Alle langsam hoch, einer zu schnell runter

Die Drei Schluchten des Yangzi, 10.04. bis 05.05.2013

Rund 80 Kilometer von Wuschan nach Fengjie. Anfangs brutal hoch und ätzend feucht. Später warm und wellig.

Genug rumgeschlafft, heute sollte es wieder zur Sache gehen. Und zwar so ordentlich, dass einige, die diese Tour bereits gefahren sind, mir gesteckt haben heute sei der anstrengendste Tag überhaupt.

Erst mal ging gar nichts, denn das Hotelpersonal konnte den Pass von Wolfgang nicht auftreiben. Es ist uns inzwischen zum Ritual geworden: Ankunft im Hotel und Einsammeln der Reisepässe durch die Reiseleitung. Die Reiseleitung gibt die Pässe an das Hotelpersonal, welches die Dokumente für die eigene Buchhaltung, vor Allem aber für die Registrierung bei den örtlichen Behörden einscannt. Der Scanvorgang benötigt seine Zeit, daher bekommen wir die Pässe manchmal erst später am Tag zurück, manchmal erst am nächsten Morgen. Heute bekamen wir sie am Morgen zurück. Alle Pässe bis auf Wolfgangs. Hektische Suche auf unserer Seite und auf Seiten des Hotels. Die offensichtlich überforderten Damen suchen jede Schublade durch und telefonieren nach Hilfe. Irgendwann wird es mir zu bunt und ich öffne die Abdeckung des Scanners. Um ein Haar wäre mir der darunter liegende Pass von Wolfgang vor Wiedersehensfreude in die Arme gesprungen. Dabei hatte ich das Personal schon ganz zu Beginn der Suche gebeten unter dem Scanner nachzusehen…

Also eine leicht verspätete Abfahrt. Und pünktlich mit ihr setzte der Regen ein, welcher bereits vom Wetterbericht angekündigt worden war. Ich schrieb bereits, dass die Straßen in Wushan alle steil sind. Unser Weg führte leider nicht nach unten, sondern nach oben. Sieben Kilometer fuhren wir durch Wushan, den Blick wegen Niederschlags streng nach unten gerichtet und im kleinsten Gang immer steil nach oben. Dafür haben wir eine Stunde gebraucht.

Hinter Wushan wurde es nicht besser, es wurde unangenehmer. Weder Steigung noch Niederschlag wurden weniger, aber nun kam auch noch Nebel hinzu. Der macht einsam, wenn die Sichtweite nur noch 30 Meter beträgt. Mein zaghafter Vorschlag die Radetappe vorzeitig abzubrechen bzw. mit motorisierter Hilfe zu beenden wird von der Gruppe empörend nieder gemacht. So ganz scheine ich meine Gruppe doch noch nicht erzogen zu haben. Verdammter Zwergenaufstand!

Aber die Entscheidung gegen meinen Vorschlag und für eine Weiterfahrt erwies sich als richtig, gleich hinter dem Pass bei Kilometer 24,5 hörte der Regen auf und die Sicht wurde besser. Vor uns lag eine Abfahrt über mehrere Serpentinen und mit teilweise spektakulären Aussichten über die Berglandschaft um uns herum.

Es geschah kurz vor den Mittagsnudeln. Bei Kilometer 51 hatte Xiao Yang ein Restaurant gefunden, welches willig war uns allen eine Schale Rindfleischnudeln zu kochen. Als notorischer Hintenfahrer wähnte ich mich als Letzter, aber irgendwie muss ich Arnold überholt und regelrecht auf der Strecke gelassen haben. Denn von ihm war keine Spur zu sehen. Als er auch nach zehn Minuten nicht auftauchte fuhren Xiao Yang und ich kurzerhand mit dem Bus zurück. Ich hatte kein gutes Gefühl und das bestätigte sich, als uns Arnold nach ca. 1,5 Kilometer auf dem Rad entgegen kam. Dreckig sah er aus und etwas mitgenommen. Wie sich schnell herausstellte war er gestürzt. Davon zeugte nicht nur der Schlamm auf seiner Kleidung, sondern auch das Blut in seinen Haaren.

Danach ging es recht flott, deshalb schreibe ich nun auch etwas schneller: Arnold mit Fahrrad in den Bus und zurück zur Gruppe. Dort Erste Hilfe durch meine beiden Krankenschwestern Brigitte und Silvia. Befund: Platzwunde am Kopf, die genäht werden muss. Eventuell Gehirnerschütterung.
Fix noch die Nudeln eingenommen und für Arnold, Xiao Yang und mich war die nächste Station das nur zwei Kilometer entfernte Krankenhaus. Die Gruppe indessen fuhr GPS-gesteuert alleine weiter. Ganz so schlecht habe ich sie also doch nicht erzogen.

Im Krankenhaus ging es dann ebenso fix weiter. Die Platzwunde am Kopf wurde genäht, die geprellte Schulter geröntgt und die Abschürfungen versorgt. Dazu noch eine Tetanusspritze und nach einer Stunde wurde Arnold als fast geheilt wieder entlassen. Mitten in der chinesischen Pampa.

Getroffen haben wir uns alle wieder in Fengjie. Zum Schmutzbier, Abendessen und für die meisten zu einer Ganzkörpermassage.

Fazit des Tages: Hoch ist langsamer als runter. Und: Ein Helm schützt vor Stichen. Arnold, merk dir das gefälligst 😉


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