Zurück in die Zukunft

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
Eigentlich 132 km nach Kamenba, aber dann doch 200 km nach Jilong

So. Kurz nach 11. Abends. Ich teile mir ein Zimmer mit Sven, der gerade das Wetter für morgen checkt. Und was Wettervorhersagen angeht, da ist, wie wir wissen, auf Sven Verlass. Eigentlich sollten wir jetzt zu sechst in einer Sammelunterkunft in Kamenba weilen am malerischen Haiku Tso – einem riesigen blauen Salzsee-, sind nun aber doch in Jilong gelandet. Da sollten wir erst morgen sein. Wir sind also heute mal geradewegs in die Zukunft gefahren. Und das kam so:

Wo waren wir stehen geblieben? Ah ja, shopping in Tingri. Danach gab es noch ein leckeres Abendbrot beim örtlichen Sichuanesen. Am nächsten morgen wurden wir dann mit leckeren Eierkuchen und Kaffee aus der Hotelküche überrascht und starteten in ein wunderbares Panorama. Natürlich erst nachdem wir den morgendlichen Raureif von den Sätteln entfernt hatten…

Die Schneeberge sollten uns noch den ganzen Tag begleiten. Zuerst der Choomolangma (Mt. Everest) und der Cho Oyu, später als wir den Friendship-Highway links liegen lassen, erblicken wir noch den Xixiapangma, einen weiteren Achttausender. Unser Weg führt uns weiter durch die von Bergen gesäumte tibetische Hochebene. Heute ist eigentlich auch der Tag der Forts. Dicht an dicht stehen die Ruinen der Bauwerke aus dem 17. Jahrhundert. Daneben weiden Kühe, Pferde, manchmal Schafe. Wie aus der Zeit gefallen, wirken diese alten, ihre Funktion beraubten Gemäuer.

Bis Menbu geht es gut voran. Mittlerweile sind sämtliche Zehen und Finger wieder aufgetaut und die Kleidung verringert sich für Schicht für Schicht, denn die Sonne scheint, der Himmel ist strahlend blau und wir müssen (eigentlich) keine maßgeblichen Steigungen überwinden.

Nach dem Mittagsstop kommt er aber langsam auf, der Gegenwind oder der „Gegen-uns-Wind“ wie wir ihn nennen. Erst unmerklich, dann aber immer stärker werdend und die letzten 20 Kilometer vor unserem Zielort die reinste Qual. Wir können die schöne Landschaft kaum noch genießen. Sind kirre vom Wind. Diese 20 Kilometer sind eine reine Gemeinschaftsleistung und alles andere als ein Genuss! Aber wir nähern uns Meter für Meter, kämpfen uns voran. Vor uns sehen wir schon den tiefblauen See an dessen Ufern wir heute nächtigen werden. Dann der Schock: Sam ist vorausgefahren und hat schlechte Nachrichten. Unsere heutige Unterkunft entpuppt sich als Zementfabrik mit angeschlossener Baracke für Bauarbeiter. Einziges Gebäude irgendwo im Nirgendwo. Wir sollen uns den „Aufenthaltsraum“ mit der Gastgeberfamilie teilen. Etwas ratlos stehen wir da. Dann beschließen wir, einfach in das für morgen vorgesehene Hotel zu fahren. Hängen also nochmal rund 70 km dran und überqueren den dritten fünftausender Pass (5236m).*
Die Zimmer sind telefonisch schnell gebucht. Vor Ort gibts dann doch Probleme, denn was am Telefon nicht klar war – wir sind Ausländer. Und das scheint in der Verbindung Tibet und 70. Jahrestag Chinas nicht so günstig zu sein. Meint zumindest oder offenbar die Rezeptionistin, die schon ihr Bett gerichtet und keinen Lust auf uns zu haben scheint.

Am Ende klappt dann aber doch alles, Dank Sam’s Einsatz. Nur das wir anstatt vier nur drei Zimmer bekommen und so teile ich mir jetzt also ein Zimmer mit Sven, er gerade das Wetter für morgen checkt.

* im Auto…

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