Über tausend Hügel musst du fahr`n

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Jinggu nach Pu`er, 133 km, 2.079 Höhenmeter

… oder wenn Ning`er nicht will, wollen wir auch nicht. Oder: einmal abgefahren, zweimal angekommen, wie Wilfried vorgeschlagen hat. Der heutige Tag hätte viele Titel verdient, vielleicht sogar Königsetappe, Neuland Teil 2… ich kann mich schier nicht entscheiden.

Heute Morgen haben wir uns noch ganz entspannt eine Stunde Zeit für das Frühstück gelassen. Es gab Buffet im schönen überdachten Innenhof, Kaffee und Nudelsuppe. Was will man mehr. Da standen noch knapp 90 km und unbekannte Höhenmeter auf dem Plan. Neuland eben. Die erste Überraschung war der 19 km lange Anstieg, wir haben jeden möglichen Hügel mitgenommen, etwa 600 HM, und eine tolle Abfahrt. Unten angekommen geht es am Fluss weiter, die Nudelsuppe  mit ausgedehnter Mittagspause bei Kilometer 54. Soweit so gut. Wir wissen nur, dass noch ein Anstieg bis zu unserem Zielort Ning`er kommen muss. Weil der Fluss einen anderen Weg nimmt als die Straße. Also schrauben wir uns immer weiter hinauf, bis wir wieder auf über 1.400 Meter Höhe sind. Zum zweiten Mal heute. In Ning`er angekommen zeigt das GPS gut 1.400 HM. Die Landschaft war schön und der Verkehr hielt sich in Grenzen, obwohl es gestern ruhiger war. Wenn die Autobahn einmal fertig ist, wird es hier wohl noch ruhiger.  

Aber das war es noch nicht für heute. „Ausländer dürfen bei uns nicht wohnen“, ist die monotone Antwort der Rezeptionistin im Hotel in Ning`er. Hallo, bei der Reservierung ist extra danach gefragt worden. Nach vielen Telefonaten, unter anderem mit der hiesigen Polizei, bleibt es dabei. Unsere gute Seele Xiao Luo läuft zu Höchstform auf. Was ist denn das für eine Servicehaltung, erst ja dann nein, und überhaupt, wir sind doch hier in Yunnan und nicht irgendwo. Es bringt alles nichts. Ich habe vor ein paar Jahren zweimal in Ning`er übernachtet, und keine besonders gute Erinnerung daran. Die Stadt ist das ehemalige Pu`er und musste den Namen an die heutige Hauptstadt des Pu`er Tees, ehemals Simao, abgeben. Völlig zurecht, wie ich mittlerweile finde. „Wenn Ning`er nicht will, wollen wir auch nicht“, denke ich bei mir. „Dann geht es eben weiter nach Pu`er“. Nochmal 40 km. Die anderen sind willig, also nichts wie weg hier.

Da war es schon weit nach vier. Was soll ich sagen. Wir sind um kurz nach sieben in Pu`er angekommen. Nach insgesamt 2.079 Höhnmetern und 136 km (Xiao Ding hat die Kilometerzahl nach einem Blick auf das Autonavi auf 133 herunterkorrigiert), und mit dem letzten Licht. Puh. Durchatmen, Räder versorgen, Dehnen, Schmutzbier hinunterstürzen, Duschen und Essen. Und einen guten Schluck von Xiao Dings Baijiu trinken. Ich freue mich über das nette Hotelpersonal, die Stadtatmosphäre und auf das Bett. Mal sehen, was die Muskeln morgen sagen. Das soll es für heute sein. Gute Nacht.    

PS: Wir haben zwar eine Strecke in Laos mit über 2.000 HM im Programm, aber ich weiß von keiner ähnlichen Etappe in China.

PPS: Übrigens gab es heute abend ein Gericht aus Teeblättern und Rührei. Den Tee haben Xiao Luo und Klaus selbst gepflückt und im Restaurant abgegeben. Lecker, obwohl Xiao Luo meint, das Ei sei zu stark gebraten und weniger Öl hätte es auch getan. Leider war ich so hungrig, dass ich vergessen habe, Fotos davon zu machen.


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Soviel Schlaf wie sonst nie

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Gestern Abend sah ich noch die Attraktion für uns Touristen in Ruisui: die Müllabfuhr. Ina und ich hatten es in Taipei schon gesehen, dort ist es wegen der größeren Menschenmassen spektakulärer. An fünf Tagen die Woche kommt sie, immer abends. Zwei Fahrzeuge, eines für Restmüll, eines für Recycling. Man hört sie schon von Weitem, in Endlosschleife wird Tekla Bądarzewskas Gebet einer Jungfrau aus den Lautsprechern der Wagen gespielt. Die Leute stehen schon vor ihren Häusern oder rennen schnell auf die Straße. Hier werden keine Mülltonnen geleert, jeder wirft seinen Müllbeutel selber in den Wagen. Wenn man die Nachbarn kennenlernen will gibt es wohl keine bessere Gelegenheit als die Müllabfuhr

Wir haben einen Fahrerwechsel auf der Tour. Wei Xin verlässt uns für ein paar Tage, jetzt fährt Amao das Begleitfahrzeug. Er ist ein junger, sympathischer Mann, sehr zuvorkommend. Sein Englisch ist besser als das von Wei Xin, man kann sich besser mit ihm unterhalten. Aus Frauensicht gesehen: Wei Xin sieht auf eine natürliche Weise sehr muskulös und durchtrainiert aus, ohne wie ein Muskelprotz zu wirken. Amao ist nicht ganz so muskulös, Renate würde sagen, „so wie er ausschaut, isst er sicherlich gerne“. Wobei, richtig dick ist er auch nicht.

Damit mich keiner falsch versteht: Auch Wei Xin ist ein sehr sympathischer und angenehmer junger Mann, aber eben völlig anders, etwas ruhiger vielleicht. Hans fragte uns Frauen, ob wir schon sein Gewicht, seine Muskelmasse und sein Trainingsprogramm herausgefunden hätten. … Ich meine, wir können ja nicht gleich am ersten Tag mit der Tür ins Haus fallen 🙂

Also, mit neuem Fahrer und neuem Fahrzeug starten wir heute in Richtung Berge. Wir überqueren wieder das breite und fast ausgetrocknete Flussbett des Xiugulan-Flusses. Etwa 50 km geht es eben durch das East Rift Valley. Unsere Straße schlängelt sich durch Reisfelder, die Gipfel der Berge links und rechts sind von Wolken verdeckt. Es ist bewölkt, so dass die Temperatur zum fahren angenehm ist.

Nach ca. 50 km, im Örtchen Fuli, machen wir eine frühe Mittagspause. Wir finden ein nettes Restaurant. Eine kleine, zierliche Frau betreibt den Laden, sie kocht hervorragend. Der Großteil von uns isst Jiaozi, also die chinesischen Teigtaschen, Hugo und Rudi eine Nudelsuppe, die auch sehr lecker aussieht. Ich muss gestehen, als Schwabe bin ich es ja gewohnt, Maultaschen mit Kartoffelsalat zu essen, aber Maultaschen in Sojasoße mit Knoblauch zu tunken, dazu Sambal Oelek, das ist schon auch lecker. Und dazu natürlich Kaffee von Mr. Brown.

Ina und ich fragen die Wirtin, ob wir sie in ihrer Küche fotografieren dürfen. Sie stimmt erfreut zu, will aber auch gleich ein Bild mit uns beiden machen.

Ab jetzt beginnt der Aufstieg in die Berge, der sich über etwa 15 km hinzieht. Die Landschaft ist wieder traumhaft schön. Wir fahren vorbei an tiefen Schluchten, der Berg ist durch die vielen Kurven gut befahrbar. Unterwegs hat Ina einen Platten und konnte froh sein, dass das Begleitfahrzeug noch hinten war, so konnte ihr schnell geholfen werden. Ich bin gespannt, bis jetzt hat noch nie ein geflickter Platten beim ersten Mal geholfen. Noch hält die Luft…

Die letzten Kilometer zu unserer Unterkunft geht es mit atemberaubendem Blick auf die Berge wieder etwas hinunter ins Tal. Untergebracht sind wir heute in einem Gästehaus der Ami, einer Gruppe der taiwanischen Urbevölkerung. Als wir zum Abendessen in deren Restaurant gehen – wir sind die einzigen Gäste – werden uns neben einer Schüssel Reis noch zwei Gemüsegerichte und ein Teller mit Zwiebelfleisch serviert, dazu Kohlrabisuppe. Wir schauen erst die auf dem Tisch stehenden Teller an, dann uns und fragen uns schließlich, wann Nachschub kommt. Immerhin sind wir mit unserem Fahrer acht hungrige Leute mit 73 km und gute 800 Hm in den Beinen. Den Nachschub müssen wir extra bezahlen, im Übernachtungspreis war nur dieses eher enthaltsame Abendessen enthalten. Ohne Getränke wohlgemerkt. Getränke können sie uns keine anbieten. Damit wir doch zu unserem verspäteten Schmutzbier kommen, fuhr Amao für uns ins nächste Dorf. Er ist unser Held, wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet.

Jetzt sind wir mitten in Nirgendwo, Abendessen war schon um 17 Uhr und Rudi will uns keinen chinesischen Kulturvortrag halten sondern empfiehlt stattdessen deutsches Fernsehen im Hotel-TV. Aber wie sagte Renate heute morgen: So viel Schlaf wie hier bekommt man sonst nie. Deshalb. Gut‘s Nächtle 🙂

Heute: Fahrrad-Bus-Hotel

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
70 km nach Kathmandu

Frühstück gibt es heute auf der Terrasse. Reichlich. Brot, Ei. Müsli, Obst, Marmelade. Der letzte Radtag heute. Und etwa 70 km stehen an. Diesmal fahren wir die lange Strecke. Die kürzerer, landschaftlich schönere, verkehrsarme ist wohl übers Jahr unbefahrbar geworden und miserable Straßenverhältnisse hatten wir ja schon, das will keiner mehr. Erst gehts idyllisch am Fluß entlang. An Hängebrücken vorbei. Statt Yaks stehen jetzt Wasserbüffel im Vorgarten. Immer wieder Reis im saftigen grün. Obstbäume und Bananenstauden säumen den Weg.

Es ist heiß geworden. Wir verlassen den Fluß und hoffen, dass die Schnellstraße nach Kathmandu, neben einen relativ guten Belag auch möglichst verkehrsfrei ist während der Feiertage. So die Hoffnung. Etwa 20 km vorm Ziel sitzen wir dann doch alle wieder im Bus. Zu heiß, zu schmutzig zu laut, es reicht. Wir fahren also mit dem Bus und etwa gedrückter Stimmung in Kathmandu ein. Das Hotel empfängt als wäre Oase der Ruhe. Wir bekommen erstmal einen Eistee serviert, dicht gefolgt von einem leckeren Everest-Beer, unserem Favoriten. Langsam tritt Entspannung ein.