Opferfest عيد الأضحى

Tal des Roten Flusses, 12.10. bis 03.11.2013

Unsere erste Radetappe führt uns über 85 Kilometer auf meist flacher Strecke vom Ufer des Fuxian Sees nach Tonghai. Das Wetter bleibt trocken aber die Sicht ist schlecht

Das Abendessen vom Vorabend haben wir alle relativ schadlos überstanden. Pünktlich um neun sind die Frühstücksnudeln verdrückt, die Koffer verladen (wir sehen unser Gepäck erst übermorgen wieder), die Fahrräder bepackt und gesattelt. Dietmar, der Herr über das GPS, vorneweg, setzt sich unser Tross in Richtung Hanoi in Bewegung.

Unser Weg führt zunächst am Seeufer entlang durch mehrere kleine Dörfer. Wie gestern auch schon, ist uns das Wetter nicht allzu gut gesinnt (klar, schließlich hat Günther seine Nudeln am Vorabend kaum eines Blickes gewürdigt). Der Großteil des Sees und das gegenüberliegende Ufer bleiben im Dunst verhüllt. Hier und da lassen schemenhaft erkennbare Hügelketten aber eine sehr schöne Landschaft erahnen und die ganze Szenerie hat etwas mystisches (man siehts schön auf den Bildern von gestern und heute…). Statt auf den verhüllten See richten wir unseren Blick also auf die Straße – sowieso besser beim radeln. Die Gegend die wir durchfahren macht einen sehr fruchtbaren Eindruck und die gesamte Tagesetappe über begleitet uns die Lauch- und Korianderernte der Landbevölkerung (der Koriander lässt sich schon lange im Voraus erschnüffeln).

Die ländliche Kulisse wird für einige Kilometer entlang des Fuxian Sees jäh von Hotels, Restaurants und Badebedarfsgeschäften unterbrochen. In den Sommermonaten scheint die Gegend ein wahres Badeparadies zu sein. Als wir an einem gigantischen im Bau befindlichen Betonklotz/Hotel vorbeifahren, fühlen wir uns alle stark an unseren letzten all-inclusive Urlaub an der Mittelmeerküste erinnert. Hach… Auch hier ist Mitte Oktober die Badesaison aber beendet so dass wir unbehelligt von Badegästen und Touribussen den Fuxian See in Richtung Xingyun See hinter uns lassen.

Hier angekommen legen wir eine kleine spontane Pause ein. Hinter einer Bogenbrücke gelegen haben wir eine alte Dorfgasse mit traditionellen Holz/Lehmbauten ausgemacht, die wir erkunden wollen. Unter neugierigen Blicken hieven wir unsere Drahtesel die steile Brücke hinauf und wieder herab. Schnell sind erste Bekanntschaften geschlossen. Viele der Häuser befinden sich zwar leider in einem fast baufälligen Zustand, die alten Schnitzereien und Innenhöfe zeugen aber von hohem handwerklichen Geschick der Bauherren. Nach dem kurzen Umweg stärken wir uns einige Kilometer weiter mit gebratenen Nudeln und frischem Obst, bevor wir die erste ernst zunehmende Hürde unserer Tour in Angriff nehmen: einen Anstieg von dreihundert Höhenmeter auf dem Seitenstreifen der Autobahn.

Auf der Abfahrt zeigt sich von weitem im Tal ein Zeugnis der ungeheuren ethnischen Vielfalt Yunnans: weithin sichtbar dominiert die Moschee von Nagu die Umgebung. Seit der Mongolenherrschaft über China stellten die muslimischen Hui über Jahrhunderte hinweg eine der großen Volksgruppen in Yunnan. Erst die Niederschlagung der großen Muslimaufstände Mitte des 18. Jahrhunderts dezimierte die Bevölkerung stark. Trotzdem fahren wir in Yunnan noch heute immer wieder durch Orte, die wie Nagu rein muslimisch geprägt sind. Wir nutzen die Gelegenheit und entschließen uns zu einem Abstecher in die Moschee. Was von weitem nach einem alten Bauwerk aussieht, entpuppt sich aus der Nähe aber als recht schmuckloser Neubau. Nichtsdestotrotz wird der Besuch zum unangefochtenen Highlight unserer ersten Etappe. Unser Besuch fällt mitten in die Zeit des islamischen Opferfestes und im Hof verbringt der Arabischlehrer der Moschee den Feiertag damit vor einer Gruppe Schaulustiger seinem Hobby, der (arabischen) Kalligrafie, nachzugehen. Sofort werden wir herübergewunken zuzuschauen und kaum haben wir uns versehen, halten wir eine Kalligrafie in den Händen, die der Meister uns zum Geschenk macht: „Wissen bringt Erleuchtung“. Statt das schöne Stück in sieben Stücke zu teilen, entschließen wir uns kurzer Hand es Christine als verdientes Dankeschön für ihre aufopfernde Arbeit als Kassenwärtin unserer Gruppe zu übergeben. Hoffen wir dass die Vorschusslorbeeren sie nicht nachlässig darin werden lassen, unseren Ausgabenwahn in Schach zu halten.

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