Ich will meinen Sandweg zurück

Tag 44; ca. 70 km radeln von Orechovo-Zujevo bis Wladimir auf allem, was Russland in dieser Gegend an Straßen zu bieten hat; warmes, sonniges Wetter. Von Sascha Hechler.

Ich kann kein Dagestanisch“ , stellte Stefan heute Morgen plötzlich beim Frühstück fest. So konnte er sich nur sehr eingeschränkt mit der hübschen Wirtin, die aus dieser russischen Kaukasusrepublik stammte, unterhalten. Er hatte ihr aber irgendwie doch vermitteln können, dass er viel weiter als die anderen gefahren sei, wie sie mir später auf Russisch überzeugt erzählte.

So machten wir uns auf den vorgezeichneten Weg, aus dem ich gestern Nacht mit Viktor noch versucht hatte die absurdesten Passagen irgendwie herauszunehmen ohne nur auf der Autobahn zu fahren zu müssen. Der anfangs liebliche, asphaltierte Waldweg verwandelte sich aber leider bald in eine „Schweinebacken-Trasse„, wie Karin die auch aus der DDR bekannten Betonplattenwege bezeichnet. Während ringsherum die Natur aufzublühen begann, Vögel zwitscherten und ein lieblicher Pinienwaldgeruch einen in südfranzösischen Urlaubserinnerungen schwelgen ließ, wurden wir aufs Heftigste von den Schweinebacken durchgerüttelt.

Nach 20 km endete diese Episode und wir radelten weiter auf einem kürzlich geteerten Waldweg. Dieser wiederum verlor bald seinen Teer und übrig blieb loser Sand. Laut der Karte sollte er asphaltiert sein. Wir kämpften uns noch hartnäckig teils im niedrigsten Gang strampelnd, teils schiebend drei Kilometer bis ins nächste auf meinem Zettel verzeichnete Dorf durch. Hier teilten uns die Einheimischen achselzuckend mit, dass es noch 10 km so weiter geht bis der Teerbelag kommt. Unser Begleitfahrzeug würde da sowieso stecken bleiben. Man riet uns umzukehren. Das taten wir schließlich auch, aber vorher verstauten wir die Räder im Bus. Wir fuhren dann über die zur Autobahn ausgebauten M7 bis ca. 30 km vor Wladimir, von wo wir nach dem Besuch einer Truckerkneipe zu unserem Hotel radelten. Leider wollten auch viele LKW in diese Richtung. Aus dem rauschenden Verkehr in den sicheren Parkplatz einfahrend fasste Peter die Situation perfekt mit den Worten „Ich will meinen Sandweg zurück“ zusammen.

Im Abendlicht haben wir noch einen kleinen Rundgang in der zum Goldenen Ring um Moskau gehörenden Kleinstadt gemacht, bevor wir Italienisch essen gingen.


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Tour-Start am Gelben Fluss

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Ankommen und Tagesausflug in Lanzhou

Nach einer langen Anreise sind wir endlich angekommen, in Gansus Provinzhauptstädtchen Lanzhou. Denn im Vergleich zu anderen Großstädten Chinas ist Lanzhou mit seinen 3,6 Millionen Einwohnern (zumindest war das 2010 bei der offiziellen Zählung so, die Zahl wird stark gestiegen sein), tatsächlich eine Städtchen. Trotz der vielen Baustellen und Hochhausblocks gibt es sie noch, die kleinen Gassen mit den Garküchen, in denen jede Menge Jiaozi, Nudeln und andere kleine Snacks verzehrt werden können, es herrscht eine entspannte Atmospäre, bei immerhin 31 Grad und strahlendem Himmel.

Wir sind diesmal zu sechst unterwegs, auf der Osttibet-Tour. Aber bevor es morgen so richtig losgeht, erkunden wir Lanzhou zu Fuß und mit dem Rad, testen die am Sonntagnachmittag gut besuchten Tee- und Biergärten am Gelben Fluss, und fahren hoch zum Berg der Weißen Pagode.

Die letzten Justierungen an zwei Rädern vertrauen wir einem älteren Herrn an, der in einer Seitengasse bequem auf seinem Stuhl sitzt, die Füße hochgelegt, und vor sich hin döst, neben ihm ein paar sehr alte Werkzeugkästen und das war es. Was denn das Problem sein, fragt er, und einige von uns fragen sich, ob der gute Mann wohl schon einmal eine Kettenschaltung gesehen hat. Nach nicht ganz fünf Minuten sind alle Einstellungen perfekt, Schaltung und Steuerkopf laufen wie geschmiert. Immerhin repariert der Meister seit 40 Jahren Fahrräder, sowas macht er im Schlaf. Man darf sich eben nicht vom ersten Eindruck täuschen lassen, außerdem kam der Tipp von einer der Hotelangestellten, die ganz in der Nähe wohnt und hier überall Freunde und Verwandte hat – abseits der halb leerstehenden Wolkenkratzern und Bauruinen funktioniert die Nachbarschaft wie eh und je. So kann es weitergehen.


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Als wir jüngst in China waren…

…sind wir über den Yangzi gefahren (mehrmals!)

Durch das Land der Yi, 10.05. – 02.06.2018

Unklare, tunnelbedingte Kilometer, irgendwo zwischen 86 und 100, Sonne satt, um die 30 Grad

Ich sitze in meinem kleinen Hotelzimmer, das kalte Neonlicht brennt in den sonnenverwöhnten Augen. Von der Straße dringt das hallige Singen einer Karaokebar zu mir herüber. Eine „typische chinesische Kleinstadt“ nennen wir das zuweilen im Katalog, und wenn es jemals eine Stadt gibt, die diesen Titel verdient hat, dann Guixi, Yunnan.

Eigentlich stand heute die Übernachtung in Yongshan auf dem Programm. Allerdings hatten wir uns an der alles entscheidenden Kreuzung für die Bergstrecke nach Yongshan entschieden. Diese sah, obwohl in der Klassifizierung einen Staatstraße (Guodao 国道) nach wenig Verkehr, der kürzeren Strecke, ein wenig Bergluft und gutem Straßenbelag aus.

Wie man sich doch täuschen kann!

Nach 5 km löste sich der Belag langsam auf, schwere Laster nebelten uns mit Staub ein und wir holperten noch ein paar Kilometer über die Baustelle, von der wir alle hofften, sie würde gleich aufhören. Ein kurzes Gespräch am Straßenrand brachte dann die Gewissheit: Die nächsten 60 km wären Staubhölle gewesen. Denn wenn Chinesen Straßen bauen, dann immer auf langer Strecke, nie punktuell.

Die Entscheidung, nach 8 Kilometern umzudrehen fiel schwer, dann aber auch leicht, weil wir ja eine Alternativstrecke in der Hinterhand hatten. Immer am Yangzi entlang, aber eben auch durch etliche, teilweise kilometerlange Tunnel. Kannte ich schon von meiner Yangzi-Tour 2010 und hatte ich als gut fahrbar in Erinnerung.

Aber wie hat sich in den acht Jahren der Verkehr entwickelt?

Glücklicherweise so gut wie gar nicht.

So fahren wir die nächsten gut 60 km immer am Yangzi entlang, rauschen durch Tunnel, halten den Atem an, wenn sich bei der Tunnelausfahrt das Yangzital fast schwerhaft malerisch vor uns auftut. In Xinshi wagen wir uns auf eine Abkürzung, die zwar etwas Schieben erfordert, aber gut 10 km abkürzt. Gegen 16:00 Uhr haben wir dann aber genug für den Tag, die Stadt Guixi lockt am anderen Ufer mit Unterkunft, Speis und Schmutzbier. Schließlich sind wir auf einer Erkundung, da müssen wir nicht am geplanten Zielort ankommen.

In der Stadt sorgen wir dann für den üblichen Menschenauflauf, lassen uns ausgiebig fotografieren und sind Hinter- und Vordergrund des einen oder anderen Selfies.

Und das Essen war auch gut!

Morgen lockt er dann wieder, der Yangzi.

Das Land der Yi haben wir heute auch, eindrucksvoll markiert durch ein über die Straße gespanntes Ehrentor, erreicht.

Aber davon später!

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