Frisch verliebt

Drei Tagesetappen führen uns von Pho Rang über Yan Bai (90 Kilometer), nach Bo (insgesamt 57 Kilometer mit Zwischentransfer) und schließlich zum Cuc Phuong Nationalpark (97 Kilometer). Das Wetter ist so gut wie nie: Sonnenschein und fast blauer Himmel.

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht sitze ich an diesen Tagen auf dem Rad, immer nur eine Hand am Lenker, die andere ständig winkbereit in der Luft. Für den Fall dass wieder von irgendwo eine Horde Kinder hervorgeschossen kommt. Vietnam hat es mir angetan. Die Menschen, die hübschen Dörfer und die traumhafte Berglandschaft durch die wir fahren sind jede Reise wert. Außer Dietmar ist jeder von uns das erste Mal im Land und ich für meinen Teil bin ein bisschen verliebt. Mit China und mir war es auch einmal so, alles war neu und spannend. Mittlerweile kennen wir unsere Ecken und Kanten. Manchmal fühle ich mich eingeengt und brauche etwas Abstand. Aber mit dir, Vietnam, würde alles anders werden, bestimmt. Leider haben wir nur zehn Tage miteinander…

Aber diese zehn Tage versprechen ziemlich gut zu werden. Auf den Radetappen zwischen Freitag und Sonntag scheint die Sonne wie nie bisher auf dieser Tour. Der bergige Norden Vietnams, in dem wir am Donnerstag zwischen Pho Rang und Yan Bai unterwegs sind, ist ein Radfahrparadies. Der Verkehr ist entspannter als vielerorts in China, wo der Wirtschaftsboom heute fast überall greifbar ist. Ein paar LKWs hier und da (laut Udo mehr hier als da), ansonsten vor allem Mopeds und Fahrräder, kaum Autos. Wir fahren vor allem auf Landstraßen in gutem Zustand. Hier scheint die Welt noch in Ordnung. Kleine Dörfer, die Häuser häufig noch komplett aus Holz gebaut, teilweise auf Stelzen wegen der Ventilation im Sommer. Einfach zwar, aber in sehr gepflegten Zustand und mit traditionellen Methoden gebaut. Die Gegend ist allerdings, das ist die Kehrseite der Medaille, im vietnamesischen Durchschnitt sehr arm. Nur gelegentlich und vor allem in den größeren Siedlungen sieht man Betonhäuser, erste Zeichen des zunehmenden Wohlstands. Häufig versuchen die Eigentümer Elemente europäischer Gründerzeit-Architektur zu übernehmen. Etwas gekonnter zwar als vielerorts in China, aber nicht weniger deplatziert. Zwischen den Dörfern und kleineren Städten windet sich die Straße auf kurzen Anstiegen und Abfahrten an Reisfeldern vorbei durch die Täler. Land- und Forstwirtschaft scheinen die Haupteinnahmequellen zu sein. Kilometerweit werden am Straßenrand hauchdünne Holzplatten für die Papierindustrie getrocknet.

Freitag kommen wir heraus auf die Ebene nordwestlich von Hanoi. Hier wartet ein Transferbus. Wir fahren 150 Kilometer in südöstlicher Richtung am Großraum Hanoi vorbei. Unterwegs machen wir eine längere Pause an einem Stand an der Straße, wo wir reife Papaya essen, Tee trinken und Bilder von den Kindern der Familie mit ihrem Hund schießen. Christine wird bei dieser Gelegenheit auch wieder einige ihrer Buttons los. Auf der Fahrt bröckelt die Fassade der letzten zwei Tage ein wenig. In der Ebene rund um Hanoi wird ähnlich wie in China viel gebaut und der Verkehr ist stärker. Aber wer, liebstes Vietnam, ist schon perfekt? Fast perfekt ist dann wieder die Umgebung in der wir aus dem Transferbus aussteigen. Erstmal gibts eine Pho Suppe, die wohl bekannteste Spezialität in Nordvietnam. Natürlich ist auch Pho wieder eine Art Nudelsuppe. Anders als Mixian in Yunnan ist diese Suppe aber nicht scharf gewürzt. Stattdessen werden Chilies und verschiedenes Grünzeug zum selber würzen dazu gereicht. Koriander und Thai-Basilikum können wir identifizieren. Der Rest bleibt unbekannt. Pho wird die nächsten Tage unsere Lebensgrundlage bilden. Nach dem Mittagessen fahren wir auf einer einspurigen Straße ca. 20 Kilometer durch eine traumhafte Karstlandschaft, Ausläufer der trockenen Halong-Bucht. Am Abend steigen wir im V-Resort ab. Gemeinsam mit der Hanoier Mittelschicht genießen wir Abends am Pool und in der Sauna ein bisschen Luxus und pflegen unsere geschundenen Glieder.

Das brauchen wir auch, denn die Etappe am Samstag hats mit 97 Kilometern wieder in sich. Die Etappe ist weitestgehend flach. Besonders am Morgen haben wir wunderschönes Licht und wir halten häufig an, um die Bauern bei der Feldarbeit abzulichten. Im Hintergrund immer noch schöne Karstkegel. Am Abend erreichen wir den Cuc Phong Nationalpark. Hier übernachten wir in einer Herberge am Parkrand. Der Park ist der einzige erhaltene (subtropische/tropische? Wir wissen es nicht…) Urwald in Vietnam. Wir hören die Affen schreien, entdecken Frösche in dem ein oder anderem Badezimmer und spannen für die Nacht Moskitonetze über die Betten.

Mega-Buddha-lomanie

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Transfer und Fahrt nach Hangzhou. Besichtigung des Lingyin Tempels. ca. 25 km.

Die Anfahrt nach Hangzhou sollte ganz ursprünglich mit dem Bus erfolgen. Da der Laster tagsüber unsere Fahrräder jedoch nicht in die Stadt bringen darf mussten wir diese uns selber anliefern. So stiegen wir ca. 16 km vor dem Ziel auf die Sättel und radelten dem Westsee in Hangzhou entgegen. Leider hatten wir durch den Transport einen kleinen Kolatteralschaden. Leider hat es Heriberts Umwerfer nicht heile bis nach Hangzhou geschafft. Mit etwas biegen, ziehen und drücken ließen sich aber bald schon wieder die letzten 4-5 Gänge schalten. So konnten wir auch endlich unsere Kurzetappe antreten.

Nach dem Einchecken war es wohl zu spät für nachmittagliche Großprojekte aber auch noch viel zu früh um sich zurückzulehnen. So fuhren wir gemeinsam zum Lingyin-Tempel. Für mich war das auch eine Prämiere und ich war stark beeindruckt, was hier alles geboten wurde. Hier entstand im 4. Jahrhundert eins der ersten Buddhistischen Stätten in Ostasien. Der indische Mönch Huiyi brachte die Lehren aus seinem Heimatsland mit und ließ sich in Hangzhou nieder. Nun liegt er unter einer alten Steinpagode und sein Geist lächelt für die Kameras der Touristen. Nebenan befinden sich einige Buddhafiguren eingemeißelt in die Steinwand des „Hergeflogenen Bergs“ (Fei Lei Feng). Das größte Highlight aber war der Lingyin-Tempel. Riesige Tempelhallen beherbergten hier die größte Holz-Buddha-Statue Chinas, die größte Bronze-Bhoddisatva-Statue und eine schier unglaubliche Menge von 500 Bronzestatuen von 500 Arhats in einem riesigen Gebäude in Form eines Swastikas. Es gäbe noch so viel mehr zu sehen. Doch leider war unsere Zeit etwas knapp bemessen, denn es wird leider immer recht früh dunkel. So mussten wir schweren Herzens schon bald umkehren und in Richtung Hotel zurück.

Bin ich Jesus? Wächst mir Ananas aus der Tasche?

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

40 km von Jinghong nach Ganlanba

Das mit dem Wetter müssen wir noch einmal diskutieren, aber dem Wunsch von Carens Mutter folgend wird es im Blog nicht mehr thematisiert. Nur soviel: Wir sind gerade mal so trocken in Ganlanba angekommen!

Bisher folgten wir ja der Reise Entlang der Teestraße, ab heute sind wir auf dem Weg ins Goldene Dreieck. Da die alte Route direkt am Mekong entlang inzwischen auch die Einflugschneise der Tourbusse nach Ganlanba, unserem heutigen Ziel, ist, haben wir seit einiger Zeit eine Alternativroute im Programm: Erst einmal in Richtung Flughafen, vorbei an unzähligen Holzfabriken, dann im scharfen Linksbogen mit einem Stopp am Obststand (Rote Drachenfrucht, Tamarinde, Rambutan), ein Stück am Stausee entlang und dann in eine unscheinbare Nebenstraße. Nach einigen Kautschukplantagen dominiert nun die Ananas. Auch diese Frucht will verköstigt sein. Und um das Schlachtfest vollständig zu machen, gibt es dann in einer vorgezogenen Mittagspause noch ein Brathuhn. Liebe Jungs im Büro in Berlin-Neukölln: Unser Hühner-Araber um die Ecke hat keine Ahnung, was er da macht: Die Dai (die Volksgruppe, durch deren Gebiet wir die nächsten Tage radeln) haben den Dreh raus, wie man Hühnerschenkel so richtig knusprig macht! Knusprig, schmackhaft, scharf!
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Sensation: Wahlen in Nepal

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: ca. 53km, Wetter: erst bewölkt, dann sonnig

Viele Dörfer und Weiler am Trisuli-Highway werden Mitte November die Nationaldemokraten wählen, das haben wir heute herausgefunden. Die zweiten nationalen Wahlen, nach 2008, endlich sind sie terminiert! Die Monarchie, der von den Maoisten geführte Bürgerkrieg (1996 – 2006), seit 2008 aber schließlich doch so etwas wie Demokratie. Die bis jetzt aber nicht gut funktioniert hat, die Maoisten wurden zunächst mit Mehrheit ins Parlament gewählt, wussten mit ihrer neuen Rolle aber nicht wirklich etwas anzufangen (den wichtigsten Punkt ihrer Agenda, die Abschaffung der Monarchie, haben sie aber durchgesetzt). Dazu ein wildes Gemisch aus kleinen und kleinsten Parteien, die eigentliche Aufgabe – das Ausarbeiten einer Verfassung – hat man nicht hingekriegt.

Demnächst sind also wieder Wahlen, vielleicht wird es dann ja besser, die maoistische Mehrheit ist dahin, die Genossen von den Marxisten-Leninisten haben aufgeholt und auch die gemäßigtere Congress Party. Der Drall geht nach links, die Nationaldemokraten sind übrigens liebe und vergleichsweise vernünftige Gesellen. Die Wahlzettel werden zwar in für uns irritierender Weise mit Hakenkreuzen erklärt, aber das ist eben das alte indische Sonnenrad und hat in Südasien eine ewige Tradition.

An den Felsen, Häusern und unmöglichsten Stellen hängen jetzt Wahlplakate (in dezentem Zweifarbendruck, also nicht ganz so aufdringlich wie bei uns), immer wieder kommen uns kleine Wahlkolonnen entgegen oder Motorradfahrer mit Fähnchen der Partei ihrer Wahl. Das Volk ist mobilisiert. Wir hatten heute übrigens wieder eine großartige Etappe, was auch sonst…das Frühstück wurde singend serviert und man bedankte sich dafür singend, ganz schlimme Musical-Qualität. Wolkenverhangen ging es los, so dass wir auf die Himalaya-Sicht verzichten mussten, aber schon in die Nähe kommt man mit dem Schauen ja kaum hinterher. Zum Schluss eine langgezogene Rampe in die kleine und historisch bedeutsame Stadt Nuwakot. Und jetzt sind wir in der Famous Farm untergebracht, einem jener Kleinode, wie man sie nur ganz selten zur Übernachtung bekommt.

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