Über den Wolken (oder war es „südlich“?)

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

Zwei Tage in Zhongdian, das jetzt Shangri-la heißt

Wir sind komplett, Caren, Wolfgang und Lore (CaWoLo) kommen fast zeitgleich mit uns gegen 10:00 morgens im Hotel an und Uli schneit direkt zum Abendessen herein.

Apopos Essen: Es wird Zeit, dass wir auf die Räder kommen. Im Gegensatz zum tibetischen Kernland ist das Essen in Zhongdian, das traditionell zum tibetischen Einflußgebiet gehört, durchaus gut zu genießen und sehr reichhaltig.
Sei es frittierter Yakschinken, Maultaschen (Momos), mit und ohne Fleisch, frittierter Käse mit Zucker. Und weit und breit keine ranzige Yakbutter! In diesem Gebiet sind die Tibeter seit Jahrhunderten seßhaft, betreiben Landwirtschaft und wohnen in imposanten Bauernhäusern mit riesigen Holzsäulen und Lehmmauern. Da wird keine Yakbutter ranzig und auch die Tschampa, gemahlene Gerste, auf dem Hochplateau oft nicht nur Notration sondern Hauptdiät, ist nur eine Möglichkeit unter vielen, satt zu werden.

Ein Paradies ist es dennoch nicht. Mit der Umbenennung in Shangri-la, jenes mystische Land aus James Hiltons Roman „Lost Horizon“, in dem westliche und östliche Lebensweise und Philosophie eine ideale Synthese eingehen, kamen zwar die Touristen. Aber auch die Baukräne, die Gesichtslosigkeit, die Disneyfizierung.

Trotz alledem hatten wir zwei wunderbare Tage in Zhongdian/Shangri-la. Wir radeln zum imposanten und in den letzten Jahren immer weiter ausgebauten Songzanlin-Kloster vor den Toren der Stadt, baden in heißen Quellen, bestaunen üppige Enzianwiesen und beneiden die sakrosankten Tiere im heiligen Hein des Ringha Tempels. Und genießen die lokale Küche zwischen Aakschinken und tibetischem Hotpot.

Daher wir es Zeit, dass wir auf die Räder kommen (eingangs erwähnt!)

Morgen warten ein 3.650 Meter hoher Pass auf uns!
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Wespenalarm

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Wir nähern uns langsam immer mehr der Stelle, die unserer Tour den Namen gegeben hat. Hier ließ Yu der Große seinen Ochsen eine Bresche in die Felsen rammen, damit der Yangzi freien Lauf hatte und ungehindert abfließen konnte, so dass die Menschen nicht mehr unter den ständigen Überflutungen leiden mussten. Eine ausgesprochen bergige Gegend hier, aber genau so gefällt uns das. Die Strecke heute ist nur unwesentlich kürzer als gestern, dafür sind die Berge noch ein bisschen steiler. Mit den Wespen in dieser Gegend ist zurzeit nicht gut Kirschen essen und es hat in den letzten Tagen einige Meldungen über Angriffe gegeben und Leute mussten im Krankenhaus behandelt werden. In China ist man auch immer gleich besorgt um das Wohl der ausländischen Freunde, deshalb steht am Morgen auch die örtliche Tourismusbeauftragte auf der Matte und gibt uns Instruktionen. Wir sollen immer schön aufpassen, keine Wespennester anfassen und überhaupt schnell weiterfahren. Falls wir trotzdem gestochen werden, hat Xiao Yang schon einen Kanister mit Essig und eine Notfallnummer besorgt. Glücklicherweise werden wir die aber nicht brauchen. Wir bekommen gar keine Nester mehr zu Gesicht und irgendwann in den nächsten Tagen vergesse ich den Essig in irgendeinem Hotelzimmer.

Xiao Yang findet selbst am steilsten Anstieg noch ein lauschiges Plätzchen und wir können unsere Bananen unter den Felsen der Verliebten mampfen. Früher hat hier eine alte Salzstraße entlanggeführt und unser Zielkreisstädtchen Wuxi ist auch heute noch für seinen Salzabbau bekannt. Anscheinend versucht man seit kurzem, die Route touristisch zu erschließen und baut kleine Touristenspots oder Aussichtspunkte an der Straße, die unter Umständen gute Rastplätze abgeben können. Das führt allerdings auch dazu, dass man selbst in der dunkelsten Schlucht noch darauf gefasst sein muss, für ein Gruppenbild mit Ausländer zu posieren.
Oben am Pass bzw. kurz danach auf der Aussichtsplattform gibt es nochmal Kekse, danach eine rauschende Abfahrt (mir gehen langsam die Adjektive aus) über 25 km und unten im Tal versammeln wir uns alle unter reger Anteilnahme der örtlichen Bevölkerung, um unsere Nudelsuppe zu schlürfen.


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Gebäck

Auf dem Dach der Welt, 24.09. bis 20.10.2013

Mittlerweile geht es uns allen wieder ganz ordentlich, die Höhensymptome halten sich in Grenzen. Treppenlaufen macht etwas Mühe, deshalb haben wir uns heute immer schön in Bodennähe gehalten, zunächst waren wir beim Allerheiligsten jedes Tibeters: dem Jokhang-Tempel, der einen wirklich überwältigt. Vom Tempel selber und seinen Schätzen kriegt man gar nicht viel mit, weil es so voll ist, aber hier liegt Energie in der Luft. Tibeter kommen aus allen Himmelsrichtungen, um einmal im Jokhang zu sein, aus Kham, aus Amdo, aus Westtibet oder aus den nordtibetischen Steppen. Die meisten Besucher sind Pilger und drängen sich an den Mauern des Tempels entlang, sie berühren ehrfürchtig was sie können und murmeln ihre Mantras dabei, sie schauen mit großen Augen. Viele vollführen vor dem Tempel ihre Niederwerfungen. Wir sind jetzt nicht wirklich die einzigen Westler in Lhasa, aber für die meisten dieser Pilger aus den entlegensten Gebieten sind wir immer noch sonderbar, das schafft eine neugierige und lustige Atmosphäre.

Die Kora um den Jokhang, d.h. die rituelle Umrundung, kann man prima dazu nutzen, einzukehren und einzukaufen. Wir haben uns ausgerüstet für unsere große Reise, die morgen richtig beginnt. Teehäuser haben wir heute gleich zweimal beehrt, das sind wohl die Orte, an denen sich das tibetische Leben am behaglichsten erfahren lässt. Unser zweiter Teehaus-Besuch war während der ersten kleinen Probetour, die Räder laufen rund und geben keinen Anlass zur Sorge. Abends waren wir wieder hervorragend sichuanesisch essen und haben uns danach beim Konditor gehen lassen. Wir sind bereit.

Tag im Schaufenster

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013


Ruhetag am Lugu-See

Obwohl wir uns erst um neun Uhr zum Frühtück treffen wollen, bin ich früh wach. Wo sind wir, wann geht es weiter, ist die Küche wohl schon in Betrieb – ich habe mich an die Routine des Trekking gewöhnt.
Langsam wird es hell und vom Zimmer aus kann man den Lugu-See und die ersten Touristen betrachten, die den Sonnenaufgang erwarten. Um sich die Zeit bis dahin zu vertreiben, werden Foto geschossen, und zwar genau vor unserem Fenster, weil dort so schöne Blumen blühen und das hölzerne Schild „Aussichts-Hostel“ einen passenden Hintergrund abgibt.

„Es ist ja wie im Schaufenster“ brummt Astrid, als wir uns schließlich zum Frühstück treffen. Wegen der kühlen Morgentemperaturen entscheiden wir uns gegen pancake und für die Nudelsuppe, die wir in einem zugigen Sichuan-Restaurant hinunterschlürfen. Claudia hat vor etlichen Jahren bereits die Erfahrung gemacht, dass Mahlzeiten in China gern in Winterjacke und mit Mütze, Schal und Handschuhen eingenommen werden.

Auf der Bootstour zur Schlangeninsel wird uns wieder warm, nicht etwa weil wir rudern müsen (das übernehmen in Trachten gekleidete ältere Damen und junge Männer mit Hüten), sondern weil die Temperaturen tagsüber schnell ansteigen – immerhin befinden wir uns auf etwa 2.600 m Höhe. „Wegen der Höhe sind die meisten Touristen junge Leute, viele der Älteren haben etwas Angst, das nicht zu vertragen“ meint Lucy. Angesichts der noch nicht ganz fertigen noblen Hotelburgen frage ich mich, ob sich die jungen Chinesen diesen Ort in einigen Jahren noch leisten können.

Den Ruhetag am See verbringt jeder anders und abends treffen wir uns zum Feuertopf wieder, der hier als Mischung aus Barbecue und Hotpot angeboten wird. Das Lokal ist bis zum letzten Platz gefüllt und die Stimmung ist gut. Dass dabei der vierte oder fünfte Hühnerkopf aus der Suppe auftaucht, gefolgt von einigen Krallen, muß einfach in Kauf genommen werden.