch süßer Klebreis mit Banane und als Nachtisch verklebt eine hausgemachte Paste aus Palmzucker, Banane und Sesam den Magen. Zurück auf die Straße. Gelegentlich schiebt sich eine hilfreiche Wolke vor die Sonne. Stehenbleiben vermeiden wir, denn dann atmet uns der heiße Asphalt von unten an. Schnell die Beine wieder hoch auf die Pedale. Ein letzter langgezogener Hügel, Dieter springt die Kette ab und acht Männer bleiben erleichtert stehen um unnötigen technischen Beistand zu geben. Dann werden wir ein eine geniale kilometerlange Abfahrt entlassen. Mit dem Ende an der Getränkekiste unseres Kleinbusses. Jetzt ist Schluss für heute. Noch 50 Kilometer Transfer zur Insel.

Ein kaltes Dosenbier in der Hand klettern wir in den Bus und gleich wieder raus. Ein Fluß steht zwischen uns und unserem Ziel. Die Brücke ist gesperrt. Unser Fahrer wendet und telefoniert hektisch. Ein paar hundert Meter weiter unten rumpeln wir auf eine windschiefe Fähre. Der Longtail-Motor widerspricht allen Mutmaßungen und springt mit einem seltsamen Geräusch an.

Eine breite Straße ist in den Dschungel gefräst. Wie eine klaffende Wunde verläuft die rote Erdpiste durch das undurchdringliche Grün. Am Anfang noch mit festem Laterit-Untergrund, verliert sich die Griffigkeit schnell. Tiefe Fahrrinnen und aufgewühlte Spuren, gelegentlich ein großer, abgestellter Caterpillar. Dann hören auch die Versorgungshütten auf, nur ein paar Unterkünfte für Bauarbeiter säumen gelegentlich den Weg. Unsere wilde Entschlossenheit diesen Weg zu radeln weicht so langsam auf wie die Fahrbahn. Es wird dunkel und ein steckengebliebener LKW blockiert die Fahrbahn. Alle wieder raus – außer Martin. Er muss mit seinem Gewicht die Achse stabilisieren. Mit Anlauf pflügen unser Busse am Hindernis vorbei. Kurze Zeit später balancieren wir unser Gepäck über dem Kopf durch die seichte Meeresbrandung die Richtung wo wir in der Dunkelheit das Boot vermuten. Die Überfahrt zur Insel ist traumhaft – der Vollmond malt eine silbern glänzende Straße auf das Meer und der warme Wind streicht sanft über unsere sonnenverbrannte Arme.

Wir sind in einem Eco-Resort untergebracht mit Humusklo und Schöpfdusche. Kontrollieren, das kein Fisch aus dem Wasserbassin mit über den Kopf gekippt wird! bittet unser Gastgeber. Wir schwärmen aus wie Glühwürmchen um unsere Unterkünfte zu finden und krabbeln ins Zelt, schaukeln in Hängematten und verlegen unsere Matratzen von den Hütten auf die Terrasse. Fünf Meter von der Meeresbrandung entfernt.


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Noch mehr Buddhas

Entlang der Burmastraße, 10.11. bis 09.12.2012

Knappe 60 Kilometer Tagesausflug zum Phoewin Berg, dort Besichtigung und wieder zurück nach Monywa, 300 Höhenmeter bei knappen 30 Grad.

Heute ein Tagesausflug, auf dem natürlich wieder jede Menge Buddhas auf uns warten. Die Bücher versprechen hunderte Sandsteinhöhlen mit tausenden Buddhas aus dem 14. Jahrhundert, die Anlage solle völlig untouristisch und unberührt sein.

Wir starten mit der Fähre über den Chindwin Fluss, dann geht es auf einer kleinen Straße durch die etwas karge Landschaft. Die wenigen Reisfelder sind abgeerntet und es dominieren Palmen, wahrscheinlich Ölpalmen. Obwohl die Straße winzig ist, herrscht ein kräftiger Verkehr, hauptsächlich sind Mopeds unterwegs und Pickups voll beladen mit Burmesen. Ich hatte schon den Verdacht, dass die auch alle zum Phoewin Berg wollen oder von dort kommen und dieser verdacht bestätigt sich nach dem zweiten Abzweig. Und so ist es dann auch. Wegen des Vollmondes wurde seit gestern am berg gefeiert, Pagodenfestival. Unberührt, wie es der Reiseführer schreibt ist die Anlage auf keinen Fall, denn mehrere Tausend Leute sind auf dem Gelände.

Wir parken die Räder und stürzen uns ins Gewimmel, neugierig, was es alles zu sehen gibt, steigen wir die Treppen nach oben. Stupa gibt es nur wenige und die sind auch weder groß noch vergoldet, aber dann kommen kleine Kämmerchen im Sandstein und in jeder kleinen Kammer befindet sich mindestens eine Buddhafigur. Dann werden die Kammern größer und schöner, ebenso wie die Buddhas in den Kammern. In einigen gibt es wundervolle Malereien, die an die Höhlen an der Seidenstraße und an die Grotten von Dunhuang erinnern. Nur, dass man hier jede Kammer besichtigen kann, was wir aber nicht tun, denn das wäre bei den hunderten von künstlichen Grotten und Höhlen eine halbe Lebensaufgabe. Einige Kammern sind in katastrophalem Zustand, die Buddhafiguren ohne Köpfe und Gliedmaßen, andere recht gut geschützt und die Pilger bringen hier auf die Buddhagesichter Gold auf. Beeindruckend ist die Weitläufigkeit und Vielfalt der Anlage, in einigen Bereichen lässt sich farbenfreudige Pracht erahnen, in anderen Bereichen sind die Kammern, wie auch die Buddhas weiß gekalkt, wieder andere sind dem Verfall Preis gegeben.
Warum ist dieses Land so mit Stupa, Pagoden und Buddhafiguren übersät? Die Ursache ist leicht zu erklären. Nur die Errichtung eines neuen Stupa oder die Stiftung einer neuen Buddhafigur bringt Verdienst im religiösen Sinnen und deshalb wird seit 2000 Jahren fast nur in Neubauten investiert. Wenn irgendwo renoviert wird, dann natürlich nicht im alten Stil, sondern immer dem Zeitgeist entsprechend und das war auch der Grund, warum sich die UNESCO wieder aus Bagan verabschiedet hat, aber dorthin kommen wir erst in zwei Tagen.

Die Pilger sind alle guter Laune und versorgen sich mit geflochtenen Kränzen aus Blumen, die auf dem Kopf getragen werden, ansonsten gibt es hunderte Buden mit Essen und Verkaufsstände mit Klamotten und Waren des täglichren Bedarfs. Bis zum Nachmittag ebbt der Besucherstrom etwas ab, die Stände packen zusammen und das Interieur wird auf Ochsenkarren geladen und dann verschwinden die Verkäufer so langsam, wie es geht.

Nach einer schlechten Nudelsuppe schwingen auch wir uns wieder auf die Räder und machen uns auf den Rückweg. Viel zu erzählen ist nicht, wir sind wieder mit hunderten Mopeds und Pickups unterwegs, links von der Straße werden die berge wegen des Kupfers abgetragen und wir überqueren zwei rustikale Brücken und sind dann reif für die Dusche. Abends ziehen wir wieder ins Grillrestaurant, eine Massage für die müden Glieder ist nicht aufzutreiben und morgen haben wir wieder einen langen Tag vor uns, hoffentlich diesmal mit nicht ganz so vielen Buddhas.