Wo der Pfeffer wächst

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Von Liujiaxia nach Linxia mit Bootsfahrt über den Liujiaxia-Stausee, 805 Höhenmeter, sonnig und warm

Heute haben wir keine lange Etappe vor uns und starten gemütlich um neun Uhr. Nach einigen Minuten stelle ich fest, dass sich die Straßenführung etwas geändert hat. Der alte Weg ist zwar noch zu sehen, aber nicht mehr zu erreichen. Die neu ausgebaute Straße folgt im Prinzip der ursprünglichen Route, erspart uns aber einige Höhhenmeter, worüber ich nicht unglücklich bin. So fahren wir auf einer Ebene etwa 300 Meter oberhalb des Stausees durch kleinere Dörfer und vorbei an Raps- und Gemüsefeldern. 

Nach der Abfahrt durch eine canyonartige Landschaft erreichen wir schließlich den Hafen am See. Der Fährbetrieb ist zwar eingestellt, aber es gibt noch genügend Schnellboote, die uns in nur acht Minuten ans Südufer bringen. Nach der obligatorischen Nudelsuppe radeln wir wieder rauf auf die Ebene… wo der Pfeffer wächst. Denn auf den hiesigen Terassenfeldern wird vor allem Sichuanpfeffer angebaut, der nicht nur aus Sichuan kommt und wörtlich übersetzt eigentlich Blumenpfeffer heißt. Die kleinen Bäume sind dornig, was Gerd den ersten Platten der Tour einbringt. Die Straße ist wenig befahren, aber einige kurze Baustellenabschnitte und Rodungen am Straßenrand lassen erahnen, dass auch hier ein Ausbau geplant ist. Unterwegs gab es viel zu sehen, angehalten haben wir aber nur noch für das Fahrschulauto mit Sonnendach, in dem auf dem Übungsplatz Einparken, Anfahren am Berg und Kurvenfahren geübt wird. Deswegen gibt es unter anderem auch keine Fotos von der Hochhausskyline der Kleinstadt Linxia, die hinter einer Abfahrtskurve plötzlich vor uns auftaucht.

Unser Zielort Linxia liegt in einem autonomen Bezirk der islamischen Volksgruppe Hui, die Männer tragen weiße Kappen, viele Frauen lockere bunte Kopftücher und in den meisten Restaurants wird kein Alkohol ausgeschenkt. Für uns gibt es heute den Acht-Kostbarkeiten-Tee, die Alternative, also das Nudelwasser, lehnen wir dankend ab.

Obwohl wir heute keinen Pass gefahren sind, kamen bei dem vielen Auf und Ab doch noch 800 Höhenmeter zusammen. Bisher waren wir in vorwiegend muslimischem Gebiet unterwegs, morgen geht es dann hinauf in das tibetisch beeinflusste Xiahe.


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Das Gute fällt nicht vom Himmel, man muss für sein Glück kämpfen

Durch das Land der Yi, 10.05. – 02.06.2018

65 km von Leibo nach Leyue, Bruthitze und Übernachtung am Ende der Welt

Wenn es gleich nach dem Frühstück 12 km bergab geht, kann eigentlich nichts schief gehen. In einer halben Stunde vernichten wir die gestern gewonnenen Höhenmeter, im Wissen, dass wir diese auch wieder nach oben müssen.

Eigentlich rollt es ganz gut, aber schon am Vormittag ist klar, dass dies kein normaler Tag wird. Die Sonne brennt noch stärker als gestern, die gelegentlichen Tunnel sind die einzigen Schattenspender. Die Landschaft ist nach wie vor spektakulär, der Yangzi erstaunlich klar und grün, die Berge an beiden Seiten werden immer höher.

Aber es ist heiß, sehr heiß!

Fast bedauern wir, dass der Wind von hinten kommt, dadurch fällt dieser als Abkühlung aus. Werner taucht abwechseln Füße und Hemd in Wasser, der Wasserkonsum ist enorm, dankenswerter Weise immer rechtzeitig von Xiao Luo, unser Begleiterin mit Nachschub bedient. Wir fressen uns durch die Obstvorräte, vertilgen eine riesige Portion gebratenen Reis.

Aber irgendwann, als die Straße steiler wird und das Tal enger, ist die Kraft dahin. Immerhin: Leyue, unser Ziel erreichen wir, quartieren uns in ein simples Hotel ein, dass zwei „Suiten“ bietet, einfache, gekachelte Gemeinschaftsräume, von denen jeweils drei Zimmer abgehen. Hildegard und Werner mit einem großen Bett und ein wenig Platz für das Gepäck, ich mit einem Bett in Zimmergröße, so klein, dass ich beim Aufstehen versehentlich an die Tür renne, weil ich wenigstens ein wenig Abstand erwartet hatte.

Auf diese Weise stellen wir jedenfalls fest, dass keiner von uns laut schnarcht.

Nach einem erstaunlich guten Abendessen fallen wir direkt ins Bett, die Türen weit offen, um ein wenig für Durchzug zu sorgen. Selbst am Abend waren es noch mehr als 30 Grad, und das auf fast 1.000 Meter Höhe.

Morgen wartet dann noch mehr Berg auf uns. Wir freuen uns, in der Hoffnung, dass es dann höhenbedingt etwas kühler wird.

Ach ja, der Blogtitel: Das ist die launische Übersetzung des Propagandaplakates mit einem Slogan Xi Jinpings (s. Bildergalerie).

Passt auch gut auf den heutigen Tag!

P.S. Heute gibt es leider keinen Track, da mein Garmin, das Outdoorgerät, hitzebedingt in die Knie ging.

Die unten angezeigte Route ist lediglich rekonstruiert und entspricht nur bedingt der tatsächlich gefahrenen Strecke![map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2018-05-16_Yi181.gpx“]

Unser erster platter Reifen

Tag 46, 129 km, Wjasniki – Nischnij Novgorod, gutes Wetter, guter Belag, gut Verkehr. Von Sascha Hechler.

Unsere heutige Tour führte uns zunächst durch die Kleinstadt Wjasniki, an der die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, ohne größere Spuren hinterlassen zu haben, vorbei gegangen ist. Stefan und Gerhard haben sogar eine Stalinbüste entdeckt, die im heutigen Russland eine wirkliche Rarität darstellt. Passanten haben Stefan aber die Echtheit bestätigt.

Weiter ging es in gewohnter Manier auf der M7 Richtung Osten. Bei mir setzte nach einiger Zeit plötzlich eine ungewöhnlich weiche, angenehme Federung ein. Leider währte die Freude nicht lange, denn mein Hinterreifen verlor Luft. Der erste Platte auf dieser Reise wurde durch ein Drahtstück, vermutlich aus den Innereien eines LKW Reifens stammend, hervorgerufen. Dank Gerhards beherzten Eingreifens hatten wir trotz der für mich ungewohnten Roloffnabe und Riemen, schnell einen neuen Schlauch einziehen können.  Obwohl die Räder  wirklich harten Beanspruchungen  durch endlose Schlaglöcher und viele Sandpisten ausgesetzt waren, gab es bisher keinerlei ernste technische Probleme. Chapeau!!

Nach unserem gewohnten Picknick im Wald erreichten wir die Metropole an der Wolga ohne weitere Schwierigkeiten. Bei mir setzte heute beim Radeln schon etwas Wehmut ein, da es meine letzte Etappe mit der Gruppe (und auch mein letzter Beitrag im Blog) war. Morgen Vormittag steht noch eine Führung auf dem Programm, in der uns die lange Zeit für Ausländer geschlossene Stadt näher gebracht wird. Am Nachmittag ist dann jeder auf eigene Faust unterwegs. Oliver Schmidt, der die Gruppe weiter begleitet wird, kommt nachmittags mit dem Zug. Ich fliege am Freitag, während alle Richtung Kasan weiterradeln, nach Berlin zurück, wo meine Firma biss Aktivreisen wartet und ich, Blogbeiträge verfolgend, an die schöne Zeit zurückdenken werde.

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