Kaffeeklatsch

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Ich muss Xiao Yang nochmal fragen, ob die letzte Gruppe auch so viel Kaffee getrunken hat. Ständig muss ich ihn losschicken und eine neue Großfamilienpackung besorgen lassen. Überall ist er dabei – zum Frühstück, beim Mittagessen, bei der kleinen Kioskpause unterwegs. Und wehe ich hab ihn mal vergessen – die Gesichter, ein Anblick des Jammers. Man kann unserer Gruppe ja keinesfalls einen gesunden sportlichen Ehrgeiz absprechen. Die Endergebnisse der jeweiligen Tagesetappe werden immer mit Vehemenz eingefordert und peinlich genau mit den Richtzeiten aus dem gesammelten China By Bike-Erfahrungsschatz verglichen. Aber was die Übernahme der chinesischen Frühstücksgewohnheiten betrifft, hatte ich doch schon Teilnehmer, die härter im Nehmen waren. Aber zum Glück hat ja der ****Instantkaffee seinen Weg schon in die entlegensten Regionen des chinesischen Kernlandes gefunden und so haben wir immer einen rettenden Strohhalm zur Hand, wenn sich der Frühstückshimmel mal wieder mit grauen Wolken überzieht.

Doch zurück zur Statistik. Heute war die Königsetappe angesetzt, d.h. 119 km mit gut 1500 Höhenmetern, Richtwert 8 Stunden reine Fahrzeit. Wir hatten 6:30 Stunden. Damit sich das nicht ganz so unglaubwürdig anhört, wollen wir das gleich mal relativieren. Also wir hatten am Anfang 6 km weniger, weil wir die schon am Vortag gefahren waren und am Ende fehlten uns wohl auch ca. 200 Höhenmeter. Wo die geblieben sind weiß ich auch nicht und ich habe auch niemanden gesehen, der abgekürzt hat. Professionellerweise spricht man in solchen Fällen immer von einem Messfehler, aber vielleicht lag es ja auch einfach am Kaffee und der hat uns so schnell gemacht. Ansonsten hatten wir heute wieder tolles Wetter, tolle Landschaft, einen Genussanstieg und eine 25 km Abfahrt mit liebevoll begrünten Straßenrändern (abwechselnd Bambus und Palmen).


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Lhasa wie es singt und lacht

Auf dem Dach der Welt, 24.09. bis 20.10.2013

Ach Herrje, genau wie im letzten Bild unten fühle ich mich gerade, aber jetzt wird brav Blog geschrieben. Nach einer kurzen und nicht so tollen Nacht gestern, die Höhe, einem vollen Tag und ein paar Gläser Erguotou nicht zu vergessen.

Es ist schön hier bei den tibetischen Hutzelweibchen, die ihre Runden und ihre Gebetsmühlen drehen, aber man kann auch verzweifeln daran, wie sehr Lhasa vereinnahmt wird, von allen Seiten. Der Blick von der Dachterrasse des Hotels auf den Potala ist inzwischen fast zugestellt von einem dumpfen Einkaufszentrum und überall machen sich neue Allerweltsbauten breit. Die chinesische Tourismusindustrie rückt mit der Dampfwalze an, was auch daran liegt, das bald Nationalfeiertag ist, die Hauptreisezeit. Nichts gegen chinesische Touristen, wir sind ja Teil des desselben Problems, aber irgendwann wird Tibet nur noch von Chinesen für chinesische Touristen veranstaltet.

Der Potala war ordentlich gefüllt. Das Gebäude ist beeindruckend wie wenig andere, mystisch, dunkel und legendenumwoben. Drinnen ein Schatz neben dem anderen. Wir haben uns dann aber doch gefragt, was das ganze überhaupt sollte: wie sich ein ganzes Volk so selbstverständlich in den Dienst ihrer Lamas stellen konnte, mit ihrer ganzen Arbeit und ihrem ganzen Leben. Es wäre für uns verständlicher ohne die ganzen Reichtümer hier, vor allem buddhistischer. Alles nicht so einfach, alles nicht so schwarz und nicht so weiß.

Jetzt ist aber auch gut, denn auch wenn es jetzt nicht so klang war es war ein interessanter und guter Tag bei feinem Wetter. Nachmittags wurde eigentlich nur geschraubt und abends tibetisch gegessen. Morgen lasse ich erstmal meinen Tuxedo reinigen, das ist der erste Vorschlag für die Wäsche, die im Yak Hotel in Lhasa abgegeben werden kann.

„Sind wir schon im Märchenwald?“

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

19 km, trotz Sonne schlammig, 859 m Aufstieg, 978 m Abstieg, Wanderung von Zhuangzi nach Yongning und Transfer zum Lugu-See

… fragt Wolfgang in die anhaltenden Stille hinein. Ich kenne den Wald noch vom Vorjahr, bin aber wieder einmal verzaubert. Sind es die Flechten, die von den Baumen herunterhängen und im Wind wehen, die handtellergroßen Kiefernzapfen oder die hellen Lichtstrahlen, die vereinzelt durch den dichten Wald dringen, ich kann es nicht genau sagen. Es ist eben ein wenig mystisch hier.

Bei der Überquerung des Baches findet der Zauber zumindest für mich ein jähes Ende, oder besser ausgedrückt, jetzt zieht mich das Wasser magisch an. Mit viel Wasser in den Schuhen tapse ich auf knapp 3.600 m Höhe, dem „Gipfel“ unserer Tour, herum. Der Abstieg wird zunehmend zu einer Rutschpartie und der eine oder andere gleitet auf dem lehmigen Boden aus. Glücklicherweise ist bis auf ein paar verdreckte Hosenböden nichts passiert. Wir gehen so konzentriert (selbst durch die schlammigen Yi-Dörfer), dass die nahende Zivilisation zunächst nicht auffällt.

Erst die Straße, dann Autoverkehr, die ersten Häuser und zunehmender Lärm, wir sind am Ende unserer Trekking-Tage angekommen. Die Zeit ist für mich wie im Flug vergangen und ich könnte nach einer ordentlichen Dusche und Wäsche noch ein paar Tage dranhängen.

Yongning-Neustadt ist unspektakulär und ernüchtenrd, wenn man aus den Bergen kommt. Der alte Dorfkern mit dem tibetisch-buddhistischen Tempel gefällt mir dagegen sehr. Ein Mönch ist so freundlich, uns die große Gebetshalle aufzuschließen und Babsi kann uns mindestens genauso viel über den Buddhismus erzählen wie die Mönche vor Ort.

Es ist Zeit, „unseren Fahrern“ für die unkomplizierte und zuvorkommene Begleitung zu danken. Mensch, Tier und Gepäck sind gesund und munter am Zielort angekommen, und wir haben viel über Land und Leute kennengelernt. Nach dem obligatorischen „Ganbei“ (Prost bzw. „leert den Becher“) und Grupenfoto werden die Pferdeführer den Rückweg in zwei Tagen zurücklegen. Wir wünschen gute Reise und gesunde Heimkehr.

Dass neun Chinesen in ein „Brotauto“ passen, ist nicht ungewöhnlich. Dass es aber auch acht Westler und eine Chinesin schaffen, haben wir während der halbstündigen Fahrt zum Lugu-See getestet. Das Gepäck fährt landestypisch auf dem Dach mit. Ich erkenne den Fahrer wieder und bin froh, dass er seine alte Klapperkiste gegen ein neues Fahrzeug eingetauscht hat.

Am Lugu-See werden wir mit Zimmern an der Promenade belohnt. Aber wir sind nach dem Tag zu müde, um das noch zu genießen und fallen sehr bald in die Betten.


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